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Fünftes Capitel.
Hermann aus der Fremde.


Das anmuthige Wetter, das bisher unser reisendes Paar begünstigt hatte, gönnte ihnen nur noch einen halben guten Tag in Pyrmont, und schlug in kühlen, andauernden Regen um, der sie auf der Heimfahrt begleitete und ihnen den Blick in die reizenden Wechsel des Weser- und des Diemelthals verdüsterte. Doch störte es ihnen die innere Heiterkeit nicht, mit der sie plaudernd oder träumend dahinfuhren, und Lina besonders kam mit einer stillgehobenen Stimmung in Cassel an.

Es war nämlich ein eigenthümliches Spiel von Gedanken des Herzens, was sie bewegte. Daß die beiden Französinnen nicht gekommen waren, sie zu dem verabredeten Abendgang nach dem Mineralbrunnen abzuholen, auch Marinville ihren Ludwig nicht mehr hatte rufen lassen, gereichte ihr zur innigsten Befriedigung. Es galt ihr für ein stillschweigendes, aber thatsächliches Bekenntniß bösen Gewissens.

Ein drohendes Unglück für den lieben entfernten Freund war nun, wie es ihr schien, durch ihr Bemühen verbannt. Bedachte sie dann aber, mit welchem beschämenden Leid Hermann ihre Erfahrung aufnehmen werde, so mischte sich eine leise Wehmuth in ihre Zufriedenheit, bis der Aberglaube eines liebenden Herzens, womit sie das unerwartete Erlebniß mehr und mehr für eine höhere Fügung ansah, Glück und Gram der Seele, wie durch eine Weihe, ins Feierliche ausglich.

Diese wohlthuende Erhebung des Gemüths setzte sich, gleichsam als Nachwirkung der glücklichen Badereise, nach Lina's Ankunft in Cassel fort. Ihr Erstes war nämlich, in das mütterliche Haus zu eilen. Hier, nachdem sie die liebe Alte begrüßt und ihr das Allgemeinste erzählt hatte, stieg sie mit dem Vorwand, Hermann's neu hergestelltes Zimmer zu besehen, hinaus, öffnete rasch den Kleiderschrank und brachte den verhängnißvollen Brief, wieder etwas zusammengedrückt, in dieselbe Tasche des zurückgebliebenen Fracks, aus der sie ihn genommen hatte.

Jetzt, da ihr Gemüth frei und hoffnungsfroh war, erkannte sie nicht ohne Beschämung, wie unrecht es eigentlich von ihr gewesen sei, sich des Briefes zu bemächtigen. Aber auch dies Unrecht gehörte ohne Zweifel mit zu der wunderbaren Fügung, wie sie zu ihrer Beruhigung glaubte. Es blieb ihr Unrecht, aber es hatte einer höhern Bestimmung gedient. Der Brief war eben der Talisman gewesen, der das dem theuern Freund bestimmte Verhängniß auf geheimnißvolle Weise mit sich nach Nenndorf übertragen und jenes unberechnete Begegniß herbeigeführt hatte. Damit war aber seine Bestimmung noch nicht vollendet; er mußte wieder in die Tasche zurückkehren, wohin er sich verloren hatte, mußte dem Freund in die Hände fallen, ihn erinnern, warnen und –?

Sie wußte sich selber nicht zu sagen, was und wie es dann noch weiter kommen sollte. Sie bestärkte sich nur in dem mit Ludwig gefaßten Vorsatze, dem Freund jede beschämende Zeugenschaft seines Irrthums zu sparen, auch von dem Erlebniß ihrer nenndorfer Uebereilung und Verirrung in Cecile's Zimmer nichts zu sagen, sondern schweigend abzuwarten, was er selber von dem Briefe mittheilen und welche Schritte er thun werde. Diese Erwartung, wenn der Freund das Palais wieder besuche, ob man ihn annehmen und wie man ihm begegnen werde, bot der Phantasie auch einen weiten Spielraum, während ein Bericht über den gelesenen Brief, über die durch Unvorsichtigkeit ertappte Schöne nur mit Beschämung und Verlegenheit für beide Theile abschließen konnte.

