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II.
Blicke in den Spiegel der harten Justiz

»Selbst des Orkus strenge Richterwaage
Hielt der Enkel einer Sterblichen

Schiller.

» Richter, richte stets nach Recht,
Gott ist Herr, und du bist Knecht.«

» Richter betrügen:

(13) Wenn sie von diesem oder jenem Teil Geld nehmen und die Tortur entweder schärfer oder gelinder, als dem Urteil oder der rechtlichen Erkenntnis gemäß ist, an dem Malefizanten vollziehen lassen.

(20) Wenn sie in peinlichen Sachen nicht sowohl aus Liebe zur Justiz als durch Praktiken und lose Griffe den Delinquenten ums Leben, die Nachkommen aber in Schimpf und an Bettelstab bringen helfen, indem sie die Denunziationes oder Rügen selbst erdichten und zu Papier bringen usw.

(22) Wenn sie, da der Inquisit auf der Folter hänget, den Gerichtsschreiber und die Schöppen zusamt dem Henker entweichen lassen und bei dem Inquisiten allein bleiben, hernach aber dem Gerichtsschreiber in die Feder diktieren, was ihnen beliebt.

Scharfrichter betrügen:

(6) Wenn sie, nicht sowohl nach dem Befehl der Richter, als vielmehr nach ihren eigenen Affekten richten und den armen Sünder zuviel leiden lassen usw.«

Aus Dr. Hönns »Betrugslexikon« (Koburg 1724).


4.
Der Menschenwahn im Spiegel der Hexenproben

»Ich will ihn auf die Probe stellen,
wo er unterliegen muß.«

Wieland.

Sobald entsprechende Anzeigen wegen Zauberei gegen eine Person vorlagen, konnte der Richter gegen dieselbe sogleich auf Folter erkennen. Man unterwarf die der Hexerei Verdächtigen jedoch meist zuvor den » Hexenproben«, von denen in der Regel mehrere nacheinander in Anwendung kamen, nämlich die Tränenprobe, die Nadelprobe, die Feuerprobe, die Wasserprobe, auch Hexenbad genannt, und die Hexenwaage.

Da nach dem allgemeinen Aberglauben die Hexen nicht weinen konnten, so legte der Richter der Angeklagten die Hand auf den Kopf und sprach:

»Ich beschwöre dich um der bitteren Tränen willen, die von unserm Heiland, dem Herrn Jesus Christus, am Kreuze für unser Heil vergossen worden sind, daß du, im Falle du unschuldig bist, Tränen vergießest, wenn schuldig, nicht!« –

Gewöhnlich stellten die Richter mit Genugtuung fest, daß die also Beschworene sich vergebens angestrengt habe, zu weinen. Woher aber, fragen wir, soll eine unglückliche, nackte Person in der Folterkammer angesichts der Marterwerkzeuge auf Erfordern sogleich die Tränen hernehmen? Als ob nicht Schreck und übermäßiger Schmerz den Tränenquell verschlossen hielten!

Man glaubte übrigens auch, daß wirklichen Hexen die Tränen auf der Folter ebenfalls versagt seien. Weinte wider Erwarten die Gemarterte dennoch, so war das nach der Ansicht der unfehlbaren Richter teuflisches Blendwerk.

Hier und da glaubte man auch, daß nur das rechte Auge einer Hexe in der Pein drei Tränen zu vergießen vermöge. Das Sprichwort »Hexen weinen nicht« kam daher schnell in Gebrauch.

Noch größeres Gewicht als der Tränenprobe legte man der Nadelprobe bei.

