Aus weitem Dänenland
Kamen einher geritten
Viel Ritter stolz, in Mitten
Der Dänenkönig! Nah' am Strand
Lugte mit Thurm und Zinnen
Ein Schloß hoch von den Dünen
Herein in's weite Land,
Hinaus in's weite Meer,
Das die kahlen Ufer umher
Benetzte mit seinen Schäumen! –
Dort in den Festesräumen
Erklangen froh die Becher;
Es tranken die edlen Zecher
Den Meth aus goldnem Faß,
Den Wein ans goldnem Glas,
Den kühlen, blutrothen Firnewein!
Sie thäten die Becher schwingen,
Sie ließen sie erklingen,
Und weithin tönte Rufen
Von des Söllers luft'gen Stufen
In das Land, in das Meer hinein:
»Auf, all' ihr Helden stark,
Für Dänemark, für Dänemark!«
Und als die Sonne gesunken
In des Meeres Schlummerstatt,
Und als der König getrunken
Und worden des Weines satt!
Da sah zur selben Stunde
Er ringsum in der Runde
Den hohen Rittergestalten,
Den waffengrauen Alten,
Den jugendlichen Fanten
Forschend in's Angesicht! –
»Wer von den mir bekannten
Helden in diesem Kreis,
Von allen den Sternen licht,
Den Erben von Danlands Ehre,
Wer von euch Allen wäre
Um edlen Ruhmes Preis
Und einen Helm von Golde
Mir wohl zu Dienst gewärtig?
Wer von euch macht sich fertig,
Zu holen über dem Meere
Die Königstochter, die holde?
Zu führen mit starker Hand
Sie her aus Friesenland,
Daß ich sie mir vermähle,
Zur Königin sie wähle
Von Dänemark, von Dänemark!«
Und rings umher war Schweigen,
Keiner thät Lust bezeigen
In all der Gäste Schaar;
Denn leicht mit Wunden blutig
Käme zurück, wer muthig
Sich gäb' in die Gefahr!
Traun wohl den Tod erküret,
Wer des Friesen Kind entführet!
Mit Schrecken bald wind' er gewahr,
Wie rings sein Panzer zerrissen,
Zerhauen die Schienen hangen,
Bald fühlen durch die Spangen
Das dunkle Blut entfließen
In den Staub hin, roch und klar. –
Da woget im grauen Meer
Ein Nachen zum Ufer her,
Den schiffte mit starker Hand
Ein einz'ger Mann an's Land
Und band ihn fest mit dem Strange,
Und stieß des Ruders Stange
Tief in des Ufers Sand,
Svend Felding war's, der Recke,
Der tapfere, viel kecke.
Als den der König ersah,
Wohl freudig war er da.
»Der Mann hier wird mir dienen,
Ich seh's an seinen Mienen!«
Der König voll Eifer spricht.
Svend Felding tritt an des Tisches Rand
Und stützet drauf die Eisenhand
Und spricht: »Ich bin in eurer Pflicht
Und bin zu allem Dienste gern
Bereit dem König, meinem Herrn,
Für Dänemark, für Dänemark!«
Und als der König ihm erzählt
Wie heiß ihn das Verlangen quält
Nach Jutta, dem Friesenkind,
Und ihm die Braut zu frei'n
Wohl säumig hier die Ritter sei'n –
Versetzt' Svend Felding drauf geschwind:
»Glaubt nicht, Herr König, im Dänenland
Daß schon entfiel das Schwert der Hand,
Der Knochen Mark zerstoben.
Stünd' ich allein, einsam mein Speer,
Den Friesen wollt' ich zwingen,
Wollt' euch die Tochter bringen,
Wollt' führen schön Jutta her!« –
»Wo Svend, dort wollen wir Alle stehn!«
So sprachen die Ritter im ganzen Saal,
»Wir wollen uns hüllen in blanken Stahl,
Mit Schiffen und Gewissen
Hinziehn in's Friesenland,
Dem König die Braut verschaffen,
Der schönen Friesenfürstin Hand
Für Dänemark, für Dänemark!«
Der König ist deß hoch erfreut,
Er gibt dem Svend sein eigen Kleid,
Seinen Königsmantel weich,
Und gibt ihm seine Waffen reich,
Gibt Helm und Panzer, Schild und Schwert,
Damit der tapfre Ritter werth
Im fernen Friesenreich
Einziehe, einem König gleich.
