Jack London
Die Perle/The House of Mapuhi
Aus dem Englischen von Peter Friedrich
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Die Perle
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The House of Mapuhi
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Trotz ihrer schwerfälligen, plumpen Linien war die Aorai in der schwachen Brise leicht zu führen und der Kapitän brachte sie dicht unter Land, bevor er unmittelbar außerhalb des Soges der Brandung beidrehte. Das Hikueru Atoll ragte kaum aus dem Wasser, ein Ring feinen Korallensandes, dreißig Meter breit, mit mehr als dreißig Kilometern Umfang, der zwischen einem und anderthalb Metern über der Hochwassermarke lag. Auf dem Grund der riesigen, glasklaren Lagune wimmelte es von Muscheln, und vom Deck des Schoners aus konnte man über den schmalen Ring des Atolls hinweg die Taucher bei der Arbeit sehen. Doch die Einfahrt der Lagune war zu eng, selbst für einen Handelsschoner. Bei günstigem Wind mochte ein Kutter durch den gewundenen und seichten Kanal schlüpfen, aber die Schoner hielten sich außerhalb und schickten ihre kleinen Boote hinein. |
Despite the heavy clumsiness of her lines, the Aorai handled easily in the light breeze, and her captain ran her well in before he hove to just outside the suck of the surf. The atoll of Hikueru lay low on the water, a circle of pounded coral sand a hundred yards wide, twenty miles in circumference, and from three to five feet above high-water mark. On the bottom of the huge and glassy lagoon was much pearl shell, and from the deck of the schooner, across the slender ring of the atoll, the divers could be seen at work. But the lagoon had no entrance for even a trading schooner. With a favoring breeze cutters could win in through the tortuous and shallow channel, but the schooners lay off and on outside and sent in their small boats. |
Die Aorai setzte geschickt ein Boot aus, und ein halbes Dutzend braunhäutiger, nur mit knallroten Lendentüchern bekleideter Seeleute sprang hinein. Sie ergriffen die Riemen, während auf dem Achterdeck am Steuerruder ein junger Mann in der weißen Tropenkleidung stand, die ihn als Europäer auswies. Aber das Erbe Polynesiens verriet sich im Goldton seiner hellen Haut und ließ goldene Lichter und Flecken im blauen Schimmer seiner Augen tanzen. Er war ein Raoul, Alexandre Raoul, der jüngste Sohn der reichen Marie Raoul, in deren Adern ein Viertel weißes Blut floss und die ein Flottille von einem halben Dutzend Handelsschoner ähnlich der Aorai besaß und befehligte. Durch einen Strudel unmittelbar vor der Einfahrt hindurch, dann hinein und über die kochenden Wasser zweier gegenläufiger Strömungen kämpfte sich das Boot voran bis in die spiegelglatte Ruhe der Lagune. Der junge Raoul sprang heraus auf den weißen Sand und schüttelte einem hochgewachsenen Eingeborenen die Hand. Der Mann hatte eine mächtige Brust und gewaltige Schultern, aber der Stumpf seines rechten Armes, aus dessen Fleisch der verwitterte Knochen mehrere Zentimeter weit herausragte, zeugte von der Begegnung mit einem Hai, die seinen Tagen als Taucher ein Ende gesetzt und ihn zu einem Speichellecker gemacht hatte, der um kleine Gefälligkeiten betteln musste. |
The Aorai swung out a boat smartly, into which sprang half a dozen brown-skinned sailors clad only in scarlet loincloths. They took the oars, while in the stern sheets, at the steering sweep, stood a young man garbed in the tropic white that marks the European. The golden strain of Polynesia betrayed itself in the sun-gilt of his fair skin and cast up golden sheens and lights through the glimmering blue of his eyes. Raoul he was, Alexandre Raoul, youngest son of Marie Raoul, the wealthy quarter-caste, who owned and managed half a dozen trading schooners similar to the Aorai. Across an eddy just outside the entrance, and in and through and over a boiling tide-rip, the boat fought its way to the mirrored calm of the lagoon. Young Raoul leaped out upon the white sand and shook hands with a tall native. The man's chest and shoulders were magnificent, but the stump of a right arm, beyond the flesh of which the age-whitened bone projected several inches, attested the encounter with a shark that had put an end to his diving days and made him a fawner and an intriguer for small favors. |
"Hast du schon gehört, Alec?" waren seine ersten Worte. "Mapuhi hat eine Perle gefunden – und was für eine Perle! Eine, wie sie nie zuvor auf Hikueru gefischt worden ist, nicht einmal in den Paumotus, in der ganzen Welt nicht. Kauf sie ihm ab. Er hat sie noch. Und denk daran, dass ich dir zuerst davon erzählt habe. Er ist ein Narr und du wirst sie billig bekommen. Hast du ein bisschen Tabak übrig?" |
"Have you heard, Alec?" were his first words. "Mapuhi has found a pearl--such a pearl. Never was there one like it ever fished up in Hikueru, nor in all the Paumotus, nor in all the world. Buy it from him. He has it now. And remember that I told you first. He is a fool and you can get it cheap. Have you any tobacco?" |
Raoul ging über den Strand direkt zu einer Hütte unter einem Pandanusbaum. Er war der Frachtmeister seiner Mutter, und seine Aufgabe bestand darin, die gesamten Paumotus nach dem Reichtum an Kopra, Perlmutt und Perlen abzuklappern, den sie erzeugten. |
Straight up the beach to a shack under a pandanus tree Raoul headed. He was his mother's supercargo, and his business was to comb all the Paumotus for the wealth of copra, shell, and pearls that they yielded up. |
Er war noch nicht lange Frachtmeister, dies war erst seine zweite Reise in dieser Funktion, und er litt insgeheim große Sorge wegen seiner mangelnden Erfahrung im Beurteilen von Perlen. Aber als Mapuhi diese Perle vor seinen Augen enthüllte, gelang es ihm, seine Verblüffung zu verbergen und einen gleichmütigen, geschäftsmäßigen Ausdruck beizubehalten. Denn der Anblick der Perle hatte ihn wie ein Schlag getroffen. Sie war so groß wie ein Taubenei, makellos rund und von einem Weiß, das in opalisierenden Lichtern aller Farben zu schillern schien. Sie war lebendig. Nie zuvor hatte er etwas Vergleichbares gesehen. Als Mapuhi sie in seine Hand fallen ließ, war er überrascht von ihrem Gewicht. Das zeigte, dass es eine gute Perle war. Er sah sie sich durch ein Taschenvergrößerungsglas genauer an. Sie war ohne Makel oder Fehler. Ihre Reinheit schien geradezu aus seiner Hand in die Atmosphäre auszustrahlen. Im Schatten leuchtete sie von innen heraus, schimmernd wie ein sanfter Mond. Sie war von derart durchscheinendem Weiß, dass er sie fast nicht entdecken konnte, als er sie in ein Glas Wasser fallen ließ. An der Art, wie sie geschwind und gerade zu Boden sank, erkannte er, sie war von ausgezeichnetem Gewicht. |
He was a young supercargo, it was his second voyage in such capacity, and he suffered much secret worry from his lack of experience in pricing pearls. But when Mapuhi exposed the pearl to his sight he managed to suppress the startle it gave him, and to maintain a careless, commercial expression on his face. For the pearl had struck him a blow. It was large as a pigeon egg, a perfect sphere, of a whiteness that reflected opalescent lights from all colors about it. It was alive. Never had he seen anything like it. When Mapuhi dropped it into his hand he was surprised by the weight of it. That showed that it was a good pearl. He examined it closely, through a pocket magnifying glass. It was without flaw or blemish. The purity of it seemed almost to melt into the atmosphere out of his hand. In the shade it was softly luminous, gleaming like a tender moon. So translucently white was it, that when he dropped it into a glass of water he had difficulty in finding it. So straight and swiftly had it sunk to the bottom that he knew its weight was excellent. |
"Nun, was willst du dafür haben?" fragte er mit gut gespielter Nonchalance. |
"Well, what do you want for it?" he asked, with a fine assumption of nonchalance. |
"Ich will –" begann Mapuhi und hinter ihm, sein eigenes dunkles Gesicht einrahmend, nickten die dunklen Gesichter zweier Frauen und eines Mädchens zustimmend zu seinen Wünschen. Ihre Köpfe waren vorgereckt, erfüllt von unterdrückter Ungeduld, ihre Augen glitzerten begehrlich. |
"I want--" Mapuhi began, and behind him, framing his own dark face, the dark faces of two women and a girl nodded concurrence in what he wanted. Their heads were bent forward, they were animated by a suppressed eagerness, their eyes flashed avariciously. |
"Ich will ein Haus," fuhr Mapuhi fort. "Es muss ein Dach aus verzinktem Eisenblech haben und eine achteckige Pendeluhr. Es muss zehn Meter lang sein und rundum eine Veranda haben. In der Mitte muss es einen großen Raum haben, mit einem runden Tisch im Zentrum und der achteckigen Pendeluhr an der Wand. Es muss vier Schlafzimmer haben, zwei zu jeder Seite des großen Raums, und in jedem Schlafzimmer müssen ein eisernes Bett, zwei Stühle und ein Waschtisch stehen. Hinter dem Haus muss eine Küche sein, eine gute Küche, mit Töpfen und Pfannen und einem Herd. Und du musst das Haus auf meiner Insel errichten, auf Fakarava." |
"I want a house," Mapuhi went on. "It must have a roof of galvanized iron and an octagon-drop-clock. It must be six fathoms long with a porch all around. A big room must be in the centre, with a round table in the middle of it and the octagon-drop-clock on the wall. There must be four bedrooms, two on each side of the big room, and in each bedroom must be an iron bed, two chairs, and a washstand. And back of the house must be a kitchen, a good kitchen, with pots and pans and a stove. And you must build the house on my island, which is Fakarava." |
"Ist das alles?" fragte Raoul ungläubig. |
"Is that all?" Raoul asked incredulously. |
"Es muss auch eine Nähmaschine dabei sein," ergriff Tefara das Wort, Mapuhis Frau. |
"There must be a sewing machine," spoke up Tefara, Mapuhi's wife. |
"Nicht zu vergessen die achteckige Pendeluhr," fügte Nauri, Mapuhis Mutter hinzu, |
"Not forgetting the octagon-drop-clock," added Nauri, Mapuhi's mother. |
"Ja, das ist alles," sagte Mapuhi. |
"Yes, that is all," said Mapuhi. |
Der junge Raoul lachte. Er lachte lang und herzlich. Aber während er lachte wälzte er insgeheim im Geiste arithmetische Probleme. Er hatte in seinem Leben noch kein Haus errichtet und seine Vorstellungen vom Hausbau waren nebelhaft. Während er lachte, überschlug er die Kosten der Fahrt nach Tahiti zur Materialbeschaffung, die Kosten der Baustoffe, der Rückreise nach Fakarava, der Anlandung der Fracht und des Hausbaus selbst. Es kam auf viertausend französische Dollar, einschließlich eines Sicherheitsspielraums – viertausend französische Dollar waren das Äquivalent von zwanzigtausend Francs. Unmöglich. Wie sollte er den Wert einer solchen Perle bemessen? Zwanzigtausend Francs waren eine Menge Geld – zumal vom Geld seiner Mutter. |
Young Raoul laughed. He laughed long and heartily. But while he laughed he secretly performed problems in mental arithmetic. He had never built a house in his life, and his notions concerning house building were hazy. While he laughed, he calculated the cost of the voyage to Tahiti for materials, of the materials themselves, of the voyage back again to Fakarava, and the cost of landing the materials and of building the house. It would come to four thousand French dollars, allowing a margin for safety--four thousand French dollars were equivalent to twenty thousad francs. It was impossible. How was he to know the value of such a pearl? Twenty thousand francs was a lot of money--and of his mother's money at that. |
"Mapuhi," sagte er, "du bist ein großer Narr. Nenn einen Preis in Geld." |
"Mapuhi," he said, "you are a big fool. Set a money price." |
Aber Mapuhi schüttelte den Kopf und die drei Köpfe hinter ihm verneinten im Gleichklang. |
But Mapuhi shook his head, and the three heads behind him shook with his. |
"Ich will das Haus," sagte er. "Es muss zehn Meter lang sein und rundum eine Veranda –" |
"I want the house," he said. "It must be six fathoms long with a porch all around--" |
"Ja, ja," unterbrach ihn Raoul. "Ich weiß Bescheid über dein Haus, aber es geht nicht. Ich gebe dir eintausend Chile-Dollar." |
