Dir, meiner Heimat, danke ich dies Lied. Im Harzgebirg, im Tal der wilden Bode, Im sturmgepflügten Reich des gro0en Wode Liegt meiner goldnen Jugend Stromgebiet. Bescheiden kam ich, der ich nichts entbehrte, Zu deiner wunderwüchsigen Natur, Du gabst mir Alles, weil ich nichts begehrte, Und wies'st mir lächelnd deines Lebens Spur. Du öffnetest dem Jüngling Aug' und Ohr Kostbarer war mir, als das edle Erz Was war es denn, was du mir da geschenkt Du zeigtest mir des Bildens Meisterschaft, Um deine Berge weht ein alter Sang, |
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Berlin, den 16. September 1877. |
I. | Am Wodansmal | |
II. | Frühling | |
III. | Auf der Treseburg | |
IV. | Die Reiherbaize | |
V. | Waldesruh | |
VI. | Die Hirschjagd | |
VII. | Der nächste Schuß | |
VIII. | Der Abt von Walkenried | |
IX. | Wulfhild und Waldtraut | |
X. | Der Wildschütz | |
XI. | Die Sauhatz | |
XII. | Hackelberend's Tod | |
XIII. | Zu Grabe | |
XIV. | Die Erstürmung der Burg | |
XV. | Die wilde Jagd |
Hie heb' ich an mit sagen Von einem großen Turney, Wie seit ewigen Erdentagen Der Winter kämpft mit dem Mai. Es ist ein Rennen und Stechen, Ein Packen und Streiten mit Macht, Es ist ein Biegen und Brechen In wogender Frühlingsschlacht. Ein Rauschen ist's und Wettern Wie Seegang übers Gefild, Ein Krachen ist's und Schmettern Wie Schwerthieb auf klingenden Schild. Es ist ein lautes Tönen Wie eherner Glocken Schall, Es ist ein dumpfes Dröhnen Wie grollender Widerhall. Es wirbelt und schwirrt um die Gipfel, Es pfeift um zackig Gestein, Durch knarrende, knackende Wipfel Und surret und sauset hinein. Und alle das Wehen und Weben, Das Wallen in Nebel und Rauch, Es ist wie Flattern und Schweben Vor lebendigen Odems Hauch. Das Wuchten und Wiegen in Zweigen, In Halm und Strauch und Gezäh, Es ist wie Nicken und Neigen Vor eines Gewaltigen Näh. Der kommt daher mit Brausen Durch Feld und Wald und Ried Mit Grauen und mit Grausen, Und also klingt sein Lied: Wenn ich mich erhebe Ich fege die Meere An schneeigen Firnen Wunschwind mein Name, So singt der Sturm; es hören Auf springt die gefrorene Quelle, Im Harzgebirg entspringet In Abenddämm'rung schweiget |
Manch finstre Nächte währt das Wehen Mit Tropfenfall und Wetterschlag, Und redlich plagt sich jeder Tag, Den Wind soweit herum zu drehen, Daß er die Wolken seitwärts schiebt Und endlich blauen Himmel giebt. Dann aus dem rein gefegten Haus Tritt auch die liebe Sonn' heraus Und streut verschwenderisch ihr Gold All den Millionen, die drum betteln, Als ob sie's lächelnd, Allen hold, An einem Tage sollt' verzetteln. Im Wald, dem eben noch so dunkeln, Hebt nun ein Flimmern an, ein Glast Und ein geheimnißvolles Funkeln Als wie in einem Feenpalast. Es treibt mit Macht und wächst und quillt, Die schlanke Buchenknospe schwillt, Braunröthlich glänzen ihre Schuppen, Das Junge möchte sich entpuppen, Aus eingeschachtelten Gelenken Sein zartbewimpert Fähnlein schwenken; Denn Andre blühen schon, bevor Ein Blättchen zeigt sein lauschend Ohr. Die Erle und die Haselnuß, Das sind die Ersten aus den Windeln, Sie strecken früh am jungen Schuß Die locker aufgeschloss'nen Spindeln. Da hängen nun zu drei und vier Die braunen und die gelben Kätzchen, Und dicht am Reis, verborgen schier, Am lauschig wohlgeschützten Plätzchen Duckt sich der Hasel Blüthenweibchen Und trägt auf seinem runden Leibchen Gleich einem hochgebundnen Zopf Blutrothen Federbusch am Schopf. In blendend Linnen, klar wie Schnee, Hüllt sich der schwarze Dorn der Schleh, Die Espe spinnt sich weiche Seide Zu langen Schwänzen, kraus gelockt, Die Ulme blüht, und auch die Weide Ihr wollig Silberschäfchen flockt. Nur Eiche ist noch kahl und wirr, Ihr knickig Sparrwerk und Geschirr Hält an dem äußersten Geäst Ihr vorigjährig Herbstlaub fest, Fahlgrau, verfärbt, verschrumpft, zerknittert, Zu zähem Leder schon verwittert. Doch wenn auch sie die Knospen spaltet Und ihr gezacktes Blatt entfaltet, Dann glänzt es in der Eichenkrone, Als ob an jedem jungen Trieb Mit grünlich goldnem Farbentone Ein Frührothschimmer haften blieb. Und wo des Waldes Boden frei Von welkem Laub und Nadelstreu, Webt sich ein Teppich Zoll bei Zoll, Natur nimmt gern den Pinsel voll, Schattirt und malt ihr Frühlingskleid Und schmückt sich wie zum Tanz die Maid. Wer in das junge Grün so schaut, In dichtes Gras und duftig Kraut Auf einsam stillem Waldespfad, Dem ist's wie ein erquickend Bad, Darein er tief die Blicke taucht Und hierhin läßt und dorthin schweifen, Als wollt' er, weil sein Herz sie braucht, Die Farbe mit den Augen greifen. Da find't er, was er nicht gesucht, Ein kleines blaues Wunder lugt Verstohlen aus dem Grün, ganz nah – Ach! erstes Veilchen, bist du da? Gegrüßt, gegrüßt, o Violett. In deinem weichen Kräuterbett! Ja, blühe, fröhlich Märzenkind, Und zürne nicht dem Dieb, dem Wind, Der schmeichelnd, kosend dich umspielt Und mit dem Duft, den er dir stiehlt, Die holden Schwestern lockt hervor, Den ganzen, bunten Blumenflor. Hornköpfchen fängt den Reigen an Mit Moschuskraut und Bärentraube, Steinsame, blauer Gundermann Und Purpurnessel dann, die taube, Maiglöckchen, Himmelsschlüsselein, Maßlieb, Windröschen blühn, die weißen, Erdrauch, Sinngrün, Gedenke mein, Goldmilz, und wie sie Alle heißen, Die Erstling' in dem vollen Kranz, Womit der Wald sich festlich gürtet, Eh' er die Spielleut' ruft zum Tanz Und seine Gäste reich bewirthet. Dazu erscheint dann flink und froh Auch kleines Volk, das darf nicht fehlen, Es kommt zu Hauf und muß sich so Zu sagen in das Leben stehlen. Es hört das Wachsen, und die Brut Erwacht der flatterhaften Kerfen, Die eingesargt bisher geruht, Nun ihre Hüllen von sich werfen. Es schlüpft aus welker Blätter Falten, Es zappelt und es schwirrt sich los, Zwängt sich hervor aus engen Spalten Und gräbt sich aus der Erde Schoß. Zu dem Gewimmel kleiner Wühler In Moos und Gras, an Baum und Blatt Zählt Alles, was am Kopfe Fühler Und mindestens sechs Beine hat, Mit Doppelflügeln, kurzen, langen Aus Netz und Schuppen, Haut und Horn, Bewehrt mit Rüssel oder Zangen, Giftdrüse, Stachel oder Dorn. Doch die unzählige Gemeinde, Die aufersteht und frißt und stirbt, Hat eine Schaar beschwingter Feinde, Die sie verfolgt, faßt und verdirbt. Das sind leichtherzige Vaganten, Stets auf der Jagd, stets auf dem Fang, Die lieben, klugen Allbekannten, Die kommen nun mit Sang und Klang. Es geht ein Schmettern durch den Wald: Die Tage schwinden und die Wochen, Es wächst ein Kraut im Kühlen, Wüßt' ich den Platz, den rechten, Und käm' er dann zur Linde Ein Blättchen, abgerissen, Schwarzspecht, mit deinen Gaben Da bricht es ab; sie sehn sich Beide; |