Und Svend drauf rüstet aus ein Schiff,
Stark gegen Brandung, gegen Riff;
Zu flügeln seinen Lauf
Zieht er ein goldnes Segel auf,
Hißt auf die goldne Rah'!
Und bald der Küste nah.
Wirft er die Anker auf den Strand,
Springt gleichen Fußes an das Land
Und so, der Erst' auf fremdem Grund,
Svend Felding vor den Andern stund,
Für Dänemark, für Dänemark!
Alsbald wie er vernommen,
Daß eine ries'ge Schaar
Ihm sey in's Land gekommen,
Rief aus mit lauter Stimme
Der Friesenfürst, der grimme:
»Ihr Mannen, ehrenwerth,
Den Speer gefaßt, die Hand an's Schwert!
Nehmt ihr dort jene Kecken wahr?
Werft mir sie flugs in's Meer,
Von wannen sie geschifft hierher!« –
Da eben kommt die Straß' entlang
Svend Felding mit stolzem Gang.
Wie mit mannhaftem Tritt
Er vor den Männern schritt,
Schien er fürwahr ein König ganz.
Und als er Danlands Zeichen sah
Und Danlands königlichen Glanz,
Da glaubt der Friesenkönig frei,
Daß Svend der Dänen König sey,
Der selbst genaht mit solchem Zug.
Besänftigt sprach er da:
»Zu kämpfen wär' nicht klug
Mit Dänemark, mit Dänemark!«
Der König sandt' hinaus,
Daß man sie lüd' in's Haus;
Sandt' auch zu seinem Kinde
Einen Edelknecht geschwinde,
Daß sie mit Sammt und Seide
Den schönen Leib bekleide,
Zu sitzen an des Königs Seit',
Wo ihr ein goldner Stuhl bereit.
Bald würden in den Hallen
Der Dänen Tritte schallen,
Denen soll sie den Pokal
Kredenzen im Königssaal! –
Schön Jutta glättet ihr langes Haar,
Legt unter Mieder und Spangen,
Mit Zwange gefangen,
Den Busen voll und klar;
Und wie sie vor dem Spiegel hält
Und sieht, wie seine junge Pracht
In leicht bewegten Wogen
Aufwallt und steigt und fällt,
Wie Korn vom Wind durchflogen,
Da, lächelnd vor sich hin,
Denkt sie mit stolzem Sinn:
»Nicht schlecht gebettet ist der Mann,
Der einst hier ruhen kann!«Und nestelt zu das Mieder,
Und hüllt sich ein in reich Gewand
Und steigt zum Saale nieder. –
So trat schön Jutta ein,
Zugleich auch Svend und seine Treu'n
Aus Dänemark, aus Dänemark.
Der Friesenkönig mächtig
Sitzt auf dem Throne, prächtig
Von lautrem rothen Gold,
Und neben ihm die Tochter hold.
Da trat zum Throne Svend heran,
Und als er zu reden begann,
Der König ihn unterbrach
Und also zum Recken sprach:
»Nehmt erst, mein Nordlandsmann,
Des Königs Willkomm an!«
Und einen Becher der Schenke faßt
Und einen Krug mit Weine klar,
Schenkt den gewalt'gen Humpen voll,
Der in die Runde gehen soll,
Reicht ihn dem König dar.
Der trinkt und reicht ihn dann dem Gast;
Der drauf: »Auf euer Wohlergehn!«
Und setzt den Humpen an den Mund
Und trinkt ihn aus bis auf den Grund.
All' es mit Staunen sehn!
Schön Jutta drauf den Becher faßt
Und lächelnd trinkt sie zu dem Gast;
Der drauf: »Heil euch und Ehr'!«
Und wieder ist der Becher leer. –
Drauf setzt er sich zum Eichentisch,
Bedienet sich vom Mahle frisch,
Und als er satt, verneigt er sich
Vor dem König adelich
Und spricht: »Vergönnet nun Rede mir,
Ich steh' ein Bote hier
Für Dänemark, für Dänemark.«
Schön Jutta denkt für sich:
»Der König freit um mich
Und fängt's mit Listen an;
Er gibt sich aus für seinen Mann,
Wohlan, Wohlan!« –
Drauf spricht Svend Felding der Recke:
»Herr König, ihr habt einen Edelstein,
Der lüstet sehr dem Herren mein;
Gebt ihr ihn mir in Güte,
Gott euer Haupt behüte;
Gebt ihr ihn nicht, dann müssen
Es eure Tage büßen!«
Als sie die Rede gehört,
Denkt schön Jutta bethört:
»Wenn das nicht selbst der König wär',
Wer spräch' wohl sonst so kühn wie er?