Wie nämlich nach dem Propheten Ezechiel (9, 4) und der Offenbarung Johannis (7, 3) die Auserwählten Gottes das Zeichen des Heils auf der Stirne tragen, so – meinte man – drückt der Teufel denen, die von Gott abgefallen sind und sich ihm ergeben haben, ein unvertilgbares Zeichen auf, das sogenannte stigma diabolicum. Er führt dies entweder mit der einfachen Berührung seines Fingers aus, oder er ritzt der neugewonnenen Hexe an irgendeinem Körperteile die Haut und saugt das rinnende Blut auf. Häufig bringt er dieses Merkmal an offen sichtbaren Stellen an, wie an der Hand, häufiger jedoch verborgen, wie unter der Zunge. Es sollte daran zu erkennen sein, daß es unempfindlich sei und kein Blut gebe. Man schor der Angeschuldigten daher alle Haare glatt am Leibe weg, selbst die Augenbrauen, um das Teufelsmal Nach den Bekenntnissen der zu Logroña in Spanien im Jahre 1610 hingerichteten Hexen zeichnet der Teufel auch mit einem Goldstück in den Stern des linken Auges die Figur einer Kröte zum Erkennungszeichen für andere Zauberer und übergibt dem Paten eine für den Neuling bestimmte Kröte, die demselben hinfort die Kraft verleiht, sich unsichtbar zu machen, durch die Luft zu fliegen und allen möglichen Schaden zu stiften. Die Kröte findet sich auch in englischen, französischen und deutschen Prozessen. In englischen kommt auch bisweilen ein weißer Hund, eine Katze, eine Eule, ein Maulwurf usw. vor, und die Hexen sind verpflichtet, diese bösen Geister an sich saugen zu lassen. Die Kröte muß sorgfältig gepflegt und geliebkost werden. zu finden, und wehe der Armen, wenn man ein Muttermal, einen Leberfleck oder dergleichen vorfand!

Man glaubte, sobald eine Hexe keine Haare mehr habe, so habe der Teufel keine Macht mehr über sie, und sogar ein Gutachten der Göttinger Juristenfakultät hat sich dahin ausgesprochen. (Allen Respekt vor solcher Universitätsweisheit!)

Mittels einer langen Nadel stach nun der Henker in jede Narbe, jeden Leberfleck, jedes Muttermal am Leibe der Angeklagten. Dabei kam es vor, daß der Untersuchende boshafterweise statt mit der Spitze mit dem Kopfe der Nadel auf die Stelle drückte und nun diese für ein Hexenzeichen erklärt wurde, oder daß er sich bloß stellte, als ob er steche, und darauf rief, er habe das Zeichen gefunden, die Stelle sei unempfindlich, und es fließe kein Blut. Nun war kein Zweifel, daß dieses Zeichen der Teufel aufgedrückt habe als Besiegelung des mit ihm eingegangenen Bündnisses. Daraufhin mußte die Person gefoltert und sie zum Geständnis gebracht werden.

siehe Bildunterschrift

Stroh-Krone und -Zöpfe, welche Frauen von schlechtem Lebenswandel öffentlich tragen mußten.

siehe Bildunterschrift

Die Daumenschrauben.
Die Folter- und Marterwerkzeuge des Nationalmuseums zu München in ihrer Anwendung.

Der Erfolg dieser Probe lag völlig in der Willkür des Henkers; denn er war während derselben meist mit der Angeklagten in einer Kammer allein und konnte nachher aussagen, was er wollte.

Indes, wenn er auch nichts Verdächtiges fand, so ließ sich der Hexenrichter dadurch keineswegs irre machen; »denn«, sagte er, »der Teufel zeichnet nur diejenigen, deren er noch nicht ganz sicher ist; seine getreuesten Anhänger läßt er ohne Zeichen«, und so wurde das Nichtvorhandensein des Hexenmals nur ein um so schlimmerer Verdachtsgrund.

Diese Probe war ganz allgemein verbreitet; sie findet sich in Deutschland, Frankreich, Belgien und Spanien. Buseckische Akten aus dem Jahre 1674 enthalten eine von zwei Gerichtsschöffen beglaubigte Urkunde über eine solche Ermittelung.

