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LXIX. Markulph Schulz an Johannes Bimperlebumbum aus Rorbach.

Zahllose und unvergängliche Grüße, geliebter Johannes! Ihr habt nur unlängst einige Neuigkeiten geschrieben, die ich nicht gern vernommen habe, nämlich von Johannes Reuchlin, daß er sich großen Ruhm bei seinen Poeten erworben habe, weil er ein Buch gemacht hat, welches den Titel »Kabbellistika« oder »Kabbala« führt, und jetzt bei dein Papst in Gnade stehe. Ich möchte doch gerne wissen, was »Kabbala« ist; ich habe lange in meinem »Catholicon« in der »Gemma gemmarum« und im »Briton« gesucht, kann aber nicht finden, was es bedeutet. Auch habe ich einen Brief an unsern Magister Ortuin geschickt, aber der schreibt mir auch keine Antwort. Unsere Magister aber haben eine Beratung gehalten und dieses Buch geprüft, und soviel ich von ihnen bei einem nächtlichen Gelage gehört habe – wo wir so verschwenderisch zechten, daß einer drei Groschen für die Zeche hergeben musste, sodaß ich jetzt kein Geld nicht habe – werde es schlecht um ihn stehen, weil er darin einiges gegen den heiligen Doktor und die modernen Doktoren aufgestellt habe und sage, der Sohn Gottes sei vorn Vater geschaffen. Ebenso noch vieles andere Auch verkehre er die theologischen Ausdrücke »zeugen« und »schaffen«, und so sei es auch mit anderem. Auch kümmere er sich nichts um die Begründungen, Fragen und Sophismen des heiligen Doktors. Und darum wollen sie dieses Buch verbrennen, denn sie sagen, sie verstehen es nicht, und alles. was sie nicht verstehen, das verbrennen sie: folglich etc. Denn jeder unserer Magister ist ein Meister und Weltlicht. Auch enthält jenes Buch viele Sprüche des Pythagoras, der ein Nigromant war; die Nigromantie aber ist eine verbotene Wissenschaft, wie erhellt LXIV, Frage X in keinem Kapitel, und in dein Kanon: »o, ihr Esel!« und es stimmt damit überein der heilige Doktor und Aristoteles LX Physicorum de ignorantis. Es ist nämlich in diesem Buche auch viel Hebräisches, das unsere Magister nicht lesen können. und viel Griechisches; und weil sie sich um diese eitelen Dinge nichts kümmern, sondern um wichtigeres darum haben sie den Johannes Pfefferkorn aufgestellt, einen Christen und halben Juden, der ein guter Hebräer ist, und dieser untersucht nun, ob darin nicht etwa Gift unter dem Honig steckt. Doch, ich will das jetzt beiseite lassen, da wir es wohl auf der Frankfurter Messe sehen werden, und dann wollen wir weiter davon sprechen mit unserm Magister Ortuin, der von unseren Magistern abgesandt worden ist, um die Neuigkeiten, welche dort feilgeboten werden, zu kaufen, und dann wollen auch sie dieselben ihrer Prüfung unterwerfen. Von anderen Neuigkeiten kann ich Euch nichts weiter schreiben, als daß auch unser Magister aus dem Predigerorden in Straßburg, der immer »Doktor Jesus« genannt wurde, aus dem Kloster fortgegangen ist, und daß man viel Schlimmes von ihm sagt, das ich nicht nachzusagen wage; auch machen viele Lotterbuben von Dichtern Verse ihm zum Schimpf, und lassen sie auf dem Markt oder in der Kirche fallen, was mir höchst unlieb ist. Ich wollte, sie täten es nicht, um bei diesen Predigern nicht aus der Gnade zu fallen; doch habe ich unter anderen ein Gedicht gefunden, welches also lautet:

Schänder des Klerus, Dieb, Ausreißer, abscheulicher Hurer,
Hat er das Feu'r, doch gewiß ewigen Kerker verdient.
Hasser der Priester des Volks, Nachahmer von weiblichem Treiben,
Macht er aus Furcht vorm Feu'r sich wie ein Räuber davon.
Durch ihn wird ans dem Kloster die oberste Priest'rin entführet:
Gibt's was Schlechtes, so hilft immer dein Teufel ein Mönch.

Da seht nun, wie es jene Galgenstricke machen: sie kümmern sich um niemand. Aber, beim heiligen Gott! der Grund hiervon liegt in nichts anderem, als – wie Alexander ganz wahr gesagt hat – weil sie immer die schlimme Gewohnheit haben, alles, was der Art zu Straßburg geschieht, vorzunehmen und Gedichte darüber zu machen. Nächstens will ich Euch nicht über diese Sache schreiben. Lebet wohl!

Aus Schlettstadt.


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