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Unsere Zeit ist möglicherweise die letzte gewesen, zu der man noch reisen konnte; schon wir kommen kaum noch aus unserer Zivilisation hinaus; das Bild bleibt sich von Weltteil zu Weltteil erstaunlich gleich.
Nach den Abenteurern haben die Entdecker und Gelehrten uns die Fremde erobert, und dann die Künstler unser Nervensystem nach allen exotischen Schwingungstakten vibrieren lassen. Jetzt gibt es keine Entfernungen mehr, die genügen, um Abenteuer glaubhaft zu machen; die Geographie und das Wirtschaftsleben lernen wir zu Hause aus Handbüchern und Weißbüchern besser als auf der Reise aus dem Baedeker kennen; und Familienjournale haben, was für die Sinne neu war, durch Bild und Wort gewöhnlich gemacht. Nur noch wer hinter bekannten Zeichen fremde Bedeutungen zu erkennen die Phantasie hat oder wer, durch ungewohnte Umgebungen und die Einsamkeit der Ferne angeregt, alte Bilder mit frischen Augen ansieht, wird häufiger und nicht bloß zufällig durch Veränderung seines Aufenthalts Neues empfinden: vielleicht nur der Reisende, den Kunstwerke und Gesellschaftsformen, die längst für ihn keine Bedeutung mehr hatten, auf eine neue Weise rühren, weil sie Bekenntnisse von Seelen sind, gegen die er noch nicht stumpf ist durch die zu lange schon gewußte Unmöglichkeit, ihr Geheimnis zu lichten. Dem allerdings begegnet es bei seinen Versuchen, eine neu geglaubte Geisteswelt zu enträtseln, daß er durch Augen, die er den Fremden leiht, in die Landschaft hinein nie geschaute Stimmungen sieht und daß ihm alltägliche Kunst durch neue Zusammenhänge zu Symbolen wird, die für ihn noch nicht verblaßt sind; er liebt das Reisen als die Heilung für den müden und durch Enttäuschungen oberflächlich gewordenen Geist. Und auch der Reisebeschreibung, Stanley oder Stendhal, will er eine ähnliche Umwandlung seines geistigen Sehvermögens abgewinnen; und nimmt es, da alles Fertige die Stimmung, in der es entstanden ist, zerstören müßte, als die natürliche und nicht reizlose Schwäche des Reisebuchs hin, daß es nur Unvollständiges, nicht ein fertiges Wissen zu bieten vermag und sich begnügen muß, einen Boden zu bereiten, auf dem dann vielerlei Frucht wachsen mag.