"Yes, yes," Raoul interrupted. "I know all about your house, but it won't do. I'll give you a thousand Chili dollars." |
Die vier Köpfe verneinten im Chor. |
The four heads chorused a silent negative. |
"Und einhundert Chile-Dollar in Waren." |
"And a hundred Chili dollars in trade." |
"Ich will das Haus," begann Mapuhi. |
"I want the house," Mapuhi began. |
"Was hast du von einem Haus?" wollte Raoul wissen. "Beim ersten Hurrikan wird es weggefegt. Das weißt du doch. |
"What good will the house do you?" Raoul demanded. "The first hurricane that comes along will wash it away. You ought to know. |
Captain Raffy sagt, das es gerade jetzt sehr nach einem Hurrikan aussieht." |
Captain Raffy says it looks like a hurricane right now." |
"Nicht auf Fakarava," sagte Mapuhi. "Dort liegt das Land viel höher. Auf dieser Insel hier schon. Jeder Hurrikan kann Hikueru hinwegfegen. Ich will das Haus auf Fakarava. Es muss zehn Meter lang sein und rundum eine Veranda –" |
"Not on Fakarava," said Mapuhi. "The land is much higher there. On this island, yes. Any hurricane can sweep Hikueru. I will have the house on Fakarava. It must be six fathoms long with a porch all around--" |
Und Raoul hörte sich abermals die Geschichte von dem Haus an. Mehrere Stunden verwandte er auf den Versuch, Mapuhi zu überreden, dass er sich die fixe Idee mit dem Haus aus dem Kopf schlug; aber Mapuhis Mutter und Frau, und auch Ngakura, Mapuhis Tochter, bestärkten ihn in seiner Entschlossenheit. Während er sich zum zwanzigsten Mal die detaillierte Beschreibung des gewünschten Hauses anhörte, sah Raoul durch die offene Tür, wie das zweite Boot seines Schoners auf den Strand lief. Die Seeleute blieben an den Riemen, was bedeutete, dass sie gleich wieder ablegen wollten. Der erste Maat der Aorai sprang an Land, wechselte ein paar Worte mit dem einarmigen Eingeborenen und eilte dann auf Raoul zu. Der Tag verdüsterte sich mit einem Mal, als eine Sturmwolke sich vor das Antlitz der Sonne schob. Über die Lagune hinweg konnte Raoul die unheilverkündende Linie der Windbö näher kommen sehen. |
And Raoul listened again to the tale of the house. Several hours he spent in the endeavor to hammer the house obsession out of Mapuhi's mind; but Mapuhi's mother and wife, and Ngakura, Mapuhi's daughter, bolstered him in his resolve for the house. Through the open doorway, while he listened for the twentieth time to the detailed description of the house that was wanted, Raoul saw his schooner's second boat draw up on the beach. The sailors rested on the oars, advertising haste to be gone. The first mate of the Aorai sprang ashore, exchanged a word with the one-armed native, then hurried toward Raoul. The day grew suddenly dark, as a squall obscured the face of the sun. Across the lagoon Raoul could see approaching the ominous line of the puff of wind. |
"Captain Raffy sagt, Sie sollen zusehen, dass Sie hier wegkommen," lautete die Begrüßung des Maats. "Wenn es hier Perlmutt gibt, müssen wir riskieren, es später abzuholen – meint er jedenfalls. Das Barometer ist auf Neunundzwanzig-Siebzig gefallen." |
"Captain Raffy says you've got to get to hell outa here," was the mate's greeting. "If there's any shell, we've got to run the risk of picking it up later on--so he says. The barometer's dropped to twenty-nine-seventy." |
Die Windbö traf den Pandanusbaum über ihnen, fuhr durch die Palmen dahinter und schleuderte ein halbes Dutzend reifer Kokosnüsse mit dumpfen Schlägen zu Boden. Dann näherte sich von Weitem der Regen, kam mit dem Tosen eines Sturmwindes heran und peitschte das Wasser der Lagune in langen Gischtschwaden vor sich her. Das scharfe Prasseln der ersten Tropfen erklang in den Blättern, als Raoul auf die Füße sprang. |
The gust of wind struck the pandanus tree overhead and tore through the palms beyond, flinging half a dozen ripe cocoanuts with heavy thuds to the ground. Then came the rain out of the distance, advancing with the roar of a gale of wind and causing the water of the lagoon to smoke in driven windrows. The sharp rattle of the first drops was on the leaves when Raoul sprang to his feet. |
"Tausend Chile-Dollar, Mapuhi, bar auf die Hand," sagte er. "Und zweihundert Chile-Dollar in Waren." |
"A thousand Chili dollars, cash down, Mapuhi," he said. "And two hundred Chili dollars in trade." |
"Ich will ein Haus," fing der andere an. |
"I want a house--" the other began. |
"Mapuhi!" gellte Raoul, um sich verständlich zu machen. "Du bist ein Narr!" |
"Mapuhi!" Raoul yelled, in order to make himself heard. "You are a fool!" |
Er rannte aus dem Haus und kämpfte sich Seite an Seite mit dem Maat auf das Boot zu. Sie konnten es nicht sehen. Der tropische Regen umgab sie dicht wie eine Vorhang, so dass sie nur den Strand unter ihren Füßen erkennen konnten und die wütenden kleinen Wellen der Lagune, die nach dem Sand schnappten und kleine Stücke herausbissen. Dann tauchte ein Schemen aus dem sintflutartigen Guss auf. Es war Huru-Huru, der Mann mit dem einen Arm. |
He flung out of the house, and, side by side with the mate, fought his way down the beach toward the boat. They could not see the boat. The tropic rain sheeted about them so that they could see only the beach under their feet and the spiteful little waves from the lagoon that snapped and bit at the sand. A figure appeared through the deluge. It was Huru-Huru, the man with the one arm. |
"Hast du die Perle bekommen?" brüllte er Raoul ins Ohr. |
"Did you get the pearl?" he yelled in Raoul's ear. |
"Mapuhi ist ein Narr!" brüllte der zurück, und im nächsten Augenblick hatten sie sich in den herabstürzenden Fluten verloren. |
"Mapuhi is a fool!" was the answering yell, and the next moment they were lost to each other in the descending water. |
Eine halbe Stunde später beobachtete Huru-Huru von der Seeseite des Atolls aus, wie die beiden Boote an Bord gehievt wurden und die Aorai den Bug aufs Meer hinaus drehte. Und in ihrer Nähe, auf den Schwingen der Sturmbö von der offenen See herangetragen, sah er einen anderen Schoner beidrehen und ein Boot zu Wasser bringen. Er kannte ihn. Es war die OROHENA, deren Besitzer Toriki hieß, der halbblütige Händler, der sein eigener Frachtmeister war und zweifellos bereits im Heck des Bootes stand. Huru-Huru lachte in sich hinein. Er wusste, dass Mapuhi Toriki noch etwas schuldete, für Handelsware, die der ihm letztes Jahr vorgestreckt hatte. |
Half an hour later, Huru-Huru, watching from the seaward side of the atoll, saw the two boats hoisted in and the Aorai pointing her nose out to sea. And near her, just come in from the sea on the wings of the squall, he saw another schooner hove to and dropping a boat into the water. He knew her. It was the OROHENA, owned by Toriki, the half-caste trader, who served as his own supercargo and who doubtlessly was even then in the stern sheets of the boat. Huru-Huru chuckled. He knew that Mapuhi owed Toriki for trade goods advanced the year before. |
Die Sturmbö war vorübergezogen. Die heiße Sonne loderte herab und die Lagune lag wieder spiegelglatt. Aber die Luft war stickig wie Leim und ihr Gewicht schien auf den Lungen zu lasten und das Atmen schwierig zu machen. |
The squall had passed. The hot sun was blazing down, and the lagoon was once more a mirror. But the air was sticky like mucilage, and the weight of it seemed to burden the lungs and make breathing difficult. |
"Hast du schon die Neuigkeiten gehört, Toriki?" fragte Huru-Huru. "Mapuhi hat eine Perle gefunden. Eine Perle, wie sie nie zuvor auf Hikueru gefischt worden ist, nicht einmal in den Paumotus, in der ganzen Welt nicht. Mapuhi ist ein Narr. Außerdem schuldet er dir Geld. Denk daran, dass ich dir zuerst davon erzählt habe. Hast du ein bisschen Tabak übrig?" |
"Have you heard the news, Toriki?" Huru-Huru asked. "Mapuhi has found a pearl. Never was there a pearl like it ever fished up in Hikueru, nor anywhere in the Paumotus, nor anywhere in all the world. Mapuhi is a fool. Besides, he owes you money. Remember that I told you first. Have you any tobacco?" |
Und Toriki ging zu Mapuhis Grashütte. Er war ein herrischer Mann und obendrein ziemlich dumm. Er warf einen achtlosen Blick auf die wundervolle Perle – nur einen Augenblick lang; und achtlos ließ er sie in seine Tasche gleiten. |
And to the grass shack of Mapuhi went Toriki. He was a masterful man, withal a fairly stupid one. Carelessly he glanced at the wonderful pearl--glanced for a moment only; and carelessly he dropped it into his pocket. |
"Du hast Glück," sagte er. "Es ist eine hübsche Perle. Ich gebe dir Kredit dafür." |
"You are lucky," he said. "It is a nice pearl. I will give you credit on the books." |
"Ich will ein Haus," begann Mapuhi konsterniert. "Es muss zehn Meter –" |
"I want a house," Mapuhi began, in consternation. "It must be six fathoms--" |
"Zehn Meter, das kannst zu deiner Großmutter erzählen," gab der Händler zurück. "Du zahlst gefälligst deine Schulden, das ist es, was du willst. Du warst mir zwölfhundert Chile-Dollar schuldig. Also gut; du schuldest mir nichts mehr. Wir sind quitt. Außerdem gebe ich dir Kredit für zweihundert Chile-Dollar. Falls sich die Perle gut verkauft, wenn ich nach Tahiti komme, gebe ich dir noch einmal hundert Kredit – das sind dann dreihundert. Aber wohlgemerkt, nur wenn sich die Perle gut verkauft. Vielleicht mache ich sogar Verlust damit." |
"Six fathoms your grandmother!" was the trader's retort. "You want to pay up your debts, that's what you want. You owed me twelve hundred dollars Chili. Very well; you owe them no longer. The amount is squared. Besides, I will give you credit for two hundred Chili. If, when I get to Tahiti, the pearl sells well, I will give you credit for another hundred--that will make three hundred. But mind, only if the pearl sells well. I may even lose money on it." |
Mapuhi verschränkte bekümmert die Arme und saß mit hängendem Kopf da. Man hatte ihn seiner Perle beraubt. Statt ein Haus dafür zu bekommen, hatte er Schulden bezahlt. Nichts war ihm geblieben für seine Perle. |
Mapuhi folded his arms in sorrow and sat with bowed head. He had been robbed of his pearl. In place of the house, he had paid a debt. There was nothing to show for the pearl. |
"Du bist ein Narr," sagte Tefara. |
"You are a fool," said Tefara. |
"Du bist ein Narr," sagte Nauri, seine Mutter. "Warum hast du die Perle aus der Hand gegeben?" |
"You are a fool," said Nauri, his mother. "Why did you let the pearl into his hand?" |
"Was hätte ich denn tun sollen?" protestierte Mapuhi. "Ich schuldete ihm Geld. Er wusste, dass ich die Perle habe. Ihr habt selbst gehört, wie er mich bat, sie ihm zu zeigen. Ich hatte ihm nichts erzählt. Er wusste es. Jemand anders hat es ihm gesagt. Und ich schuldete ihm das Geld." |
"What was I to do?" Mapuhi protested. "I owed him the money. He knew I had the pearl. You heard him yourself ask to see it. I had not told him. He knew. Somebody else told him. And I owed him the money." |
"Mapuhi ist ein Narr," äffte Ngakura nach. |
"Mapuhi is a fool," mimicked Ngakura. |
Sie war zwölf Jahre alt und verstand es nicht besser. Mapuhi verschaffte seinen Gefühlen Luft, indem er ihr kräftig eins aufs Ohr gab, so dass sie zurücktaumelte; Tefara und Nauri brachen in Tränen aus und machten ihm weiter Vorhaltungen, wie Frauen eben so sind. |
She was twelve years old and did not know any better. Mapuhi relieved his feelings by sending her reeling from a box on the ear; while Tefara and Nauri burst into tears and continued to upbraid him after the manner of women. |
Vom Strand aus beobachtete Huru-Huru, wie ein dritter Schoner, den er kannte, außerhalb der Einfahrt beidrehte und ein Boot aussetzte. Es war die Hira, ein treffender Name, denn sie gehörte Levy, dem deutschen Juden, größter aller Perlenaufkäufer. Und wie jeder wusste, war Hira der tahitische Gott der Fischer und Diebe. |
Huru-Huru, watching on the beach, saw a third schooner that he knew heave to outside the entrance and drop a boat. It was the Hira, well named, for she was owned by Levy, the German Jew, the greatest pearl buyer of them all, and, as was well known, Hira was the Tahitian god of fishermen and thieves. |
