Paul Grabein
Der König von Thule
Paul Grabein

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XVIII.

»Also, leben Sie wohl, lieber Doktor, und auf Wiedersehen – aber nicht in Island! Davon hab' ich genug vom erstenmal.« Neidhardt schüttelte sich mit komischem Entsetzen. »Aber Sie werden ja doch mal wieder in die Heimat kommen, und dann vergessen Sie nicht, mich aufzusuchen. Soll mich herzlich freuen.«

Der Kapitän drückte dem Reisegefährten kameradschaftlich die Hand. Sie waren die letzten Tage seit Eva Söllnitz' Abreise viel zusammen gewesen und sich so näher getreten. Neidhardt war ja der einzige Mensch an Bord, der Amthor sympathisch gewesen war. Nun nahmen auch sie voneinander Abschied. Die »Hamburg« sollte nach kurzem Aufenthalt hier in Bergen jetzt wieder in See gehen, um nach Hamburg zurückzukehren; ihre Nordlandreise war beendet.

Mit einer gewissen Bewegung erwiderte Amthor den herzlichen Händedruck Neidhardts. Solange er diesen noch um sich gehabt hatte, war es ihm immer gewesen, als ob ihn noch etwas Greifbares, Lebendiges mit Eva Söllnitz verbände. Sie hatte den Kapitän ja auch hochgeschätzt und umgekehrt dieser große Stücke auf sie gehalten. So hatten sie beide denn auch noch oft in diesen Tagen von ihr gesprochen, und es war Amthor manchmal dabei gewesen, als wäre sie plötzlich leiblich zu ihnen getreten, so lebendig sah er ihr liebes Bild dann vor Augen. Nun hatte auch das ein Ende.

Mit ernster Miene erwiderte er daher dem Kapitän:

»Ich glaube schwerlich, daß mich Deutschland so bald wiedersehen wird.«

»Aber warum denn nur? Es wird Ihnen doch eine Wohltat sein, mal aus Ihrer verdammten Nebelbüchse Reykjavik rauszukommen!«

»Eben darum. Ich fürchte das Losreißen hinterher wieder von der Heimat. Wer zum Nebelgrau verurteilt ist, soll sich nicht erst an die Sonne drängen.«

»Ah – Sie sind Pessimist geworden da oben, lieber Doktor! Na, wahrhaftig kein Wunder. – Aber Sie werden's sich schon anders überlegen. Also sagen wir doch auf Wiedersehen! Es macht sich besser.«

Amthor lächelte nur still; mit einem letzten Druck machte er sich dann aus des Kapitäns Hand frei.

»Sagen wir's. Auf Wiedersehen denn, lieber Kapitän – wo es auch sein wird!«

Mit einem vielsagenden Blick schied Amthor von dem ihm wert gewordenen Manne.

Schweigend sah ihm der alte Seemann nach, bis er hinten im Gang seinen Blicken entschwunden war.

»Ein braver Kerl, dieser Doktor,« sagte er dann zu dem an ihn herantretenden Mr. Sanderham, »schade nur, daß ihn die schwarze Melancholeia gepackt hat. Das ist ebenso schlimm wie die Malaria, die ich mir damals in dem gottverlassenen Fiebernest Bimbia geholt habe. Die läßt mich auch nicht mehr locker. Mir ist heute wieder ganz schuddrig zumute. Kommen Sie, Mister, wir wollen einen Hennessy genehmigen – na, komm'n Sie nur, komm'n Sie nur! Ihnen wird das auch ganz gut tun!« Und er zog sein vergeblich widerstrebendes Opfer mit sich in die Bar.

 


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