Wo die Thalschlucht sich erweitert, Schäumend in die wilde Bode Die Luppbode sich ergießet, Stand auf eines Berges Kuppe, Dessen grünliche Gesteinsart Fast wie Katzenauge flimmert, Keck und frei die Treseburg. Hier als Lehnsherr und Gebieter Hauste Graf Hans Hackelberend Mit der schönen, stolzen Tochter, Seinen Rossen, Hunden, Falken Und gerechten Waidgesellen. Wie geschaffen war die Stätte Für den Horst und festen Wohnsitz Eines ritterlichen Waidmanns. Waldumrauscht, geschützt und einsam Und in einem Kranz von Bergen, Die rundum in weitem Abstand Ihn um vieles überragten, Hob der schöngeformte Kegel Mit der Burg sich aus dem Thale. Welches Weges auch der Wandrer Kommen mochte, immer sah er Mitten vor sich auf dem Berge Felsenstolz aus grünem Laube Schimmernd in der Mauern Hellgrau Doch die Burg mit Thurm und Palas. Und wie schaute sich von oben In das offne Thal hernieder, Das mit Wiese, Wald und Wasser Friedevoll und lächelnd dalag Und stromab mit steilern Hängen Voller Klippen sich verengte! In gewundner Schlangenlinie So den Weg, den sie gekommen, Rückwärts nehmend, daß zum Ringe Fast ihr Lauf sich schloß und einte, Floß die Bode um den Burgberg. Auf drei Seiten war die Veste Durch des Felsens jähen Absturz Ganz unnahbar, an der vierten, Wo der Aufstieg war von unten Zog ein tiefer trockner Graben, Drüber eine Zugbrück' führte, Und in dem seit manchen Jahren Ward ein starker Hirsch gehalten. Rings umfriedet von der Mauer. Die auf ihrer inn'ren Seite Zur Vertheidigung von oben Einen hölzern Umgang hatte, Letze oder Wehr geheißen, Lag der Burghof, und am Eingang Stand ein Thorthurm Zinnen tragend, Der die Pforte überwölbte. Marstall, Rüsthaus, Hundezwinger Und das Vogelhaus daneben Waren nur aus Holz gezimmert, Aber steinern die Gebäude Für die Herrschaft und die Gäste Und ein zahlreich Ingesinde. Trutzig, unbezwingbar reckte Sich empor der hohe Bergfried, Den der Graf allein bewohnte, Nur daß oben noch ein Stübchen Für den Wächter war zum Auslug. Gänge und Gemächer zierten Rings vielendige Gehörne, Und darunter hingen Waffen, Schwerter, Speere, Helm und Harnisch Mit verblichnen Wehrgehenken. Hie und da in Stein gemeißelt Oder aus gefärbtem Glase In den bleigefaßten Scheiben Prunkte des Geschlechtes Wappen. In des dicken Thorthurms Halle Es fand im Wald ein Jägersmann »Weil ich im Keller Wein gemischt, »Viel Ehrtrünk hält ein füdrig Faß »Im Walde grünt ein Edelkraut, »Viel holde Kraft in Müßiggang Der Jäger thut die Kräuterei Doch wie er endlich nun erwacht Sein Messer zuckt der Waidgesell: Da fängt der Kater an zu schrei'n, Da ward der Waidmann selbst ein Schenk, Jetzt trat Valentin, der Troßknecht, Oben im Gemach des Bergfried Weder Albrecht noch Wulfhilde Albrecht wechselte mit Wulfhild »Uebet Euch am kleinen Waidwerk Albrecht kam zurück mit Gerhard. Gerhard schritt aus dem Gemache, Wohlauf! wohlauf! ihr Waidgeselln, Wo zeucht, wo fleucht der edle Hirsch? Zu Holz! zu Holz! in Bruch und Fließ Nun her, nun hin zum Schenkenhaus! »Nun, das laß' ich mir gefallen, Ein lustig Vierblatt war einmal Wenn Singemund ein Liedel sang, Und manchesmal von ungefähr Es kam auch vor, daß Singemund »Das gemahnt mich an ein Stücklein, Jetzt, Gutgeselln, merkt fleißig auf, Und aber, wenn du trinken willt, Bei weißem Wein ein rother Mund Wer weiß, wo gute Herberg sind, |
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Spielmann, noch nüchtern heut? schnell komm' herein! Herr meines Lebens! er setzt nicht mal ab, Schmeckt dir? das glaub' ich! ja, der ist auch firn, |
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Das Schlimmste, was ich vom Leben weiß, Und käm' mir Magister und Doctor ins Haus, Noch seh' ich das Ende der Dinge nicht ein Beim vorletzten Glas und beim letztletzten Kuß Also scherzten, tranken, sangen |
Da reiten sie, – ein herrlich Bild! Die Sonne kann kein Paar bescheinen, Das schöner wäre, als Wulfhild Und Junker Albrecht von Loseinen. Ihr langes dunkles Jagdkleid fließt Beim Ritt um ihre schlanken Glieder, Bis hoch am Hals hinauf umschließt Den Wuchs das faltenlose Mieder, Und oben ist es rings umkränzt Von weißer, wohlgestärkter Krause. Die schöne Hirschzahnkette glänzt, Ein altes Erbstück in dem Hause. Gepufft an beiden Schultern fliegt Die offne, pelzverbrämte Schaube, In rothem Seidennetze liegt Das Goldhaar unter sammtner Haube. Und er im grünen Reitkollet, Waidmesser breit links an der Hüften, Auf blonden Locken das Barett, Den Reiherbusch keck in den Lüften. Voll Saft und Kraft, du junges Blut, Fühlst dich so frei im Sattel schweben, So flügelleicht ist dir zu Muth, Möcht'st in die Wolken dich erheben Und athmest froh aus tiefster Brust, Sitzst wie gewachsen in den Bügeln, Sehnst nichts und sorgest nichts und mußt Mehr als dein Roß dich selber zügeln. Doch, Jungfrau, du? dein Antlitz glüht Wie Morgenroth im klaren Bronnen, Dir klopft das Herz, dein Auge sprüht, Aufjubeln möchtest du in Wonnen. Du bist voll Seligkeit und Lust Durch Albrechts ritterlich Geleite, Denn all dein Glück, dir kaum bewußt, Es reitet dicht an deiner Seite. Es ist, wie wenn den Zwei'n die Welt Läg' als ihr Königreich zu Füßen, Und Sonn' und Mond am Himmelszelt Aufgingen nur, um sie zu grüßen. Und wie so stolz die Rosse gehn, Umsprungen von den beiden Bracken, Hoch tragen sie den Schweif, es wehn Die Mähnen vom gebognen Nacken. Verkappt noch wird der edle Falk Von Valentin zu Pferd getragen, – »Die Zwei da vor mir,« denkt der Schalk, »Die könnten's mit einander wagen!