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Zehnte Szene

Im Quartier der Spanier. Die dem Kaiser Montezuma zur Wohnung angewiesenen Gemächer. Man hat auch hier einen kleinen christlich-katholischen Altar errichtet. Montezuma liegt auf einem harten Ruhelager. An den Ausgängen stehen spanische Wachen, bis an die Zähne bewaffnet. Von außen dringt gedämpft Lärm des Kampfes.

Erster Soldat

Diese Bestien rennen wieder
wütend gegen unsre Mauern,
ganz wie vor des Cortez Rückkunft,
und das ist ein böses Zeichen.
Unsre Sachen stehen schlimm.
Unsre Lage ist gefährlich.

Zweiter Soldat

Sage lieber: hoffnungslos!

Erster Soldat

Wenig hab' ich zu verlieren,
wenn ich sterbe, und auch andre,
die an mir etwas verlören,
gibt es nicht in dieser äußerst
miserablen Menschenwelt.
Meinen Vater kenn' ich nicht.
Meine Mutter ließ mich sterbend,
als ich kaum zehn Jahre zählte,
arg verlaust und arg verlumpt,
auf der Straße nach Cordoba:
seitdem blieb ich auf der Straße
und lief, mit und ohne Schuh,
viele tausend span'sche Leguas.
Heute steh' ich hier, kaum wissend,
wie ich eigentlich hierherkam,
und bewache diesen Wilden,
und vielleicht schon morgen fressen
mich die braunen Schufte auf.
Weiß der Satan, wie das zugeht!
Vollgestopft bis unters Dach
ist dies Haus mit fetter Beute.
Auf mein armes Teil entfallen
von dem unverschämten Raub,
wenn es hoch kommt, dreizehn Pesos:
Gold genug, um eine Nacht
in Granada durchzulumpen.
Und, so ist der Mensch, selbst diese
dreizehn Pesos zahlt' ich gern
heute – lach nicht! – ganz aufrichtig
für ein Grab in span'scher Erde.

Zweiter Soldat

Wenn man doch nur kämpfen könnte.
Das macht warm und macht Courage!
Doch hier schweigsam auf und ab gehn
ist ein marterndes Geschäft.
In Valencia wohnt mein Liebchen.
Doch was nützt es, an sie denken,
wenn sie in Valencia wohnt.

Sandoval tritt ein, sehr ernst. Die Wache steht in soldatischer Haltung.

Sandoval

Kann man sich auf euch verlassen?

Erster Soldat

Ja, wahrhaftig, Euer Gnaden.

Zweiter Soldat

Ohne Wanken, bis zum Tod.

Sandoval

Nun, ich wüßt' es, eh ich fragte,
denn ich kenn' euch als zwei tapfre,
zuverlässige, ehrenfeste,
brave spanische Soldaten,
die entschloßnen Herzens sind.
Unsre Sache steht bedenklich.
Es ist möglich, daß wir abziehn.
Dringt der Feind bis hierher vor
und hört ihr die span'schen Hörner
das Signal zum Abzug blasen,
habt ihr kurzerhand den Wilden,
der dort schlummert, abzutun.
Ist's geschehn, so schlagt euch durch
und erscheint sofort im Gliede.

Erster Soldat

Euer Gnaden, zu Befehl!

Zweiter Soldat

Wohlverstanden, Euer Gnaden!
Und es ist, als wär's geschehn.

Sandoval

Gut so. Die Maßregel ist
ein Beschluß des ganzen Kriegsrats,
und es ist Fernando Cortez
selber, der sie euch befiehlt. -
Er schläft meistens?

Erster Soldat

Euer Gnaden,
wie uns scheint, liegt er im Fieber.

Sandoval

Deckt ihn zu! Habt ihr nicht Mäntel?

Erster Soldat

Alle Decken wirft er von sich.

Sandoval

Nimmt er Nahrung zu sich?

Erster Soldat

Nein!
Erst zuletzt, als er erwachte,
trank er aus dem Wasserkrug,
was er stets verweigert hatte.

Zweiter Soldat

Euer Gnaden, als er's tat,
war er gar nicht bei Besinnung.
Wachen Kopfes, bei Sankt Jakob,
hätt' er's nimmermehr getan.
Und ich will nicht selig werden,
wenn nicht dieses Wilden Vorsatz
ist, durch Hunger und durch Durst
lästerlich sich selbst zu töten.

Sandoval

Trau der Schlauheit dieser Wilden!
Ihre Schliche sind Legion.
Ihre Kunst ist die Verstellung.
Fieber heuchelt er und Wahnwitz,
um des Generals Befehl,
seiner Meute abzupfeifen,
desto sichrer zu umgehn.

