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Das Reden tut dem Menschen gut; Wenn man es nämlich selber tut; Von Angstprodukten abgesehn, Denn so etwas bekommt nicht schön. Die Segelflotte der Gedanken, Vor allen der Politikus Doch andern, darin mehr zurück, Fern liegt es mir, den Freund zu rügen, Die auch im Grund, was nicht zu leugnen, Ich bin daher, statt des Gewinsels, Und wahrlich! Preis und Dank gebührt Der Architekt ist hochverehrlich, Der Plastiker, der uns ergötzt, Doch größern Ruhm wird der verdienen, Wer weiß die Hallen und dergleichen Darum, o Jüngling, fasse Mut; Nach diesem ermunterungsvollen Vermerke |
Nachdem die Welt so manches Jahr Im alten Gleis gegangen war, Erfuhr dieselbe unvermutet, Daß, als der Wächter zwölf getutet, Bei Klecksels, wohnhaft Numro 3, Ein Knäblein angekommen sei. – Bald ist's im Kirchenbuch zu lesen; Denn wer bislang nicht dagewesen, Wer so als gänzlich Unbekannter, Nunmehr als neuer Anverwandter, Ein glücklich Elternpaar besucht, Wird flugs verzeichnet und gebucht. Kritzkratz! Als kleiner Weltphilister Steht Kuno Klecksel im Register. – |
Früh zeigt er seine Energie, Indem er ausdermaßen schrie; Denn früh belehrt ihn die Erfahrung, Sobald er schrie, bekam er Nahrung. Dann lutscht er emsig und behende, |
Bis daß die Flüssigkeit zu Ende.
Auch schien's ihm höchst verwundersam, |
Und weidet sich am Lichteffekt. Man sieht bereits, was in ihm steckt. Schnell nimmt er zu, wird stark und feist, |
Des Zeichnens ausgeprägte Gabe. Zunächst mit einem Schieferstiele Macht er Gesichter im Profile; |
Zwei Augen aber fehlen nie, Denn die, das weiß er, haben sie. Durch Übung wächst der Menschenkenner. Bald macht er auch schon ganze Männer Und zeichnet fleißig, oft und gern Sich einen wohlbeleibten Herrn. Und nicht nur, wie er außen war, Nein, selbst das Innre stellt er dar. |
Hier thront der Mann auf seinem Sitze Und ißt z. B. Hafergrütze. Der Löffel führt sie in den Mund, Sie rinnt und rieselt durch den Schlund, Sie wird, indem sie weiterläuft, Sichtbar im Bäuchlein angehäuft. – So blickt man klar, wie selten nur, Doch ach! Wie bald wird uns verhunzt |
Herr Bötel nannte sich der Lehrer, Der, seinerseits kein Kunstverehrer, Mehr auf das Praktische beschränkt, Dem Kuno seine Studien lenkt. Einst an dem schwarzen Tafelbrett |
Malt Kuno Böteln sein Portrett. Herr Bötel, der es nicht bestellt, Auch nicht für sprechend ähnlich hält, |
Schleicht sich herzu in Zornerregung; Und unter heftiger Bewegung Wird das Gemälde ausgeputzt. |
Der Künstler wird als Schwamm benutzt.