« Da lacht Wulfhildens rother Mund: »Jetzt, Vetter Albrecht, wird sich zeigen, Was du gelernt, dort aus dem Grund Wird bald ein Federwild uns steigen, Noch einen schlanken Trab, dann blitzt Entgegen uns der stille Weiher, Hochbeinig Volk im Röhricht sitzt, Im seichten Wasser fischt der Reiher.« Hei! wie sie im Galopp sich wiegt! Doch er läßt seinen Schweißfuchs traben, »Hochauf, Rothwang!« ruft sie und fliegt Mit flottem Satze übern Graben. »Nun Schritt! – Den Falken auf die Faust, Albrecht! und achte auf die Hunde, Hinfür, Gesell, hinfür! was haust Im Busch? such', trauter Hund, die Runde!« Noch flüstert sie: »Wirf nicht zu früh, Laß zu Gesicht das Wild erst kommen.« Die Fessel hat schon vom Geschüh Albrecht dem Falken abgenommen. »Hoho! Albrecht, die Hunde stehn, Halt' fest ihn, doch die Haube löse, Da kommt der Reiher, wirf! laß gehn! Huida! mein Falk, stoß' ins Gekröse!« Der saust wie ein geschnellter Pfeil Dem Reiher nach, der langsam steiget, Und Valentin ruft: »Waidmanns Heil! Es ist ein Alter, Blaufuß schweiget.« Der Reiher speit Gekröpftes aus, Sich zu erleichtern in dem Fluge, Der Falk steigt über ihn hinaus Und plänkelt um ihn wie zum Truge. Schon hat er zweimal ihn geneckt, Gethan, als ob er auf ihn stieße, Den langen, spitzen Schnabel streckt Der Feind ihm hin, daß er sich spieße. Nun schwenkt der Falk im Augenblick, Weicht aus den scharfen Schnabelhieben Und packt den Reiher im Genick, Die Flügel klatschen, Federn stieben. Frohlockend gellt des Falken Schrei Und jämmerlich des Reihers Klagen, Der Falke giebt ihn nicht mehr frei, Läßt sich von ihm hernieder tragen. Sie wirbeln langsam durch die Luft, »Jetzt, Albrecht, Sporen in die Weichen!« Ruft fröhlich Wulfhild, »hin zur Schluft, Daß wir ihn lebend noch erreichen!« Sie jagen über Stock und Stein, Wild um die Wette geht die Hatze Rings um den Teich zum Wald hinein, Er ist der Erste auf dem Platze. Dem Falken bindet er die Hand Und untersucht des Reihers Wunden, Sie schaut auf ihn nur unverwandt, Als ob sie hier erst ihn gefunden. Dann spricht sie: »Diesen Messingring Mit deinem Namen und dem meinen, Zum Zeichen, daß man ihn schon fing, Leg' ihm um seiner Ständer einen.« Er nimmt ihn lächelnd, hat ihn bald Dem wunden Reiher aufgezwungen, Der, nun befreit, schon über'm Wald Sich mühsam flatternd hochgeschwungen. Und Albrecht schaut ihm nach und spricht: »Ja, vogelfrei bist du gewesen, Jetzt trägst du Fesseln, armer Wicht, Und kannst auf deinem Ringe lesen, Wer, Flieger, dich in Banden schlug: Ein Falk, ein Fräulein und ein Jäger, Und von den Drei'n sind oft genug Zwei selbst gefangne Kettenträger.« Da bückt Wulfhilde sich zur Stell, – Sie sah wohl ihren Handschuh liegen, Und von dem Bücken ist so schnell Das Blut ihr ins Gesicht gestiegen. Der Junker hebt sie auf das Roß, Um heimzukehren von dem Ritte, Und schweigend neben dem Genoß Lenkt sie's gedankenvoll im Schritte. Doch Valentin brummt in den Bart: »Hm! ganz verstummt die helle Lache? Das ist doch sonst nicht ihre Art! Blaufuß, was denkst du von der Sache?« Sie reiten unter Bäumen fort, Neunerlei Blumen winde zum Kranz, Rispen und Aehren, du zitterig Gras, Spinnlein, bleib' sitzen, du bringest ja Glück! Wie zierlich formte ihre Hand Es wartet ein bleiches Jungfräulein Sie spricht: Und wenn ich hier Wurzeln schlag Vergessen hat sie der wilde Knab', Der Sommer kommt und der Sommer geht, Durch Schatten und durch Sonnenschein Der Zaunpfahl trug ein Hütlein weiß, Voll Blüthen steht der Dornenstrauch, Wird schon im Feld das Korn gemäht, Es ist und bleibt doch immerdar |
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Glockenblumen, was läutet ihr? Wißt ihr's, wohin auf dem einsamen Gang Lauschenden Blättern dann läutet es aus, Liebe macht selig wie nichts in der Welt, Wie Waldvöglein auf seinem Strich |
Gerhard war am frühen Morgen Zur Bestätigung des Hirsches Für die nächste Jagd mit Ludolf Wohlgemuth zu Holz gegangen, Und im Forste hatten Beide Sich getrennt, um einzeln Jeder Zu verspüren und dann später Sich am Silgenstieg zu treffen. Als die Sonne hoch gestiegen, Langte bei dem Stelldichein Gerhard an und ließ gemächlich In dem duft'gen Waldesschatten, Wo ein Bächlein kühlend rauschte, Auf bemoostem Stein sich nieder. »Jugend hat mehr Glück, als Alter, So beim Birschen wie beim Minnen,« Brummt' er, »hab' nichts Rechts gefunden Was wird's sein? ein Vierzehn-Ender, Der so dicht geschränkt beim Kirchgang; War kein Schritt von einem Kronhirsch, Wie der Graf durchaus ihn fordert.« Aus der alten, blankgetragnen Waidmannstasche langt' er jetzo Sich sein Frühstück, und bedächtig Es von rechts und links betrachtend Schnitt er tapfer ein und spießte Stück für Stück sich auf das Messer. Wie's ihm schmeckte! stillvergnügt Blickt' er vor sich hin und machte Mit der Hand und mit dem Kopfe Sinnbegleitende Geberden Zu dem innern Selbstgespräche, Das mit manchem leisen Ausruf Hm! und Ho! verlautbar wurde. Um die kleinen, hellen Augen, Die gutmüthig und doch schalkhaft, Klug und wachsam um sich schauten, Spielten jene list'gen Falten, So man Krähenfüße nennet. Was von seinem Angesichte Vor dem grauen Knasterbarte Sichtbar, war braunroth von Farbe, Sonderlich die breite Nase. Muskelkräftig war der Körper, Und hier unter'm Büffelwammse, Das viel glatter war vom Alter, Als die borkenrauhen Hände, Schlug ein ehrlich treues Herz, Weich und mitleidsvoll, doch furchtlos. Plötzlich, einen wackern Bissen Auf der Messerspitze, horcht' er: »Du? du wärst mir auch ein Braten, Rauhschwanz!