Ich schwör's, es ist der Kecke,
Der Dänenkönig ächt!
Mir aber ist
der Freier recht,
Ihm soll mein Magdthum rein,
Zu eigen seyn!« –
Svend weiter spricht: »Der Edelstein,
Herr König, ist eure Tochter fein;
Die schwur ich zu erringen
Und sie als Braut zu bringen
Gen Dänemark, gen Dänemark!«
»Ihr seyd fürwahr ein Bote kühn!«
Der König spricht; drauf klar
Wie ein purpurn Rosenpaar
Der Jungfrau die Wangen glühn! –
»Und wärt ihr König selbst von Dan
Und Land und Leut' euch unterthan,
Ich tadelt' euch dieß Wort!
Und geht's nach meinem Sinn, so wißt,
Zieht ihr im Schiff zu dieser Frist
Allein, wie ihr gekommen, fort!« –
Der Zorn Svend Felding überlief,
Er schnell entgegen rief:
»Schön Jutta, nimm dich wohl in Acht!
Du gleichst in deiner Pracht
Zwar einem Edelstein,
Doch bist du nicht so hell und rein!
Gibt's denn kein Wasser hier zu Land?
Tauch deine weiße Hand
Erst in die kühle Welle klar
Und wasch dein feurig Augenpaar!
Nimm von Svend Felding guten Rath:
Rein sey dein Herz, die Stirne rein,
Dann sollst du uns willkommen seyn
In Dänemark, in Dänemark!«
Die schöne Jutta glüht in Scham
Als sie den Hohn vernahm,
Und daß Svend Felding nur sein Mann
Und nicht der
König sey von Dan. –
»Ei Svend,« sprach sie voll Wuth,
»Ei Svend, seyd doch so gut
Und sagt mir offen und frei,
Wer wohl der Pfarrer sey,
Der eurem Vater den Segen sprach?
Wo war eurer Mutter Brautgemach?
War nicht der Wald ihr Klosett,
Das grüne Gras ihr Bett,
Wo sie selbander gelegen?.
War nicht der Kukuk laut
Der Pfaff, der sie getraut?
Trat nicht der Häher als Küster vor
Und die Waldvögel im Chor
Sangen das Amen beim Segen?« –
Drauf Svend: »Und bin ich kein ehlich Kind
Und sitz' nicht auf dem Thron,
So bin ich doch meines Vaters Sohn,
Hab' Gold und Macht und Ehr',
Ein schneidig Schwert und scharfen Speer
Und einen Freund, mir wohl gesinnt,
In Dänemark, in Dänemark!«
Schön Jutta voll Verdruß
Maß ihn von Kopf zu Fuß
Und fuhr dann höhnisch fort:
»Meint ihr, der Purpurmantel dort
Sey euer angeboren Kleid?« –
Drauf Svend: »Gebt auf den Streit,
Mit Reden wird hier nichts gethan!
Ich bin Svend Felding, Daulands Mann.
Der König trägt nach euch Begehr
Und hat mich abgesandt,
Daß ich euch bringe in sein Land.
Ich hab's gelobt bei meiner Ehr';
Gescheh' was nicht zu ändern ist!« –
Drauf raffte Svend
In seinen Heldenarm behend
Schön Jutta zu dieser Frist,
Und trug sie mit Sitte
Aus der Friesen Mitte
Hinab zum Strand,
Wo sein Schiff gebunden stand.
Schön Jutta, bleich von Schrecken,
Fühlte die Macht des Recken
Und blickt ihm zürnend in's Gesicht
Und murmelt für sich hin und spricht:
»Wie ist so stark sein Arm,
Wie hält er mich so warm,
Der Bösewicht!« –
Drauf spannt sein goldnes Segel auf,
Hißt auf die goldne Rah'
Der Kämp', und steht am Steuer da
Und lenkt heimwärts den Lauf
Nach Dänemark, nach Dänemark.
Das Segel schwoll gelind,
Fort ging's mit gutem Wind;
Svend wohl zu schiffen verstand.
Schön Jutta ihre Blicke sandt'
Heimlich auf dem Verdecke
Aus der hintersten Ecke
Nach Svend, der, ungerührt,
So scheint's, das Steuer führt.
»Wie glotzt er doch in's Meer hinein
So dumm? gleich wie im Sonnenschein
Ein Seekalb, das am Strande liegt!
