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Der gute Knecht.

Frisch, frei, fröhlich, fromm ist der Mann, der diese Geschichte erzählt hat. Sie verdient es aber, daß sie noch einmal erzählt werde, so unscheinbar sie Manchem auch vorkommen mag.

Der Gutsbesitzer Vormann hatte einen braven Knecht, und daß er brav war, erfuhr er zuerst durch eine kleine Tatsache, an die sich später viele andere anreihten.

Der Knecht hatte nichts davon gewußt, daß ein Auge ihn sah, als er sich brav benahm, und das sind die besten Thaten, die so geschehen; sie werden nur selten äußerlich belohnt, aber sie haben doch einen guten Zahlmeister, der immer baare Münze hat, und das ist der Herr Geheime Kabinetsrath im Herzen, und wer den bei sich richtig angestellt weiß, dem kann es einerlei sein, wie er selbst und wie Andere in der Welt betitelt werden.

Es war ein heißer Mittag, als der Knecht Konrad mit seinen Pferden vom Ackern heimgekommen war. Die beiden Pferde wurden gefüttert und abgeschirrt, denn Jeder wer es wissen will, weiß, daß auch ein Thier nicht zur rechten Ruhe kommt, so lange es das Geschirr auf dem Leib hat; aber Manche wollen es nicht wissen, um sich die Mühe des Ab- und Aufschirrens zu ersparen. Das that aber Vormanns Konrad nicht, und es kann wohl sein, daß ihm selber darum auch das Essen drin am Gesindetisch um so besser schmeckte.

Der Streit ist noch unentschieden, welche Pfeife am besten schmeckt, ob die nach der Morgensuppe, die nach dem Mittagessen oder die am Feierabend. Unser Konrad liebte sie alle gleich, und er gehörte noch nicht zu den Cigarrenrauchern, er ließ sich's nicht verdrießen, seine Pfeife zu reinigen und darauf Acht zu geben, damit er Genuß davon habe, während man die Cigarren nur anzündet, raucht und dann den Rest wegwirft.

Es war ein eigenes Behagen mit dem sich Konrad nach dem Mittagessen auf den Stein an der Stallthüre setzte, mit einem gesunden Strohhalme seinem Pfeifenrohr Luft machte, den Wassersack ebenfalls säuberte, während er einstweilen den runden Pfeifenkopf auf das Sims des kleinen Stallfensterchens gelegt hatte. Als er jetzt nach dem Pfeifenkopf griff, rollte er hinunter und ganz unversehrt hinein in den Stall, auf einen Strohbüschel. Schon wollte Konrad herabsteigen und durch die Thür in den Stall gehen, um den Pfeifenkopf zu holen, aber plötzlich hielt er wieder inne, er sah, daß die Pferde sich niedergelegt hatten, und er wußte, daß sie alsbald aus der ihnen so nöthigen Ruhe aufspringen würden, wenn er in den Stall träte; er setzte sich daher wieder ruhig nieder und hielt das Rohr mit dem Wassersack rauchlos im Munde.

Der Landwirth Vormann, der das Alles aus seinem Fenster mit angesehen hatte, trat jetzt auf Konrad zu und fragte ihn: »Warum rauchst du nicht? Hast du deine Pfeife zerbrochen?«

»Nein, sie ist nur da hinabgerutscht, aber ich will die Gäule nicht aufwecken, will lieber warten, bis es wieder ins Feld geht.«

»Du bist ein braver Knecht,« sagte Vormann, und reichte ihm die eigene silberbeschlagene Pfeife aus dem Munde. »Da nimm und behalte das zum Dank dafür. Es wird dir gut gehen. Denn wer die Lebensstunde eines Thieres schont, der ist auch rechtschaffen gegen Menschen. Wir bleiben hoffentlich lebenslang bei einander.«

Und so geschah es auch.


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