« lacht' er auf zur Buche, Wo es knackte und ein Eichhorn Sprang und auf ihn nieder äugte. »Siehst wohl, daß ich hier zu thun hab', Bist drum sicher vor der Armbrust!« In den Schatten seines Schwanzes Setzte sich das Eichhorn oben, Daß der weiße Bauch herabschien, Und dann kletterte und rutschte Wie gejagt es durchs Geäste. Jetzt vernahm im Buchenlaube, Das den Boden unverweslich Fast bedeckte, Gerhard endlich Ludolfs raschelnd laute Schritte Und sah auch schon zwischen hohen, Weißlich grauen Buchensäulen Ihn daher gewandelt kommen, Rief ihn an mit Jägerschrei: »Hoho! lieber Waidmann, sag' mir an, Was wittert dich heut auf der Vorsuch an?« Ludolf rief zurück mit Freuden: »Hoho! lieber Waidmann, das will ich dir sagen, Ein jagbar Hirsch und ein hauend Schwein, Was kann mir hoho! Besseres gesein!« Wieder frug nun Gerhard weiter: »Waidmann, lieber Waidmann hübsch und fein, Was geht hochwacht vor dem edlen Hirsch gen Holze ein?« Und von Ludolf kam die Antwort: »Der helle Morgenstern, der Schatten und der Athem sein Gehn hochwacht vor dem edlen Hirsch gen Holze ein!« Und dann setzt' er sich zu Gerhard, Dem er zu berichten hatte Von des Wildes frischer Fährte, Und als was er's angesprochen. Sprach von Wiedergang und Wechsel, Schritt und Schrank und Zwang und Thauschlag Und vom Schloßtritt auch im Raumbett, Dann vom Wenden und vom Blenden Und vom hohen Himmelszeichen, Wie der Hirsch mit seiner Krone Schon die Blätter und die Zweige Abgeknickt und umgewendet, Und der zweiundsiebzig Zeichen Dies und jenes noch erwähnt' er, Dran ein hirschgerechter Jäger Kennt die Spur des edlen Hirsches. Kurz, nach den genauen Maßen Schien's ein Zweiundzwanzig-Ender, Den der Jüngere verspüret, Und der Alte war zufrieden. Doch nach kurzem Schweigen fing er Wieder an mit altem Waidspruch: »Lieber Waidmann jung, thu mir kund, Was macht den edlen Hirschen wund Und den Jäger gesund?« Ludolf stutzte, doch schnell sprach er: »Der Jäger und sein Leithund Machen den edlen Hirschen wund, Und eine schöne Jungfrau macht den Jäger gesund.« Mit verschmitztem Augenzwinkern Fragte Gerhard lachend weiter: »Lieber Waidmann, sag' mir an, Was ist weißer, dann der Schnee? Was ist grüner, dann der Klee? Was ist schwärzer, dann der Rab? Und klüger, dann der Jägerknab?« Aber Ludolf blieb nichts schuldig: »Der Tag ist weißer, dann der Schnee, Die Saat ist grüner, dann der Klee, Die Nacht ist schwärzer, dann der Rab, Schöne Mädchen klüger, dann der Jägerknab.« Damit stand er auf und wollte Wieder in den Forst sich wenden. »Wo hinaus noch?« fragte Gerhard. »Nach dem Eisen will ich sehen, Ob sich nicht ein Fuchs gefangen,« Sagte Ludolf. »Ja,« sprach Gerhard, »Sonderlich die jungen Füchse Lassen leichtlich sich bethören, Doch die alten Füchse wittern's, Wenn's im Wald nicht recht geheuer, Aber warnen ist vergeblich; Nun so geh mit Waidmanns Heil, Daß, so Gott walt', dir Gutes werde zu Theil!« Ludolf sprach zum Gegengruße: »Lieber Waidmann, gleichfalls Heil, Daß Gott dir und mir gebe alle gute Weil!« Gerhard rief dem schon Entfernten Lustig nach: »Laß dir im Walde Auch kein altes Weib begegnen, Denn das bringt dem Jäger Unglück!« »Werd' mich hüten!« lachte Ludolf. – »O, ein Hirsch von zwanzig Enden Und 'ne Maid von siebzehn Jahren Machen Jägerherzen klopfen,« Sprach so vor sich hin der Alte, »Bin ja auch mal jung gewesen.« Ludolf lenkte seine Schritte Ein Jäger ging zu birschen Das Lächeln seines Grußes, So wank' ich denn und schweife, Balde kam er auf die Schleppe, Unter eine hohe Eiche Als sie über Busch und Bäumen Schweren Herzens, doch mit nichten |
Frau Sonne, Frau Sonne, Ihr Schläfer, erwachet! Trennt euch, die verborgen Wohlauf nun, Gesellen, So grüßet aus des Bergfrieds Nischen Im Forste folgen sie den Zeichen, »Salvete, fratres in Sancto Huberto! Schon wollt' er an zu singen fangen, Wohl her, du wackrer Rebenknecht, Willkommen, Kühler, im Quartier, Gesegnet sei, du Herzenstrost, Behüt' dich Gott, mein Schwurgesell, Dann stand er auf, sich zu bedanken, Kein Halt, kein Rast, kein Athemschöpfen, Noch immer jagt mit Wunsch und Wille Vor'm Zuge wallt an langem Stabe Graf Hackelbernd steht wie geblendet, |
Auf der Treseburg beim Frühtrunk War des Grafen Ingesinde Morgens wiederum versammelt. Alle saßen, Jäger, Burgwart, Frau Agnete mit den Mägden Und des Fräuleins hübsche Zofe Um den Eichentisch im Thorthurm. Aber nicht wie sonst klang heute Neckisch Plaudern in der Runde; Allen durch den Sinn ging etwas, Das sie drückte und dem Keiner Doch recht Worte leihen konnte. Was zunächst lag, war die Hetzjagd, Die, soviel sie davon wußten, Gar nicht günstig abgelaufen, Und doch schien sie mehr zu kümmern Noch, was nicht sie davon wußten; Unbestimmte, trübe Ahnung Füllte ihnen die Gedanken Grübelnd, rathend. Ihrem Unmuth Gab zuerst Agnete Ausdruck, Als sie sprach: »Ist gar kein Wunder, Daß den Zweiundzwanzig-Ender Ihr nicht abgefangen gestern! Lahme und verschlagne Gäule Habt ihr nun im Stall zur Strafe, Daß ihr heil'gen Blutstag jagtet.« »Nun, den Gäulen wird's nicht schaden, Hatten lang genug gestanden,« Sagte Valentin, »nur Rothwang Hat das Knie sich aufgeschunden, Wohl an einem Wurzelstocke; Doch ich kühl's ihm, in zwei Tagen Kann das Fräulein wieder reiten.« »Und wie steht's mit ihrem Fuße, Elsbeth?« frug Agnete wieder. »Ach! der Fuß ist nicht das Schlimmste, 's sitzt wo anders noch,« sprach diese Nach dem Herzen deutend, »glaub' fast, Daß die Nacht sie nicht geschlafen, Sieht so abgehärmt und bleich aus Und hat rothgeweinte Augen.« »Drum! mir war, ich hörte seufzen, Wie ich heut an ihrer Thüre Just vorbeikam,« sprach Agnete. »Also hast gehorcht mal wieder? Alte, könnt' ich dir die Ohren Doch verstopfen!