"Hast du schon die Neuigkeiten gehört?" fragte Huru-Huru, als Levy, ein fetter Mann mit wuchtigen, asymmetrischen Gesichtszügen auf den Strand trat. "Mapuhi hat eine Perle gefunden. Eine Perle, wie sie nie zuvor auf Hikueru gefischt worden ist, nicht einmal in den Paumotus, in der ganzen Welt nicht. Mapuhi ist ein Narr. Er hat sie Toriki für vierzehnhundert Chile-Dollar verkauft – ich habe draußen gelauscht. Toriki ist auch ein Narr. Du kannst sie ihm billig abkaufen. Denk daran, dass ich dir zuerst davon erzählt habe. Hast du ein bisschen Tabak übrig?" |
"Have you heard the news?" Huru-Huru asked, as Levy, a fat man with massive asymmetrical features, stepped out upon the beach. "Mapuhi has found a pearl. There was never a pearl like it in Hikueru, in all the Paumotus, in all the world. Mapuhi is a fool. He has sold it to Toriki for fourteen hundred Chili--I listened outside and heard. Toriki is likewise a fool. You can buy it from him cheap. Remember that I told you first. Have you any tobacco?" |
"Wo ist Toriki?" |
"Where is Toriki?" |
"Im Haus von Captain Lynch, sie trinken Absinth. Er ist schon eine Stunde drin." |
"In the house of Captain Lynch, drinking absinthe. He has been there an hour." |
Und während Levy und Toriki Absinth tranken und um die Perle feilschten, lauschte Huru-Huru und vernahm, wie sie sich auf den horrenden Preis von fünfundzwanzigtausend Franc einigten. |
And while Levy and Toriki drank absinthe and chaffered over the pearl, Huru-Huru listened and heard the stupendous price of twenty-five thousand francs agreed upon. |
Zu diesem Zeitpunkt liefen sowohl die OROHENA als auch die Hira nahe ans Ufer auf und begannen, Schüsse abzufeuern und wild zu signalisieren. Die drei Männer traten gerade rechtzeitig nach draußen, um zu sehen, wie die beiden Schoner hastig wendeten und Kurs auf die offene See nahmen. Auf der Flucht vor der Sturmbö, die ihre Klauen in sie schlug und die Masten tief auf das schäumende Wasser herunterdrückte ließen sie Hauptsegel und Klüver fallen. Dann waren sie hinter einem Regenvorhang verschwunden. |
It was at this time that both the OROHENA and the Hira, running in close to the shore, began firing guns and signalling frantically. The three men stepped outside in time to see the two schooners go hastily about and head off shore, dropping mainsails and flying jibs on the run in the teeth of the squall that heeled them far over on the whitened water. Then the rain blotted them out. |
"Sie kommen zurück, wenn es vorüber ist," sagte Toriki. "Wir sollten zusehen, dass wir hier wegkommen." |
"They'll be back after it's over," said Toriki. "We'd better be getting out of here." |
"Vermute, das Glas ist noch weiter gefallen," sagte Captain Lynch. |
"I reckon the glass has fallen some more," said Captain Lynch. |
Er war ein weißbärtiger Seemann, zu alt, um noch auf der Brücke zu stehen, und er hatte die Erfahrung gemacht, dass er nur auf Hikueru einigermaßen angenehm mit seinem Asthma leben konnte. Er ging hinein, um nach dem Barometer zu sehen. |
He was a white-bearded sea-captain, too old for service, who had learned that the only way to live on comfortable terms with his asthma was on Hikueru. He went inside to look at the barometer. |
"Großer Gott!" hörten sie ihn ausrufen und eilten ihm nach, um ebenfalls die Skala anzustarren, die auf Neunundzwanzig-Zwanzig stand. |
"Great God!" they heard him exclaim, and rushed in to join him at staring at a dial, which marked twenty-nine-twenty. |
Wieder gingen sie hinaus, diesmal um Meer und Himmel mit besorgten Blicken zu mustern. Die Sturmbö war vorübergezogen, aber der Himmel blieb bedeckt. Sie konnten die beiden Schoner sehen, zu denen sich ein dritter gesellt hatte, wie sie sich unter vollen Segeln zurückkämpften. Ein Umschlagen des Windes, zwang sie, die Segel aufzufieren, und als er fünf Minuten später plötzlich erneut umsprang, erwischte er alle drei Schoner von achtern und die am Strand Zurückgebliebenen sahen, wie sie die Großschoten schleunigst nachließen oder loswarfen. Das Donnern der Brandung klang hohl und bedrohlich und eine schwere Dünung setzte ein. Ein furchterregendes Wetterleuchten brach vor ihren Augen los und erhellte den düsteren Tag, während wildes Donnergrollen aus allen Richtungen heranrollte. |
Again they came out, this time anxiously to consult sea and sky. The squall had cleared away, but the sky remained overcast. The two schooners, under all sail and joined by a third, could be seen making back. A veer in the wind induced them to slack off sheets, and five minutes afterward a sudden veer from the opposite quarter caught all three schooners aback, and those on shore could see the boom-tackles being slacked away or cast off on the jump. The sound of the surf was loud, hollow, and menacing, and a heavy swell was setting in. A terrible sheet of lightning burst before their eyes, illuminating the dark day, and the thunder rolled wildly about them. |
Toriki und Levy machten sich im Laufschritt auf den Weg zu ihren Booten, wobei letzterer schaukelte und stampfte wie ein in Panik geratenes Nilpferd. Als ihre beiden Boote zur Durchfahrt hinausgespült wurden, begegnete ihnen das Boot der Aorai, das gerade hereinkam. Auf dem Achterdeck stand Raoul und feuerte die Ruderer an. Er konnte das Bild der Perle nicht aus seinem Kopf kriegen, deshalb kam er zurück, um Mapuhis Preis eines Hauses zu akzeptieren. |
Toriki and Levy broke into a run for their boats, the latter ambling along like a panic-stricken hippopotamus. As their two boats swept out the entrance, they passed the boat of the Aorai coming in. In the stern sheets, encouraging the rowers, was Raoul. Unable to shake the vision of the pearl from his mind, he was returning to accept Mapuhi's price of a house. |
Er landete am Strand inmitten eines peitschenden Gewitterschauers, der so dicht war, dass er mit Huru-Huru zusammenstieß, bevor er ihn sehen konnte. |
He landed on the beach in the midst of a driving thunder squall that was so dense that he collided with Huru-Huru before he saw him. |
"Zu spät," brüllte Huru-Huru. "Mapuhi hat sie für vierzehnhundert Chile-Dollar an Toriki verkauft, und Toriki hat sie Levy für fünfundzwanzigtausend Francs verkauft. Und Levy wird sie in Frankreich für hunderttausend Francs verkaufen. Hast du ein bisschen Tabak übrig?" |
"Too late," yelled Huru-Huru. "Mapuhi sold it to Toriki for fourteen hundred Chili, and Toriki sold it to Levy for twenty-five thousand francs. And Levy will sell it in France for a hundred thousand francs. Have you any tobacco?" |
Raoul fühlte sich erleichtert. Seine Sorgen wegen der Perle waren vorüber. Er musste sich keine Gedanken mehr machen, selbst wenn er die Perle nicht hatte. Aber er glaubte Huru-Huru nicht. Mapuhi mochte sie wohl für vierzehnhundert Chile-Dollar verkauft haben, doch dass Levy, der etwas von Perlen verstand, fünfundzwanzigtausend bezahlt haben sollte, schien eine zu große Spanne. Raoul beschloss, Captain Lynch zu dem Thema zu befragen, aber als er beim Haus des alten Seebären anlangte, fand er ihn vor, wie er mit weit aufgerissenen Augen das Barometer anstarrte. |
Raoul felt relieved. His troubles about the pearl were over. He need not worry any more, even if he had not got the pearl. But he did not believe Huru-Huru. Mapuhi might well have sold it for fourteen hundred Chili, but that Levy, who knew pearls, should have paid twenty-five thousand francs was too wide a stretch. Raoul decided to interview Captain Lynch on the subject, but when he arrived at that ancient mariner's house, he found him looking wide-eyed at the barometer. |
"Was sehen Sie da?" fragte Captain Lynch besorgt, putzte seine Brille und starrte wieder das Instrument an. |
"What do you read it?" Captain Lynch asked anxiously, rubbing his spectables and staring again at the instrument. |
"Neunundzwanzig-Zehn," sagte Raoul. "Ich habe es noch nie so niedrig erlebt." |
"Twenty-nine-ten," said Raoul. "I have never seen it so low before." |
"Das glaube ich gerne!" schnaubte der Kapitän. "Fünfzig Jahre auf allen sieben Meeren, von Kindesbeinen an, und so tief habe ich es noch nie fallen sehen. Hören Sie!" |
"I should say not!" snorted the captain. "Fifty years boy and man on all the seas, and I've never seen it go down to that. Listen!" |
Sie lauschten eine Weile, während die Brandung donnerte und das Haus erzittern ließ. Dann gingen sie nach draußen. Der Schauer war vorübergezogen. Sie konnten die Aorai eine Meile entfernt in einer Flaute liegen und wie ein Korken in den gewaltigen Wellenzügen stampfen und schlingern sehen, die in majestätischer Prozession von Nordosten heranrollten und sich wütend gegen den Korallenstrand warfen. Einer der Seeleute aus dem Boot deutete auf die Mündung der Durchfahrt und schüttelte den Kopf. Raouls folgte mit dem Blick seiner Geste und sah ein weißes Chaos aus Schaum und Sturzseen. |
They stood for a moment, while the surf rumbled and shook the house. Then they went outside. The squall had passed. They could see the Aorai lying becalmed a mile away and pitching and tossing madly in the tremendous seas that rolled in stately procession down out of the northeast and flung themselves furiously upon the coral shore. One of the sailors from the boat pointed at the mouth of the passage and shook his head. Raoul looked and saw a white anarchy of foam and surge. |
"Ich glaube, ich muss heute Nacht bei Ihnen bleiben, Captain," sagte er. Dann wies er den Seemann an, das Boot an Land zu ziehen und für sich und seine Kameraden Schutz zu suchen. |
"I guess I'll stay with you tonight, Captain," he said; then turned to the sailor and told him to haul the boat out and to find shelter for himself and fellows. |
"Glatte Neunundzwanzig," berichtete Captain Lynch, als er von einem weiteren Blick aufs Barometer herauskam, einen Stuhl in der Hand. |
"Twenty-nine flat," Captain Lynch reported, coming out from another look at the barometer, a chair in his hand. |
Er setzte sich und betrachtete unverwandt das Schauspiel, das die See ihnen bot. Die Sonne kam heraus und verstärkte die Schwüle noch, während die plötzliche, absolute Windstille andauerte. Die Wogen schienen immer höher anzuschwellen. |
He sat down and stared at the spectacle of the sea. The sun came out, increasing the sultriness of the day, while the dead calm still held. The seas continued to increase in magnitude. |
"Ich begreife nicht, was diesen Seegang verursacht," murmelte Raoul gereizt. |
"What makes that sea is what gets me," Raoul muttered petulantly. |
"Es ist völlig windstill, aber sehen Sie nur, schauen Sie sich den Burschen da an!" |
"There is no wind, yet look at it, look at that fellow there!" |
Meilenlang, zehntausende von Tonnen Gewicht mit sich führend, erschütterte der Aufprall des Brechers das filigrane Atoll wie ein Erdbeben. Captain Lynch war bestürzt. |
Miles in length, carrying tens of thousands of tons in weight, its impact shook the frail atoll like an earthquake. Captain Lynch was startled. |
"Meine Güte!" schrie er, halb aus seinem Stuhl hochfahrend, bevor er sich wieder zurücksinken ließ. |
"Gracious!" he bellowed, half rising from his chair, then sinking back. |
"Aber es gibt keinen Wind." Raoul war hartnäckig. "Ich könnte es verstehen, wenn gleichzeitig ein Wind blasen würde." |
"But there is no wind," Raoul persisted. "I could understand it if there was wind along with it." |
"Keine Sorge, Ihren Wind bekommen Sie noch früh genug," lautete die grimmige Antwort. |
"You'll get the wind soon enough without worryin' for it," was the grim reply. |
Die beiden Männer saßen schweigend da. Der Schweiß trat ihnen in Myriaden winziger Tröpfchen auf die Haut und lief zu feuchten Flecken zusammen, welche ihrerseits zu Rinnsalen anwuchsen und auf den Boden tropften. Sie rangen nach Luft, und vor allem der alte Mann keuchte unter der Anstrengung. Eine See ergoss sich über den Strand, beleckte die Stämme der Kokospalmen und verlief sich erst dicht vor ihren Füßen. |
The two men sat on in silence. The sweat stood out on their skin in myriads of tiny drops that ran together, forming blotches of moisture, which, in turn, coalesced into rivulets that dripped to the ground. They panted for breath, the old man's efforts being especially painful. A sea swept up the beach, licking around the trunks of the cocoanuts and subsiding almost at their feet. |