 

Die eingetretene ungünstige Witterung störte denn auch die gute Wirkung, die das Bad anfänglich auf die rheumatischen Leiden des Königs gezeigt hatte. Jerôme mußte seinen nenndorfer Aufenthalt selbst über den Schluß des Reichstags hinaus verlängern. Inzwischen kam die Deputation aus Holland ohne zu Stand gebrachtes Staatsanlehn zurück, das Project des Finanzministers zu einer Anleihe im Innern des Reichs ward in Zug gesetzt, die letzten Gesetze und am 21. August das Budget für 1809 von den Ständen angenommen, und so erschien am 22. der Staatsrath Müller in der Sitzung, um im Namen des Königs den Reichstag ohne weitere Feierlichkeit zu schließen.

Diese erste Session war mithin einem Weine zu vergleichen, der sich dem Geruch mit vollwürzhaftem Bouquet ankündigt, hinter starken Zügen aber auf der Zunge matt abfällt.

Die geistreiche Rede, die der berühmte Historiker bei diesem Anlaß vorgetragen, gab an einem spätern Abende den Stoff der Unterhaltung für eine engere Gesellschaft ab, die Herr von Bülow zu Ehren der holländischen Deputation um sich versammelt hatte. Die Residenz war noch stiller geworden; denn die Mitglieder des Reichstags waren abgereist. Nur Nathusius hatte noch seine holländische Abwesenheit bei der Braut nachzuholen gehabt, und Jacobson war in Finanzsachen zu Rath gezogen worden. Nun aber, nach Verlauf einer Woche, standen beide im Begriff, jener nach Magdeburg, dieser nach Braunschweig zurückzukehren.

Der Abendkreis war klein und vertraut. Herr von Bülow wußte einen Ton anzustimmen, worin auch so verschieden gestellte Männer sich mit edler Offenheit in ihrer deutschen Gesinnung aussprachen, und selbst der französische Gesandte sich als halber Landsmann geben durfte.

Ist es Ew. Excellenz nicht aufgefallen, fragte Jacobson, wie sonderbar Herr von Müller den Kaiser Napoleon bezeichnete? »Der, vor dem die Welt schweigt, weil Gott die Welt in seine Hände gegeben«, sagte er doch.

Sie meinen, Herr Geheime Finanzrath, die Welt mache ja im Gegentheil gerade deshalb soviel Lärm um ihn? bemerkte Bülow; und als jener bejahte, setzte er hinzu:

Vielleicht meint Müller mit dem le monde se tait – die Welt fügt sich, unterwirft sich?

Dem würde nun freilich, was wenigstens die deutsche Welt angeht, eine andere Stelle seiner Rede widersprechen, meinte der Gesandte, Herr von Reinhard. Da sagt er nämlich: »Das Sonderbare haben die Völker vom germanischen Stamm: so oft in Gottes Rath beschlossen war, ihnen eine neue Art oder einen höhern Grad von Cultur beizubringen, so mußte ein Stoß von außen kommen, gleich als bedürfte die natürliche Ruhe der Völker, bei welchen eine minder freigebige Natur des Erdreichs und Himmelstrichs weniger Bedürfnisse und Begierden und eine nicht so vielfältige Gährung der Begriffe erregt, und welche nicht sowol jenen Glanz mittäglicher Phantasie, als eine achtungswerthe Gründlichkeit des Urtheils haben, gewisse von Zeit zu Zeit aufweckende Erschütterungen gegen das einschläfernde Herkommen.« Es ist also von aufwecken, nicht von sich unterwerfen die Rede. Vielleicht finden nur die Altkurfürstlichen oder der preußische Tugendbund die richtige Ausgleichung des Widerspruchs von se taire und von s' éveiller du sommeil, indem sie sagen, man müsse sich stillschweigend erheben.

Man lachte zum Lächeln des Sprechers, und Hermann meinte:

Müller wird keinen Widerspruch in seiner Rede zugeben. Er spricht von einem Stoß von außen, wenn den deutschen Völkern eine neue oder höhere Cultur beigebracht werden soll. Er sagt ja ferner: »Der Kaiser schuf aus zwanzig Ländern ein Reich et lui a donné son frère. Westfalen, wie es scheint, soll dann eben ein Herd dieser neuen Cultur werden.

