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Der Gutsherr Baraniewski – Gott habe ihn selig! – war ein gar hübscher und verwegener Mann, nur allzu kühn den Mädchen gegenüber. Er machte sich auch kein Gewissen daraus, dem Manne seine angetraute Frau zu nehmen, hatte überhaupt kein Gewissen. Dieser Baraniewski sah Matrena das allererste Mal auf dem Jahrmarkt. Wenn er ein Weib traf, von ferne nur, hob er die Nase wie ein Jagdhund, der ein Wild wittert. So war es auch hier, und er strich sich den Schnurrbart, und die Matrena sah ihn gleichfalls an. Warum sollte sie ihn nicht ansehen? Er war ein schöner Mann und gekleidet wie der Zarewitsch.
Sie hatte eine Art zu gehen, welche die Männer anzog. Sie drehte sich beim Gehen in den Hüften so, daß ihre langen Zöpfe ihren Nacken peitschten. Und der schöne Herr folgte ihr und flüsterte ihr allerhand Schönheiten zu.
Nicht lange darauf traf er sie beim Ziehbrunnen. War wohl kein Zufall, daß es so kam. Sie wurde rot, und weil sie nicht wußte, was sie reden sollte, so gab sie seinem Pferde zu trinken aus ihrer Kanne, und er stand dabei und sprach ihr von seiner Liebe. Erst schämte sich Matrena, als sie ihn aber so verliebt sah, da bekam sie Courage und lachte ihn aus. »Ihr seid ein Mann«, sagte sie, »ich sollte Euch gar nicht anhören, denn ich habe einen Teuren, das ist Olex Kostka, mit dem mich mein Vater verlobt hat, aber es macht mir Spaß Euch so toll zu sehen.«
Sie hatte Lippen wie Kirschen, die sah er und wollte sie gern küssen. »So und so«, rief er, »als ich ein kleiner Junge war, habe ich mir das Obst am liebsten aus fremdem Garten geholt!« – »Und als ich ein kleines Mädchen war«, gab sie zur Antwort, »da belustigte ich mich damit, dem Maikäfer einen Faden an das Bein zu binden, und lachte, wenn er zappelte und schwirrte und mir doch nicht entkommen konnte, und nun lache ich über Euch!« Und jedesmal, wenn er von seiner Liebe sprach, von den Qualen, die sie ihm bereitere, lachte sie nur und rief: »Flieg, Maikäfer, flieg!«
Und wieder einmal kam er, als sie beim Bache wusch und sich bückte, um die Wäsche zu spülen, und er sah ihre großen schönen Hüften, schlug sie drauf, daß es nur so klatschte, und lachte, sie aber war rot geworden und hieß ihn gehen.
Doch was half es ihr? Er ließ nicht ab, das war nicht der Mann, sich leicht abweisen zu lassen, wenn er einmal Passion hatte auf ein Weib.
Matrena schlug ihn einmal. – Wozu war das etwa gut? – Er kam doch – kam doch und drang zum Fenster herein, das sie offengelassen hatte, die Nachtigallen zu hören, die so schön in der Sommernacht sangen. Kam doch und küßte sie. Ergriff sie so im Hemd – sie hatte kaum Zeit, ihren kurzen Lammpelz überzuziehen. Es half ihr nichts, daß sie ihn wieder schlug und schrie. Er küßte sie doch. Nichts half ihr, alles wendete sich gegen sie, sie hat es später selbst erzählt, und mehr als einmal. Sie dunstete in ihrem Pelz und wurde noch heißer vom Ringen, die Schaffelle verbreiteten einen üblen Geruch. Er aber flüsterte: »Wie gut das riecht, und du erst... der Geruch eines gesunden Mädchenleibes berauscht mich!« Ist das nicht zum Lachen? Das Lammfell schien angewachsen an ihre vollen runden Glieder, und auch das gefiel ihm. »Ist es doch«, rief er, »als kämpfe ich mit einem wilden, zottigen Tier!« Und er lachte, der Unmensch, obwohl er doch die Krallen und die Zähne dieses schönen Tieres fühlte.
Dann aber war sie es, die ihn zurückhalten wollte. Baraniewski, der stolze Herr, stieß sie weg, sie indes packte ihn noch einmal bei Haar und Bart. Er riß sich los, so daß Büschel seiner Haare in ihren Händen blieben, und schwang sich auf sein Pferd.