"Weit über der Hochwasserlinie," bemerkte Captain Lynch. "Dabei lebe ich jetzt schon elf Jahre hier." Er sah auf die Uhr. "Es ist Drei." |
"Way past high water mark," Captain Lynch remarked; "and I've been here eleven years." He looked at his watch. "It is three o'clock." |
Ein Mann und eine Frau mit einem bunten Gefolge von Bälgern und Kötern zogen mit besorgten Mienen vorbei. Sie hielten jenseits des Hauses an, und nach langer Unschlüssigkeit setzten sie sich in den Sand. Ein paar Minuten später tauchte eine weitere Familie aus der entgegengesetzten Richtung auf. Die Männer und Frauen schleppten die verschiedenartigsten Besitztümer mit sich. Und bald hatten sich mehrere hundert Personen jeden Alters und Geschlechts um die Behausung des Kapitäns versammelt. Er sprach eine der Neuankömmlinge an, eine Frau mit einem Baby auf dem Arm, und erhielt die Auskunft, dass ihr Haus soeben in die Lagune gespült worden sei. |
A man and woman, at their heels a motley following of brats and curs, trailed disconsolately by. They came to a halt beyond the house, and, after much irresolution, sat down in the sand. A few minutes later another family trailed in from the opposite direction, the men and women carrying a heterogeneous assortment of possessions. And soon several hundred persons of all ages and sexes were congregated about the captain's dwelling. He called to one new arrival, a woman with a nursing babe in her arms, and in answer received the information that her house had just been swept into the lagoon. |
Dieses war meilenweit der höchstgelegene Flecken Erde, und beiderseits hatten die großen Wogen an vielen Stellen schon deutliche Breschen in den schmalen Ring des Atolls geschlagen und ergossen sich in die Lagune. Über dreißig Kilometer maß der Umfang des Atolls, aber an keiner Stelle war es mehr als neunzig Meter breit. Es war der Höhepunkt der Tauchsaison und von allen umliegenden Inseln, sogar vom weit entfernten Tahiti, hatten sich die Eingeborenen versammelt. |
This was the highest spot of land in miles, and already, in many places on either hand, the great seas were making a clean breach of the slender ring of the atoll and surging into the lagoon. Twenty miles around stretched the ring of the atoll, and in no place was it more than fifty fathoms wide. It was the height of the diving season, and from all the islands around, even as far as Tahiti, the natives had gathered. |
"Hier leben zwölfhundert Männer, Frauen und Kinder," sagte Captain Lynch. "Ich frage mich, wie viele es morgen früh noch sein werden." |
"There are twelve hundred men, women, and children here," said Captain Lynch. "I wonder how many will be here tomorrow morning." |
"Aber warum geht kein Wind? Das ist es, was ich wissen möchte." Raoul ließ sich nicht abbringen. |
"But why don't it blow?--that's what I want to know," Raoul demanded. |
"Keine Sorge, junger Mann, das Verhängnis kommt noch früh genug." |
"Don't worry, young man, don't worry; you'll get your troubles fast enough." |
Captain Lynch hatte noch nicht ausgesprochen, als eine gewaltige Wassermasse das Atoll erzittern ließ. |
Even as Captain Lynch spoke, a great watery mass smote the atoll. |
Das Meerwasser schäumte acht Zentimeter hoch unter ihren Stühlen. Ein dumpfes Angstgeheul stieg von den vielen Frauen auf. Die Kinder starrten mit ineinander gekrampften Händen in die gewaltigen Brecher und weinten mitleiderregend. Hühner und Katzen wateten verstört durchs Wasser und dann, als hätten sie sich abgesprochen, flüchteten sie in wilder Jagd zum Haus des Kapitäns und suchten Zuflucht auf dem Dach. Ein Mann aus Paumotu kletterte mit einem Wurf neugeborener Welpen in einem Korb auf eine Kokospalme und befestigte den Korb gut sechs Meter über dem Boden. Die Hündin tobte jaulend und bellend im Wasser darunter. |
The sea water churned about them three inches deep under the chairs. A low wail of fear went up from the many women. The children, with clasped hands, stared at the immense rollers and cried piteously. Chickens and cats, wading perturbedly in the water, as by common consent, with flight and scramble took refuge on the roof of the captain's house. A Paumotan, with a litter of new-born puppies in a basket, climbed into a cocoanut tree and twenty feet above the ground made the basket fast. The mother floundered about in the water beneath, whining and yelping. |
Und immer noch herrschte strahlender Sonnenschein und die vollkommene Windstille dauerte an. Sie saßen da und beobachteten die Wellen und das irrwitzige Schlingern der Aorai. Captain Lynch starrte in die heranrollenden Wasserberge, bis er es nicht länger ertragen konnte. Er barg das Gesicht in den Händen, um den Anblick auszusperren; dann ging er ins Haus. |
And still the sun shone brightly and the dead calm continued. They sat and watched the seas and the insane pitching of the Aorai. Captain Lynch gazed at the huge mountains of water sweeping in until he could gaze no more. He covered his face with his hands to shut out the sight; then went into the house. |
"Achtundzwanzig-Sechzig," sagte er ruhig, als er zurückkehrte. |
"Twenty-eight-sixty," he said quietly when he returned. |
Im Arm hielt er eine Rolle dünnen Seils. Er schnitt es in vier Meter lange Stücke, gab eines Raoul, behielt eines für sich und verteilte den Rest unter den Frauen mit dem Ratschlag, sich einen Baum auszusuchen und hinauf zu klettern. |
In his arm was a coil of small rope. He cut it into two-fathom lengths, giving one to Raoul and, retaining one for himself, distributed the remainder among the women with the advice to pick out a tree and climb. |
Eine leichte Brise begann von Nordwesten zu wehen und ihre Kühle auf seiner Wange schien Raoul aufzumuntern. Er konnte sehen wie die Aorai die Segel trimmte und in See stach, und er bedauerte, dass er nicht an Bord war. Sie würde auf jeden Fall davonkommen, aber was das Atoll betraf ... Eine Woge brach sich Bahn, riss ihn beinahe von den Füßen und er suchte sich einen Baum aus. Dann fiel ihm wieder das Barometer ein und er rannte zum Haus zurück. Er stieß auf Captain Lynch, der dasselbe Ziel hatte, und sie gingen zusammen hinein. |
A light air began to blow out of the northeast, and the fan of it on his cheek seemed to cheer Raoul up. He could see the Aorai trimming her sheets and heading off shore, and he regretted that he was not on her. She would get away at any rate, but as for the atoll--A sea breached across, almost sweeping him off his feet, and he selected a tree. Then he remembered the barometer and ran back to the house. He encountered Captain Lynch on the same errand and together they went in. |
"Achtundzwanzig-Zwanzig," sagte der alte Seebär. "Das wird die reinste Hölle, wenn – was ist das?" |
"Twenty-eight-twenty," said the old mariner. "It's going to be fair hell around here--what was that?" |
Die Luft schien sich plötzlich mit einer Art Brausen zu erfüllen. Das Haus erbebte und rüttelte und sie hörten einen Ton wie von einer gewaltigen vibrierenden Saite. Die Fenster klapperten. Zwei Scheiben zersplitterten, und ein Windstoß fuhr herein, der sie ins Taumeln brachte. Die Tür gegenüber knallte zu und zerschmetterte den Riegel. Der weiße Türknauf bröckelte in kleinen Stücken zu Boden. Die Wände des Raums beulten sich wie die Hülle eines Gasballons, der plötzlich aufgeblasen wird. Dann ertönte ein neuer Laut wie das Knattern von Musketenschüssen, als die Gischt einer Welle gegen die Hauswände prasselte. Captain Lynch sah auf die Uhr. Es war Vier. Er zog sich einen Lotsenmantel über, hängte das Barometer ab und verstaute es in einer geräumigen Tasche. Wieder traf eine See mit dumpfem Schlag das Haus und das leichte Gebäude neigte sich, drehte sich um neunzig Grad auf seinem Fundament und kam mit dem Boden in einer Schräglage von zehn Grad zur Ruhe. |
The air seemed filled with the rush of something. The house quivered and vibrated, and they heard the thrumming of a mighty note of sound. The windows rattled. Two panes crashed; a draught of wind tore in, striking them and making them stagger. The door opposite banged shut, shattering the latch. The white door knob crumbled in fragments to the floor. The room's walls bulged like a gas balloon in the process of sudden inflation. Then came a new sound like the rattle of musketry, as the spray from a sea struck the wall of the house. Captain Lyncyh looked at his watch. It was four o'clock. He put on a coat of pilot cloth, unhooked the barometer, and stowed it away in a capacious pocket. Again a sea struck the house, with a heavy thud, and the light building tilted, twisted, quarter around on its foundation, and sank down, its floor at an angle of ten degrees. |
Raoul ging als erster hinaus. Der Wind packte ihn und wirbelte ihn herum. Er stellte fest, dass er nach Osten gedreht hatte. Mit großer Anstrengung warf er sich in den Sand, machte sich klein und klammerte sich fest. Captain Lynch wurde wie ein Strohhalm dahingetrieben, stolperte über ihn und streckte alle Viere von sich. Zwei Seeleute von der Aorai verließen die Kokospalme, an der sie sich festgeklammert hatten, um ihnen zu Hilfe zu eilen. Sie mussten sich in unmöglichem Winkel gegen den Wind lehnen und sich, die Zehen in den Sand gekrallt, Zentimeter für Zentimeter vorwärts kämpfen. |
Raoul went out first. The wind caught him and whirled him away. He noted that it had hauled around to the east. With a great effort he threw himself on the sand, crouching and holding his own. Captain Lynch, driven like a wisp of straw, sprawled over him. Two of the Aorai'S sailors, leaving a cocoanut tree to which they had been clinging, came to their aid, leaning against the wind at impossible angles and fighting and clawing every inch of the way. |
Die Gelenke des alten Mannes waren zu steif zum Klettern, deshalb hievten ihn die Seeleute mittels kurzer, zusammengeknoteter Seilstücke den Stamm hinauf, bis sie ihn im Wipfel des Baumes festbinden konnten, fünfzehn Meter über der Erde. Raoul schlang sein Seilende um den Fuß eines benachbarten Baumes und sah sich um. Der Wind war furchteinflößend. Er hätte sich nie träumen lassen, dass es so stark wehen konnte. Eine See schlug über dem Atoll zusammen und durchnässte ihn bis zu den Knien, bevor sie in die Lagune abfloss. Die Sonne war verschwunden und ein bleiernes Zwielicht hatte eingesetzt. Ein paar waagrecht heranjagende Regentropfen trafen ihn. Sie prallten auf wie Bleikugeln. Ein Spritzer Salzwasser traf sein Gesicht. Es war wie die Ohrfeige eines Mannes. Seine Wangen taten weh und unwillkürlich traten ihm Tränen des Schmerzes in die brennenden Augen. Mehrere hundert Eingeborene hatten sich in die Bäume geflüchtet und er hätte lachen mögen über die Trauben menschlicher Früchte, die in den Wipfeln hingen. Dann, ganz der gebürtige Tahitianer, knickte er in der Hüfte ab, klammerte die Hände hinter dem Stamm des Baumes zusammen, stemmte die Fußsohlen gegen die Rinde und begann, so den Baum hinaufzulaufen. In der Krone fand er zwei Frauen, zwei Kinder und einen Mann vor. Ein kleines Mädchen hielt eine Hauskatze fest in den Armen. |
The old man's joints were stiff and he could not climb, so the sailors, by means of short ends of rope tied together, hoisted him up the trunk, a few feet at a time, till they could make him fast, at the top of the tree, fifty feet from the ground. Raoul passed his length of rope around the base of an adjacent tree and stood looking on. The wind was frightful. He had never dreamed it could blow so hard. A sea breached across the atoll, wetting him to the knees ere it subsided into the lagoon. The sun had disappeared, and a lead-colored twilight settled down. A few drops of rain, driving horizontally, struck him. The impact was like that of leaden pellets. A splash of salt spray struck his face. It was like the slap of a man's hand. His cheeks stung, and involuntary tears of pain were in his smarting eyes. Several hundred natives had taken to the trees, and he could have laughed at the bunches of human fruit clustering in the tops. Then, being Tahitian-born, he doubled his body at the waist, clasped the trunk of his tree with his hands, pressed the soles of his feet against the near surface of the trunk, and began to walk up the tree. At the top he found two women, two children, and a man. One little girl clasped a housecat in her arms. |