Eine französische Colonie also für französische Verfassung, Gesetzgebung und Sitten? fragte Baron Reinhard, und Bülow fiel etwas erregt ein:

Das eben ist der Punkt, wo Gewinn und Gefahr einander durchkreuzen, und die Meinungen der Menschen, die Bestrebung der Parteien sich entzweien. Im Politischen und Kriegswesen – à la bonne heure, da mögen wir von Frankreich lernen; aber in Sitten und Sprache, und was auf diesen ruht, müssen wir uns gegen allen fremden Einfluß behaupten.

Ein rechter Stoß von außen hat mir immer 'was Bedenkliches! rief Jacobson. Die deutsche Nation hat zwischen dem hitzigen Frankreich und dem frostigen Rußland gar viel Fugen und Risse bekommen – Völkergrenzen und Schlagbäume; ein gewaltiger Stoß könnte leicht ähnliche Wirkung haben, wie eben Müller sagte: »De vingt provinces il a fait un Royaume«, sodaß es hieße: »Aus vierzig Reichen ist ein Kaiserthum geworden!«

Ist schwerlich zu erwarten, Mynheer Jacobson, Mitholländer! rief scherzenden Tons Nathusius. Aber wir wollen es schon als weltgeschichtliche Bestimmung Napoleon's segnen, wenn nur sein Stoß von außen just stark genug ist, soviel Abgelebtes, was uns belästigt, abzuschütteln, krankhafte Ohnmacht zu vernichten und die gelähmte Nationalkraft zu erwecken. Wir werden immer noch so dicke und verschieden gewickelte Zöpfe übrig behalten, daß sie in den Fugen Deutschlands als gute Wülste jedem Zusammenstoß trotzen können.

Unter diesen ernsten Gesprächen hatte Frau von Bülow, als Wirthin ab- und zugehend, Hermann in ein stilles Eckchen zu sich gewinkt und ein trauliches Gespräch angeknüpft. Sie ließ sich von seiner Reise erzählen, und ward bald genug an seiner Art und Weise sich zu geben und auszusprechen inne, daß so bedeutende Eindrücke anderer Länder und größerer Weltverhältnisse nicht ohne Wirkung an ihm vorübergegangen waren. Wenn sie sich auch nicht klar darüber machen konnte, worin es eigentlich lag, so empfand sie desto lebhafter die Veränderung, die mit ihm vorgegangen war. Und allerdings hatte der Freund unter so manchen neuen Erscheinungen eines fremden Natur- und Volkslebens und durch die engere Verbindung mit zwei im großen Weltverkehr gereifter Männer an Freiheit in der Auffassung und an Muth in der Behandlung des Lebens überhaupt gewonnen.

Ich dachte Sie gestern im Salon der Frau von Simeon zu sehen? sagte endlich die Baronin, und ihr feines Lächeln verrieth, daß sie diesen Gegenstand besonders auf dem Herzen gehabt hatte.

Hermann blickte ihr groß in die heitern Augen, lachte dann mit der schalkhaften Miene des Verständnisses, und erwiderte leise und leichthin:

Man will mich dort nicht mehr, Excellenz. Und Sie wissen vielleicht darum? Wollen mich vielleicht – trösten?

Keine Silbe weiß ich! betheuerte sie. Mein Lächeln bezog sich nur auf Ihre frühern Besuche jener Abende neben Marinville. Also – wie denn?

Gnädige Frau! antwortete Hermann, und drohte ihr scherzhaft mit dem Finger. Sie wissen gewiß mehr, als keine Silbe. Sie hatten ja auch – fällt mir eben ein – an jenem Morgen, wo der Herr Minister mit Bezug auf Marinville etwas verstimmt gegen mich war, noch eine Frage, zu der's dann nicht mehr kam. Ein altes Apropos, gnädige Frau! Ich ahne jetzt, daß beides sich auf etwas bezog, was ich nun erst durchblicke. Sie wissen wol Geheimes von der Nichte der Madame Simeon? Nur in dieser Voraussetzung könnte ich selbst gegen Sie, verehrte Frau, offenherziger sein, als ich sonst vielleicht aus schonender Rücksicht für Mademoiselle Cecile sein dürfte.

