Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Vorwort.

Es mag den Lesern von heutzutage seltsam erscheinen, daß in unsern Tagen, wo die Romantik des Mittelalters längst als überwundener Standpunkt angesehen zu werden pflegt, meine Erzählungen Bilder aus längst verschwundenen Jahrhunderten entrollen. Aber Freude an früheren, lang verklungenen Liedern und Sagen und an altem Bauwerk, das trotzig und fest den Stürmen der Zeit erfolgreich Widerstand geleistet, hat mich auf diesen Weg geführt und noch habe ich es nicht bereut, die alten Orte und Worte durchforscht zu haben.

Es ist ein eigener Genuß, aus einzelnen kurzen, oft nur abgerissenen Sätzen sich eine ganze Geschichte zusammen zu schmieden, oder aus kärglich zerbrochenen Mauerresten eine fertige Burg mit Wällen, Ringmauern und Zinnen in Gedanken aufzubauen. Auch ist aus alten Pergamenten und Chroniken viel mehr Glanz und Pracht zu schöpfen, als es dem flüchtigen Beschauer auf den ersten Blick anmuthen mag. Reich und herrlich entwickelt sich das Leben vor unserm innern Auge; kühne, thatkräftige Männer und züchtige oder üppige Frauen, die noch nicht vom grauen Einerlei und anderweitiger Misère der Gegenwart zur Charakterlosigkeit herabgedrückt worden, halten die Fäden des Schicksals in Händen und wirken daraus ein Gewebe, das uns bei unserm jetzigen Geschmack zwar bunt, selbst manchmal all' zu grell erscheinen mag, in Wirklichkeit aber nur durch seine kräftigen Farbentöne, von den verblaßten Zwischenfarben unserer Mode, all' zu viel absticht.

Und zwischen hinein klingt es wie Vogelgezwitscher oder wie Rieseln heller Quellen und es ist ein angenehm Geschäft, die fröhlichen Töne festzuhalten und sie in klingenden Reim oder der Jetztzeit angemessenes Satzgefüge zu bringen, zu eigener Kurzweil oder Unterhaltung der Andern.

Freilich ist der Phantasie ein großer Spielraum überlassen, denn die alten Ritter sind längst mit Speer, Schild und Schwert in die Gruft ihrer Ahnen hinabgesenkt worden und nur ihr Helmschmuck steht noch über dem Wappen ihrer Enkel, aber der Geist der Romantik ist darum noch nicht ausgestorben: in klaren Sternnächten harft er seine wehmüthigen Gesänge, bei lohenden Blitzen und brausendem Sturmeswehen kündet er seine Heldenlieder und man braucht nicht eben ein Sonntagskind zu sein, um in stiller Waldeinsamkeit sein Nahen zu verspüren; nur lautem Getriebe des Marktes und der Städte bleibt er ferne. Was sollt' er auch dort? Ungehört würden seine Worte verhallen und seine ehrwürdige Reckengestalt der Spottsucht zur Zielscheibe dienen. Derjenige aber, dem er einmal erschienen, der soll nicht achtlos an ihm vorüber gehen, der soll ihm nachziehen auf grüne Berghalden und in wasserreiche Schluchten, denn »Waldeinsamkeit macht stolze Seelen und gibt kühne Gedanken« sagt Fallmerayer, und der war doch selber ein Sohn der Berge und hat Bescheid gewußt in Allem, was das Herz erquickt und den Geist erfreut; und wenn auch nicht Jeder gleich ihm begnadet wird, das schwarze Meer und die kleinasiatischen Küstenländer und Constantinopolis und den Athos zu sehen: so fließt auch in unsrer Nähe der Zauberbronn, der willig jeden Durstigen labt.

Auch um Bayerns Metropole sind der Punkte viele, die dem Forscher mannigfache Anknüpfungspunkte an die Vergangenheit bieten, auch dort waltet der Geist der Romantik in alter Thätigkeit, wenn er uns auch nicht gleich auf dem Perron der Bahnhöfe entgegentritt, sondern lieber in dämmerigen Kirchen, dunklen Forsten oder den Grüften lang abgeschiedener Geschlechter weilt. Vornehmlich am grünen Strand der Isar haftet die Sage noch in ungeschwächter Pracht. Ein moosbewachsener Römerstein, ein märchenumsponnen, halb zerbrochen Herzogsschloß, eine gothische Kapelle, ein verschütteter Brunnen, ein fremdartig räthselhaft Wappenschild: genug ist's, um die Phantasie zu wecken und ihre Bilder weiter auszuspinnen.

So wenigstens ist es mir erschienen; möge es auch dem vieltheueren Leser nicht leidig sein, mir zu folgen auf den sonnigen Pfaden, die sich am Rande der grünen Isaria dehnen.


 << zurück weiter >>