Aus einem Adlerhorst winkte er Captain Lynch zu und der tapfere Patriarch winkte zurück. Raoul erschrak über den Anblick des Himmels. Er war viel näher gerückt – tatsächlich meinte er ihn berühren zukönnen, wenn er die Hand ausstreckte; und er hatte sich von bleigrau zu schwarz verfärbt. Viele Menschen waren noch auf dem Boden, in Gruppen am Fuß der Bäume, an denen sie sich festhielten. Mehrere dieser Gruppen beteten, und in einer davon predigte der mormonische Missionar. Ein seltsamer Ton drang an sein Ohr, rhythmisch, so leise wie das kaum hörbare Zirpen einer fernen Grille. Nach einem Augenblick war er wieder verstummt, aber während er andauerte hatte Raoul unbestimmt an himmlische Sphärenklänge denken müssen. Er blickte um sich und sah am Fuße eines weiteren Baums eine große Gruppe von Menschen, die sich an Seilen und aneinander festklammerten. Er konnte erkennen, dass es in ihren Gesichtern arbeitete und ihre Lippen sich im Gleichklang bewegten. Obwohl ihn kein Ton mehr erreichte, wusste er, dass sie Choräle sangen. |
From his eyrie he waved his hand to Captain Lynch, and that doughty patriarch waved back. Raoul was appalled at the sky. It had approached much nearer--in fact, it seemed just over his head; and it had turned from lead to black. Many people were still on the ground grouped about the bases of the trees and holding on. Several such clusters were praying, and in one the Mormon missionary was exhorting. A weird sound, rhythmical, faint as the faintest chirp of a far cricket, enduring but for a moment, but in the moment suggesting to him vaguely the thought of heaven and celestial music, came to his ear. He glanced about him and saw, at the base of another tree, a large cluster of people holding on by ropes and by one another. He could see their faces working and their lips moving in unison. No sound came to him, but he knew that they were singing hymns. |
Und immer noch wurde der Wind stärker. Er hatte kein Maß mehr dafür, denn dieser Wind übertraf alles, was er bisher erlebt hatte; aber trotzdem wusste er, irgendwie, dass es noch stärker brauste. Nicht weit entfernt wurde ein Baum entwurzelt und schleuderte seine menschliche Last zu Boden. Eine See flutete über den Sandstreifen, und dann waren sie verschwunden. Alles geschah sehr schnell. Er sah eine braune Schulter und einen schwarzen Schädel sich gegen die weißschäumende Lagune abzeichnen. Im nächsten Augenblick waren auch die verschluckt. Weitere Bäume knickten ab und fielen kreuz und quer wie Streichhölzer. Die Gewalt des Sturmes bestürzte ihn. Sein eigener Baum schwankte bedenklich. Die eine Frau schrie klagend auf und umklammerte das kleine Mädchen, das seinerseits die Katze festhielt. |
Still the wind continued to blow harder. By no conscious process could he measure it, for it had long since passed beyond all his experience of wind; but he knew somehow, nevertheless, that it was blowing harder. Not far away a tree was uprooted, flinging its load of human beings to the ground. A sea washed across the strip of sand, and they were gone. Things were happening quickly. He saw a brown shoulder and a black head silhouetted against the churning white of the lagoon. The next instant that, too, had vanished. Other trees were going, falling and criss-crossing like matches. He was amazed at the power of the wind. His own tree was swaying perilously, one woman was wailing and clutching the little girl, who in turn still hung on to the cat. |
Der Mann, der das andere Kind hielt, berührte Raoul am Arm und deutete. Er folgte seinem Blick und sah, wie die mormonische Kirche sich dreißig Meter weiter wie betrunken zur Seite neigte. Sie war aus ihrem Fundament gerissen worden und Wind und Meer hoben und schoben sie auf die Lagune zu. Eine furchterregende Welle packte sie, kippte sie um und warf sie gegen ein halbes Dutzend Kokospalmen. Die Trauben menschlicher Früchte fielen wie reife Kokosnüsse. Als die Welle sich wieder zurückzog, legte sie sie wie Treibgut auf dem Sand ab, einige reglos, andere sich windend und zappelnd. Auf seltsame Weise erinnerten sie ihn an Ameisen. Er war jenseits des Entsetzens angelangt. Mit ziemlicher Selbstverständlichkeit nahm er zur Kenntnis, wie die folgende Welle den Sand vom menschlichen Strandgut frei schwemmte. Eine dritte Welle, noch ungeheurer als alle, die er zuvor gesehen hatte, riss die Kirche in die Lagune, wo sie halb untergetaucht mit dem Wind ins Nichts davon trieb wie eine Arche Noah. |
The man, holding the other child, touched Raoul's arm and pointed. He looked and saw the Mormon church careering drunkenly a hundred feet away. It had been torn from its foundations, and wind and sea were heaving and shoving it toward the lagoon. A frightful wall of water caught it, tilted it, and flung it against half a dozen cocoanut trees. The bunches of human fruit fell like ripe cocoanuts. The subsiding wave showed them on the ground, some lying motionless, others squirming and writhing. They reminded him strangely of ants. He was not shocked. He had risen above horror. Quite as a matter of course he noted the succeeding wave sweep the sand clean of the human wreckage. A third wave, more colossal than any he had yet seen, hurled the church into the lagoon, where it floated off into the obscurity to leeward, half-submerged, reminding him for all the world of a Noah's ark. |
Er sah nach Captain Lynchs Haus und stellte überrascht fest, dass es verschwunden war. Die Ereignisse überschlugen sich. Er bemerkte, dass viele Leute aus den Bäumen, die noch standen, hinuntergeklettert waren. Der Sturm hatte noch weiter zugenommen. Er fühlte es an dem Baum, auf dem er saß. Er schwankte nicht mehr oder neigte sich von einer Seite zur anderen. Stattdessen blieb er praktisch unbeweglich in einem festen Winkel vom Wind weggeneigt und vibrierte lediglich. Aber diese Vibrationen waren übelkeitserregend. Sie fühlten sich an wie von einer gewaltigen Stimmgabel oder der Zunge einer Maultrommel. Das Schlimmste daran war die Schnelligkeit der Vibrationen. Selbst wenn die Wurzeln hielten, konnte der Baum der Belastung nicht mehr lange standhalten. Irgendetwas musste brechen. |
He looked for Captain Lynch's house, and was surprised to find it gone. Things certainly were happening quickly. He noticed that many of the people in the trees that still held had descended to the ground. The wind had yet again increased. His own tree showed that. It no longer swayed or bent over and back. Instead, it remained practically stationary, curved in a rigid angle from the wind and merely vibrating. But the vibration was sickening. It was like that of a tuning-fork or the tongue of a jew's-harp. It was the rapidity of the vibration that made it so bad. Even though its roots held, it could not stand the strain for long. Something would have to break. |
Ah, da hatte einer nachgegeben. Er hatte ihn nicht abbrechen sehen, aber da stand er, nur noch ein Strunk, auf halber Höhe des Stammes abgetrennt. Man bekam nicht mit, was geschah, außer man sah gerade zufällig hin. Das Umstürzen der Bäume und die jammervollen Schreie der Verzweiflung gingen völlig unter in der ungeheuren Lautstärke des Sturms. Er blickte zufällig in Captain Lynchs Richtung, als es passierte. Er sah den Stamm des Baums auf halber Höhe lautlos splittern und abbrechen. Der Wipfel der Palme mit drei Seeleuten von der Aorai und dem alten Kapitän segelte über die Lagune davon. Er fiel nicht herunter, sondern trieb durch die Luft wie eine Handvoll Spreu. Dreißig Meter weit folgte er seinem Flug mit den Augen, bis er ins Wasser stürzte. Er kniff die Augen zusammen und war sicher, dass er Captain Lynch Lebewohl winken sah. |
Ah, there was one that had gone. He had not seen it go, but there it stood, the remnant, broken off half-way up the trunk. One did not know what happened unless he saw it. The mere crashing of trees and wails of human despair occupied no place in that mighty volume of sound. He chanced to be looking in Captain Lynch's direction when it happened. He saw the trunk of the tree, half-way up, splinter and part without noise. The head of the tree, with three sailors of the Aorai and the old captain sailed off over the lagoon. It did not fall to the ground, but drove through the air like a piece of chaff. For a hundred yards he followed its flight, when it struck the water. He strained his eyes, and was sure that he saw Captain Lynch wave farewell. |
Raoul wartete nicht länger. Er stieß den Eingeborenen an und bedeutete ihm, hinunterzuklettern. Der Mann schien willens dazu, aber seine Frauen waren vor Entsetzen wie gelähmt und er entschloss sich, bei ihnen zu bleiben. Raoul zog sein Seil hinter dem Stamm hindurch und ließ sich zu Boden rutschen. Ein Schwall von Meerwasser ergoss über ihn und tauchte ihn vollständig unter. Er hielt die Luft an und klammerte sich verzweifelt an das Seil. Das Wasser verlief sich und im Schutz des Stammes konnte er wieder atmen. Er knotete das Seil fester und schon begrub ihn eine weitere See unter sich. Eine der Frauen glitt herunter und gesellte sich zu ihm, während der Eingeborene bei der anderen Frau, den beiden Kindern und der Katze blieb. |
Raoul did not wait for anything more. He touched the native and made signs to descend to the ground. The man was willing, but his women were paralayzed from terror, and he elected to remain with them. Raoul passed his rope around the tree and slid down. A rush of salt water went over his head. He held his breath and clung desperately to the rope. The water subsided, and in the shelter of the trunk he breathed once more. He fastened the rope more securely, and then was put under by another sea. One of the women slid down and joined him, the native remaining by the other woman, the two children, and the cat. |
Der Frachtmeister hatte bemerkt, wie die Gruppen, die sich am Fuß der Bäume festhielten, sich mehr und mehr lichteten. Jetzt konnte er aus erster Hand beurteilen, warum das geschah. Es erforderte all seine Kraft, sich festzuhalten. Die Frau, die zu ihm gekommen war, wurde schwächer. Immer, wenn er wieder aus einer See auftauchte, war er überrascht, dass er noch da war, und noch überraschter, dass die Frau noch da war. Als er wieder einmal hochkam, merkte er, dass er allein war. Er sah nach oben. Die Krone der Palme war ebenfalls verschwunden. In der Hälfte der ursprünglichen Höhe vibrierte ihr zersplittertes Ende. Er war in Sicherheit. Die Wurzeln hielten noch, und der Teil des Baumes, der dem Wind eine Angriffsfläche bot, war abgeschert. Er begann hinaufzuklettern. Er war so schwach, dass er nur langsam vorankam, und Woge über Woge ging über ihn hinweg, bevor er endlich hoch genug oben war. Dann band er sich am Stamm fest und wappnete sich für die Nacht und was ihm sonst noch bevorstehen mochte. |
The supercargo had noticed how the groups clinging at the bases of the other trees continually diminished. Now he saw the process work out alongside him. It required all his strength to hold on, and the woman who had joined him was growing weaker. Each time he emerged from a sea he was surprised to find himself still there, and next, surprised to find the woman still there. At last he emerged to find himself alone. He looked up. The top of the tree had gone as well. At half its original height, a splintered end vibrated. He was safe. The roots still held, while the tree had been shorn of its windage. He began to climb up. He was so weak that he went slowly, and sea after sea caught him before he was above them. Then he tied himself to the trunk and stiffened his soul to face the night and he knew not what. |
Er fühlte sich sehr einsam in der Dunkelheit. Zeitweise kam es ihm so vor, als wäre das Ende der Welt gekommen und er der letzte Überlebende. Immer noch nahm der Wind zu. Stunde für Stunde nahm er zu. Als es seiner Schätzung nach elf Uhr war, hatte der Sturm unglaubliche Stärke angenommen. Er war ein schreckliches, monströses Etwas, ein kreischender Wahnsinn, eine massive Wand, die immer und immer wieder auf ihn einstürzte, um dann in der Dunkelheit zu verschwinden – eine Wand ohne Ende.