« drohte Gerhard. »Wird sich auch wohl wieder geben,« Meinte Valentin, »nur Eines Möcht' ich wissen, was dem Grafen Draußen in der Nacht begegnet, Und begegnet ist ihm etwas; Wunsch und Wille sind verschüchtert, Fressen nicht, thun dumm und störrisch, Grad' als wenn die Flederwische, Wenn sie nach dem Blocksberg reiten, Drüber hin geflogen wären.« »Als ich heute früh,« sprach Tile, »Trat ins Kämmerlein zum Grafen, Ihm die Kleider hinzulegen, Schlief er noch und sprach im Traume, ›Wode! Wode!‹ klang's, ›da ziehn sie! Midden in den Weg! vorüber!‹« »Sprach er? dann sei Gott ihm gnädig!« Rief erschrocken Meister Gerhard, »Dann ist ihm das Nachtgejaide Heute Nacht im Wald begegnet; Wer das sieht mit eignen Augen, Um den steht es schlimm da oben.« »Zieht doch sonst nur in den Zwölfen Zwischen Weihnacht und Dreikönig,« Sagte Ludolf. »Eben deshalb Steht es schlimm,« erwidert' Gerhard, »Für den Grafen, weil er's jetzt sah, Und er hat's gesehn, verlaßt euch!« »Habt die Nacht doch nicht gesponnen, Mädchen?« fragte schnell Agnete, »Wißt doch, wenn der Wode zieht In der Nacht, darf nichts rundum gehn, Keine Spindel und kein Rad In der Mühle und am Karren.« »War auch jede Thür verschlossen, Wenzel?« forschte Gerhard weiter, »Wo drei Thüren in der Richte Offen stehn, hat's freien Durchzug, Und durchs ganze Jahr im Hause Giebt es Unheil, Streit und Krankheit.« »Hätten es wohl schon verspüret,« Meinte Bruno, »denn der Wode Wirft aufs Dach dann einen Sattel Oder eine Pferdekeule, Die man eh' nicht wieder los wird, Bis man auf den Kreuzweg hingeht Und um Salz und Petersilie Zu dem faulen Braten bittet; Beides kann er nicht beschaffen.« »Malt den Teufel an die Wand nicht!« Mahnt' Agnete, »'s ist auch sonst schon Nicht geheuer mehr im Lande; Fragt nur Wenzel!« »Ja,« sprach dieser, »Gestern, als ihr draußen jagtet, War Friedriken's Schatz, der Pochknecht Von der Silberhütte, bei uns Und erzählte von den Bauern, Die in hellen Haufen näher Uns mit Mord und Brand schon kommen; Nennen sich der arme Konrad, Und der Bundschuh ist ihr Zeichen, So sie in dem Banner führen. Thomas Münzer heißt ihr Führer, Ist vom Harze hier aus Stolberg, Und sie wollen alle Zinsen, Steuern, Beden, Gülten, Zehnten Und die Frohn beseitigt wissen, Wollen Wald und Weide theilen. Und die Ritter aus den Burgen Haben Schlimmes zu befahren, Wenn sie nicht gemeine Sache Mit dem armen Konrad machen. Wenn sie erst den Sieg in Händen, Wollen sie den Kaiser Rothbart Drüben im Kyffhäuser wecken, Daß er ihnen ihre Freiheit, Handfesten, Gerechtsamkeiten Wieder einsetzt und bestätigt. Uebers ganze Reich erstreckt sich Die Verschwörung schon, im Elsaß, In der Schweig, im Breisgau, Bruchrain, Schwaben, Thüringen und Franken Hausen kühnlich die Rebeller.« »Schlimme Botschaft!« brummte Gerhard, »Seht nach Rüstzeug, Wehr und Waffen, Daß wir sie mit blut'gen Köpfen Von dem Burgwall niederwerfen, Wenn sie, uns zu schatzen, kommen.« – Ernst gemeint war Gerhards Warnung; Ein wohlbekanntes Brüderlein Sein Lied stand nicht auf Pergament, Drei Würfel zucket er und lacht: Wohl unter eim Wachholderstrauch Einsam in der Kemenate Einsam war auch Junker Albrecht; Und der Graf? stand er noch aufrecht Tiefe Ruhe war im Walde; Stundenlang streift durch den Forst hin Gegen Abend wandte Ludolf »Nicht um Euretwillen sag' ich's,« |
An demselben Vormittage Schritten durch den Wald zwei Mönche Aus dem Walkenrieder Kloster. Jeder hielt in seiner Rechten Einen Büschel Buchenzweige, Um sich Kühlung zuzufächeln Und die Fliegen abzuwehren; Jedem auch schwer an der Seite Hing ein Korb, kunstlos geflochten Aus der Weide schwanken Ruthen; Daraus drang ein Knistern, Kribbeln Von Gethier mit vielen Beinen. Krebse waren's, die in Nesseln Eingepackt, daß sie nicht stickten, Ihre harten Knochenpanzer Mit unzähligen Gelenken Zappelnd an einander rieben. Die zwei wackern Gottesknechte Hatten in dem Flüßchen Wieda Aufwärts watend sie gefangen Und befanden mit der Beute Auf dem Rückweg sich zum Kloster. Beide stritten, ob's geschickter, Krebse nur in kaltem Wasser Aufzusetzen, daß sie langsam Darin kochten, oder aber Ob man sie in siedend Wasser Schütten sollte, schnell sie tödtend. Jeder zählte Für und Wider An den Fingern her, und Keiner War dabei des Andern Meinung; Aber darin waren Beide Einig, daß zum Wohlgeschmacke Sei das Wichtigste die Tunke, Die nach mancherlei Rezepten Sie besprachen und beriethen, Und dann wandelten sie schweigend Eine Weile nebenander. Aber bald frug Einer wieder: »Wie hat dir der letzte Puter Denn gemundet, Jeremias?« »Hatte nicht genug gelegen, War zu frisch noch«, sprach der Bruder. »Und dann ziehe ich auch Trüffeln Den Kastanien vor zur Füllung«, Meinte mit der Zunge schnalzend Wie beim Kosten Jesaias. »Beim Fasanen allerdings wohl,« Sagte wieder Jeremias, »Doch beim Truthahn grade lieb' ich Süße, mehlige Kastanien.« Und schon wieder ging's ans Streiten Ueber Trüffeln und Kastanien. Auch die Klosterteiche wurden Schließlich in Betracht gezogen, Und es klagte Jeremias: »Habe unsre Karpfenglocke Lange nicht mehr läuten hören, Immer Schleie und Forellen Und Forellen dann und Schleie Ißt man sich ja satt und über.« »Wahrlich!« lachte Jesaias, »Wenn ein fetter Aal zuweilen Nicht mit Salbei auf den Tisch käm', Wär' es kaum noch auszuhalten.« »Oder auf dem Rost gebraten Und dazu ein ziemlich Gläschen Alten Salvewein, – was denkst du?« Sprach der Andre wieder blinzelnd. Eben auf dem besten Wege Waren sie, den Klosterkeller Von dem ersten bis zum letzten Fasse gründlich durchzuprüfen, Als dem Kruzifix sie nahten Und voll Schrecken und Bestürzung Das zerschoss'ne Bild des Heilands Dort am Boden liegen fanden. »Allbarmherz'ger! ist das möglich? Täuschen mich nicht meine Augen? Jesaias, sieh doch, sieh doch Unsers Herrn und Seligmachers Jesu Christi Leib zerbrochen!« Rief der Eine, und der Andre Stand ganz starr, ungläubig schüttelnd, Bald auf den zerstückten Christus, Bald hinauf zum Kreuze blickend. Und es sprach der Erste wieder: »Wenn das nicht der üble Teufel Selber that, so war's kein Andrer –« »Als Graf Hackelbernd,« fiel eifernd Schnell der Andre ein, »da oben Steckt er ja, der Pfeil des Grafen, Vor den Bolzen seiner Jäger Kenntlich an der schwarzen Farbe! Und kein Blitz erschlug den Frevler? Endet denn des Himmels Langmuth Mit dem Sünder nun und nimmer?« Zitternd lasen sie die Stücke Auf und trugen sie zum Kloster Sammt den Krebsen, um die Einen In der Küche und die Andern Ihrem Abte auszuliefern. Seine Gnaden den Herrn Paulus Innerhalb der hohen Mauer, Paulus, seit des Stiftes Gründung »Von zwei jungen Rittern muß ich Der Großkellner saß und starrte Abt und Kellermeister schieden |
