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Vorwort

... Es kommt nur auf das eine Wachsen an
über die allertiefsten Dinge,
nur so zu werden, daß man das Geringe
mit seinen Sinnen nicht mehr finden kann.
Und so zu sinnen, als ob keiner sann,
und so zu gehen, als ob keiner ginge.
Rainer Maria Rilke an Heinrich Vogeler
(29. Sept. 1900).

Seitdem dies Buch zuerst erschienen ist, hat sich die Aufmerksamkeit des Publikums unserer Künstlerin zugewendet. Es gilt nicht mehr, was damals gesagt wurde, daß sie außerhalb des deutschen Nordwesten so gut wie unbekannt sei. Sie wurde gesehen und – mehr noch – gelesen. Die rasche Verbreitung ihrer Aufzeichnungen, ihrer Briefe und Tagebuchblätter, bewies lebhaften Anteil an ihrer Persönlichkeit. Und doch haben ihre Freunde Ursache, sich zu fragen, ob diese Art des Erfolges durchaus erwünscht sei. Denn es besteht zumal in Deutschland die Gefahr, daß der literarische Erfolg den des Künstlers nicht nur beflügele, sondern unter seine Fittiche nehme. Schon ist einer unserer besten Kunstschriftsteller geneigt, ihr Menschentum, wie es sich in ihren Bekenntnissen ausspricht, über ihr Künstlertum zu stellen. So war es indessen nicht gemeint. Dies wäre die letzte Ungerechtigkeit, die der im Leben Verkannten nach ihrem frühen Tode noch zuteil würde. Denn Paula Modersohn Da die Künstlerin selber sich nach ihrer Vermählung P. Modersohn-Becker genannt hat und also auch ihre Bilder signierte, ist es richtig, ihren Namen so zu schreiben. – Die spärliche, bisher über sie erschienene Literatur ist folgende: P. Becker-Modersohn, Briefe und Tagebuchblätter. Güldenkammer III (1913), 224ff. und erweitert in Buchform: »Eine Künstlerin«. Herausgegeben von S. D. Gallwitz. Hannover-Bremen 1917. 3. Ausgabe: München 1920. – C. G. Heise, Sammlung Freiherr August von der Heydt, Elberfeld, Leipzig 1918. – ( P. E. Küppers), Kestner-Gesellschaft. X. Sonderausstellung. (Chronologisch geordneter Katalog.) Hannover 1917. – Derselbe, D. Kunstblatt II (1918) 65. – Dr. Löhnberg, Die Aktion VIII (1917), 126. – G. Pauli, Die Güldenkammer IV (1913), 92. – R. M. Rilke, Requiem Für eine Freundin. 2. Aufl. Leipzig 1912. – Derselbe, Brief an Dr. Küppers. Abgedruckt Bremer Tageblatt 22. Oktober 1917. – C. Stoermer, Die Güldenkammer III (1912), 378. – Derselbe, P. Becker-Modersohn, Katalog ihrer Werke. Mit 6 Abbildungen. 1. Lieferung. (Alles erschienene.) Worpswede 1913. – Derselbe, Cicerone VI (1914), 7. – C. E. Uphoff, Paula Modersohn, Leipzig 1919. wünschte nicht in ihren Briefen zu wirken, sondern in ihrer Malerei. Und ihre Manen haben ein Anrecht darauf, diesen Wunsch erfüllt zu sehen. Was sie an Geschriebenem hinterlassen hat, ist nichts anderes als ein Kommentar zu einem anschaulichen Texte. – Wir nannten sie eine früh Vollendete und möchten dieses Wort behalten, denn, wenn sie gleich mitten in einer hoffnungsvollen Entfaltung starb, so zählt sie doch zu den reinsten und reifsten Zeugen der deutschen Kunst ihrer Zeit – einer Zeit des Übergangs und des Anfangs. Und das Beste, was sie hinterlassen hat, war kein Fragment, sondern ein vollendetes Ganzes.

*

Für diese neue Auflage ist der Verfasser Herrn Otto Modersohn, dem Gatten der Künstlerin, sowie den Herren W. von Alten, P. E. Küppers und Emil Waldmann für manche Berichtigungen und Ergänzungen zu lebhaftem Dank verpflichtet.


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