Velasquez de Leon tritt ein, gefolgt von zwei spanischen Soldaten, die den gefesselten Guatemotzin hereinführen. Guatemotzin ist finster und verfallen. Als letzte erscheint Marina.

Velasquez de Leon

zu Sandoval

Treff ich Euch, Herr Großprofos?!
Auftrag hab' ich, diesen störrischen
Wilden auf das Dach zu führen.
Zwar nicht lebend oder tot,
aber gehend oder liegend.

Sandoval

Don Velasquez, es wird schwer sein.
Wie denn glaubt der General,
daß es Euch gelingen könnte,
was Las Casas, was Olmedo,
was dem Cortez selbst mißlang?

Velasquez de Leon

Wir verfielen auf ein Mittel.
Guatemotzin wird versuchen
seinen Vater umzustimmen.
Und gelingt's ihm nicht, so weiß er,
daß er höchstens zwanzig Schritt
noch vom Platz durchs Leben schreitet:
nämlich in den Hof zum Richtplatz.

Sandoval

Hast du das gehört, mein Jüngling?

Velasquez de Leon

Oh, er weiß es. Doch Marina
soll es ihm noch einmal sagen,
daß er sich nicht etwa schmeichle,
Spanierworte seien Wind.

Er tritt an Montezumas Lager und schüttelt ihn derb.

Auf! Jetzt ist nicht Zeit, zu schnarchen!
Keine Faxen! Kein Geröchel!
Dieses sind Spitzbubenkniffe,
und der Teufel soll mich holen,
wenn ich dir die Glieder nicht
mit Gewalt gelenkig mache.

Montezuma

halb bewußtlos in sitzende Stellung gebracht, erblickt seinen Sohn

Guatemotzin!

Velasquez de Leon

Nun, da hast du's!
Schon halb zur Vernunft gekommen!
Jetzt die andre Hälfte noch,
und du bist ein ganzer – Wilder!
Du wirst jetzt mit deinem Sohne
dich aufs knappste unterreden
und uns dann die wilden Bestien,
die uns mit Geheul berennen,
kurzerhand vom Halse schaffen -

er wendet sich an Guatemotzin

oder du stirbst kurzerhand!

Guatemotzin

Laßt uns denn allein, Marina!

Marina flüstert mit Velasquez und Sandoval, und alle Spanier verlassen den Raum.

Guatemotzin

indem er sich gefesselt, wie er ist, vor dem Kaiser aufs Knie niederläßt, mit vor Erschütterung bebender Stimme

Meine nicht, geliebter Herrscher
und noch mehr geliebter Vater,
daß ich so weit mich erniedre,
die Gebote dieser Wilden
zu erfüllen, und dich bitte,
mir mein Leben zu erhalten.
Du wirst nicht den Sturm beschwören,
den des Landes alte Götter
aufgeregt! Wirst nicht die starken
Wogen der Empörung stauen,
deren Brandung endlich, endlich
dieses Vipernnest umbrüllt!
Nun ich dieses Brausen höre,
sterb' ich lächelnd. Und ich weiß auch
nun, warum des Landes Blüte
hingemetzelt fallen mußte
in des Maimonds Opferfest.
Dieses Blutes Saat entsproßten
Männer, Krieger, Helden, Rächer
und der todverachtende
Freiheitsgeist des Vaterlandes!
Und so lebe wohl, mein Vater,
denn ich werde nun von dir
zu der Mondesmutter eingehn!
Und die Worte, die ich spreche,
sind die letzten dunklen Stufen
vor der dunklen Ausgangspforte
meiner irdischen Bestimmung.
Groß und frei starb Qualpopoca.
Als die Feuer ihn umleckten,
stand er wie ein Bild aus Kupfer.
Und es klang von seinen Lippen
ernst und rein und ohne Zittern,
zu der keuschen Göttermutter
Ehre, ein uraltes, heiliges,
zauberstarkes Tempellied.
Vater, schütze meine Frauen,
schütze, liebe meine Kinder
und bewahre unserm Volke
das Gedächtnis meines Todes!
Denn ich sterbe, wie ich lebte,
für das Volk, dem ich entstamme,
für das Land Tenochtitlan.

Kniend hat sich Guatemotzin dem Kaiser genähert. Erschüttert blicken beide einander in die Augen. Endlich fällt Montezuma dem Gefesselten weinend um den Hals. Auch Guatemotzin weint.