Bei Kuno ruft dies Ungemach Ein Kirchenschlüssel, von Gestalt Die Nacht ist schwarz. Herr Bötel liest. |
Bums! hört er, daß man draußen schießt. Er denkt: Was mag da vor sich gehn? |
Ich muß mal aus dem Fenster sehn. Es zischt der Strahl, von Blut gerötet; |
Herr Bötel ruft: »Ich bin getötet!« Mit diesen Worten fällt er nieder |
Und streckt die schreckgelähmten Glieder. Frau Bötel war beim Tellerspülen; Sie kommt und schreit mit Angstgefühlen: »Ach Bötel! lebst du noch, so sprich!« |
»Kann sein!« – sprach er – »Man wasche mich!«
Bald zeigt sich, wie die Sache steht. |
»Das hat der Kuno ausgeübt!« –
Wenn wer sich wo als Lump erwiesen, Nach diesem schon öfters erprobten Vermerke |
Alsbald nach dieser Spritzaffäre Kommt unser Kuno in die Lehre Zum braven Malermeister Quast; |
Ein Mann, der seine Kunst erfaßt, Ein Mann, der trefflich tapeziert Und Ofennischen marmoriert, Und dem für künstlerische Zwecke Erreichbar selbst die höchste Decke. Der Kunstbetrieb hat seine Plagen. |
Viel Töpfe muß der Kuno tragen. Doch gerne trägt er einen Kasten Mit Vesperbrot für sich und Quasten. Es fiel ihm auf, daß jeder Hund |
»Ei!« – denkt er – »das ist ja famos!« Und macht den Deckel etwas los. |
Ein Teckel, der den Deckel lupft, |
Wird eingeklemmt und angetupft, So daß er buntgefleckelt ward, Fast wie ein junger Leopard. Ein Windspiel, das des Weges läuft |
Und naschen will, wird quer gestreift; Es ist dem Zebra ziemlich ähnlich, Nur schlanker als wie dies gewöhnlich. Ein kleiner Bulldogg, der als dritter |
Wird reizend grün und gelb kariert, Wie's einem Inglischmän gebührt. Ungern bemerkt dies Meister Quast. |
Ihm ist die Narretei verhaßt; Er liebte keine Zeitverschwendung Und falsche Farbestoffverwendung. Er schwieg. Doch als die Stunde kam, Wo man die Vespermahlzeit nahm, Da sprach er mild und guten Mutes: |
»Ein guter Mensch kriegt auch was Gutes!«
Er schnitt vom Brot sich einen Fladen. |
Der Kuno wird nicht eingeladen. |
Er greift zur Wurst. Er löst die Haut. Der Kuno steht dabei und schaut. Die Wurst verschwindet allgemach. |
Der Kuno blickt ihr schmachtend nach. –
Die Wurst verschwand bis auf die Schläue. |
Der Kuno weint der Tränen zweie.
Doch Meister Quast reibt frohbedächtig |
Den Leib und spricht: »Das schmeckte prächtig! Heut abend laß ich nichts mehr kochen!« – Er hält getreu, was er versprochen; Geht ein durch seine Kammerpforte Und spricht gemütlich noch die Worte: |
»Sei mir willkommen, süßer Schlaf! Ich bin zufrieden, weil ich brav!« Der Kuno denkt noch nicht zu ruhn. Zunächst vor jeder andern Tat |
Die mächtige Tapetenschere.
Quasts Deckbett ist nach altem Brauch |
Schlitzt es der Kuno in der Mitte. |
Rasch leert er jetzt den Firnistopf Auf Quastens ahnungslosen Kopf. Quast fährt empor voll Schreck und Staunen, |
Greift, schlägt und tobt und wird voll Daunen.
Er springt hinaus in großer Hast, |
Von Ansehn wie ein Vogel fast, |
Und stößt mit schrecklichem Rumbum Die neuste Pyramide um. Froh schlägt das Herz im Reisekittel, Nach diesem ahnungsvollen Vermerke |
Recht gern empfängt die Musenstadt Den Fremdling, welcher etwas hat. – Kuno ist da. – Gedankentief Verfaßt derselbe diesen Brief: |
»Geehrter Herr Vater! Bei Meister Quast Hat es mir leider nicht recht gepaßt. Seit vorigen Freitag bin ich allhie, Um zu besuchen die Akademie. Geld hab ich bereits schon gar nicht mehr. Um solches, o Vater, ersuch ich Euch sehr. Logieren tu ich auf hartem Gestrüppe. Euer Sohn, das Hunger- und Angstgerippe.« Der Vater, kratzend hinterm Ohr, Jetzt hat der Kuno Geld in Masse. |
Stolz geht er in die Zeichenklasse. Von allen Schülern, die da sitzen, Kann keiner so den Bleistift spitzen. Auch sind nur wenige dazwischen, Die so wie er mit Gummi wischen. Und im Schraffieren, was das Schwerste, Da wird er unbedingt der Erste. Jedoch zunacht, wenn er sich setzte, |
Mit Leichtigkeit genießt er hier So seine ein, zwei, drei Glas Bier. Natürlich, da er so vorzüglich, Der Alten ewig junge Götter – |
Er ahmt sie nach in schwarzer Kreide.