Bin ich denn gar nicht in der Welt?
Ob er sich wohl verstellt? –
Es wär' fürwahr der erste Held,
Der nicht begehrte meiner Minne,
Den nicht mein Reiz besiegt!« –
So denkt sie in ihrem Sinne,
Denkt's, und ihr Busen fliegt;
Und schweigend blickt sie lang' auf ihn,
Der ihr ein Mann vor andern schien
An stattlicher Gestalt,
An der Arme Gewalt,
An kühnem Muth
Und adligem Blut;
Und mit glühendem Gesicht
Sie endlich näher tretend spricht:
»Ei Svend, ist das wohl fein,
Ihr laßt mich hier allein?
Es kümmert eure Königin,
So scheint's, nur wenig euern Sinn.
Was wählte man zu dieser Fahrt
Nicht einen Boten fein'rer Art,
Der säße zu meinen Füßen
Und würde mit Gesang
Und mit der Harfe Klang
Die müß'ge Weile mir versüßen!« –
Und Svend darauf: »Verzeiht,
Ich habe keine Zeit,
Ich muß hier andern Dienst versehn,
Am Steuer stehn
Für Dänemark, für Dänemark!«
Schön Jutta ihre Augen senkt,
Beißt sich die Lipp' und denkt:
»Und wär' der Mann von Holz,
Ich bänd'ge dennoch seinen Stolz!«
Der Abend kam heran,
Und wie die Sonne niedergeht
Das Meer in hellen Flammen steht,
Und auf der glatten Bahn
Das Schiff schwimmt ungesteuert,
Svend still am Ruder feiert
Und betrachtet gelassen
Der Wogen Glühn und Erblassen.
Schön Jutta tritt zu ihm hin,
Heftet den Blick auf ihn;
In seine
lichten, blauen,
Süßlächelnd schauen
Ihre blauen Sterne, die
dunkeln;
Doch er mit den lichten, hellen,
Sieht ruhig in die Wellen
Und betrachtet ihr stilles Funkeln! –
Es setzt sich auf des Schiffes Kant.
Schön Jutta, sieht in's Meer,
Bald auf Svend Felding her,
Und tauchet spielend ihre Hand
In die sommerwarme Fluth
Des Meeres rosige Gluth,
Vom Abend überhaucht.
Und wie sie tiefer und tiefer taucht,
Macht sie des Ermels Spange los
Und streift den Arm zur Schulter bloß,
Und läßt wie im stillen Sinnen
Die Wellen drüber rinnen;
Bald trocknet sie mit Lächeln
Ihn an der Lüfte Fächeln.
Svend Felding sieht in Ruh
Dem Spiele Jutta's zu;
Sie merkt's, und scherzend spricht
Sie mit huldigem Angesicht:
»Nun Svend, sagt ungescheut,
Wenn nächtens heut
Euch mit lieblichen Schlingen
Zwei solche Arm' umfingen,
Thät euch ein ros'ger Mund,
Wie meiner, Liebesworte kund,
Würdet ihr euch besinnen,
Wollt' ich euch minnen,
Für solcher Minne Glück
Zu wagen Leben, Blut und Leib?« –
Und Svend darauf zurück:
»Ich hab' daheim ein schön'res Weib
In Dänemark, in Dänemark!«
Und tiefer als das Meer der Sonne Gluth
Röthet der Jungfrau Wangen Zornesmuth.
Sie geht seitab und denkt:
»Das sey dir nicht geschenkt!
Bei meiner Maidenehr',
Das sollst du büßen schwer!«
Und als der Morgen folgt der Nacht
Und neu der Tag erwacht,
Steigt aus dem Meere grau
Von fern die Küste dunkelblau;
Und nah und näher an das Land
Treibt frischer Wind
Das Brautschiff, das gelind
Jetzt rührt an Danlands Strand.
Und als das Schiff fest hält am Grund,
Schon ungeduldig zur Stelle
Der König harrend stund.
»Wo ist sie?« fragt er schnelle. –
Da schwenkt Svend seinen Hut
Und also zu dem König spricht:
»Herr Dänenkönig gut,
Zwar nach Begehr
Ist deine Botschaft ausgericht't,
Doch freu' dich dessen nicht zu sehr.