Wenn Sie das Verhältniß des Mädchens zum König meinen, flüsterte sie, so wußten wir allerdings darum, und fürchteten für Sie; aber wir durften Sie nicht voreilig warnen. Sie wissen, mein junger Freund, es gibt Dinge in der Gesellschaft, die man – ich will sagen – an die man nur durch sich selbst zum Glauben kommt. Auch hier ist der Glaube eine Gnade, kein fremdes Verdienst.

Und so bin ich dazu gekommen, o meine gnädige Frau! rief er mit unterdrückter Aufwallung aus. Ein andermal umständlich! Heut nur soviel, daß mir am Abschiedsabende vor meiner Reise ein Billet in die Hände kam, ein Billet von Marinville an Cecile – ich sage, ungelesen in meine Tasche kam. Ich hatte es abliefern sehen unter Umständen, die mich stutzig machen mußten; daher war es – glaube ich – eine Ahnung oder höhere Mahnung, daß ich es einsteckte; und doch vergaß ich es an dem fröhlichen Abende, den ich noch mit meinen liebsten Freunden hinbrachte, reiste früh darauf ab, und dachte nicht weiter daran. Zurückgekommen, eile ich an einem der ersten Tage mit den alten Empfindungen nach dem Palais, und werde – abgewiesen. Der Kammerdiener, der mich von meinen Trinkgeldern kennt, flüstert mir zu, die jungen Damen seien in Nenndorf. Am Hoflager? frage ich mich selbst, oder vielmehr – fragt etwas in mir. Und indem ich so in Gedanken über den Corridor gehe, wie ich an jenem letzten Abende gegangen war, überfällt mich plötzlich, wie ein Gespenst aus dem Winkel, die Erinnerung an meinen Abschied und an das Billet. Eile ich also nach Haus, suche den Frack von jenem Abend hervor und finde das Billet noch in der Tasche. O welches Licht, gnädige Frau, auf eine Schmach, für die ich – der Schatten werden sollte! Es traf mich rasch und tief! Glauben Sie mir's! Aber es traf wie ein Pfeil, der doch nicht, wie die Pfeile der Wilden, vergiftet war, sondern mit einem Balsam bestrichen nur eine Wunde ritzte, durch die ich von einer Thorheit genas. Bald sah ich auch ein, daß nur das Herz meiner jugendlichen Eitelkeit davon blutete. Ich hätte es kaum so gut, – ich hätte eine Züchtigung verdient für meine gemachte, vermeinte Zuneigung. Ja, nehmen Sie es so, damit Sie begreifen, daß ich eigentlich seelenvergnügt bin, einer Bizarrerie des Herzens so leichten Kaufes losgeworden zu sein. Warum aber Madame mich abgewiesen, verstehe ich nicht; sie müßte denn vermuthen, das wahrscheinlich vermißte Billet sei in meinen Händen. Und doch, da ich mich ja zu Besuch einfand? – Ich versteh's nicht! – Da ich wiederkam, konnte sie ja nicht vermuthen, daß ich ein solches Billet kenne!

Vielleicht weil die Mädchen abwesend waren, meinte die Baronin. Sie sind aber jetzt zurück; doch hat sich Cecile gestern Abend nicht blicken lassen. Ueberhaupt muß etwas vorgefallen sein; Madame Simeon konnte mit aller Mühe, die sie sich gab, über eine gewisse Niedergeschlagenheit nicht hinauskommen, und hatte sehr vertraute Besprechungen mit Pigault-Lebrun, dem Vorleser des Königs, der jetzt auch in den Salons erscheint. Dieser Romanpoet ist, wie ich höre, die Kehrseite von Marinville: wie dieser die angehenden, besorgt Pigault die abgehenden Liebeshändel des Königs.