Montezuma

nachdem beide sich ausgeweint haben

Viel habt ihr mir zu verzeihen,
denn ich war ein blinder Führer!
Endlich sehend nun geworden,
seh' ich überall den Tod! –
Aber sag selbst, Guatemotzin,
war die Probe nicht zu schwer?
Nicht zu grausam die Versuchung,
die der Gott uns auferlegte?
Warum lieh er diesen Teufeln
seine reine Lichtgestalt?
Um die Seinen zu verführen,
die mit ungezählten Opfern
ihren Glauben ihm bezeugten
im Vertraun auf die Erlösung?
Warum dieses Höllenblendwerk
statt der fest verheißnen Gnade?
Wenn der Himmel Wunder tut:
was sind wir, daß wir nicht sollten
heiligen Staunens es verehren?
Und noch jetzt: Wer sind sie? Diese
strahlenden Azteken, diese
weißen, wahrhaft glanzgebornen?
Übermenschen, den erhabnen
Göttern ähnlich an Gestalt,
ungeahnten Zaubers mächtig!
Wo die Ewigen so beschenkten,
wer denn wollte da vermuten,
daß sie giftiges Blendwerk schufen,
menschenähnliche Dämonen,
innen voller Raubs und Fraßes,
ohne Herz und seelenlos.

Velasquez de Leon

blickt herein, barsch

Seid ihr fertig? Seid ihr einig?

Guatemotzin

Einig: ja! Doch fertig nicht!

Velasquez de Leon

Nun so sputet euch, versteht ihr!
Draußen stehn drei Feuerbüchsen
mit dem Todesblei geladen.
Für dein Herz ist es bestimmt,
wenn du fruchtlos gehst, mein Bester.
Hurtig, hurtig, kommt zum Schluß!

Er zieht sich zurück.

Guatemotzin

Lebe wohl! Du siehst, sie nehmen
von des Lebens letztem, kleinem
Perlenrestchen, das mir bleibt,
unerbittlich Perl' auf Perle.
Lebe wohl! Und meines letzten
Atems Bitte, Heißgeliebter,
wird die sein: du mögest lange
noch dein freies Volk beherrschen
in der alten Götter neuer,
reicher, segensschwerer Huld.

Marina tritt ein, auf den Armen den Ornat der Aztekenkaiser tragend. Die mit Brillanten reich besetzte Federkrone, einen weiß und blauen Mantel über den Schultern, mit Smaragden und grünen Edelsteinen übersät. Halbschuhe mit Gold verziert.

Was willst du mit diesen Dingen?

Marina

Meinen Kaiser will ich kleiden
in den heil'gen Schmuck des Herrschers.

Guatemotzin

Deinen Kaiser? Das sagst du?
Die Abtrünnige ihres Volkes?!

Marina

Ich bin gläubig, nicht abtrünnig.
Gläubig war auch einst der Kaiser!
Nun, was mehr: ich bin es noch!

Montezuma

Seele du des Seelenlosen,
gift'ges Werkzeug der Verruchtheit,
dies Ornat ist nicht mehr heilig,
seit du mit dem Griff der Krallen,
geile Füchsin, es besudelt.
Geh!

Guatemotzin

Und mögen bald die Geier
sich an deinem Aase sättigen!

Marina

mit Bewegung, dringend, fast tränenerstickt

Männer, rettet euch! Euch beiden
ist der Tod verhängt, ich weiß es.
Nicht nur Euch, Fürst Guatemotzin,
auch Euch, sehr erhabner Herr,
wenn Ihr ferner es verweigert,
zu erscheinen und dem Sturm
Einhalt mächtig zu gebieten,
angetan mit dem uralten
Kaiserschmuck des Sonnenreiches.

Guatemotzin

Niemals, Vater, tust du das!

Montezuma

Des bedarf es keiner Mahnung,
niemals war ich feig, mein Liebling,
und nur außen königlich.
Fürchte nichts, ich war entschieden,
eh du kamst. Und was sie aussagt,
hat der Vogel Ti-hui-tochan
mir im Traum bereits verkündigt.
Sterben muß ich so wie du.
Und ich will's. Ich bin am Ziele.
Lauter sagen's, immer lauter
meines Herzens schwere Pulse.
Und wie Hammerschläge fallen,
dröhnen sie auf hartes Erz,
lauter, immer lauter redend.
Solche Rede, so gesprochen,
ist die Sprache, die nie trügt.
Unser Bruder Cuitlahuac
wird nach mir das Reich verwalten.
Doch nun laß uns schweigen, denn
des Geschickes Ratschluß steht
unabwendbar in den Sternen.

Guatemotzin

Welcher Ratschluß?

Montezuma

Frag nicht weiter!