In Frankreich und der Schweiz wurde diese Untersuchung gewöhnlich von Chirurgen vorgenommen, in Deutschland vom Scharfrichter im Beisein der Schöffen; in Belgien bestimmte eine Verordnung aus dem Jahre 1660, daß der Büttel nicht mehr zugelassen sei, sondern nur ein neutraler Arzt.

Dennoch findet sich eine Rechnung des Scharfrichters von Melin im Hennegau vom Jahre 1681, worin für dessen Bemühungen beim Suchen des Stigmas einer Inquisitin und die Folterung derselben 62 livres 8 soli angesetzt sind.

Die Feuerprobe ( ferrum candens) war weniger beliebt als die Wasserprobe. Nach dem » Hexenhammer« sollte zwar der Richter die Angeklagte fragen, ob sie zum Beweise ihrer Unschuld das glühende Eisen tragen wolle. Er sollte ihr aber diese Probe nicht gestatten; denn – so lautet die Begründung – die meisten erklären sich dazu bereit, weil sie auf die Hilfe des Teufels hoffen; auch gäbe es betrügerische Mittel, um die Hand unverletzt zu erhalten. Daher sei die Berufung auf die Feuerprobe Die Feuerprobe wurde von Konrad von Marburg und anderen Inquisitoren vornehmlich gegen Ketzer angewendet. geradezu als ein weiterer Verdachtsgrund zu betrachten.

Ein Fall ist bekannt, in dem eine der Zauberei Angeschuldigte die Feuerprobe bestanden hat. Es war dies allerdings kurz vor Erscheinen des » Hexenhammers«. Im Fürstlich Fürstenbergischen Archiv zu Donaueschingen befindet sich nämlich eine Urkunde, wonach sich eine gewisse Anna Henne von Röthenbach im Schwarzwalde im Jahre 1485 durch Tragen des heißen Eisens von der Beschuldigung des Hexenwerks zu reinigen vermochte.

Die Wasserprobe oder das Hexenbad war am weitesten verbreitet. Das Ordale (Gottesurteil) des kalten Wassers ( judicium aquae frigidae) reicht tief in das Mittelalter zurück. Ludwig der Fromme verbot es, Hinkmar von Reims trat als sein Verteidiger auf, zur Zeit Bernhards von Clairvaux wurde es gegen die sogenannten Manichäer in Frankreich angewendet; seitdem aber Innozenz III. auf dem lateranischen Konzil 1215 ein neues Verbot darauf legte, kam es in Abnahme. Dabei band man der angeschuldigten entkleideten Person den rechten Daumen an die linke große Zehe und den linken Daumen an die rechte große Zehe fest, so daß sie sich nicht rühren konnte, worauf sie der Henker an einem Seile in ein Gewässer, Fluß oder Teich dreimal hinabließ.

Bei der Wasserprobe galten entgegengesetzte Anschauungen. Nach der einen handelte es sich für den Angeklagten oder die Angeschuldigte darum, sich lange unter Wasser zu halten. Nach der anderen Anschauung sollte die Unschuld des Angeklagten durch Untersinken, die Schuld durch Obenschwimmen erwiesen werden. Das Untersinken galt überhaupt für ein günstiges Zeichen. Das ums Jahr 1230 von Eike von Repkow verfaßte Rechtsbuch » Der Sachsenspiegel« ordnet an:
»Wenn zwei Männer ein Gut beanspruchen und die Nachbarn darüber kein Zeugnis zu geben wissen, so soll das Wasserurteil entscheiden.«
Dieselbe Bestimmung hat auch das schwäbische Landrecht im »Schwabenspiegel«(der in der letzten Hälfte des 13. Jahrhunderts verfaßt worden ist).
Erst aus dem 16. Jahrhundert lassen sich Fälle dieser Art der Hexenprobe in Deutschland nachweisen, die frühesten in Westfalen, dann in Lothringen, der Niederlande usw.

