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Vorbemerkung des Verfassers

In dieser Ausgabe erscheint im Druck – fünfzehn Jahre nach seiner Entstehung – zum erstenmal der Originaltext einer kleinen dramatischen Dichtung, die sich seinerzeit, und ab und zu noch, in einer Bühnenbearbeitung des königlichen Schauspielhauses mit dem Titel »Verbotene Früchte«, auf der deutschen Bühne angenehm bemerklich gemacht hat.

Die große Abweichung von der bisher laufenden Fassung, an die sich auch das Cottasche Buch, trotz eines Versprechens der Vorrede, angeschlossen hat, muß jedem der bisherigen Darbietung schon freundgewordenen Auge befremdend auffallen, und läßt, bis zur vollzogenen Einführung wenigstens, die Mitgabe einer kurzen Textgeschichte rätlich erscheinen; nach Kenntnisnahme durch den Interessenten mag sie aus dem heiteren Buche entfernt werden.

Das Gedicht entstand zwischen Januar und Februar 1890, als bestelltes Fastnachtspiel für eine akademisch-dramatische Vereinigung, und sollte nur eine in Verse gesetzte und abgerundete Aufarbeitung der »Höhle von Salamanka« des Cervantes werden. Aber der kecke Angriff und die vorschwebende Idee erwiesen sich als von so glücklicher Zugkraft, daß der derbe Farcenstoff, sich lichtend und schmeidigend, nach außen und innen den vorgefundenen Rahmen überschwoll, und ein ungleich stattlicheres und ernsteres Gebilde entstand, als 4 der absichtslose Anfangswille wissen konnte. Das ließ auch die gleichzeitig mit der Arbeit erfolgende Auflösung der Besteller belanglos werden; denn es schien ein für die Öffentlichkeit taugendes Lustspiel entstanden zu sein, zu dessen schwerblütiger Durchführung nur der stehengebliebene, höchst leichtfertige Eingang, der unverkennbare Zeuge der Herkunft, nicht mehr stimmen wollte.

Als daher im Sommer 1890 die Freiburger Theaterkommission sich des eingereichten Stückes mit erfreulicher Begeisterung annahm, erbot ich mich zu einer Nachholung der Exposition, und schmolz die erste Hälfte des ersten Aufzuges zu der vorliegenden Form um: sie läßt den leichtsinnigen Schritt der an sich edlen Frau als Trutzhandlung gegen die, nun in kräftigen Strichen dem Bühnenbilde einverleibte brutale Torheit des Mannes als verständlich und verzeihlich erscheinen. Mit dieser Umschaffung schwand zugleich der letzte Zusammenhang mit der Vorlage; nur ein Titelvermerk bewahrte, zu schönem Überfluß, die Erinnerung daran auf; ich lasse ihn jetzt weg, er hat genug überflossen.

So entstand das »Freiburger Bühnenbuch vom Sommer 1890«, das hiermit als das von mir einzig vertretene Original ausgegeben wird, und als solches zu den Akten der Literatur zu nehmen ist, nicht aber die im Frühjahr 1890 in autographischer Vervielfältigung unter dem Titel: »Der Adept« an die Bühnen gelangte Urschrift, aus der später das königliche Schauspielhaus die Verbotenen Früchte züchtete.

Dieses Freiburger Bühnenbuch wurde vogelfrei, als kurz vor der Aufführung das Stück fallen gelassen wurde, weil 5 ich, im November jenes Jahres, ungezogen genug war, mit dem glücklichen Ungestüm der Jugend dem Tuberkulinrausch jener Tage mit einer ketzerischen Flugschrift entgegenzutreten – große Ursachen, kleine Wirkungen.

Als nun das königliche Schauspielhaus drei Jahre später den Adepten annahm, ließ ich mir das Freiburger Bühnenbuch geben und legte es in Berlin vor, wo man aber den aufgelesenen Vagabunden schon nach individuellem Geschmacke zurechtgestutzt hatte – auf eine Weise, daß, als ich später Einblick erhielt, mein Vaterherz sich im Leibe herumdrehte; man verzichtete auf eine Benützung der neuen Einreichung.

Als aber nun im Winter 1894/95, nach dem überraschenden Erfolge der Verbotenen Früchte, Freiburg als Theaterinhaberin sich der Verpflichtung nicht entziehen konnte, dieses Stück gleich den zahlreichen andern Bühnen auch zu bringen, da raffte sich meine Vaterliebe, die inzwischen noch durch die von Freundeshand, sicher in der besten Absicht, unbegreiflich eingerichtete Cottasche Buchausgabe verwundet worden war, zu einem neuen Gange auf: ich machte die heimische Theaterleitung auf die große Abweichung des Berliner Buches vom Freiburger, und auf die Gelegenheit aufmerksam, eine Uraufführung zu schaffen, und stellte aus den zur Hand stehenden Materialien ein neues Original zusammen – aber man lehnte ab und gab die Verbotenen Früchte.

Jahrelang verwehrte mir seitdem das Leben, etwas für meinen Sprößling zu tun; die Stille wurde höchstens durch die Versuche unterbrochen, die in der Unerfahrenheit der Jugend aus der Hand gegebenen Verlagsrechte, und damit 6 das über Leben und Tod des Dinges, wieder an mich zurückzubringen; sie sind eben erst geglückt und somit sowohl die Verbotenen Früchte der Bühne als auch des Cottaschen Verlags der erlösenden Stampfe anheimgefallen. Von nun an soll, soweit meine Macht reicht, auf den Brettern und in den Lettern nur mein » Schwarzkünstler« bestehen.

Diese Umtaufe habe ich mir mit demselben Vaterrechte gestattet, mit welchem ich auch nicht, mit kadavermäßigem Eigensinn, das Original nach den Akten buchstäblich wiederherstellte; sondern, der Mutter vergleichbar, die an Frisur und Anzug des aus seiner Kammer tretenden Söhnchens noch da und dort streicht und zupft, habe ich, ganz leicht, die pflegende Hand da und dort angelegt, Flüchtigkeiten verbessert, einige Verse als überflüssig und störend ausgelassen, ein paar umgearbeitet und selbst einen oder zwei eingesetzt; alles in allem machen diese Änderungen an Quantität knapp zehn Verse aus.

Und nun ziehe denn hin, mein Schlingel, daß ich dich endlich los bin. Grüße die Freunde, die du schon gefunden, als du noch den Stiftenkopf, den man dir geschoren, durch die Türen strecktest –: sie werden dir den Schmuck der natürlichen Locken, die dich nun wieder umwallen, nicht übelnehmen. Und daß du dir neue gewinnen wirst, deß ist dein Verantwortlicher gewiß.

Zähringen, 9. November 1905

Emil Gött      

 

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Personen

        Gautier de Grommelard, ein Landedelmann
Alison, seine Frau
Robert, ein fahrender Schüler
Kapitän Gaspard Robinet
Jules de Godelureaux, ein Junker
Jeanne, Zofe
Mathieu, Diener
Die alte Crache
Ein Bursche

Die Handlung spielt um die Mitte des 16. Jahrhunderts in dem Landhause des Sieur Grommelard, in der Nähe von Troyes in der Champagne. Die Szene ist ein stattliches Zimmer mit waidmännischer Ausschmückung und großem Kamin; große Türe in der Mitte, zwei auf der linken Seite, rechts ein Fenster.

 


 


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