Cortez selbst, begleitet von Velasquez de Leon und Jeronimo de Aguilar, tritt ein. Hinter ihnen die Wache.

Velasquez de Leon

Einig, doch nicht fertig wart ihr,
als ich euch vorhin befragte.
Seid ihr einig nun und fertig?

Guatemotzin

Ja, wir sind's!

Velasquez de Leon

In welchem Sinn?

Guatemotzin

Führt mich unverweilt zum Tode!

Cortez

den Velasquez de Leon fragend anblickt

Tut ihm den Gefallen, schnell!

Guatemotzin wird durch die Wache abgeführt.

Jetzt verkünd auch ihm sein Schicksal!

Jeronimo de Aguilar

zu Montezuma

Nie verläßt du diesen Kerker,
außer mit dem Schmuck des Herrschers,
um dem Pöbel Halt zu bieten,
der das Gastrecht ruchlos schändet –
oder mit dem Strick des Henkers
um den Hals.

Montezuma

legt sich schnell eine goldene Schlinge um den Hals

Erwürgt mich denn!

Cortez winkt, alle Spanier verlassen den Raum. Auch Marina, aber ohne den Ornat des Kaisers, der im Zimmer zurückbleibt.

Cortez

Sieh, ich komme selbst, mein Gastfreund!

Montezuma

Um die Welt mir zu verfinstern?

Cortez

Je nachdem: das liegt bei dir!

Montezuma

Mich zu martern? Mich zu foltern?

Cortez

Ungern! Freilich, wenn du starr bleibst,
werd' ich nicht verhindern können,
daß die Wut der Meinen dich
auch den Folterknechten preisgibt.

Montezuma

Gegen deinen Anblick ist die
Folterbank mir eine Wohltat.

Cortez

So empfange denn die Wohltat,
wo nicht Einsicht, wo nicht Einkehr,
wo nicht Umkehr dich bewahrt! –
Pöbelhaufen und Rebellen
gegen dein erhabnes Szepter
sind's, die sich erdreistet haben,
die Befehle zu mißachten
deiner kaiserlichen Hoheit.
Sie bedrohen deine Gäste,
die Gesandten des allmächt'gen
Weltenherrschers, Karls des Fünften
deren Absicht friedlich ist.
Euch des allerchristlichsten
Königs Gnade anzutragen,
haben wir nicht angestanden,
von der Erde andrem Ende
uns bis hierher zu bemühn.
Und was wird uns nun zum Lohne?

Montezuma

Wie die Taten, so der Lohn!

Cortez

Auch wir haben solche Sprüche.
Sie enthalten auch wohl Weisheit,
nur nicht in des Toren Mund!
Und du bist ein Tor, mein Bester!
Was wird der Verrat euch fruchten?
Gegen meines Kaisers Strafen,
der ein Volk von weißen Menschen,
hundertfach so groß als deines,
alle blitz- und donnerkundig,
unter seinem Szepter hat?
Denn für einen, den ihr tötet,
wird er Tausende euch senden,
euch von Grund aus auszurotten
in erbarmungsloser Rache
bis auf die Erinnerung.

Montezuma

Niemand zweifelt dran, Malinche.

Cortez

Und du willst, dies klar erkennend,
dennoch dem Verrat nicht steuern?

Montezuma

Dem Verrat?

Cortez

Dem niederträcht'gen,
tückischen Verrat, jawohl!

Montezuma

Ausgeübt von dir, Malinche?

Cortez

Alles, was ich tat, geschah
zu des Lands und deinem Wohle!

Montezuma

Auch als du mich deiner Knechte
rohen Fäusten ausgeliefert
und die kaiserlichen Glieder
mir in Eisen schließen ließest?
War dies auch zum Wohl des Landes?
War dies auch zu meinem Wohl?

Cortez

Ja! Und nochmals: ja! Das war es!
Ohne Schutz hier im Quartiere
hätte dich der allgemeine
Aufstand längst hinweggespült.
Ist dein Bruder Cuitlahuac
doch zum Kaiser ausgerufen.
Und dein Sohn selbst, Guatemotzin,
er verriet den eignen Vater
und hing dem Verräter an.

Montezuma

Er tut recht! Und nun genug!
Alle deine Dankbarkeit,
alle deine ungetilgte
Schuld für meine uferlose
Gnade sei miteins gestrichen,
wenn du deines widerlichen
Anblicks mich nur jetzt enthebst.

Cortez

Stumpfes Tier: so lerne denn
einen stärkren Willen kennen!

Er stößt mit dem Schwert mehrmals auf die Erde; sechs spanische Soldaten kommen herein.