Das Hexenbad geschah meist öffentlich. War die auf das Wasser hinabgelassene Angeklagte eine » Hexe«, so schwamm sie »wie ein Pantoffelholz«. Diese Wasserprobe stützte man einmal auf die Meinung, daß der Teufel den Hexen eine spezifische Leichtigkeit verliehen habe, welche sie nicht untersinken lasse, sodann auf den Satz, »das Wasser nehme diejenigen nicht in seinen Schoß auf, welche das Taufwasser – bei der Lossagung vom christlichen Glauben – von sich geschüttelt hätten«.

Häufig findet sich in den Akten, der Teufel habe der Hexe versprochen, ihr bei der Wasserprobe mit einer Eisenstange zum Sinken zu verhelfen; er habe ihr im entscheidenden Augenblicke zum Hohne jedoch nur eine Nähnadel gebracht.

Auch beim Hexenbad hing der Erfolg der Probe meist nur vom Henker ab, und gar oft wurde die Beschwerde laut, daß derselbe boshafterweise die Unglückliche in der Art an seinem Seil über dem Wasser gehalten habe, daß sie nicht sinken konnte. Schon unterm 9. Januar 1594 gab die medizinische und philosophische Fakultät der Universität Leyden das Gutachten ab, »daß die angeblichen Hexen so oft auf dem Wasser schwämmen, erkläre sich aus der Art, wie sie kreuzweise gebunden ins Wasser gesenkt würden, indem sie auf dasselbe mit dem Rücken wie kleine Schiffe zu liegen kämen.«

Trotzdem brachte man das »Hexenbad« mit Vorliebe fortwährend und selbst gegen wenig Verdächtige gern zur Anwendung, und zwar vor zahlreichen Zuschauern; reizte es doch die Sinne, nackende, hilflose Frauen, kreuzweise zusammengebunden, am Stricke unter dem Wasser zappeln zu sehen. Daß dadurch Scham und Sittlichkeit vernichtet und die Grausamkeit gefördert wurde, erwog niemand. So ließen Bürgermeister und Schöffen von Herford ums Jahr 1630 eines Morgens über dreißig der Zauberei bezichtigte Weiber aufs Rathaus bringen, wo sie sofort vom Henker gebunden und dann aufs Wasser geworfen wurden. Da sie oben schwammen, wurden sie festgenommen und gefoltert und auf Grund der durch die Tortur erpreßten Geständnisse sämtlich vom peinlichen Halsgerichte zum Feuertode verurteilt und verbrannt.

Theologen und Juristen gründeten, wie schon erwähnt, die Unfehlbarkeit der Wasserprobe auf die Heiligkeit, welche dem Wasser durch die Taufe verliehen werde, so daß es alles, was durch die Berührung des Teufels befleckt sei, von sich stoße.

»Es ist offenbar«, schrieb ein berüchtigter Hexenschlächter, König Jakob I. von England, »Gott hat als ein übernatürliches Zeichen von der ungeheuren Gottlosigkeit der Hexen angeordnet, daß das Wasser diejenigen in seinen Schoß aufzunehmen widerstrebt, welche das heilige Wasser der Taufe von sich geschüttelt haben.«

Dazu kam, daß man den Zauberern wegen ihrer angeblichen Fähigkeit, durch die Luft zu fliegen, ein geringes Gewicht zuschrieb.

In Frankreich wurde dieses Ordal (Gottesurteil), das man dort gegen geringe Leute in einer Kufe Wasser anzuwenden pflegte, im Jahre 1601 verboten.

In den österreichischen Gesetzen war gleichfalls schon im 17. Jahrhundert die Wasserprobe »als eine verborgene, ungewisse, teuflische, Gott versuchende Anzeige« ausgeschlossen.

Dagegen ließ der bayrische Obrist Hans Sporck im Jahre 1644 zu Schwäbisch-Hall eine Anzahl Soldatenweiber binden und zur Probe in den Kocher werfen.