Matrena gab keinen Laut von sich. Rasch band sie ihr Haar zusammen, nahm einen derben Strick, machte eine Schlinge, führte das beste Pferd heraus aus dem Stall, sprang auf den Rücken desselben und folgte dem schönen, stolzen Herrn, der schon einen Vorsprung gewonnen hatte.
Die Brücke donnerte unter den Hufen seines Pferdes. Nun wußte sie, wie weit er war, denn die Nacht hatte ihn verschlungen, und sie sah nur seitwärts die leuchtenden Augen eines Wolfes, der sie musterte, und ein Stück faulen Holzes, das an dem Wege lag und leuchtete.
Da war ein Zaun, der ihm den Weg versperrte. Im Nu war er drüber, und ehe man zehn zählen konnte, war auch sie zur Stelle und sprang gleichfalls mit ihrem Kosakenpferd hinüber. Sprang ihm auch nach über den Graben, über den er gesetzt hatte, und schwamm ihm nach durch den Fluß, daß das Wasser nur so plätscherte und aufschäumte.
Fort ging es, immer fort. Jetzt mitten durch einen Hain, mitten durch die Bäume, daß die Äste ihnen ins Gesicht schlugen und sich an seine Kleider klammerten und ihr das Hemd vom Leibe rissen. Nun vorwärts durch das Maisfeld, daß die hohen Stämme nur so krachten, durch das Korn, durch den Weizen, was liegt daran? Durch die schlafende Schafherde, den Grabhügel hinauf, hinab. Da waren sie mitten in der Steppe, die um sie rauschte, ein Meer, ein stürmisches Meer, und nur der Himmel war über ihnen.
Baraniewski verlor wohl den Mut, er hörte das Knallen ihrer Peitsche näher und näher, hörte ihren Zuruf, mit dem sie das Pferd ermunterte, hörte das Schnauben des Tieres, fühlte seinen heißen Atem. Sein Pferd stürzte, Matrena jauchzte auf. Doch schon riß er es empor, und es ging weiter, wie auf der Hetzjagd hinter dem Fuchs her.
Wie pochte ihm das Herz, dem Verräter! Ja, hundert Arme schienen sich nach ihm auszustrecken, hundert Arme aller der Verratenen, Betrogenen, Verlassenen, Gemordeten. Weiße Arme, die aus dem dunklen Zobelpelz nach ihm langten, und braune Arme, die aus groben Hemden hervorkamen, und oben Jagten die Sterne ihm nach und weiße Gestalten in flatternden Gewändern, den toten Bräuten gleich, die um Mitternacht tanzen und ihre Tänzer erwürgen mit ihren weichen, duftigen Haaren.
Und wirklich, sie holt ihn ein. Sie wirft die Schlinge – einmal, ein zweites Mal –, da hat sie ihn, reißt ihn vom Pferde und macht halt und schöpft Atem.
Baraniewski sucht die Schlinge, die ihm den Hals zusammenschnürt, zu lockern, aber ein Ruck ihres starken Armes, und er liegt vor ihr und schnappt nach Luft, wie ein Fisch schnappt er, den man gefangen und auf den Sand hingeworfen hat, und fleht um sein Leben.
Matrena schüttelt nur den Kopf.
»Ich will dich zur Frau nehmen«, beteuert er.
Sie lacht ihn nur aus.
»Dein Sklave will ich sein«, beginnt er von neuem, sie aber schneidet ihm das Wort ab.
»Bete zu Gott. Du mußt sterben.« – »Hast du kein Erbarmen mit mir?« – »Nein.«
Dann treibt sie ihr Pferd an und ruft: »Maikäfer, flieg!« und lacht dabei, wie ein Teufel lacht sie. »Flieg, Maikäfer, flieg !«
Einige Zeit lief er neben ihrem Pferde her, dann blieb er zurück, fiel zur Erde, und nun schleifte sie ihn hinter sich, bis er zu ihren Füßen verendete. Noch war er nicht ganz tot, als schon die Raben um ihn kreisten und sich auf ihn stürzten.
»Nur zu!« rief ihnen Matrena zu, »hackt ihm die Augen aus, meine Freunde, reißt ihm das Fleisch stückweise vom Leibe – das schmeckt, so frisch und lebendig, nicht wahr? Oh, könnt ich dich nur selbst zerreißen mit meinen Zähnen!«
So endete Baraniewski, der schöne, stolze Herr, und Matrena hielt Hochzeit mit Olex Kostka.
Wie es möglich ist, daß er sie trotzdem genommen hat? Warum nicht? Hat sie nicht selbst ihre Ehre gerächt? Konnte ihr jemand einen Vorwurf machen?