Die Braut ist zwar recht schön und fein,
Doch könnte sie viel besser seyn
Für Dänemark, für Dänemark!«
Der Dänenkönig in Hast
Die Braut in seine Arme faßt,
Sie inniglich begrüßt
Und auf die Rosenlippen küßt;
Dann trägt er freudig sie an's Land,
Wo ihr ein golden Fuhrwerk stand.
Und traulich hin zu Svend gekehrt
Spricht drauf der Dänenkönig werth:
»Wenn meinem Bruder, meinem Kind,
Wenn meinem Freund du feind gesinnt,
Ich trüg's mit Schmerz;
Doch haßt dein Sinn
Mein junges Weib, die Königin,
Kränkt's nicht mein Herz;
Freund Svend, das mag ich tragen!« –
Drauf Jutta den goldnen Wagen,
Den ihr der König schenkt,
Mit eigner Hand zur Hofburg lenkt.
Die hatte, wie ihr bekannt,
Der beste Meister im Land,
Svend Felding, aufgebaut.
Als sie das Haus erschaut,
Rief sie mit argem Hohne:
»Der Mann verdient kein Lob,
Der dieses Haus gebaut so grob;
Was gabt ihr ihm zum Lohne?« –
Und Svend erwiedert zornesroth:
»Traun! gälte mein Gebot,
Ihr lenktet euer Roßgespann
Zurück, und nicht den Weg hinan!
Wohl sieht die Burg hier anders aus
Als eures Vaters Haus!
Es ragen ihre Wände stolz,
Obgleich nur dän'sches Eichenholz,
Es glänzt ihr Dach,
Es glänzt ihr Fach,
Und innen glänzt Gold und Seide
Und königlich Geschmeide!
Scheint euch das Alles zu gering,
So gebt zurück den goldnen Ring;
Denn ist's nicht gut genug für euch,
Ist gut doch Haus und Reich
Für Dänemark, für Dänemark!«
Schön Jutta aus Friesenland
Geleitete ein kühner Held,
Dem sehr Svend Feldings Wort mißfällt;
Der faßt ihn bei der Hand
Und spricht mit Sitten:
»Ein trotzig Wort, ein trotz'ger Schlag
Sich wohl zusammen schicken mag;
Steht euch mit mir ein Zweikampf an,
Wohlan, er sey gestritten,
Ich bin für euch der Mann,
Ich kämpfe für die Königin,
Und hundert Mark an Silber werth
Setz' ich euch und mein bestes Pferd
Zum Preise hin!« –
Der Friese war erlesen
In Krieg und Waffenwesen;
Das aber machte Svend nicht bang,
Der sich besinnt nicht lang
Und drauf erwiedernd spricht:
»Herr Friese, ei warum denn nicht!
Ich habe Rosse reiner Zucht,
In Kampf und Jagen wohl versucht,
Ich habe Silber, rothes Gold,
Deß setz' ich euch so viel ihr wollt;
Svend Feldings Arm ist stark
Für Dänemark, für Dänemark!«
Die Kämpfer legen Waffen an
Und reiten muthig in die Bahn;
Der Rosse Nüstern dampfen,
Die Hufe die Erde stampfen.
Noch stehen sie; indessen
Wird Sonn' und Licht gemessen.
Trompeten tönen lust'gen Klang,
Es reiten die Kämpfer den ersten Gang;
Kaum daß das Zeichen gegeben ist,
So rennen sie zu gleicher Frist,
Lanz' eingelegt, den Schild voran,
Einander an!
Abprellen beim erstenmale
Zugleich an des Panzers Stahle
Der beiden Lanzen-Spitzen,
Doch fest die Beiden sitzen. –
Die Hörner tönen lust'gen Klang,
Es reiten die Kämpfer den zweiten Gang;
Und wie sie sich treffen mit Macht,
Zerspeilt der Speer Svend Feldings kracht;
Indeß trifft seines Gegners Stoß
Nicht ihn, doch sticht er wund sein Roß,
Das stürzt hin todt.
Frau Jutta birgt mit Lachen
In ihren Scharlachmantel roth
Ihr lieblich Gesicht
Und höhnend spricht:
»In meiner Heimath machen
Es so die Tapfern alle!«
Doch schon von seinem Falle
Aufrecht auf seinen Füßen steht
Svend da, und frischen Muthes geht
Für Dänemark, für Dänemark.
Svend Felding, als ob nichts geschehn,
Naht ruhig indessen
Dem Ort wo den Kampf zu sehn
Das Königspaar gesessen,
Verneigt sich drauf nach Pflicht
Und zu dem König spricht:
»Wollt, königlicher Herre mein,
Ihr wohl ein Roß mir leihn?