Es kam ihm vor, als wäre er leicht und ätherisch geworden. Als wäre er es, der in Bewegung war. Dass er mit unfasslicher Geschwindigkeit durch eine massive Endlosigkeit getrieben wurde. Der Wind war nicht mehr einfach bewegte Luft. Er war so stofflich geworden wie Wasser oder Quecksilber. Er hatte das Gefühl, hineingreifen und Stücke davon herausreißen zu können wie Fleisch aus dem Kadaver eines Ochsen. Dass er den Wind packen und sich daran festhalten konnte wie ein Mann, der sich an die Kante einer Klippe klammert. |
He felt very lonely in the darkness. At times it seemed to him that it was the end of the world and that he was the last one left alive. Still the wind increased. Hour after hour it increased. By what he calculated was eleven o'clock, the wind had become unbelievable. It was a horrible, monstrous thing, a screaming fury, a wall that smote and passed on but that continued to smite and pass on--a wall without end. It seemed to him that he had become light and ethereal; that it was he that was in motion; that he was being driven with inconceivable velocity through unending solidness. The wind was no longer air in motion. It had become substantial as water or quicksilver. He had a feeling that he could reach into it and tear it out in chunks as one might do with the meat in the carcass of a steer; that he could seize hold of the wind and hang on to it as a man might hang on to the face of a cliff. |
Der Wind schnitt ihm die Luft ab. Er konnte ihm nicht die Stirn bieten und gleichzeitig atmen, denn er brauste ihm durch Mund und Nase und blähte seine Lunge auf wie einen Ballon. In solchen Momenten fühlte er sich, als wäre sein Körper angeschwollen und vollgestopft mit fester Erde. Nur wenn er seine Lippen gegen den Stamm des Baumes presste, konnte er atmen. Und der unaufhörliche Ansturm des Windes erschöpfte ihn. Körper und Geist wurden müde. Er beobachtete nicht länger, dachte nicht länger und war nur mehr halb bei Bewusstsein. Sein Bewusstsein bestand aus einem einzigen Gedanken: DAS ALSO IST EIN HURRIKAN. Dieser eine Gedanke kam und ging in unregelmäßigen Abständen. Er war wie eine schwache Flamme, die von Zeit zu Zeit aufflackerte. Aus dem Zustand der Betäubung kehrte er zu ihm zurück – DAS ALSO IST EIN HURRIKAN. Dann verfiel er wieder in den Dämmerszustand. |
The wind strangled him. He could not face it and breathe, for it rushed in through his mouth and nostrils, distending his lungs like bladders. At such moments it seemed to him that his body was being packed and swollen with solid earth. Only by pressing his lips to the trunk of the tree could he breathe. Also, the ceaseless impact of the wind exhausted him. Body and brain became wearied. He no longer observed, no longer thought, and was but semiconscious. One idea constituted his consciousness: SO THIS WAS A HURRICANE. That one idea persisted irregularly. It was like a feeble flame that flickered occasionally. From a state of stupor he would return to it--SO THIS WAS A HURRICANE. Then he would go off into another stupor. |
Der Höhepunkt des Hurrikans dauerte von elf Uhr nachts bis drei Uhr morgens, und es war gerade Elf, als der Baum, in dem sich Mapuhi und seine Frauen festklammerten abbrach. Als Mapuhi an der Oberfläche der Lagune auftauchte, hielt er immer noch seine Tochter Ngakura umklammert. Nur ein Südseeinsulaner konnte in einer derartigen peitschenden Gischt überleben. Der Pandanusbaum, an dem er sich festhielt, drehte sich ständig in der schäumenden See um die eigene Achse; nur, indem er sich manchmal festhielt und abwartete, und ein anderes Mal sich hastig herumhangelte schaffte er es, seinen und Ngakuras Kopf in genügend kurzen Abständen über die Oberfläche zu bringen, so dass sie nicht ertranken. Aber die Luft bestand hauptsächlich aus Wasser, aus fliegender Gischt und undurchdringlichem Regen, der parallel zur Oberfläche der Lagune heranschoss. |
The height of the hurricane endured from eleven at night till three in the morning, and it was at eleven that the tree in which clung Mapuhi and his women snapped off. Mapuhi rose to the surface of the lagoon, still clutching his daughter Ngakura. Only a South Sea islander could have lived in such a driving smother. The pandanus tree, to which he attached himself, turned over and over in the froth and churn; and it was only by holding on at times and waiting, and at other times shifting his grips rapidly, that he was able to get his head and Ngakura's to the surface at intervals sufficiently near together to keep the breath in them. But the air was mostly water, what with flying spray and sheeted rain that poured along at right angles to the perpendicular. |
Es waren zehn Meilen über die Lagune bis zur anderen Seite des Rings aus Sand. Hier töteten die zum Spielball der Wellen gewordene Baumstämme, Balken, Wracks von Kuttern und Trümmer von Häusern neun von zehn der jämmerlichen Gestalten, die die Durchquerung der Lagune überlebt hatten. Halb ertrunken und erschöpft wurden sie in diesen wahnwitzigen Mörser der Elemente geschleudert und zu formlosen Fleischklumpen zermalmt. Aber Mapuhi hatte Glück. Seine Chancen standen Eins zu Zehn; durch eine Laune des Schicksals war ihm das Glückslos zugefallen. Aus einer Reihe von Wunden blutende schleppte er sich ans Ufer. |
It was ten miles across the lagoon to the farther ring of sand. Here, tossing tree trunks, timbers, wrecks of cutters, and wreckage of houses, killed nine out of ten of the miserable beings who survived the passage of the lagoon. Half-drowned, exhausted, they were hurled into this mad mortar of the elements and battered into formless flesh. But Mapuhi was fortunate. His chance was the one in ten; it fell to him by the freakage of fate. He emerged upon the sand, bleeding from a score of wounds. |
Ngakuras linker Arm war gebrochen. Die Finger ihrer rechten Hand waren zerschmettert und Wange und Stirn klafften auf bis zum Knochen. Mapuhi umklammerte einen Baum, der noch stand, hielt das Mädchen fest und rang schluchzend nach Luft, während die Wasser der Lagune knietief, manchmal sogar hüfttief vorbeirauschten. |
Ngakura's left arm was broken; the fingers of her right hand were crushed; and cheek and forehead were laid open to the bone. He clutched a tree that yet stood, and clung on, holding the girl and sobbing for air, while the waters of the lagoon washed by knee-high and at times waist-high. |
Um drei Uhr morgens war die Hauptgewalt des Hurrikans gebrochen. Um fünf Uhr blies nur noch eine steife Brise. Und um Sechs war es totenstill und die Sonne schien. Der Seegang hatte nachgelassen. Am immer noch unruhigen Rand der Lagune sah Mapuhi die zerschmetterten Körper derer, denen die Landung missglückt war. Zweifellos waren Tefara und Nauri unter ihnen. Er ging den Strand entlang und untersuchte die Körper, bis er seine Frau entdeckte, die halb im, halb aus dem Wasser lag. Er setzte sich hin und weinte mit rauen Tierlauten, wie es die Art der urtümlichen Trauer ist. Dann regte sie sich benommen und stöhnte. Er sah genauer hin. Sie war nicht nur am Leben, sie war unverletzt. Sie schlief lediglich. Sie hatte auch das Glück des einen unter Zehn gehabt. |
At three in the morning the backbone of the hurricane broke. By five no more than a stiff breeze was blowing. And by six it was dead calm and the sun was shining. The sea had gone down. On the yet restless edge of the lagoon, Mapuhi saw the broken bodies of those that had failed in the landing. Undoubtedly Tefara and Nauri were among them. He went along the beach examining them, and came upon his wife, lying half in and half out of the water. He sat down and wept, making harsh animal noises after the manner of primitive grief. Then she stirred uneasily, and groaned. He looked more closely. Not only was she alive, but she was uninjured. She was merely sleeping. Hers also had been the one chance in ten. |
Von den Zwölfhundert, die in der Nacht zuvor noch gelebt hatten, blieben nur Dreihundert übrig. Der mormonische Missionar und ein Gendarm führten eine Zählung durch. Die Lagune war mit Leichen übersät. Kein Haus und keine Hütte stand mehr. Auf dem ganzen Atoll waren keine zwei Steine aufeinander geblieben. Jede fünfzigste Kokospalmen stand noch, und auch diese waren Wracks, an denen keine einzige Nuss mehr hing. |
Of the twelve hundred alive the night before but three hundred remained. The mormon missionary and a gendarme made the census. The lagoon was cluttered with corpses. Not a house nor a hut was standing. In the whole atoll not two stones remained one upon another. One in fifty of the cocoanut palms still stood, and they were wrecks, while on not one of them remained a single nut. |
Es gab kein frisches Wasser. Die flachen Quellen, in denen sich das durch die Oberfläche sickernde Regenwasser sammelte, waren voller Salz. Aus der Lagune wurden ein paar wenige durchweichte Säcke Mehl geborgen. Die Überlebenden schnitten die Herzen aus den umgestürzten Kokospalmen und aßen sie. Hier und da verkrochen sie sich in winzigen Unterschlupfen, die sie in den Sand gruben und mit Resten von Blechdächern abdeckten. Der Missionar fertigte eine primitive Destille an, aber er konnte nicht genug Wasser für dreihundert Menschen destillieren. Am Ende des zweiten Tages entdeckte Raoul bei einem Bad in der Lagune, dass das seinen Durst ein wenig stillte. Er schrie die Neuigkeit hinaus und bald danach konnte man dreihundert Männer, Frauen und Kinder bis zum Hals in der Lagune stehend bei dem Versuch sehen, Wasser durch ihre Haut zu trinken. Ihre Toten trieben um sie herum und sie traten auf die, die immer noch auf dem Grund lagen. Am dritten Tag begruben die Leute ihre Toten und ließen sich nieder, um auf die Rettungsdampfer zu warten. |
There was no fresh water. The shallow wells that caught the surface seepage of the rain were filled with salt. Out of the lagoon a few soaked bags of flour were recovered. The survivors cut the hearts out of the fallen cocoanut trees and ate them. Here and there they crawled into tiny hutches, made by hollowing out the sand and covering over with fragments of metal roofing. The missionary made a crude still, but he could not distill water for three hundred persons. By the end of the second day, Raoul, taking a bath in the lagoon, discovered that his thirst was somewhat relieved. He cried out the news, and thereupon three hundred men, women, and children could have been seen, standing up to their necks in the lagoon and trying to drink water in through their skins. Their dead floated about them, or were stepped upon where they still lay upon the bottom. On the third day the people buried their dead and sat down to wait for the rescue steamers. |
In der Zwischenzeit war Nauri, ihrer Familie durch den Hurrikan entrissen, in ihr eigenes Abenteuer davon gespült worden. Sie klammerte sich an eine raue Planke, die sie verletzte und aufschürfte und ihren Körper mit Splittern durchbohrte, und mitsamt dieser Planke wurde sie glatt über das Atoll hinaus auf die offene See getragen. Hier, unter dem unvorstellbaren Ansturm von Bergen von Wasser, verlor sie ihre Planke. Sie war eine alte Frau und ging an die Sechzig; aber sie stammte von den Paumotus und hatte ihr ganzes Leben in Sichtweite des Ozeans verbracht. Während sie durch die Dunkelheit schwamm, würgend, halb erstickt und nach Luft ringend, prallte eine Kokosnuss mit heftigem Schlag gegen ihre Schulter. In diesem Augenblick fasste sie ihren Plan und griff nach der Nuss. Innerhalb der nächsten Stunde fing sie noch sieben weitere ein. Zusammengebunden bildeten sie einen Rettungsring, der sie am Leben erhielt, während er sie gleichzeitig zu Klump zu schlagen drohte. Sie war eine fettleibige Frau und zog sich leicht Verletzungen zu; aber sie hatte Erfahrung mit Hurrikans und während sie zu ihrem Haigott betete, sie vor Haien zu beschützen, wartete sie darauf, dass der Wind endlich nachließ. Aber um drei Uhr war sie in einen derartigen Dämmerzustand verfallen, dass sie nichts davon merkte. Und auch als um sechs Uhr Totenstille eintrat, merkte sie nichts. Sie wurde unsanft in die Gegenwart zurück gerissen, als eine Welle sie auf den Strand warf. Sie krallte sich mit wunden, blutenden Händen und Füßen fest und stemmte sich gegen den Rücksog, bis sie aus der Reichweite der Brandung heraus war. |
In the meantime, Nauri, torn from her family by the hurricane, had been swept away on an adventure of her own. Clinging to a rough plank that wounded and bruised her and that filled her body with splinters, she was thrown clear over the atoll and carried away to sea. Here, under the amazing buffets of mountains of water, she lost her plank. She was an old woman nearly sixty; but she was Paumotan-born, and she had never been out of sight of the sea in her life. Swimming in the darkness, strangling, suffocating, fighting for air, she was struck a heavy blow on the shoulder by a cocoanut. On the instant her plan was formed, and she seized the nut. In the next hour she captured seven more. Tied together, they formed a life-buoy that preserved her life while at the same time it threatened to pound her to a jelly. She was a fat woman, and she bruised easily; but she had had experience of hurricanes, and while she prayed to her shark god for protection from sharks, she waited for the wind to break. But at three o'clock she was in such a stupor that she did not know. Nor did she know at six o'clock when the dead calm settled down. She was shocked into consciousness when she was thrown upon the sand. She dug in with raw and bleeding hands and feet and clawed against the backwash until she was beyond the reach of the waves. |
Sie wusste, wo sie war. Dieses Stück Land konnte nur die winzige Insel Takokota sein. Sie besaß keine Lagune. Niemand lebte dort. |
She knew where she was. This land could be no other than the tiny islet of Takokota. It had no lagoon. No one lived upon it. |