Aus einem Schreiben des Marburger Professors der Philosophie Scribonius an den Magistrat in Lemgo ersieht man, daß die Wasserprobe in dieser Stadt zuerst im Jahre 1583 nach dem Muster anderer Länder eingeführt, in den übrigen Teilen Deutschlands aber noch fast ganz unbekannt war. Aus Westfalen verbreitete es sich nach Lothringen; gegen Ende des 16. Jahrhunderts finden wir es auch in Belgien. Durch die Engländer kam es nach Ostindien.

Im heutigen Westpreußen kamen amtliche Hexenproben noch im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts vor. Unter anderem kam dort eine ehrliche Frau aus Bischofswerder wegen Zauberei in Verruf, weil ihr Vieh durch ihren Fleiß auffallend gedieh. Im Gefühle ihrer Unschuld unterzog sie sich mit anderen Verdächtigen in Grunau (Kreis Flatow) freiwillig der Wasserprobe. Allein zu ihrer Bestürzung schwamm sie samt den übrigen und kam nun erst recht ins Gerede. Glücklicherweise aber war die Herrschaft von ihrer Unschuld fest überzeugt.

Endlich war eine der Hexenproben die Hexenwaage ( probatio per pondera et lancem).

Da man glaubte, die Hexen seien federleicht, so hielt man diejenige, welche nicht ein bestimmtes Gewicht hatte, der Zauberei überführt.

Die Stadt Oudewater bei Utrecht wurde dadurch reich, daß ihr Kaiser Karl V. eine Waage schenkte, die den Hexen nur ein Gewicht von fünfzig Pfund beimaß, folglich alle befreite, die mehr wogen. Natürlich ließen sich nun dort der Zauberei Verdächtige von weit und breit wiegen, um sich von dem entsetzlichen Verdacht zu reinigen. Infolge dieses eigenartigen Privilegs (Gerechtsame) genoß die Stadtwaage von Oudewater allgemeines Vertrauen. Ein Zeugnis von ihr war ein wirksamer Schutz gegen Verdächtigung wegen Hexerei. Eine zahlreiche Kundschaft zog zu ihr, besonders aus den Bistümern Köln, Münster und Paderborn.

Ein Augenzeuge aus den Jahren 1645-48 erzählt von einem jungen Paderborner, der in solcher Angst nach Oudewater kam, daß er aussah wie eine Leiche; als er aber die Probe glücklich bestanden, sprang er auf und rief: »Das heißt Leben und Gut gewonnen!«

Das Wiegen geschah vor einer besonderen Kommission, welche aus zwei Schöffen und dem Stadtschreiber bestand. Die zu wiegende Person mußte sich bis aufs Hemd auskleiden und wurde untersucht, ob sie nicht irgendeinen Gegenstand, der sie schwer machen sollte, bei sich trage. Frauen mußten ihr Haar aufgelöst über die Schultern fallen lassen. Der » geschworene städtische Waagemeister« wog die Person, und der Stadtschreiber stellte darüber das Zertifikat (Beglaubigungsschein) aus.

Solche Urkunden sind noch vorhanden, darunter eine, welche ein holländisches Ehepaar betrifft, aus dem Jahre 1727. Sie sind in holländischer Sprache ausgestellt, und die Gebühren betrugen:

 

Schöffen 1 Gulden 16 Stüber
Stadtschreiber 2 Gulden 18 Stüber
Bote 12 Stüber
Waagemeister 12 Stüber
Hebamme 12 Stüber
  ______________
Summa 6 Gulden 10 Stüber.

 

Bei der Verwüstung der Stadt durch die Spanier im Jahre 1575 ging das Rathaus mit allen seinen Urkunden in Flammen auf. Doch weiß man, daß auf Befehl Kaiser Karls V. die Gewichte der Waage zu Oudewater am 2. März 1547 nach denen zu Gauda geprüft wurden. Im Jahre 1754 wurde die letzte Probe in dieser Stadt vorgenommen mit zwei Beschuldigten aus Coesfeld und Telligt (das heutige Telgte) im Münsterlande.