Die schlanke Bode fließt im Thale Um manchen Berg und Felsenhang, Macht her und hin manch liebe Male Umweg und krummen Wiedergang. Doch eh' von den granitnen Riesen Den Durchlaß donnernd sie erzwingt, Im breitern Grunde Wald und Wiesen Ihr muntrer Wellentanz umspringt. Manchmal verzieht sie wohl die Lippe Und schmollt und bäumt sich launisch auf, Daß Schaum umsprudelt Stein und Klippe, Die ihr versperrn den flinken Lauf; Schnell aber ist sie wieder heiter, Strahlt silberhell und blinkt und glänzt, Versäumt sich hier, läuft rasch dort weiter Und spielt und lächelt, bunt bekränzt. Die hellen Wiesen läßt sie trinken Aus der Hand und aus dieser bald, Und bald zur Rechten, bald zur Linken Schmiegt sie sich an den dunklen Wald Und lockt ihn, daß er niedersteige, Zu baden sich in ihrem Thau, Und überhängend seine Zweige In ihrem blanken Spiegel schau! Da sehn von oben Buch' und Erle Und Wolken, Sonn' und Mond hinein, Und unten ziehn Forell' und Schmerle, Glashell liegt Sand und Kieselstein. Und zu dem Fächeln und dem Säuseln Im schattenkühlen Laube stimmt Im klaren Fluß das Wellenkräuseln, Mit Rauschen, Plätschern, Murmeln schwimmt, Was in den märchenkund'gen Quellen Aus schatzgefüllten Tiefen schied, Im Zwiegesang von Wind und Wellen Erklingt ein träum'risch Zauberlied. An lauschig stillem Plätzchen saßen Ich ging im Wald Hab' mich geduckt, Er frug, warum Wulfhild hat ihren Arm geschlungen Blaublümlein spiegelten sich im Bach Blauäuglein hatte ein Mägdelein, Und als er allein auf unendlicher See, »Vergessen! ja, wer's kann im Leben,« Leer ist der Tag, er geht zu Ende, Dann seh' ich ihn wieder mit Entzücken, Seine Hand so warm, seine Lippen so wonnig, Und das Alles nicht wahr, geträumt und gelogen! Nicht lieben zu dürfen, nicht hassen zu können, Waldtraut, als hätt' sie kaum verstanden Alle Blumen möcht' ich binden Alle Vögel möcht' ich fangen, Alle Schätze möcht' ich heben, Ach! was kann ich, und was hab' ich! |
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Im Grase thaut's, die Blumen träumen Ein Aestlein wankt mit leisem Wiegen, Nun wird es still in Luft und Zweigen, Es schlüpfte durch Gebüsch und Ranken |
Nun sagt doch: welchen Zauberreigen Trieb denn im Wald die Sommernacht, Daß jedes Blatt noch an den Zweigen Und jede liebe Blume lacht? Ward euch von Elfen und Kobolden So närrisch Zeug denn aufgeführt, Daß eure Aehren, Rispen, Dolden Vom Schellenklingeln baß gerührt? Habt in den Augen noch die Thränen, Vom Weinen nicht, das seh' ich ein, Argwöhnen könnte man und wähnen, Es schritt ein Schenk durch eure Reih'n Mit einem nimmerleeren Kruge, Der, Nimmersatte, euch getränkt Und auch den Kleinsten nicht im Fluge Durch vornehm Uebersehn gekränkt. O heil'ge Morgenfrühe! trunken Grüß Gott, du sprenglicht Vögelein Wo mir und dir ein Tröpflein blinkt, Doch soll um Eines, mit Verlaub, Und wie es duftet allerwegen! Der Graf mit seinen Waidgesellen Sobald sie aus des Hörens Weite, Die Andern mit dem Wildschütz langen Im Walde lauernd unterdessen Nicht viele Worte giebt's zu sagen, |
Die nächsten schwülen Tage gingen Mit finstrem Antlitz durch das Land, Und schwere, dunkle Wolken hingen Oft tief herab wie Bußgewand. Gar düster ist's im Bodethale, Schwermüthig drückt der Felsen Bau, Hohl brauset durch das Bett, das schmale, Der Fluß in mürrisch trübem Grau. Es ist wie dumpfes Kettenschmieden Um Alles, was am Licht sich freut, Und auch im wallgeschützten Frieden Der Burg ist Unlust ausgestreut. Am frohen Waidwerk kein Gefallen Und keine Lust mehr am Gesang, Kein Lachen mehr in Thurm und Hallen, Nicht Falkenruf, nicht Hifthornklang; Als wäre von dem Berg gezogen Der Sonne allerletzter Strahl, Auf Nimmerwiederkehr entflogen Das letzte Vöglein aus dem Thal. So ist's; von Allen tief empfunden, Fehlt Eines jetzt, das Allen lieb, Waldtraut ist von der Burg verschwunden, Und Niemand weiß es, wo sie blieb. Sie nahm mit sich wie ihre Habe Das Himmelblau, das Sonnenlicht, Das Lächeln selbst, des Frohsinns Gabe, In jedes Einzelnen Gesicht. Zurück nur ließ sie düstre Sorgen, Jetzt Allen sichtbar mit Gewalt, Als ob bisher sie nur verborgen Des Mädchens holde Lichtgestalt. Denn immer häufiger kam Kunde Von dem erbarmungslosen Krieg, Und immer weiter in der Runde Drang blutig vor der Bauern Sieg. Vom Helfensteiner ward gesprochen, Den durch die Spieße sie gejagt Zu Weinsberg. ihm die Burg gebrochen, Sein Weib gemartert und geplagt, Von Jäcklein Rohrbachs Osterfeier, Von Berlichingens Eisenhand, Von Metzler, Hippler, Florian Geyer, Ulrich, Herzog in Schwabenland. Gehaßt wie Einer war ihr Ritter Vom Landvolk, dessen Ackersaat Wie Hagelschlag und Ungewitter Er oft beim Jagen niedertrat. Und was in Dörfern unumwunden Man sich erzählte grausenvoll, Daß Volrat auf den Hirsch gebunden, Das schürte noch den heißen Groll. Den Grafen nur schien nichts zu kümmern, Er selber blieb sich immer gleich, Lag Alles um ihn auch in Trümmern, Hier eine Hütte, dort ein Reich. Als er von seinem Bann gehöret, Lacht' er laut auf und sagte blos: »Ja, wer im Hummelneste störet, Wird angebrummt; was Wunders groß?« Doch sah er wohl die stillen Wunden, Die niederdrücken Knecht und Magd, Und hatte bald dafür gefunden Das Zauberwort: »Wohlauf zur Jagd.« Das Wort aus seinem Mund schlug Funken, Sie ziehen mit den stärksten Hunden, In seinen Kesseln eingeschoben Halbwegs der Burg, nicht weit vom Meiler |