Doch kann er sich auch diese Freude |
Hier in des Gartens Lustrevier Trinkt er so zwei, drei, vier Glas Bier. Daher man denn auch bald erfuhr, Der Klecksel malt nach der Natur. |
Am linken Daumen die Palette, Steht er schon da vor seinem Brette Und malt die alte Runzeltante, Daß sie fast jeder wiederkannte. Doch eh die Abendglocke klang, |
Zur Susel und vertilgt bei ihr So seine vier, fünf, sechs Glas Bier. Da eines Abends sagt ganz plötzlich, |
»Jetzt zahlen, oder Bier gibt's nimmer!« Ach! reines Glück genießt doch nie, Wer zahlen soll und weiß nicht wie! Nach diesem mit Wehmut gemachten Vermerke |
Ganz arglos auf dem Schillerplatzel |
Geht Kunos Freund, der Herr v. Gnatzel. Ein netter Herr, ein lieber Mann. |
Der Kuno pumpt ihn freudig an. Freund Gnatzels Züge werden schmerzlich. Er spricht gerührt: »Bedaure herzlich! Recht dumm! Vergaß mein Portemonnaie! |
Geduld bis morgen früh! Adieu!«
Von nun an ist es sonderbar, |
Oft naht sich dieser Freund von ferne, Und Kuno grüßte ihn so gerne; Doch kommt er nie zu seinem Zwecke; |
Freund Gnatzel biegt um eine Ecke.
Oft sucht ihn Kuno zu beschleichen, |
Freund Gnatzel merkt es aber richtig, Grad so, als ob er hintersichtig, Schlüpft in die Droschke mit Geschick |
Und läßt den Kuno weit zurück. –
Der Kuno blickt in eine Schenke. |
Sieh da! Freund Gnatzel beim Getränke! Doch schnell entschlüpft er dem Lokal |
Durchs Hinterpförtchen, wie ein Aal. –
Der Kuno sieht in dieser Not |
Wie Bertold Schwarz vor zwei Sekunden Des Pulvers große Kraft erfunden. Dies Bildnis soll der Retter sein. Er bringt es auf den Kunstverein. Leicht kommt man an das Bildermalen, Nach diesem, ach leider! so wahren Vermerke |
In selber Stadt ernährte sich |
Ganz gut ein Dr. Hinterstich Durch Kunstberichte von Bedeutung In der von ihm besorgten Zeitung, Was manchem das Geschäft verdirbt, Der mit der Kunst sein Brot erwirbt. Dies Blatt hat Klecksel mit Behagen |
Wie düster wird sein Blick umnebelt! Wie hat ihn Hinterstich vermöbelt! Sogleich in eigener Person |
Des Autors Physiognomie Bedroht er mit dem Paraplü. Der Kritikus, in Zornekstase, |
Spießt mit der Feder Kunos Nase; |
Ein Stich, der um so mehr verletzt, Weil auch zugleich die Tinte ätzt. |
Stracks wird der Regenschirm zur Lanze. |
Flugs dient der Tisch als eine Schanze. |
Vergeblich ist ein hoher Stoß; |
Auch bleibt ein tiefer wirkungslos.
Jetzt greift der Kritikus voll Haß |
Jedoch der Schaden bleibt gering, Weil ihn das Paraplü empfing. |
Der Kritikus braucht eine Finte. |
Er zieht den Kuno durch die Tinte.
Der Tisch fällt um. Höchst penetrant |
Wirkt auf das Augenlicht der Sand.
Indessen zieht der Kuno aber |
Den Bleistift Numro 5 von Faber;
Und Hinterstich, der sehr rumort, |
Wird mehrfach peinlich angebohrt. |
Der Kuno, seines Sieges froh, Verläßt das Redaktionsbureau. Ein rechter Maler, klug und fleißig, Nach diesem beherzigenswerten Vermerke |
So ist denn also, wie das vorige Ereignis lehrt, die Welthistorie Wohl nicht das richtige Gebiet, Wo Kunos Ruhm und Nutzen blüht. Vielleicht bei näherer Bekanntschaft Schuf die Natur ihn für die Landschaft, Die jedem, der dazu geneigt, Viel nette Aussichtspunkte zeigt. |
Z. B. dieses Felsenstück Gewährt ihm einen weiten Blick. Wer kommt denn über jenen Bach? |
Das ist das Fräulein von der Ach. Vermögend zwar, doch etwas ältlich, Halb geistlich schon und halb noch weltlich, Lustwandelt sie mit Seelenruh Und ihrem Spitz dem Kloster zu. |
Zwei Hunde kommen angehüpft, Die man durch eine Schnur verknüpft. |
Das gute Fräulein wird umschnürt. |
Der Spitz, gar ängstlich, retiriert, |
Der Spitz enteilt, die Hunde nach; |
Mit ihnen Fräulein von der Ach.