In Friesland war man schon zufrieden, wenn der Gewogene elf Pfund schwer war, und zu Bedford in England wog im Jahre 1707 der Pöbel ein verrufenes Weib gegen die zwölfpfündige Kirchenbibel ab, und da es schwerer befunden wurde, wurde es freigesprochen Der englische Jurist Holt, der im Jahre 1709 Lord-Oberrichter an dem Gerichtshofe King's Bench in London war, hat sich um die englische Rechtspflege dadurch unsterbliche Verdienste erworben, daß er die Hexenprozesse als ungerecht und töricht angriff; er hatte endlich die Genugtuung, daß keine Hexe mehr in England angeklagt wurde. Einst brachte ein wütender Volkshaufe ein altes Weib von ausgesuchter Häßlichkeit, das Urbild einer Hexe, vor seinen Richterstuhl, indem mehrere Zeugen versicherten, daß sie mit eigenen Augen gesehen hatten, wie dieselbe auf dem Kopfe durchs Feld gelaufen sei. Holt, der die Wut des Pöbels bemerkte und einsah, daß es ihm mit Vernunftgründen nicht möglich sein würde, den erregten Haufen von seiner törichten Anklage abzubringen, setzte eine sehr grimmige Miene auf und donnerte die zitternde Matrone an, ob sie in England geboren und erzogen sei. Die Zauberin bejahte es. »Nun, da mögt Ihr Euch freuen«, fuhr der brave Richter fort, »denn bei uns in England ist nur das nicht erlaubt, was die Gesetze verbieten; da ich aber kein englisches Gesetz kenne, das dem Engländer verbietet, auf dem Kopf durch das Feld zu gehen, so ist es Euer Glück. Ich kann also Euch leider nicht an den Leib, wie Ihr es eigentlich für Euer Kapitalverbrechen verdientet. Schert Euch also nach Hause und bessert Euch!« Dann wandte sich Holt zu der ihn sehr verblüfft anstarrenden Menge: »Ja ja, Leute; Dankt Gott und unserem guten Könige, daß jeder in Alt-England seine Freiheit hat, um zu tun und zu lassen, was er will, wenn es nicht das Gesetz ausdrücklich verbietet. Will also einer von euch durchaus sich das Vergnügen machen, auf dem Kopfe zu gehen, so kann ihn kein Mensch daran hindern. Es lebe die Freiheit Alt-Englands!« »Hurra!« schrie der ganze Haufe, »die Freiheit von Alt-England und der Richter Holt!«.

Dagegen erging es im Jahre 1728 einer Anzahl Personen beiderlei Geschlechts zu Szegedin in Ungarn schlimm. Der Hexerei angeklagt, hatten sie außer der Wasserprobe die Probe der Waage zu bestehen, und da soll sich – welch Wunder! – denn ergeben haben, daß ein großes, dickes Weib nicht mehr als anderthalb Lot, ihr Mann, der auch groß und kräftig war, nur fünf Quentchen, die übrigen aber entweder ein Lot oder drei Quentchen oder noch weniger gewogen haben. Selbstredend wurde diese »leichte Menschenware« verbrannt.

Wenn nicht, wie offenbar in diesem Falle, böswilliger Betrug mit unterlief, so mußte das Gottesurteil stets zugunsten der Beschuldigten ausfallen.

Als besonderes Kennzeichen einer Hexe galt auch, daß sie beim Hersagen des Vaterunsers an der sechsten oder siebenten Bitte anstieß und im Gebet nicht fortzufahren wußte.

Überhaupt erfand der Barbarismus noch mancherlei andere Proben. So wurde in Nidda einem achtzehnjährigen Mädchen nach richterlichem Erkenntnis das Nasenbein eingeschlagen, um aus dem Blutflusse über Schuld und Unschuld zu urteilen.

Im Jahre 1618 machte man eine Probe mit Butterbrot bei einer Hexe, an welchem dieselbe erstickt sein soll.


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