Tage schon lag auf dem Siechbett Hackelberend an der Wunde, Die der Eber ihm geschlagen. Heiße Fieberphantasien, Schwere, wirre Träume quälten Oft und schrecklich ihn und brachten Ihn in Zorn dann gegen Alle, Die ihm nahten und ihm gerne Seine Schmerzen lindern wollten. In dem hohen Thurmgemache Hatt' er nahe an dem Fenster Sich das Lager betten lassen, Um die Berge doch zu sehen, Vogelflug und Wolkenziehen. Meistens war er still und schaute, Tiefe Sehnsucht nur im Blicke, Traurig nach dem Wald hinüber, Der schon bunt zu werden anfing. Aber oft auch, wenn den Wind er In den Bäumen rauschen hörte, Der die Wipfel bog und Zweige, Als ob sie mit ihren Armen Ihn zu sich herüber winkten, Brach er los mit Ungestüm, Tobte, fluchte und verlangte, Daß ihm Wunsch gesattelt würde, Um zur Jagd hinaus zu stürmen. Wüthend, wenn man nicht gehorchte, Wollt' er auf vom Lager springen, Nach dem schweren Spieße greifen Und brach ächzend dann zusammen. Manchmal mit geschlossnen Augen Lag er da, und leis' geflüstert Kam ihm von den bleichen Lippen Waldtrauts Name, und dann frug er, Wo das liebe Mädchen wäre, Eben noch an seinem Bette Habe sie gestanden und ihm Ein Vergißmeinnicht gegeben, Wer ihm das denn weggenommen. Wieder dann mit großen Augen Blickt' er träumerisch auf Wulfhild, Die auf einem niedern Schemel Saß an ihres Vaters Lager, Ringelte ihr langes Goldhaar Um die Finger sich und nannte Hildegard sie; dann entschlief er, Und um seine strengen Züge Spielt' ein mildes, sanftes Lächeln. Doch nach kurzem Schlummer fuhr er Heftig auf und rief: »Wo ist er? Egon, gottverdammter Schurke! Hier, hier war er, hielt umschlungen Meine Hildegard, o Bube!« Doch am häufigsten im Traume Jagt' er fröhlich durch die Wälder, Rief bei Namen die Genossen Mit Hallo! und Jägerschreien, Hetzte immerfort die Rüden: »Wille! Wille, pack' die Pfaffen! Hetz' die Bauern! Pfaffen, Bauern! Hetz! hu hetz! reiß' Alle nieder!« Und ein ander Mal stand plötzlich Kalter Schweiß ihm auf der Stirne, Und er stöhnte, mit den Händen Sich an seine Decke klammernd. Aus der Brust, die mächtig kämpfte Wie nach Athem ringend, zwang sich's: »Wode! Wode! da! da zieht er!« – Einen Arzt wollt' er nicht haben, Was jedoch der treuen Seinen Heilkunst, Wissen und Erfahrung Im Geheimniß allen Krautwerks Und die liebevolle Pflege Von Wulfhilde und Agnete Nur vermochte, ihm zu helfen, Das geschah, der Falkenier selbst, Gerhard, ward zum Krankenwärter; Doch der Ritter selber fühlte Schritt vor Schritt den Tod schon nahen. Trostlos war Wulfhild, in Schmerzen Hackelberend war mit Gerhard Von des Alten Wangen rollten Unterdessen war Wulfhilde Abend ward es, eh' Wulfhilde |
Auf Damwildhäute hingestreckt, Bewehrt, bespornt, im Elenswamms, Von grünen Zweigen halb bedecket, Lag nun der Letzte seines Stamms. Er hielt umfaßt, als könnt' sie sinken, Die Armbrust mit des Lebens Schein, Waidmesser hing am Gurt zur Linken Und rechts das Horn von Elfenbein. An goldner Kette umgeschlungen, Ein Kleinod blitzt' in reichem Glanz, Und um das Haupt war ihm geschwungen Ein voller, frischer Eichenkranz. So wie ein Fürst und Jägerkönig Geschmückt der todte Waidmann war, Der Waldluft athmend jubeltönig Den Forst durchzog mit seiner Schaar. Die dunklen Augen fest geschlossen, Daraus ein brennend Feuer sprang, Wenn diese Hand den Speer geschossen Und dieses Bogens Senne klang. Schwer stritt sich auf der Stirne Krausen Der Todeshoheit stolze Macht Mit einem ahnungsvollen Grausen In unversöhnten Schweigens Nacht. Nicht feierliche Ruhe thronte Mit ihrem mild verklärten Licht, Nicht heil'ger Himmelsfriede wohnte Auf diesem Marmorangesicht. Auf den entseelten Staubgefügen Stand ungebeugten Willens Kraft, Und noch aus diesen kalten Zügen Sprach glühend heiße Leidenschaft. Und um den Mund, der Gott versuchte, Blieb eines finstern Hohnes Spur, Als ob er, schon verstummt, noch fluchte Und selbst dem Tode Rache schwur. So lag er in dem Thurmgemache, Es kam die Nacht zum letzten Ritte, Dann ziehn sie, wo der Wald sich weitet, Hoch oben an des Berges Halde, Der Tag steigt auf, mit seinem Glanze |
Klarer, kühler Herbsttag heute. Wenn der Wind fährt in die Bäume, Ist's nicht mehr ein üppig Wühlen Und ein wonnig Untertauchen In des weichen Sommerlaubes Flüssig Wogen, Wippen, Wiegen; Rasselnd klingt es schon und prasselnd, Wenn er jetzt die Zweige schüttelt Und die hartgewordnen Blätter An einander schlägt, es knittert, Pfeift und knackt schon in den Aesten, Auch schon welke Blätter wirbeln Durch die Luft, und rothe Beeren Glänzen an halb kahlen Sträuchen. Um die Treseburg im Thale Ist's lebendig; Spieße starren, Schwerter, Hakenbüchsen, Kolben, Sensen selbst, und all das Werkzeug, Das des Landmanns Hand voll Schwielen Schwingt im friedevollen Kampfe Mit der heimatlichen Scholle, Ist zur fürchterlichen Waffe In derselben Hand geworden, Die mit der Verzweiflung Nothschrei Sich zum Himmel reckte schwörend, Jede Burg im Land zu brechen. Und da sind sie, denen längst schon Schreckenskunde weit vorausging, Und die hinter sich nur Wüstung Und verkohlte Trümmer ließen, Die zum Bund verschwornen Bauern. Trummenschlag und Pfeifen tönten Durch das Thal, und in den Dörfern Läuteten zum Sturm die Glocken. Da aus allen Hütten schlüpften Sie herbei, leibeigne Knechte, Freie Bauern, Bergmannsknappen, Hungernde, verdorbne Leute; Was zu des gemeinen Mannes Sache hielt, der ausgesogen, Bis aufs Blut gepreßt, gequält war, Das rottirte sich zusammen. Ach! es war ein bös Gesindlein, Bunt bewaffnet und bekleidet; Der in abgerißnem Kittel, Der in ritterlichem Schmucke Oder zugestutztem Meßkleid, Pickelhaube oder Gogel, Lodenwamms und Pluderhose, Eisenschurz und Krebs und Armzeug. In dem wüsten Durcheinander War viel Toben und Gelärme, Und mit Hut- und Becherschwenken Grüßten die am Fuß des Berges Jede Handvoll frischen Zuzugs, Der von Nirgendheim, Fehlhalde, Bettelrain und Hungerberge – Also hießen sie's – daher kam. »Loset, was ist für ein Wesen?