In stolzem Wahn
Steht noch der Friese, hält die Bahn!« –
Der König drauf: »Die Bitte, Svend, ist billig,
Ich geb' das Roß dir willig;
Es soll Graubein
Dir gern geliehen seyn!« –
Das war des Königs bestes Pferd,
Das er aus eigner Zucht genährt.
Svend Felding sich verneigt
Und seinen Dank bezeigt.
Es bringen die Knappen herein
Das edle Roß Graubein;
Das konnte reiten umher
Der König nur und Er.
Es war Graubein gestreckt
Mit Scharlachtuch bedeckt,
Goldsattel that drauf prangen,
Der in des Königs Schrein
Ungebraucht neun Jahr gehangen.
Wie auf zwei Füßen herein
Das Roß nun trat mit Bäumen,
Mit Wiehern und Schäumen,
Wie's daher schnob den Weg,
Zornfunkelnd wie ein Drache,
Und Svend nicht in des Bügels Steg,
Nein, gradhin in den Sattel sprang,
Da ward dem Friesen bang
Vor des Dänen Rache.
Bald ritten die Kämpfer den dritten Gang,
Und als die Lanzen zerstoben
Sie ihre Schwerter erhoben;
Gleich tapfer fochten beide,
Und als sie gestritten lang',
Flog hin, auf einen mächt'gen Hieb,
Des Gegners Kopf auf die Heide,
Der Rumpf aufrecht im Sattel blieb;
Und als der nun hinfällt todt,
Verbirgt der König mit Lachen
In seinem Scharlachmantel roth
Sein fröhlich Angesicht
Und scherzend spricht:
»Frau Jutta, seht, so machen
Es hier die Tapfern alle
In Dänemark, in Dänemark!«
Es schien die Morgensonne
Hell ans des Brautbetts Wonne,
Drinn Jutta mit dem König lag,
Mit ihrem Herrn der Ruhe pflag;
Und wie der junge Tag erwacht
Und frisch ihr rosig Antlitz lacht,
Kein schönres, traun,
In den drei Reichen war zu schaun!
Mit seidnem Händchen schmeichelnd
Seine braune Wange streichelnd
Sie also zum König spricht:
»Gewiß ihr liebtet nicht,
Könntet ihr, mein Gemahl,
Mir wohl in dieser Stunde
Versagen mit strengem Munde
Ein Geschenk nach meiner Wahl,
Nach dem ich Gelüsten habe?
Deß schenk' ich zur Wiedergabe
Euch einen schönen Sohn!« –
»Und forderst du Scepter und Kron'
Und alle Lande mein,
Sie sollen dein eigen seyn!«
So sprach der König zu seinem Weib
Und schlang die Arm' um ihren Leib.
Darauf die Königin erfreut:
»Der Tod ist so verhaßt mir nicht
Als des Svend Feldings Angesicht;
Gebt mir sein Haupt, das grimme,
Sein Herzblut, das viel schlimme!« –
Der König bald sein Wort bereut
Und spricht: »Nein, nein!
Die Schuld wär' wahrlich mein,
Wollt' ich Svend Feldings Leben
So schnödem Tode geben!
Begehrtest du Gold und Gut,
Perlen und Prachtgeschmeide reich,
Ja Städt' und Schlösser – war' mir's gleich,
Doch nicht Svend Feldings Blut!
Svend? nein, den wahr' ich mir
Für Dänemark, für Dänemark!«
Svend Felding, seine Hand am Kinn,
Ging finstern Blicks am Schlosse hin
Und sprach voll Zornesgluth:
»Bei meinem Blut,
Beugt ich noch je mein Knie
Vor einer Königin, wie die,
Arglistig, falsch und stolz,
Es brach' entzwei wie morsches Holz!«
So in Gedanken spricht er laut.
Der König nahe, hört's und schaut
Ihn lächelnd an und spricht:
»Freund Svend, geh' nicht so zornig fort,
Vernimm erst noch ein Wort!
Wißt, Svend, ich gebe nicht
Mein Weib für meinen Freund, doch ihn
Geb' ich auch für mein Weib nicht hin;
Ich brauch' euch alle Beide!
Den Freund in Noth und schwerer Zeit,
Das Weib zu Lust und Freudigkeit;
Ertragt euch ohne Neide;
Denn bei der Ehre mein,
So soll es stets gehalten seyn
In Dänemark, in Dänemark!«