Hikueru war fünfzehn Meilen entfernt. Sie konnte Hikueru nicht sehen, aber sie wusste, dass es im Süden lag. Die Tage verstrichen und sie lebte von den Kokosnüssen, die sie über Wasser gehalten hatten. Sie versorgten sie mit Trinkwasser und Nahrung. Aber sie trank weder soviel, wie sie wollte, noch aß sie soviel. Rettung war fraglich. Sie sah die Rauchfahnen der Hilfsdampfer am Horizont, aber welcher Dampfer würde schon zu dem einsamen, unbewohnten Takokota kommen? |
Hikueru was fifteen miles away. She could not see Hikueru, but she knew that it lay to the south. The days went by, and she lived on the cocoanuts that had kept her afloat. They supplied her with drinking water and with food. But she did not drink all she wanted, nor eat all she wanted. Rescue was problematical. She saw the smoke of the rescue steamers on the horizon, but what steamer could be expected to come to lonely, uninhabited Takokota? |
Vom ersten Augenblick an wurde sie von den Leichen verfolgt. Das Meer versuchte hartnäckig immer wieder, sie auf ihr Stückchen Sand zu werfen, und sie blieb, bis ihr die Kräfte schwanden, hartnäckig dabei, sie wieder ins Meer zurück zu werfen, wo die Haie sie zerrissen und verschlangen. Als sie nicht mehr konnte, begannen die Leichen ihren Strand mit ihrem grausigem Schrecken zu überziehen und sie zog sich so weit wie möglich von ihnen zurück, was nicht weit war. |
From the first she was tormented by corpses. The sea persisted in flinging them upon her bit of sand, and she persisted, until her strength failed, in thrusting them back into the sea where the sharks tore at them and devoured them. When her strength failed, the bodies festooned her beach with ghastly horror, and she withdrew from them as far as she could, which was not far. |
Am zehnten Tag war ihre letzte Kokosnuss aufgebraucht und sie vertrocknete vor Durst. Sie schleppte sich auf der Suche nach Kokosnüssen den Strand entlang. Es war seltsam, dass so viele Leichen antrieben und keine einzige Nuss. Es mussten doch mehr Kokosnüsse herumschwimmen als tote Menschen! Schließlich gab sie auf und blieb erschöpft liegen. Das Ende war da. Es blieb ihr nichts mehr, als auf den Tod zu warten. |
By the tenth day her last cocoanut was gone, and she was shrivelling from thirst. She dragged herself along the sand, looking for cocoanuts. It was strange that so many bodies floated up, and no nuts. Surely, there were more cocoanuts afloat than dead men! She gave up at last, and lay exhausted. The end had come. Nothing remained but to wait for death. |
Alles sie aus ihrem Dämmerzustand wieder auftauchte, wurde sie sich nach und nach bewusst, dass sie ein Büschel rotblonden Haares auf dem Kopf einer Leiche anstarrte. Das Meer warf den Körper auf sie zu, zog ihn wieder zurück. Er rollte herum und sie sah, dass er kein Gesicht mehr hatte. Und dennoch kam ihr an diesem Büschel rotblonden Haares etwas bekannt vor. Eine Stunde verging. Sie strengte sich nicht besonders an, die Leiche zu identifizieren. Sie wartete auf den Tod, und es war ihr ziemlich gleichgültig, welcher Mann dieses entsetzliche Ding einmal gewesen war. |
Coming out of a stupor, she became slowly aware that she was gazing at a patch of sandy-red hair on the head of a corpse. The sea flung the body toward her, then drew it back. It turned over, and she saw that it had no face. Yet there was something familiar about that patch of sandy-red hair. An hour passed. She did not exert herself to make the identification. She was waiting to die, and it mattered little to her what man that thing of horror once might have been. |
Aber nach Ablauf einer Stunde setzte sie sich langsam auf und starrte den Leichnam an. Eine ungewöhnlich hohe Welle hatte ihn soweit an Land geworfen, dass die kleineren ihn nicht mehr erreichen konnten. Ja, sie hatte recht; dieses Büschel rotblonden Haares konnte nur einem Menschen in den Paumotus gehören. Es war Levy, der deutsche Jude, der Mann, der die Perle gekauft und auf der Hira mit sich fortgenommen hatte. Nun, eines war offensichtlich: Die Hira war gesunken. Der Gott der Fischer und Diebe des Perlenaufkäufers hatte ihn im Stich gelassen. |
But at the end of the hour she sat up slowly and stared at the corpse. An unusually large wave had thrown it beyond the reach of the lesser waves. Yes, she was right; that patch of red hair could belong to but one man in the Paumotus. It was Levy, the German Jew, the man who had bought the pearl and carried it away on the Hira. Well, one thing was evident: The Hira had been lost. The pearl buyer's god of fishermen and thieves had gone back on him. |
Sie kroch hinab zu dem toten Mann. Sein Hemd war fortgerissen worden und sie konnte den ledernen Geldgürtel um seine Taille sehen. Sie hielt den Atem an und zerrte an den Schnallen. Sie gaben leichter nach, als sie erwartet hatte und sie kroch hastig über den Sand fort, den Gürtel hinter sich her schleifend. Tasche nach Tasche öffnete sie die Verschlüsse des Gürtels und fand sie leer. Wo konnte er sie hingetan haben? In der allerletzten Tasche entdeckte sie sie, die erste und einzige Perle, die er auf dieser Reise gekauft hatte. Sie kroch noch ein paar Meter weiter weg, um dem Pestgestank des Gürtels zu entkommen und untersuchte die Perle. Es war die, die Mapuhi gefunden und die ihn Toriki geraubt hatte. Sie wog sie in der Hand und rollte sie zärtlich hin und her. Aber sie sah nicht die ihr innewohnende Schönheit. Was sie sah, war das Haus, das Mapuhi und Tefara und sie so sorgfältig im Geiste gebaut hatten. Jedesmal, wenn sie die Perle ansah, sah sie das Haus in allen Details vor sich, einschließlich der achteckigen Pendeluhr an der Wand. Das war etwas, wofür es sich zu leben lohnte. |
She crawled down to the dead man. His shirt had been torn away, and she could see the leather money belt about his waist. She held her breath and tugged at the buckles. They gave easier than she had expected, and she crawled hurriedly away across the sand, dragging the belt after her. Pocket after pocket she unbuckled in the belt and found empty. Where could he have put it? In the last pocket of all she found it, the first and only pearl he had bought on the voyage. She crawled a few feet farther, to escape the pestilence of the belt, and examined the pearl. It was the one Mapuhi had found and been robbed of by Toriki. She weighed it in her hand and rolled it back and forth caressingly. But in it she saw no intrinsic beauty. What she did see was the house Mapuhi and Tefara and she had builded so carefully in their minds. Each time she looked at the pearl she saw the house in all its details, including the octagon-drop-clock on the wall. That was something to live for. |
Sie riss einen Streifen aus ihrem Ahu und knotete sich die Perle sicher um den Hals. Dann ging sie den Strand entlang, stöhnend und keuchend, aber fest entschlossen, Kokosnüsse zu finden. Bald hatte sie eine entdeckt, und als sie sich umsah, eine zweite. Sie brach eine davon auf, trank die Milch, die schimmlig schmeckte und aß das Fleisch bis zum letzten Brocken. Ein wenig später fand sie einen zertrümmerten Einbaum. Der Ausleger war verschwunden, aber ihre Hoffnung wuchs und bevor der Tag vorüber war, hatte sie auch den Ausleger gefunden. Jeder Fund war eine Verheißung. Die Perle ein Talisman. Spät am Nachmittag sah sie eine Holzkiste, die tief im Wasser schwamm. Als sie sie an Land zerrte, klapperte der Inhalt und drinnen fand sie zehn Büchsen Lachs. Sie öffnete eine davon, indem sie damit auf das Kanu einhämmerte. Als ein Loch entstand, trank sie den Saft. Danach verbrachte sie mehrere Stunden damit, den Lachs herauszuholen, indem sie Stück für Stück heraushämmerte und –quetschte. |
She tore a strip from her ahu and tied the pearl securely about her neck. Then she went on along the beach, panting and groaning, but resolutely seeking for cocoanuts. Quickly she found one, and, as she glanced around, a second. She broke one, drinking its water, which was mildewy, and eating the last particle of the meat. A little later she found a shattered dugout. Its outrigger was gone, but she was hopeful, and, before the day was out, she found the outrigger. Every find was an augury. The pearl was a talisman. Late in the afternoon she saw a wooden box floating low in the water. When she dragged it out on the beach its contents rattled, and inside she found ten tins of salmon. She opened one by hammering it on the canoe. When a leak was started, she drained the tin. After that she spent several hours in extracting the salmon, hammering and squeezing it out a morsel at a time. |
Noch acht Tage länger wartete sie auf Rettung. In der Zwischenzeit befestigte sie den Ausleger wieder am Kanu, wobei sie zum Verzurren alle Kokosfasern verwendete, die sie finden konnte, und auch die verbliebenen Reste ihres Ahu. Das Kanu hatte große Risse und sie konnte es nicht wasserdicht bekommen; aber sie verstaute eine aus der Schale einer Kokosnuss gemachte Kalebasse als Schöpfer an Bord. Das Paddel war ein Problem. Mit einem Stück Blech sägte sie sich die Haare dicht über der Kopfhaut ab. Aus den Haaren flocht sie eine Schnur; und mittels dieser Schnur verzurrte sie ein einen Meter langes Stück Besenstiel mit einem Brett von der Lachskiste. |
Eight days longer she waited for rescue. In the meantime she fastened the outrigger back on the canoe, using for lashings all the cocoanut fibre she could find, and also what remained of her ahu. The canoe was badly cracked, and she could not make it water-tight; but a calabash made from a cocoanut she stored on board for a bailer. She was hard put for a paddle. With a piece of tin she sawed off all her hair close to the scalp. Out of the hair she braided a cord; and by means of the cord she lashed a three-foot piece of broom handle to a board from the salmon case. |
Mit den Zähnen nagte sie sich Keile zurecht und mit diesen Keilen spannte sie die Verzurrung fest. |
She gnawed wedges with her teeth and with them wedged the lashing. |
Am achtzehnten Tag, um Mitternacht, brachte sie das Kanu durch die Brandung zu Wasser und machte sich auf den Rückweg nach Hikueru. Sie war eine alte Frau. Die durchlittene Mühsal hatte ihren Körper allen Fetts beraubt, bis kaum mehr als Haut und Knochen und ein paar Muskelstränge übrig blieben. Das Kanu war groß und hätte von drei starken Männern gepaddelt werden sollen. |
On the eighteenth day, at midnight, she launched the canoe through the surf and started back for Hikueru. She was an old woman. Hardship had stripped her fat from her till scarcely more than bones and skin and a few stringy muscles remained. The canoe was large and should have been paddled by three strong men. |
Aber sie tat es allein, mit einem improvisierten Paddel. Außerdem leckte das Kanu stark, und ein Drittel ihrer Zeit musste sie darauf verwenden, es auszuschöpfen. Bei hellem Tageslicht hielt sie vergebens Ausschau nach Hikueru. Hinter ihr war Takokota hinter dem Horizont verschwunden. Die Sonne brannte auf ihre Nacktheit hernieder und raubte ihren Körper das letzte Quäntchen Feuchtigkeit. Zwei Dosen Lachs waren noch übrig und im Laufe des Tages schlug sie Löcher hinein und saugte die Flüssigkeit heraus. Sie konnte keine Zeit darauf vergeuden, das Fleisch herauszuholen. Eine Strömung setzte nach Westen, und sie trieb westwärts ab, unabhängig davon, wie weit sie südwärts vorankam. |
But she did it alone, with a make-shift paddle. Also, the canoe leaked badly, and one-third of her time was devoted to bailing. By clear daylight she looked vainly for Hikueru. Astern, Takokota had sunk beneath the sea rim. The sun blazed down on her nakedness, compelling her body to surrender its moisture. Two tins of salmon were left, and in the course of the day she battered holes in them and drained the liquid. She had no time to waste in extracting the meat. A current was setting to the westward, she made westing whether she made southing or not. |
Am frühen Nachmittag, aufrecht im Kanu stehend, sichtete sie Hukueru. Seine Fülle an Kokospalmen war verschwunden. Nur hie und da, in weiten Abständen, konnte sie die zerfetzten Überbleibsel eines Baumes sehen. Der Anblick weckte ihre Lebensgeister. Sie war näher, als sie geglaubt hatte. Die Strömung versetzte sie nach Westen. Sie stemmte sich dagegen und paddelte weiter. Die Keile in der Verzurrung des Paddels lockerten sich und sie verlor in regelmäßigen Abständen viel Zeit damit, sie wieder fest zu schlagen. Und dann das Schöpfen. Eine Stunde von drei musste sie das Paddeln einstellen, um zu schöpfen. Und die ganze Zeit driftete sie weiter nach Westen. |
In the eary afternoon, standing upright in the canoe, she sighted Hikueru Its wealth of cocoanut palms was gone. Only here and there, at wide intervals, could she see the ragged remnants of trees. The sight cheered her. She was nearer than she had thought. The current was setting her to the westward. She bore up against it and paddled on. The wedges in the paddle lashing worked loose, and she lost much time, at frequent intervals, in driving them tight. Then there was the bailing. One hour in three she had to cease paddling in order to bail. And all the time she driftd to the westward. |
Bei Sonnenuntergang lag Hikueru südöstlich von ihr, drei Meilen entfernt. Es war Vollmond und um Acht lag das Land genau im Osten und war zwei Meilen entfernt. Sie kämpfte noch eine Stunde lang weiter, aber das Land blieb so weit weg wie vorher. Die Strömung hatte sie jetzt fest in ihrem Griff; das Kanu war zu groß, das Paddel unzulänglich, zu viel Zeit und Kraft verschwendete sie mit Schöpfen. Außerdem war sie sehr schwach und wurde immer schwächer. Trotz aller Anstrengungen wurde ihr Kanu nach Westen abgetrieben. |
By sunset Hikueru bore southeast from her, three miles away. There was a full moon, and by eight o'clock the land was due east and two miles away. She struggled on for another hour, but the land was as far away as ever. She was in the main grip of the current; the canoe was too large; the paddle was too inadequate; and too much of her time and strength was wasted in bailing. Besides, she was very weak and growing weaker. Despite her efforts, the canoe was drifting off to the westward. |