« Rief man ihnen schon entgegen, »Können vor Pfaffen und Adel nit genesen!« War die Antwort, und dann schrien sie: »Hei! wir woll'n im Lande brennen Bei den Junkern, daß der Herrgott Auf dem Regenbogen blinzeln Und die Beine an sich ziehn soll!« Mitten in dem hellen Haufen Flog ein Fähnlein frei im Winde, Darauf waren Christi Leiden, Papst und Kaiser abgebildet, Vor dem Kreuze kniet' ein Bauer, Und darüber war ein Bundschuh. Hauptmann dieses Bauernhaufens War der Köhler Bertram Volrat, Trug den Sturmhut auf dem Kopfe, Büffelwamms mit Panzerärmeln, Einen breiten, kurzen Degen Und hielt handlich in der Rechten Einen Federspieß. Die Augen Blickten finster, thatentschlossen, Und sein Wort fand stets Gehorsam. Treulich ihm zur Seite schwebte Wie ein guter Engel Waldtraut, Die, als sie die Burg verlassen, Seinen Spuren schnell gefolgt war Und sich nicht mehr von ihm trennte. Wenig Wochen eines Lebens Voller Gräuel und Gefahren Hatten Waldtrauts ganzes Wesen Sehr verändert, und zur Jungfrau War die holde Mädchenknospe Aufgeblüht in Sturm und Wetter. Größer schien sie, voller, reifer, Und inmitten aller Roheit, Die sie auf den Rachezügen Stets vor Augen hatte, war sie Reines Herzens doch geblieben, Selbst die kecksten der Gesellen Ehrten sie wie eine Heil'ge. Alles bot sie auf, das Schicksal Von der Burg Graf Hackelberends Abzuwenden, doch vergeblich. Allzu tief und fest gewurzelt War der wilde Haß der Bauern Auf den Ritter, und die Bitten, Selbst die heißen Thränen Waldtrauts, Sie verklangen und verhallten Wie des Vögleins banges Klagen, Wenn der Sturm braust. Sie erreichte Endlich nur, daß man das Leben All der andern Burgbewohner Und vor allen ihres Ludolfs Und Wulfhilds versprach zu schonen. Dennoch wollte sie beim Kampfe Selbst zugegen sein, um muthvoll, Wenn es galt, mit ihrem Leibe Die Bedrohten noch zu schirmen. Abend war es, Feuer brannten, Auf der Burg gab's trübe Stunden. Als es wieder Tag geworden, Gegen das Gebot des Köhlers Ruhig zielten, sicher trafen Heiß noch war der Kampf im Durchgang, In den Burghof, selbst kaum wissend, In des Burghofs stillstem Winkel Als sie auf den Berg gekommen |
Im Bodethal der Abend dunkelt, Rauh bricht des Herbstes Zeit herein Mit feuchtem Dunst, nur schüchtern funkelt Verstreuter Sterne Dämmerschein. Und einsam ist es, nicht mehr winket Gastlich vom Berg das Grafenschloß, Und kein erleuchtet Fenster blinket Von Kemenat' und Thurmgeschoß. Nicht mehr durchs tiefe Waldesschweigen Tönt friedlich eines Hornes Klang, Wie er sich sonst als Schlummerreigen Allabendlich hernieder schwang. Wo lang ein stolz Geschlecht gesessen An seinem fest gebauten Herd, Am Waidwerk seine Zeit gemessen Mit Armbrust, Habicht, Hund und Pferd, Da starren ausgebrannte Mauern Und öde Giebel, rauchgeschwärzt, An die ein Denkmal ohne Dauern, Die hier gelebt, geliebt, gescherzt. Zerstört, verwüstet und gebrochen Die Treseburg vom Felsen ragt, Ein ausgehöhlt Gerüst von Knochen, Vom Zahn des Raubthiers abgenagt. Es sprengte selbst der Steine Fugen Des Feuers zehrende Gewalt, Die Dach und Fach und Zinnen trugen, Im Thurme klafft ein breiter Spalt. Der Wind erwacht, und die schon ruhten, Die Flammen lodern neu empor, Es tritt in rothen Feuersgluthen Der Bergfried aus der Nacht hervor. Rauch hebt sich von den Trümmern wieder Aus Schutt und glimmendem Gebälk Und mischt sich wie ein schwarz Gefieder In das zerrissene Gewölk. Zuweilen blickt mit mattem Flimmer Des Mondes Sichel wohl heraus, Doch balde löscht den blassen Schimmer Ein finstrer Schatten wieder aus. Undeutliche Gestalten ziehen, Lufttraber, scheu und körperlos, Bald hier, bald dort, sie winken, fliehen, Verschwinden in des Dunkels Schoß. Und immer stärker wird das Wehen Um Bergeshaupt und Felsenwand, Und über das Gebirge gehen Sturmschritt die Wolken in das Land. Aus seinen Träumen aufgerüttelt, Daß er dem Nachtgesange lauscht, Regt sich der dunkle Wald und schüttelt Die stolzen Kronen, braust und rauscht. Es biegt im Blasen, Zausen, Schwellen Sich Zweig und Laub, tief umgelegt, Wie langgeschwungne Meereswellen, Gedrückt, zur Seite hingefegt. – Der du im Frühlingssturm die Schaaren Der Knospen brachst mit deinem Hauch, Kommst, Wodan Wunschwind, du gefahren Im blätterstreu'nden Herbststurm auch? – Herauf, hernieder wird ein Wogen, Es stiebt und rollt und knarrt und pfeift, Als käme da vom Himmelsbogen Ein Riesenfittig hergeschweift, Und furchtbar bricht mit Wuth und Schrecken Auf einmal los des Sturmes Macht, Ein Lärm, die Todten aufzuwecken, Erfüllt das Thal und tobt und kracht. Die Lüfte beben, schüttern, sausen, Sie donnern an das Felsgestein, Ins Ungeheure wächst das Brausen, Die Windsbraut heult, Alraune schrei'n. Dazwischen ruft's wie Menschenstimme, Jedoch so fürchterlicher Art, Als hätte in Vernichtungsgrimme Das Schrecklichste sich aufgespart, Es diese Nacht daher zu senden Hier zwischen Erd' und Himmelszelt, Das Dasein der Natur zu enden, Die andre, unbekannte Welt. Bald ist's ein Jauchzen übermüthig, Das gellend durch den Sturm sich bricht, Und bald ein Stöhnen schmerzenswüthig Wie Angstschrei auf dem Hochgericht, Wahnsinnig Kreischen, heisres Krächzen Und ohrzerreißender Gesang, Und dann ein Fluchen, Jammern, Aechzen, Hohnlachen, Spott und Schellenklang. Und endlich Jagdgeschrei ertönet Und Roßgewieher, Rüdenlaut, Verstimmter Hifthornschall erdröhnet, Daß staubgebornen Wesen graut. – Hoch oben von den Sperberklippen Laßt ruhen die Todten Die Geister horchen, flüstern, säuseln Huiho! er ist unser! Da hebt sich über alle Schranken Die Wolken wallen in die Ferne |