Björnstjerne Björnson
Gedichte
Björnstjerne Björnson

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An Johan Sverdrup

Nicht war's zu rauhem Kriegeswerke,
Daß deines Namens Wunderstärke
Ich mir zum Losungswort erkor.
Kein Gassenkampf kränkt unser Ohr!
Soll denn der Dichtkunst Opferhain
Gefeit vor Meuchelmord nicht bleiben, –
Ist das das Neue, was sie treiben,
Dann mag ich nicht der ihre sein.
Dann sage ich, wie Ejnar sagte,
Als er um seinen König klagte
Und Harald mit Verheerung droht':
»Ich folge eher Magnus tot
Als Harald lebend; – » ja fürwahr,
Dann mache ich mein Langschiff klar.
Auch darum senkte nicht vor dir
Mein Lied sein flatterndes Panier,
Weil ich bei dir Erlösung wähnte
Für alles, was mein Herz ersehnte.
Nein, wo die größten Fragen brennen,
Da eben ist's, wo wir uns trennen –
Von des Gedankens Ursprung an,
Bis er sich formt zu Ziel und Plan.
Ich steh' auf Kinderglaubens Grund –
Er muß dem Volk die Freiheit geben,
Durch ihn kann es nach Gleichheit streben,
Nach freier Brüdervölker Bund.
Wohl heißest du gleich mir ein Christ,
Doch ist die Kluft so tief geblieben,
So tief, wie wir verschieden lieben
Dies Land, das uns gleich teuer ist.
Heut mögen wir am Sieg uns freun, –
Das Morgen wird uns neu entzwein.
    Doch darum dich mein Sang erkor,
Weil eben das, was uns jetzt gilt,
Von allen dich am stärksten füllt,
Du hältst im Kampf es hoch empor.
Wenn graue Nebel uns umschlingen,
Nach Licht das trübe Auge lechzt,
Die Erde schlummermüde ächzt,
Und ängstlich wir nach Atem ringen, –
Dann weicht von dir die Erdenschwere,
Dann regt dein Geist die Donnerflügel,
Dann packt dein Blitz die Wolkenheere,
Und sonnenklar stehn Berg und Hügel.
Du bist der frische Regenguß
In unsres Alltags trägem Muß;
Du bist die Salzflut, die so wild
In unsre schwülen Fjorde quillt.
Dein Wort bricht durch wie Bergmannsgänge,
Wo Erz erglänzt in Felsenenge;
In deines Seherauges Flammen
Schmilzt Einst und Jetzt in eins zusammen.
Solang' du Sverres Klinge schlägst,
Macht sie dein Schlachtenhorn erzittern;
Solang' wir dich als Führer wittern,
Du Sieg auf Sieg von hinnen trägst.
Sie weichen unter deinen Hieben,
Verkriechen sich in scheuer Kluft,
Doch frei in des Gedankens Luft
Ist unversehrt dein Haupt geblieben.
Wir lieben deinen Löwenmut,
Der vor der Fahne kämpft voll Glut,
Die Fähigkeit, die unverzagt
Den eignen Stahl zu schmieden wagt,
Die wachsame Verwegenheit
In Not, Verachtung, Krankheit, Leid.
Wir lieben dich, weil alles du
Hingabst für uns – Ruhm, Zukunft, Ruh;
Wir lieben dich trotz Haß und Groll:
Du glaubtest an uns allezeit.
    Wer wagt's, noch rückwärts jetzt zu zeigen?
Nein, aufwärts Jahr für Jahr wir steigen,
Aufwärts in Freiheit und in Sang
Und froh-norwegischem Eigenleben;
Wer wagt es noch, zu widerstreben
Befreitem hundertjährigen Drang?
Kein Zwiespalt mehr um Recht und Macht;
Ob Kriegstumult, ob Friedensstille,
Nur einer Freiheit Ehrenwacht,
Ein Volk nur und ein einziger Wille.
    Der Geist, dem unsres Morgens Graun
Den Traum von freien Göttern brachte,
Der groß von allem Großen dachte,
Wird nimmer dem Unechten traun.
Der Geist, der Wikingschiffe baute,
Als er dem Königswort mißtraute, –
Der sich, bedroht, gen Island schwang
Auf Heldenruf und Heldensang,
Im Sturm dann Land und Zeiten nahm, –
Den macht ihr nicht so leicht mehr zahm.
Der Geist, dem einst am Hjörungsunde
Schlug langersehnter Freiheit Stunde,
Der keines Königs Macht gescheut,
Der selbst dem Papstspruch Trotz noch beut,
Der selbst in seiner Schwachheit Stunde
Frei saß auf freier Väter Grunde,
Und sich gewehrt mit Mund und Hand,
Wo fremdes Herrentum ihn band, –
Der Wessel führte Hand und Degen,
Der Holbergs Witz zu wetzen wagte
Und der Gedanken Funkenregen
Aus stillem Schlot gen Ejdsvold jagte, –
Der durch des Glaubens Machtgebot
Die Brücke über Odin spannte
Im Baldurmythus auf zu Gott, –
Der Geist, der sich aus tiefem Dunkel
Zu Gimles Klarheit durchgerungen,
Als Papstesspruch wie Mönchsgemunkel
Ihm allerwärts den Weg verrannte, –
Und abermals dann Brückenbogen
Zu sonnigen Freiheitshöhn gezogen,
So daß, als rings für Luthers Lehre
Des Schlachtfelds Opfer blutig rauchte,
Im Norden, an der Freiheit Wehre,
Nur eine Wand zu fallen brauchte, –
Der Geist, der auch die finstern Stunden,
Da man den Glauben abgeschafft,
Durch Brun und Hauge überwunden,
Und der mit unbeirrter Kraft
In pietistischer Nebelnacht
Bei Kerzenschein am Altar wacht, – –
Glaubt ihr, den bringt man in die Mode
Durch die neumodische Synode?
Der ließe sich in Stücke feilen
Und in politische »Kammern« teilen,
Der ließe sich wie Schmugglerwaren
Über die Grenze heimlich fahren?
    Und eben jetzt, da auf den Höhen
Die Feuerzeichen flammend rauchen,
Da Schulen für das Volk erstehen
Und nicht um Platz zu kämpfen brauchen,
Wo Mut und Sinne sich verjüngen,
Dieweil wir hören, glauben, singen; –
Jetzt, da mit dumpfen Wetters Macht
Sich Wellen aus der Tiefe heben,
Und drüber hell wie Nordlichtpracht
Der Jugend Sehnsuchtrufe schweben, –
Jetzt, da der Geist allüberall
Die alte, starre Form verschmähte,
Wo schmetternd mit der Kriegsdrommete
Der junge Wille stürmt den Wall!

Kampfgroße Zeit! Und wir mittinnen!
Der Erde Größtes ist's: zu sein,
Wo Kräfte gärend sich befrein
Und Formen und Gestalt gewinnen;
Von eignen Feuers Überfluß
Zu opfern für den großen Guß,
Den Abdruck seiner eignen Form
Zu sehn als der Geschlechter Norm, –
Zu hauchen in den Mund der Zeit
Den Geist, den Gott in uns geweiht.

 

Das war's, was ich dir sagen mußte, –
Just dir, der wach zu jeder Frist
Die Werkstatt seiner Zeit durchmißt
Und stets, was kommen würde, wußte;
Dir, der des Volkes Herz geweiht
Zu diesem neuen Freiheitsleben, –
Und dem dies Volk dafür gegeben
Sein Schöpfertum samt seinem Leid.


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