Graffio – Agnese
Graffio. Nun Frau Agnese ich wünsche dir Glück. Da hast du eine Gelegenheit deinem Manne zu dienen, die unter hundert tausend Frauen kaum eine findet.
Agnese. Wünsche mir lieber Glück daß ich Tugend genug habe eine solche Gelegenheit ergreiffen zu wollen. Denn ein so harter ungefälliger Mann wie du –
Graffio. Konte ich es denken daß du gewiß eine Casual und Jubelpredigt halten würdest; und du hast Recht liebe Hauspostille es muß dir selbst zuletzt verdrieslich werden deine 365 Gardinnen-Betrachtungen auf alle Nächte im Jahre immer über denselben Text anzustellen.
Agnese. Du machst mir wirklich ein feines Compliment, freylich wider deinen Willen wie sich versteht. Mir ietzt so etwas zu sagen da dein Schicksal in meinen Händen ist. Das nenne ich einen Heldenglauben an die weibliche Tugend.
Graffio. Sapperment du trauest mir eine so zähe Geduld zu daß ich an deiner gepriesenen Tugend zweifeln möchte. Beym Asmodi was willst du? Hast du ie einen treuern Mann gekant als ich bin.
Agnese. Das macht noch nicht alles aus. Sag einmahl selbst hast du nicht gleich nach der Hochzeit deine ganze Gefälligkeit geschwinder vergeßen als ich mein Clavierspielen.
Graffio. Ich weiß mir das so genau nicht zu erinnern.
Agnese. So? weißt du keinen Unterschied zwischen ietzt und den Tagen unsers Brautstandes. Hilf Himmel wenn mein Nahmensfest einfiel wie holtest du Blumen aus Treibhäusern Austern aus Ancona, und Vergleichungen aus der Sonne. Aber ietzt geht Agnesentag stiller hin als ein Bußtag.
Graffio. Auch ich war in Arcadien. Aber was thuts unsre Liebe ist ietzt reifer und gesetzter geworden. Die Freuden der Kindheit sind vielleicht die besten aber wer wollte und wer kan immer ein Kind bleiben. Alles hat seine Zeit.
Agnese. Wie hoch würdest du mir das Gegentheil zugeschworen haben, wenn ich dir das am Polterabend gesagt hätte.
Graffio. Ganz Recht. Wie gesagt alles hat seine Zeit, und am Polterabend wäre diese Bemerkung ein Wort sehr zur Unzeit gesprochen.
Agnese. Ach ihr seyd alle Verräther. Wer hätte geglaubt daß aus dir ein so ungefälliges Wesen werden könte. Hilf Himmel ich dachte die Grillen der Dichter würden durch unsre Ehe aufhören Grillen zu seyn, in unsern Hause würde alles wie in Petrarca seyn; daß Besenstiel und Suppennapf ausrufen müßten: hier herrschet die Liebe
Graffio. Mein Engel – –
Agnese. Ja mein Engel! – so zwey oder drey süße Worte ist alles was mir von der ganzen Herrlichkeit übrig geblieben ist, und sie nehmen sich in unserm übrigen Umgange aus wie ein paar Treßenlumpen auf der Weste eines verarmten Stutzers.
Graffio. Madam sind satyrisch – Was man doch nicht alles ist, wenn man nur ein Weib ist.
Agnese. Es ist kein Wunder wenn man in unsern Haufe satyrisch wird. Denn wenn du aus dem grünen Lehnstule so ernsthaft und mürrisch von deinen Ehe Regalien und Herrlichkeiten sprichst – ich versichere dich lieber Mann – so könte ein Schaaf Epigrammen machen. Allein nicht allein über dich sondern auch von dir lernt man spotten. Denn wenn du aufgeräumt bist machst du nicht immer Pasquillen auf die Weiber? Ich bin, ohne Ruhm zu melden, eine gute Köchin und es müßte eine sehr schlechte seyn, die nicht etwas in seiner eignen Brühe zu richten wüßte.
Graffio. Schade um die gemisbrauchten Talente! Schade daß die Satyre nicht wie die Liebe von sich selbst anfängt.
Agnese. Freylich bin ich eine Närrin gewesen daß ich geheyrathet habe, aber da daß nun einmahl nicht zu ändern ist so verdrießt es mich an meisten daß mir kein iunges Mädchen glauben will, wenn ich ihm von den Greueln des Ehestandes sage. Jede meynt eine Ausnahme von der Regel zu machen, an der die Regel keine Regel ohne Ausnahme zur Lügnerin wird.
Graffio. Thue deinem Geschlechte nicht unrecht, auch die iungen Männer werden nicht gescheuter denn wie du weißt zu ieder Ehe gehört so gut ein Thor als ein Frauenzimmer.
Agnese. Daß ihr doch davon mitsprechen wollt, aber wir – In andern Dingen ist doch eigner Schaden nicht der einzige Weg Klug zu werden, nur in der Liebe ist es für uns – so wahr ich eine ehrliche Frau bin – der einzige. Bedenke und vergleiche nur dein Betragen – –
Graffio. Genug – ich weiß daß ich dir unrecht gethan habe. Ich hielt dich bloß für den Gardinnen-Demosthenes, für die größte Rednerin von weicher Stäte. Aber du hast auf dißeit und ienseit des Vorhanges nicht deines gleichen. Bey allem dem fällt mir doch eben mein Wahlspruch bey Alles zu seiner Zeit. Sieh liebe Agnese. Eine Gardinnenpredigt ist wie ein Gespenst – um Mitternacht kan es Respect fordern, aber Rübezahl muß nicht Mittags um 11 Uhr im Sonnenschein über den Markt gehen und die Glocke ziehen.
Agnese. Wenn man diese Vergleichung – –
Graffio. Du hast viel Witz mein Engel du wirst doch aber nicht leugnen daß es heller lichter Tag ist.
Agnese. O ich glaube beinahe ich habe eben so viel Einfalt als Tugend.
Graffio. Ernsthaft liebe Agnese, ich weiß daß du ein gutes Weib bist, und daß es dir unmöglich fallen würde, mir diese Gefälligkeit nicht zu erzeigen, allein du möchtest doch wenn es seyn könte nebenher eine keyserliche Gnadenkette damit verdienen. Ihr Frauenzimmer rechnet Eure Tugend immer so hoch. Jede gute Handlung soll mit Golde aufgewogen werden, wenn sie auch so unbeträchtlich wäre, daß man sie nur Duzend weise bezahlen könte, weil man keine Scheidemünze hat, die für einzelne klein genug wäre. Aber ich schwatze! Lebe wohl. Du weißt doch schon, daß wir uns vor dem Holzthore treffen.
(geht ab)