Edmond de Goncourt
Die Dirne Elisa
Edmond de Goncourt

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XLIV.

Mein liebes Weibchen!

Ich hab fiel Schmerz und Kumer gehabt, wie ich von Dir fort bin, weil ich bin so glücklich wenn ich bei Dir sein kann. Den ganzen Tag bin ich ganz auseinander und ich weiß nicht wo mir der Kopf steht. Als wenn ich Eis im Herzen hätt. Auch im Dienst bin ich nichts wert, das Gott erbarm. Ich mein ich kan es nicht erwarten bis das die vierzen Tag um sind, wo Du wieder Ausgang hast. Wahrhaftiger Gott, meine Seele hängt an Deinen Lippen. Immer möcht ich mit Dir zu zweit sein und wen du nicht bei mir bist, ziht mich etwas aus mir weg zu dir hin. Aber du hast mich noch gar nicht richtig kenen gelernt, Elisa, und weißt nicht wie verliebter Natur ich bin. Grad so wie damals, befor ich eingerückt bin, da hab ich mich auch so auf die Kirchweih gefreit. Ich hab mir gedacht damals ich möcht ein gutes Los zihn und hab mit drei Finger in die Uhrne gegrifen und die drei Numero gezogen und beim dritten hab ich gesagt, wie man das so bei uns zu haus sagt »Maikäfer flieg«. Und es ist halt ein großes Unglück für mein Seelenheil, das ich bin nach Paris komen und hab die begegnen müssen. Ich hab oft Gewissensbise im Herzen! Aber es is stärker als ich und ich kan nichts gegen mein Blut. Also gehen wir am nächsten Sonntag, weil dus gern so haben möchtest, in unser Nest im Wald. Liebe nur mich allein wie du mir hast aufs Kruzifix geschworn. Elisa deine Küsse haben sich in mein Herz gegraben. Dein Mund hat durch seine Schwühre das Siegel darauf gedruckt. Elisa, ich liebe Dich, ich bete dich an mein kleines Weibchen, mit einer solchen Feier, das du in mir entzündet hast. Nichts auf der Welt wird mich deine Umarmungen und deine brennende Küsse vergessen lassen - nur der Tot.

Dein Geliebter fürs Leben,
fürs ganze Leben

Tanchon, Infanterist im 71. Linienregiment.

P. S. Gib den Parfen ins Haar wie das erstemal.

Als Elisa den Brief durchgelesen hatte hielt sie ihn lange unter ihren gekreuzten Händen auf ihrem Herzen und langsam kehrte ihr die Erinnerung an den furchtbaren Tag zurück, als durchlebte sie ihn ein zweitesmal.


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