Tut genau nach dem Befehl!

Cortez geht schnell ab.

Erster Soldat

Wer fängt an? Wer macht den Anfang?

Zweiter Soldat

Sind wir etwa seine Schranzen?
Wollt ihr warten, bis er ruft?

Dritter Soldat

Hier liegt das Geklunker. Vorwärts!
Jeder Augenblick ist kostbar:
denn ich will nicht selig werden,
kommt nicht eben wiederum
brüllend eine Woge über.

Man hört das Geräusch eines neuen Ansturms der Belagerer.

Vierter Soldat

zu Montezuma

Zieh dich aus, mein Sonnensohn!

Zweiter Soldat

Der Halunk' versteht kein Spanisch.
Und verstünd' er's flugs, ich kenn' ihn:
dieser Schlingel rührt kein Glied.
Eins, zwei, drei! So geht es besser!

Er reißt ihm die Kleider vom Leibe.

Erster Soldat

Halt ihn einer fest, von rückwärts!
Er fällt sonst uns auf den Hintern
oder strauchelt an die Wand.

Fünfter Soldat

Holla! Hoppla! Fest gestanden!
Span'schen Drill in deine Knochen!

Drei Spanier haben Montezuma mit eisernen Fäusten von rückwärts und an den Armen gepackt.

So, nun steht er! Host ihn an!

Dritter Soldat

hält den Ornat hoch

Pest und Mord, das Ding ist niedlich!
Strotzt es nicht von Edelsteinen?
Wenn wir jeder einen mausen,
bleiben mehr noch als genug.

Sechster Soldat

da einige Soldaten Edelsteine aus dem Gewand brechen

Ei, was Teufel, laßt mich mittun!

Erster Soldat

Es verlohnt nicht! Wenn uns dieser
Hund nicht rettet, sind wir morgen
mit und ohne Edelsteine
doch nur noch sechs tote Spanier.
Also macht den Kartenkönig
fertig ohne Aufenthalt!

Dritter Soldat

versucht dem Kaiser den Ornat überzuziehen

Nein, so geht's nicht!

Zum Kaiser

Bursch, du stellst dich
wohl mit Absicht täppisch, wie?
Nimm Vernunft an! Laß dir raten!
Sonst bekommst du Katzenköpfe
mitten in dein kannibalisch
tausendschönes Angesicht.

Montezuma

Warum schlägst du mich nicht stärker?
Schlag mich! Triff mich tödlich, Freund!

Sechster Soldat

schlägt ihn von rückwärts mit einem Riemen über den Kopf

Brav! Da nimm und sei zufrieden!
Gerne macht' ich dir den Garaus,
ging' es hier nach meinem Sinn.
Rate, wie ich heiße, Wilder?

Dritter Soldat

hat sich die mexikanische Krone, den Copilli, aufs Haupt gesetzt

Wie steht mir die Kaiserkrone
von dem Reich Tenochtitlan?

Wildes Gelächter der Spanier antwortet.

Fünfter Soldat

Stülpt sie ihm aufs Haar, ihr Schufte!
Denn, bei Gott, es eilt! es eilt!

Erster Soldat

Hebt ihn hoch und setzt ihn nieder:
dieser Hampelmann ist leicht!
Ich muß jetzt, als Kammerzofe,
ihm zwei goldne Schühlein anziehn.

Dritter Soldat

Hast du deine Siebensachen
nun beisammen, Kartenkönig?

Montezuma

Mensch, du irrst: ein wahrer Kaiser
steht vor einem wahren Knecht.

Erster Soldat

gibt Montezuma einen Backenstreich

Wie, ungläubiger Hund, du wagst es,
gegen Spanier, gegen Christen
dich dermaßen zu erdreisten?
Fastnachtsmohr aus eines Trödlers
Kellerloch zu Barcelona!

Zweiter Soldat

mit ironischer Verbeugung

Euer Majestät zu Diensten.
In den Dreck mit euch, Kam'raden:
nicht vor Ehrfurcht, nein, vor Lachen
über die, die sich vor dieser
Vogelscheuche ängstigen!

Fünfter Soldat

Deines Kleides Saum zu küssen,
lass' ich auf das linke Knie mich.
Bleib mir gnädig, Fürst und Herr!

Er schneuzt die Nase unter allgemeinem Gelächter in den Saum des Kaiserornats. Dann springt er plötzlich auf, packt Montezuma und reißt ihn mit sich.

Auf die Schanze nun mit ihm!

Der Kaiser wird mit Geschrei von den Soldaten fortgeschleppt.


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