Eduard Mörike
Quittung
Eduard Mörike

Eduard Mörike

Die Würzburger Lügensteine

Quittung

Unterzeichneter bezeugt hiermit pflichtiglich
Aus Herrn Behringers Cabinet ganz richtig
Drei Stück Petrefakta: Den Tausendfuss,
Den Palaeoniscus Dubius
Wie auch ein gar selten Objekt
Des Art und Natur noch nicht entdeckt
(Etwan Kopf und Buerzel von Noaeh Raben)
Durch Fraeulein Bauer mit Ach
und Krach
Vom Herrn Curator erhalten zu haben.
Wofuer von gedachtem schoenem Kind
Drei Kuesse bezahlt worden sind,
Die ich mit Zinsen verbindlich
Muendlich
Ohn' alle Gefaehrde
Wiedererstatten werde.
28.11.1862

Die Würzburger Lügensteine

Die Geschichte der Lügenstein-Affäre

Unter dem Namen »Würzburger Lügensteine« erlangte in der frühen Wissenschaftsgeschichte eine große Zahl von gefälschten Versteinerungen Berühmtheit.

Um 1700 lebte und lehrte in Würzburg der Johannes Bartholomäus Adam Beringer, Doktor der Medizin und Philosophie und Leibarzt des Fürstbischofs von Würzburg. Neben Lehre und Studium von Medizin, Chemie und Botanik galt sein Interesse den vielfältigen Versteinerungen, welche die Umgebung seiner Heimatstadt auffinden ließ.

Im Jahre 1725 erhielt Beringer von zwei jungen Burschen aus Eibelstadt, nahe Würzburg, in kurzem Zeitraum eine große Zahl von Muschelkalk-Stücken mit vorzüglich erhaltenen »Versteinerungen« zugetragen. Es fanden sich Tiere und Pflanzen, die leicht mit bekannten Formen zu vergleichen waren, aber auch Ungewöhnliches, wie Sonnen, Sterne, Kometen, Spinnen in ihrem Netz, sich begattende Frösche, ja schließlich sogar hebräische Schriftzeichen.

Nahezu 2000 solcher »Figurensteine« wie Beringer sie nannte, sollen der Überlieferung nach gefunden worden sein. Voll wissenschaftlichen Eifers stellte Beringer die eigenartigen Funde bereits 1726 – für diese Zeit erstaunlich rasch – in Form einer ansehnlichen Arbeit, der »Lithographiae Wirceburgensis« der Gelehrtenwelt vor.

Als Beringer jedoch eine »Versteinerung« mit seinem Namen fand, wurde ihm klar, daß er einem Betrug aufsaß. Vermutlich auf das Betreiben mißgünstig gesonnener Professorenkollegen und Studenten waren alle diese »Versteinerungen« mit großem Geschick künstlich angefertigt worden waren.

Kurz nachdem Beringer seinen Irrtum entdeckt hatte, zog er alle Exemplare der 1726 erschienenen Ausgabe der »Lithographiae Wirceburgensis« zurück und ließ sie teilweise vernichten. Es kam schließlich zu einer Gerichtsverhandlung, die jedoch bis heute nicht alle Hintergründe der Affäre restlos erhellen konnte. Nach Beringers Tode wurde der Restbestand des Werkes von einer Leipziger Bibliothek gekauft und mit neuem Titel 1767 herausgegeben.

Die Fälschungen waren aufgedeckt, die »Lügensteine« selbst blieben jedoch erhalten und haben bis heute kaum etwa von Ihrer Faszination verloren.

Bis heute sind ca. 450 Originale der Würzburger Lügensteine in verschiedenen Sammlungen erhalten.

Außerdem ist bekannt, daß im Laufe der Zeit mehrere Lügensteine an Privatpersonen gegangen sind. Der Dichter Eduard Mörike bedankt sich in einem Brief für der Erhalt von drei Lügensteinen aus der Würzburger Sammlung durch eine befreundete Dame.