Der Kuno springt von seinem Steine. |
Ein Messerschnitt zertrennt die Leine. |
Der Kuno zeigt sich höchst galant.
Das Fräulein fragt, eh sie verschwand: |
»Holzgasse 5.« – »Ich danke schön!« –
Vielleicht, daß diese gute Tat Nach diesem hoffnungsvollen Vermerke |
Sie blieb nicht aus. Sie kam zu ihm. Hold lächelnd sprach sie und intim: »Mein werter Freund! Seit längst erfüllt Mich schon der Wunsch, ein lieblich Bild Zu stiften in die Burgkapelle, Was ich bei Ihnen nun bestelle. So legendarisch irgendwie. Vorläufig dies für Ihre Müh!« |
Mit sanftem Druck legt sie in seine Entzückte Hand zwei größre Scheine. – Der Kuno, fremd in der Legende, |
Der kühne Ritter
und der greuliche Lindwurm.
Es kroch der alte Drache Aus seinem Felsgemache Mit grausigem Randal. All' Jahr ein Mägdlein wollt' er, Sonst grollt er und radollt er, Fraß alles ratzekahl. Was kommt da aus dem Tore Hurra! Wohl aus dem Holze Da sprach der König freudig: »Mau, mau!« so rief erschrocken O altes blaues Wunder! |
Der Stoff ist Kuno sehr willkommen, Die zweite Hälfte ausgenommen, Um ihn mit Kohle zu skizzieren Und dann in Farben auszuführen. – |
Gar oft erfreut das Fräulein sich An Kunos kühnem Kohlenstrich, Obgleich ihr eigentlich nicht klar, Wie auch dem Künstler, was es war. Wie's scheint, will ihm vor allen Dingen Das Bild der Jungfrau nicht gelingen. »Nur schwach, Natur, wirst du verstanden« – Seufzt er – »wenn kein Modell vorhanden!« »Kann ich nicht dienen?« lispelt sie. Als nun die Abendglocke schlug, |
Ja, dies Verhältnis hier gedieh Zu ungeahnter Harmonie. – Mit zween Herrn ist schlecht zu kramen; Nach diesem mit Zittern gemachten Vermerke |
Es war im schönen Karneval, Wo, wie auch sonst und überall, Der Mensch mit ungemeiner List Zu scheinen sucht, was er nicht ist. |
Dem Kuno scheint zu diesem Feste Ein ritterlich Gewand das beste. |
Schön Suschen aber schwebt dahin Als holdnaive Schäferin. Schon schwingt das Bein, das graziöse, |
Bei staubverklärtem Lichterglanze Im angenehmsten Wirbeltanze. – Doch ach! die schöne Nacht verrinnt. |
Zwei Menschen wandeln durch den Schnee Vereint in Kunos Atelier. Und hier besiegeln diese zwei |
Sich dauerhafte Lieb und Treu. –
Hoch ist der Liebe süßer Traum »Herzallerliebster Schatz, allons! |
Verbirg dich hinter dem Karton!«
»Willkommen, schönste Gönnerin! |
Hier, bitte, treten Sie mal hin!«
Begonnen wird das Konterfei. |
Der Spitz schaut hinter die Stafflei.
Der Künstler macht sein Sach genau. |
Der Spitz, bedenklich, macht wau wau! |
Entrüstet aber wird der Spitz Infolge eines Seitentritts. Die Haare sträuben sich dem Spitze. |
Die Staffel schwankt. Aus rutscht die Stütze; Und mit Gerassel wird enthüllt |
Der Schäferin verschämtes Bild.
Nach dieser Krisis, wie ich bemerke, |
Hartnäckig weiter fließt die Zeit; Die Zukunft wird Vergangenheit. Von einem großen Reservoir Ins andre rieselt Jahr um Jahr; Und aus den Fluten taucht empor Der Menschen buntgemischtes Korps. Sie plätschern, traurig oder munter, 'n bissel 'rum, dann gehen's unter Und werden, ziemlich abgekühlt, Für längre Zeit hinweggespült. – Wie sorglich blickt das Aug' umher! Der alte Schimmelwirt ist tot. |
Derselbe hat, wie seine Pflicht, Dies Inserat veröffentlicht: Kund sei es dem hohen Publiko, So tut die vielgeschmähte Zeit Das Fräulein freilich, mit erboster Oft sprach dann Bötel mit Behagen: |
Wär nicht die rechte Bildung da, Wo wären wir? Jajajaja!!« – Nach diesem von Bötel gemachten Vermerk |