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An meines Vaters Grabe.

B lüthen streben aus der zarten Hülle,
Blumen drängen freudig sich hervor,
Lüftchen schmeicheln, und aus grüner Fülle
steigt der Vögel Frühlingssang empor.

Todesschauer weht mir aus den Zweigen,
Sterbetöne klagen durch die Flur,
Schatten seh' ich aus der Erde steigen,
und in Trauer hüllt sich die Natur.

Seit ich dich, dich Einzigen! verloren,
bin ich ewig mit mir selbst entzweit,
eh'mals glaubt' ich mich zur Lust geboren,
jetzt – verblüht ist meine Seligkeit.

Düster flammt des Lebens matter Schimmer
schwermuthsvoll in öde Räume hin,
und auf Gräber sinkt, erschöpft auf immer,
nassen Blicks die müde Hoffnung hin.

Liebe lohnt nur Liebe! Aus dem vollen,
glutherfüllten treuen Herzen dir
noch den Dank der reinsten Liebe zollen,
nur noch einmal! – wäre Tröstung mir.

Stark und heilig flammte bis an's Ende
dir im Busen der geweihte Strahl;
ach! schon sprachlos nahmst du meine Hände,
nahmst und drücktest sie zum letztenmal!

Ja, ich faßte dieses Druckes Sprache,
Schmerz und Zärtlichkeit durchbebten mich;
des gebeugten In der Vorlage: »gebeuten«; hier nach der ›neuesten Auflage‹ von 1818. – Anm.d.Hrsg. Kindes stumme Klage
Füllte, Scheidender! mit Wehmuth dich.

Wo, wo wandelst du? wo, Edler! reifen
deine Kräfte zur Vollkommenheit?
Mit dir neue Bahnen zu durchstreifen,
welch ein Vollgenuß der Seligkeit!

Ach! von alles Wissens Fackeln breitet
keine ihren Strahl nach Jenseits hin;
und Vernunft, die uns durch's Leben leitet,
ist nur diesseits Tagverbreiterin.

Nur mit magischem gefärbten Schimmer
leuchtet, ach! so gern, die Seherin
Phantasie in die vermummten Trümmer
jenes weiten dunkeln Jenseits hin.

Wonnig flammt in ihrem Zauberspiegel
manche schöne hohe Ahndung auf.
Drückte nur der Wahrheit Königssiegel
ihren Träumen die Gewißheit auf!

Stark wollt' ich den Kampf des Todes ringen;
froh ihn seh'n, der letzten Stunde Geist,
fänd' ich dich, wenn er auf leichten Schwingen
kühn mit mir des Lebens Band zerreißt.



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