Ah! Ich verstehe schon, gnädige Baronin! lachte Hermann. Marinville, des Königs Garderobemeister, wirklicher Maître de la Garde-robe, besorgt die neuen Anschaffungen, und Pigault hat das Abgelegte zu vertrödeln.

Wissen Sie was? flüsterte sie, indem sie sich lächelnd erhob. Sie kennen ja den alten Schwätzer: suchen Sie ihn zu sprechen; vielleicht verräth er Einiges, was Ihnen zu erfahren dient.

Ja, ein Schwätzer ist er, erwiderte Hermann. Ich glaubte früher, es sei die Eitelkeit eines alten, geckenhaften Franzosen, daß er mir gleich bei der ersten Bekanntschaft soviel von des Königs Geschichtchen erzählte; vielleicht hängt es aber mit dem Trödelgeschäft zusammen, wenn er mit Jerôme's Liebesgeheimnissen so leichtfertig umgeht. Was in abgelegten Kleidern stecken bleibt, ist ja preisgegeben.

Kommen Sie, hören wir, was Jacobson so vergnügt erzählt!

Mit diesen Worten näherte sich Frau von Bülow wieder der Gesellschaft. Eben sprach der Geheime Finanzrath:

Nun ja, die Schulanstalt in Seesen, die ich für Christen und Juden gemeinschaftlich gegründet habe, mag heilsam wirken. Das soll sie auch. Aber, meine Herren, machen Sie mich nicht eitel durch Ihr Lob! Ich will Ihnen lieber aus meinem Leben eine Erinnerung mittheilen an etwas, was mir eine von aller Eitelkeit freie Lust gewährt hat. Es ist vielleicht eine meiner reinsten Freuden. Als ich noch, ein armes Judenjüngelchen, mit meinem Kleinhandel umherreiste, hatte ich bei so vielen Entbehrungen doch schon eine vornehme Liebhaberei, die nämlich, einen guten Taback, etwas Feines, zu rauchen. Komme ich einmal in einem ländlichen Wirthshaus mit einem reisenden Spenglergesellen zusammen, der bei seinem Glase Bier meine Tabackswölkchen mit Behagen einathmet und den köstlichen Taback preist. Sind Sie auch Raucher? frage ich ihn. – Ja, sagt er, aber ich will mir den Geruch Ihres Tabacks nicht durch meinen schlechten Knaster verderben; ich will Ihren Taback lieber nur riechen, als meinen rauchen. – Rauchen Sie denn mit mir! sage ich darauf, und ziehe meinen Beutel heraus, eine welke Blase mit grüner Schnur eingefaßt. Aber denken Sie sich meinen Schreck, wie er seinen riesigen Maserkopf aus der Tasche zieht und den ganzen Rest meines Tabacks mit breitem Daumen in den Kolben drückt. Ein wahres Raubschiff von 'nem Pfeifenkopf, ein Corsar von einem Daumen, sag' ich Ihnen! Erst überläuft's mich; ich kann meinen heimlichen Verdruß kaum verwinden, bis er seinen brennenden Schwamm aufgelegt hat und nun an der langen, geringelten Pfeifenspitze zieht. Aber wie zieht? Ein seliges Vergnügen spielt um seinen breiten Mund, er verdreht die Augen, wie verzückt, und hat er ein Wölkchen herausgeblasen, fängt er es schnell noch einmal mit der linken Hand auf und fächelt es seiner Nase zu. Jetzt fühl' ich erst recht, wie glücklich ich einen Menschen gemacht habe, und der so ganz in seiner Seligkeit aufgeht, daß er sich sogar zu bedanken vergißt. Wie gern hätte ich ihm noch eine zweite Pfeife voll zurückgelassen, wenn ich sie noch gehabt hätte!

Eine Erzählung gab nun die andere. Auch Nathusius brachte rührende Züge aus seiner bedrängten Jugend vor. Und so verbreitete der Contrast von gegenwärtigem Ansehen und Reichthum dieser Männer mit anfänglicher Noth und Arbeit einen zugleich ästhetischen und sittlichen Duft über die feinen Schüsseln, die jetzt zum Abendbrot aufgetragen wurden.



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