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XLV.

Am nächsten Morgen saß Dan im Büro des Inspektors Scofield im Polizeipräsidium. Die Beziehungen zwischen den beiden hatten sich seit Dans letztem Besuch in diesem Raum sehr geändert. Der Inspektor redete Dan jetzt mit »Leutnant« an – halb im Scherz, denn Dan stand noch nicht wieder offiziell im Polizeidienst.

»Haben Sie Erfahrung im Ausfragen verdächtiger Personen?« fragte Scofield.

»Nein.«

»Nun, dann verhören Sie jetzt diesen Mann. Ich will einmal sehen, wie Sie sich dabei anstellen.«

Whitey Morgan wurde hereingeführt. Ein Tag im Gefängnis hatte nicht dazu beigetragen, sein Aussehen günstiger zu gestalten. Sein Gesicht war bleich, seine Augen hatten einen furchtsamen und scheuen Ausdruck.

»Setzen Sie sich«, sagte Dan mild. »Darf er rauchen, Inspektor?«

Scofield rieb das Kinn.

»Meinetwegen.«

Whitey nahm dankbar die Zigarette, die Dan ihm anbot.

»Der Inspektor hat mir die Erlaubnis gegeben, Sie zu vernehmen«, begann Dan. »Sie brauchen keine Angst zu haben, daß Sie Blut und Wasser schwitzen müssen. Ich habe Ihnen nur einen einfachen Vorschlag zu machen – Sie können ihn annehmen oder ablehnen.«

Diese ungewöhnliche Einleitung brachte Whitey anscheinend in Verwirrung.

»Joe Penman und Bull Fellows sind tot«, fuhr Dan fort. »Sie haben daher die Hauptlast bei der Anklage wegen Entführung zu tragen.«

»Ich war nur von Joe Penman angestellt«, murmelte Whitey.

»Gut. Aber Sie sind die Hauptperson, die noch am Leben ist. Die Entführung ist nachgewiesen, darum kümmern wir uns nicht mehr. Sie können höchstens auf mildernde Umstände hoffen, und ich will Ihnen zeigen, wie Sie dazu kommen können. Wir wollen wissen, wer Joe Penman kaufte, um Mr. Lawrence zu ermorden.«

»Das weiß ich nicht«, erwiderte Whitey eifrig. »Wirklich, ich weiß es nicht. Auch Joe Penman hatte keine Ahnung. Wenigstens sagte er uns so. Unter uns haben wir den Kerl den Schleicher genannt.«

»Können Sie uns sagen, welche Summen Joe Penman von ihm erhalten hat und wann?«

»Ja. Das letzte Mal war es am Freitag. Zehntausend. Die waren aber eigentlich nicht für uns bestimmt. Joe hielt dem Kerl eine Pistole vor und nahm ihm das Geld ab. Am Donnerstag bekam er viertausend. Der Kerl zahlte regelmäßig an Donnerstagen – viertausend jeden Donnerstag, drei Wochen lang.«

Dan notierte die Summen und die Daten. »Wie war Silver Buckley an der Sache beteiligt?« fragte er dann.

»Bull stellte ihn an. Joe sagte, wenn der Schleicher argwöhnisch würde, müßten wir einen haben, der ihm folgte, damit wir erfahren könnten, wen er an unserer Stelle für seine Geschäfte nimmt.«

»Und was berichtete Buckley Joe am Freitag?«

Whitey zögerte einen Augenblick.

»Das weiß ich nicht. Er sprach vertraulich mit Joe.«

»Jetzt lügen Sie«, erwiderte Dan ruhig. »Bisher haben Sie meine Fragen richtig beantwortet.«

»Ich weiß nichts«, murmelte Whitey bekümmert. »Wenn ich Ihnen erzähle, was ich denke, lassen mich die blutdürstigen Kerle nicht am Leben.«

»Dann wissen Sie es also. Denken Sie daran, daß Sie an einem sicheren Ort sein werden, wo Sie kein Bluthund erwischen kann. Ob Sie fünf oder zehn Jahre dort sitzen, hängt wahrscheinlich von dem ab, was Sie uns jetzt mitteilen.«

»Nun gut. Silver Buckley folgte dem Rechtsanwalt bis zu seinem Büro. Hugh Brady heißt er. Von seinem Büro aus ging er zur Park-Bank und holte einen neuen Stoß Banknoten, nachdem Joe ihm das erste Paket abgenommen hatte. Dann fuhr er zu einer Kneipe in der Division Street und gab das Geld Owney Randall.«

»Hat Silver gesehen, daß er ihm das Geld übergab?«

»Nein, dazu ist Owney zu schlau. Owney gibt dann seinem Hauptkerl, dem Smoke Atchey, Befehle. Silver freundet sich mit Smoke an, indem er einen Wagen für ihn stiehlt, und Smoke beauftragt ihn, in der Nacht den Wagen für ihn zu fahren. Sie verstecken sich in Lawrences Park bei Sands Point und wollen ihn und drei Leute niederschießen, wenn er von seinem Privatdock herauffährt. Das ist alles, was ich weiß.«

»Nun, das ist genug«, erwiderte Dan sarkastisch. »Als Mr. Lawrence dann nicht erschien, knallten sie Silver Buckley nieder.«

»Das nehme ich an.«

»Haben Sie noch Fragen, Inspektor?« wandte Dan sich an den Vorgesetzten.

Scofield schüttelte den Kopf, und Whitey wurde wieder in seine Zelle zurückgebracht.

Scofield streckte die Hand nach Dans Notizen aus. »Wenn ich erfahren kann, von wessen Konto diese Summen an den angegebenen Daten gezogen wurden, können wir einen Prozeß anhängig machen.«

Dan stand auf. »Ich muß jetzt noch herausbringen, wer die Geschichte von der Entführung bekanntgegeben hat.«


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