Sie schickte ein Gebet zu ihrem Hai-Gott, ließ sich über die Bordwand gleiten und fing an, zu schwimmen. Tatsächlich erfrischte sie das Wasser und sie ließ das Kanu schnell hinter sich. Nach Ablauf einer Stunde war sie dem Land merklich näher gekommen. Dann kam die Angst. Genau vor ihren Augen, keine sieben Meter entfernt, durchschnitt eine große Finne das Wasser. Als sie gleichmäßig darauf zu schwamm, glitt sie langsam davon, kurvte nach rechts und umrundete sie. Ohne die Finne aus den Augen zu lassen schwamm sie weiter. Wenn die Finne untertauchte, legte sie sich mit dem Gesicht nach unten aufs Wasser und hielt Ausschau. Wenn die Finne wieder auftauchte, schwamm sie weiter. Das Monster hatte es nicht eilig – soviel konnte sie erkennen. Ohne Zweifel war es seit dem Hurrikan gut genährt. Wäre es sehr hungrig gewesen, hätte es nicht gezögert, sie anzugreifen. Der Hai war fünf Meter lang und sie wusste, dass er sie mit einem einzigen Biss in zwei Hälften zerteilen konnte. |
She breathed a prayer to her shark god, slipped over the side, and began to swim. She was actually refreshed by the water, and quickly left the canoe astern. At the end of an hour the land was perceptibly nearer. Then came her fright. Right before her eyes, not twenty feet away, a large fin cut the water. She swam steadily toward it, and slowly it glided away, curving off toward the right and circling around her. She kept her eyes on the fin and swam on. When the fin disappeared, she lay face downward in the water and watched. When the fin reappeared she resumed her swimming. The monster was lazy--she could see that. Without doubt he had been well fed since the hurricane. Had he been very hungry, she knew he would not have hesitated from making a dash for her. He was fifteen feet long, and one bite, she knew, could cut her in half. |
Aber sie konnte ihre Zeit nicht mit ihm verschwenden. Ob sie vorwärts schwamm oder nicht, die Strömung zog sie immer weiter vom Land weg. Eine halbe Stunde verstrich und der Hai wurde dreister. Da er keine Gefahr in ihr sah, kam er in immer enger werdenden Kreisen näher und betrachtete sie im Vorbeigleiten mit unverfrorenem Blick. Früher oder später, das war ihr klar, würde er genügend Mut gesammelt haben, um sie anzugreifen. Sie entschloss sich, nicht darauf zu warten. Es war eine Verzweiflungstat, die sie da plante. Sie war eine alte Frau, einsam im Ozean und erschöpft von Hunger und Mühsal. Und dennoch musste sie im Angesicht dieses Tigers der See seinen Angriff vorwegnehmen, indem sie ihn selbst angriff. Sie schwamm weiter und wartete auf ihre Chance. Endlich glitt er träge vorbei, kaum mehr als zwei Meter entfernt. Unvermittelt ging sie auf ihn los und tat so, als wollte sie ihn angreifen. Er schlug wild mit dem Schwanz und schoss davon. Seine sandpapierartige Haut erwischte sie und schürfte ihr die Haut vom Ellbogen bis zur Schulter ab. Er schwamm schnell in einem größer werdenden Kreis und verschwand schließlich. |
But she did not have any time to waste on him. Whether she swam or not, the current drew away from the land just the same. A half hour went by, and the shark began to grow bolder. Seeing no harm in her he drew closer, in narrowing circles, cocking his eyes at her impudently as he slid past. Sooner or later, she knew well enough, he would get up sufficient courage to dash at her. She resolved to play first. It was a desperate act she meditated. She was an old woman, alone in the sea and weak from starvation and hardship; and yet she, in the face of this sea tiger, must anticipate his dash by herself dashing at him. She swam on, waiting her chance. At last he passed languidly by, barely eight feet away. She rushed at him suddenly, feigning that she was attacking him. He gave a wild flirt of his tail as he fled away, and his sandpaper hide, striking her, took off her skin from elbow to shoulder. He swam rapidly, in a widening circle, and at last disappeared. |
In einem Loch im Sand, gedeckt mit Resten von Blechdächern, lagen Mapuhi und Tefara und stritten sich. |
In the hole in the sand, covered over by fragments of metal roofing, Mapuhi and Tefara lay disputing. |
"Wenn du getan hättest, was ich dir gesagt habe," warf ihm Tefara zum tausendsten Mal vor, "und die Perle versteckt und keinem was davon gesagt hättest, dann hättest du sie noch." |
"If you had done as I said," charged Tefara, for the thousandth time, "and hidden the pearl and told no one, you would have it now." |
"Aber Huru-Huru war dabei, als ich die Muschel geöffnet habe – habe ich dir das nicht schon tausend und abertausend Mal gesagt?" |
"But Huru-Huru was with me when I opened the shell--have I not told you so times and times and times without end?" |
"Und nun werden wir kein Haus haben. Raoul hat mir heute gesagt, wenn du die Perle nicht an Toriki verkauft hättest –" |
"And now we shall have no house. Raoul told me today that if you had not sold the pearl to Toriki--" |
"Ich habe sie nicht verkauft. Toriki hat mich beraubt." |
"I did not sell it. Toriki robbed me." |
"– wenn du die Perle nicht verkauft hättest, würde er dir fünftausend französische Dollar geben, und das sind zehntausend Chile-Dollar." |
"--that if you had not sold the pearl, he would give you five thousand French dollars, which is ten thousand Chili." |
"Er hat mit seiner Mutter gesprochen," erklärte Mapuhi. "Sie hat einen Blick für Perlen." |
"He has been talking to his mother," Mapuhi explained. "She has an eye for a pearl." |
"Und jetzt ist die Perle verloren," beklagte sich Tefara. |
"And now the pearl is lost," Tefara complained. |
"Ich habe meine Schulden bei Toriki damit bezahlt. Also habe ich immerhin zwölfhundert verdient." |
"It paid my debt with Toriki. That is twelve hundred I have made, anyway." |
"Toriki ist tot," jammerte sie. "Sein Schoner ist spurlos verschwunden. Er ist zusammen mit der Aorai und der Hira untergegangen. Wird dir Toriki die versprochenen Dreihundert in Waren bezahlen? Nein, denn Toriki ist tot. Und wenn du keine Perle gefunden hättest, würdest du heute Toriki die Zwölfhundert schulden? Nein, denn Toriki ist tot und tote Männer kann man nicht bezahlen." |
"Toriki is dead," she cried. "They have heard no word of his schooner. She was lost along with the Aorai and the Hira. Will Toriki pay you the three hundred credit he promised? No, because Toriki is dead. And had you found no pearl, would you today owe Toriki the twelve hundred? No, because Toriki is dead, and you cannot pay dead men." |
"Aber Levy hat Toriki nicht bezahlt," sagte Mapuhi. "Er hat ihm ein Stück Papier gegeben, das in Papeete gut für Geld war. Und jetzt ist Levy tot und kann nicht bezahlen. Und Toriki ist tot und das Papier ist mit ihm verloren und die Perle ist mit Levy untergegangen. Du hast recht, Tefara. Ich habe die Perle verloren und nichts dafür erhalten. Jetzt lass uns schlafen." |
"But Levy did not pay Toriki," Mapuhi said. "He gave him a piece of paper that was good for the money in Papeete; and now Levy is dead and cannot pay; and Toriki is dead and the paper lost with him, and the pearl is lost with Levy. You are right, Tefara. I have lost the pearl, and got nothing for it. Now let us sleep." |
Plötzlich hob er die Hand und lauschte. Von draußen kam ein Laut wie von schwerem und gequältem Atmen. Eine Hand tastete nach der Matte, die als Tür diente. |
He held up his hand suddenly and listened. From without came a noise, as of one who breathed heavily and with pain. A hand fumbled against the mat that served for a door. |
"Wer ist da?" rief Mapuhi. |
"Who is there?" Mapuhi cried. |
"Nauri," lautete die Antwort. "Kannst du mir sagen, wo mein Sohn ist? Mapuhi?" |
"Nauri," came the answer. "Can you tell me where is my son, Mapuhi?" |
Tefara schrie auf und packte Mapuhis Arm. |
Tefara screamed and gripped her husband's arm. |
"Ein Geist!" sagte sie mit klappernden Zähnen. "Ein Geist!" |
"A ghost! she chattered. "A ghost!" |
Mapuhis Gesicht hatte sich zu einem ungesunden Gelb verfärbt. Er klammerte sich schwach an seine Frau. |
Mapuhi's face was a ghastly yellow. He clung weakly to his wife. |
"Gute Frau," sagte er stammelnd, bemüht, seine Stimme zu verstellen, "ich kenne deinen Sohn gut. Er wohnt auf der Ostseite der Lagune." |
"Good woman," he said in faltering tones, striving to disguise his vice, "I know your son well. He is living on the east side of the lagoon." |
Von draußen kam ein seufzender Laut. Mapuhi fühlte sich beschwingt. Er hatte den Geist genarrt. |
From without came the sound of a sigh. Mapuhi began to feel elated. He had fooled the ghost. |
"Aber woher kommst du denn, alte Frau?" fragte er. |
"But where do you come from, old woman?" he asked. |
"Aus dem Meer," kam die niedergeschlagene Antwort. |
"From the sea," was the dejected answer. |
"Ich wusste es, ich wusste es!" kreischte Tefara und wiegte sich vor und zurück. |
"I knew it! I knew it!" screamed Tefara, rocking to and fro. |
"Seit wann schläft Tefara in einem fremden Haus?" klang Nauris Stimme durch die Matte. |
"Since when has Tefara bedded in a strange house?" came Nauri's voice through the matting. |
Mapuhi blickte voller Furcht und Vorwurf auf seine Frau. Ihre Stimme hatte sie verraten. |
Mapuhi looked fear and reproach at his wife. It was her voice that had betrayed them. |
"Und seit wann verleugnet Mapuhi, mein Sohn, seine alte Mutter?" fuhrt die Stimme fort. |
"And since when has Mapuhi, my son, denied his old mother?" the voice went on. |
"Nein, nein, ich habe dich nicht – Mapuhi hat dich nicht verleugnet," stieß er hervor. "Ich bin nicht Mapuhi. Ich sage doch, dass er am Ostende der Lagune ist." |
"No, no, I have not--Mapuhi has not denied you," he cried. "I am not Mapuhi. He is on the east end of the lagoon, I tell you." |
Ngakura setzte sich im Bett auf und begann zu weinen. Die Matte bewegte sich. |
Ngakura sat up in bed and began to cry. The matting started to shake. |
"Was tust du da?" wollte Mapuhi wissen. |
"What are you doing?" Mapuhi demanded. |
"Ich komme rein," sagte Nauris Stimme. |
"I am coming in," said the voice of Nauri. |
Ein Ende der Matte hob sich. Tefara versuchte, unter die Decke zu tauchen, aber Mapuhi hielt sich an ihr fest. Er musste sich an irgend etwas festhalten. Zusammen, miteinander ringend, mit zitternden Leibern und klappernden Zähnen starrten sie mit hervorquellenden Augen auf die sich öffnende Matte. Sie sahen, wie Nauri, triefend vor Seewasser und ohne ihren Ahu hereinkroch. Sie fuhren vor ihr zurück und versuchten, sich gegenseitig Ngakuras Decke zu entreißen, um sich darunter zu verstecken. |
One end of the matting lifted. Tefara tried to dive under the blankets, but Mapuhi held on to her. He had to hold on to something. Together, struggling with each other, with shivering bodies and chattering teeth, they gazed with protruding eyes at the lifting mat. They saw Nauri, dripping with sea water, without her ahu, creep in. They rolled over backward from her and fought for Ngakura's blanket with which to cover their heads. |
"Du könntest deiner alten Mutter einen Schluck Wasser anbieten," meinte der Geist kläglich. |
"You might give your old mother a drink of water," the ghost said plaintively. |
"Gib ihr einen Schluck Wasser," befahl Tefara mit zitternder Stimme. |
"Give her a drink of water," Tefara commanded in a shaking voice. |
"Gib ihr einen Schluck Wasser," gab Mapuhi die Anweisung an Ngakura weiter. |
"Give her a drink of water," Mapuhi passed on the command to Ngakura. |
Und gemeinsam stießen sie Ngakura unter der Decke hervor. Eine Minute später riskierte Mapuhi ein Auge und sah den Geist trinken. Als der eine zitternde Hand ausstreckte und auf seine legte, fühlte er ihr Gewicht und war endlich überzeugt, dass er keinen Geist vor sich hatte. Dann kroch er hervor, zerrte Tefara hinter sich her und ein paar Minuten später lauschten sie alle Nauris Geschichte. Und als sie von Levy berichtete und die Perle in Tefaras Hand legte, da war sogar die damit versöhnt, wieder eine reale Schwiegermutter zu haben. |
And together they kicked out Ngakura from under the blanket. A minute later, peeping, Mapuhi saw the ghost drinking. When it reached out a shaking hand and laid it on his, he felt the weight of it and was convinced that it was no ghost. Then he emerged, dragging Tefara after him, and in a few minutes all were listening to Nauri's tale. And when she told of Levy, and dropped the pearl into Tefara's hand, even she was reconciled to the reality of her mother-in-law. |
"Morgen früh," sagte Tefara, "wirst du Raul die Perle für fünftausend Französische verkaufen." |
"In the morning," said Tefara, "you will sell the pearl to Raoul for five thousand French." |
"Das Haus?" protestierte Nauri. |
"The house?" objected Nauri. |
"Er wird das Haus bauen," antwortete Tefara. "Er sagt, dass es viertausend Französische kosten wird. Außerdem gibt er uns für tausend Französische Kredit, das sind zweitausend Chilenische." |
"He will build the house," Tefara answered. "He ways it will cost four thousand French. Also will he give one thousand French in credit, which is two thousand Chili." |
"Und es wird zehn Meter lang sein?" zweifelte Nauri. |
"And it will be six fathoms long?" Nauri queried. |
"Ay," antwortete Mapuhi. "Zehn Meter." |
"Ay," answered Mapuhi, "six fathoms." |
"Mit der achteckigen Pendeluhr im Mittelraum?" |
"And in the middle room will be the octagon-drop-clock?" |
"Ay, und auch mit dem runden Tisch." |
"Ay, and the round table as well." |
"Dann gib mir etwas zu essen, denn ich bin hungrig," sagte Nauri befriedigt. "Und danach wollen wir schlafen, denn ich bin müde. Und morgen müssen wir noch einmal über das Haus reden, bevor wir die Perle verkaufen. Es ist besser, wenn wir die zweitausend in bar nehmen. Geld ist noch besser als Kredit, wenn man von den Händlern etwas kaufen will." |
"Then give me something to eat, for I am hungry," said Nauri, complacently. "And after that we will sleep, for I am weary. And tomorrow we will have more talk about the house before we sell the pearl. It will be better if we take the thousand French in cash. Money is ever better than credit in buying goods from the traders." |
© 2002 Peter Friedrich |
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