Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Viertes Kapitel

Wie das Kindlein getauft ward, und wie es Hieronimus genannt ward

Als noch einige Tage waren vergangen,
Schien das Kind die Taufe zu verlangen,
Indem es immer erbärmlich schrie
Und seiner Mutter machte viel Müh'.

Es half davor weder Brust noch Süppchen
Noch ein im Munde gestecktes Zuckerpüppchen,
Sondern es rief in einem fort,
Daß niemand hören konnt' sein eigen Wort.

Man machte drum in Senator Jobsens Hause
Anstalten zum Kindtaufenschmause
Und schleppte der Speisen mancherlei
Zum morgenden Traktamente herbei.

Auch wurden Torten, Kuchen und mehr Sachen
Zum Nachtische bereitet und gebachen,
Auch an Wein und Tabak und Bier
War gewiß kein Mangel hier.

Gevattern, Freunde und Verwandten,
Hebamme, Nachbarn und Bekannten
Stellten sich darauf artig und fein
Zur gehörigen Stunde ein.

Auch Küster und Pfarrer mit dem Formulare,
Wie leicht zu gedenken ist, da ware;
Imgleichen ein ganzer hochweiser Senat
Sich zeitig dabei eingefunden hat.

Es waren auch sonst noch viele Gäste
Auf diesem großen und hohen Feste,
Und ich sag' es zu Jobsens Ehr':
Es ging alles fein ordentlich her.

Jedoch tat sich ein Dispüt erheben,
Was man dem Kind für einen Namen wollt' geben:
Heinz, Kunz, Matz, Peter oder Hans,
Diez, Jost, Hermann oder Franz.

Von diesen sonst schönen Namen allen
Wollte keiner allgemein gefallen,
Und es würde gewiß noch zuletzt
Haben nicht geringe Händel gesetzt.

Der Pfarrer aber, als ein kluger Herre,
Tat den Ausspruch, daß es ratsam wäre,
Bei diesem Zwist im Kalender zu sehen,
Was am Geburtstag möcht' für ein Name stehen.

Es ward also, ohne weiter zu fragen,
Vom Küster der Kalender aufgeschlagen,
Und man fand darauf ohne Müh'
Den Namen des heiligen Hieronimus hie.

Solcher kluger Rat hat gleich allen,
Sowohl Gevattern als den Eltern gefallen;
Und man faßte also in pleno den Schluß,
Das Kind sollte heißen Hieronimus.

Nachdem nun der wichtige Handel geschlichtet,
Ward der Aktus vom Herrn Pfarrer verrichtet,
Und zwar nach dem gewöhnlichen Fuß,
Und nun hieß das Kind Hieronimus.

Alles übrige ging ruhig und schöne,
Pfarrer und Küster taten sich recht bene,
Und es wurde fast die halbe Nacht
Gegessen, getrunken, geraucht und gelacht.


 << zurück weiter >>