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Jens Peter Jacobsen

Das Tagebuch eines begabten jungen Mannes

(Auszug)

I

15. Januar 1867.

Es gibt Augenblicke in meinem Leben, in denen ich glaube, daß das Studium der Natur mein Lebensberuf ist; aber zu andern Zeiten ist es, als solle die Poesie mein Wirkungskreis sein, und zwar namentlich dann, wenn irgendein ausgezeichnetes Gedicht meine Begeisterung erregt hat oder wenn ich mich mit der nordischen Götterlehre beschäftigt habe. Könnte ich die ewigen Gesetze der Natur, ihre herrlich kecken Rätsel und Wunder in die Welt der Dichtung übertragen, da, das fühle ich, würde mein Werk ein mehr als gewöhnliches sein. Aber die Dichtung würde keine christliche werden, sie würde die Bibel wie eine Edda betrachten und keine andern Werke der Gottheit anerkennen als die Naturgesetze in weitestem Umfang, sie würde die Menschen nicht als Gottes Kinder betrachten, sondern als Teile der Gottheit, als geringe Teile, aber dennoch als Teile ...

12./3.67.

Es ist eine dumme alte Tradition, daß man sich selbst am wenigsten kennt. Andre könnten wissen, was man tut und sagt, selbst weiß man, was man denkt – und das ist das Wichtigste, denn leider sind Worte und Taten oft den Gedanken entgegengesetzt ... Dies gilt natürlich nur, wenn man sich mit sich selbst beschäftigt hat.

22. Mai 1867.

Ich war in der italienischen Oper, trotz Zeit und Geld; ich sah Un ballo in maschera«. Verstand nicht ein Wort, ahnte dunkel den Sinn, ward von der Primadonna angeekelt, langweilte mich bei dem meisten von der Musik und – amüsierte mich trotzdem ganz vorzüglich.

Signora Benati! jung, natürlich, fröhlich, schelmisch, recht hübsch, Pagentracht, herrliche Stimme – ihr Götter, welch entsetzlicher Angriff auf ein junges Herz, das warm für alles Schöne schlagt, vielleicht sogar reichlich warm. Wo ich gehe und stehe, sehe ich Signora Benati aus dem 4. Akt heraustanzen und höre sie die Arie im ersten singen. Sie ist fast noch Kind, ihr Entzücken über die Blumensträuße war groß, sie wollte sie ungern loslassen. Signor Padilla mußte sie ihr fast entreißen, damit sie in ihrem Spiel nicht dadurch geniert wurde, – und dann hielt sie doch trotzig an einem der Bukettbänder fest. Signora Benati und das Maturitätsexamen! schrecklich, daß ihr euch nicht miteinander vertragen könnt! Ich muß doch sehen, daß ich euch dazu bringe. Einmal sehen muß ich die Benati noch.

16. Dezember 1867.

Wozu mit einem Tagebuch anfangen! Es wird ja doch nichts daraus. – Aber das Kollegienheft ist so sauber, und es ist ein so herrlich frecher Titel, den ich da vorne hineingeschrieben habe. Ich muß im höchsten Grade aufrichtig sein auf diesen Blättern. »Kein gesunder Mensch schreibt ein Tagebuch.« Dies ist also ein Krankenjournal. – Wenn man ein Tagebuch schreibt, bildet man sich selbst eine Menge Lügen ein. – Ich habe in dieser Zeit »Per Gynt« gelesen. Möge er sich setzen. Krojsos von A. Flinch. Kaltes Feuer. Aaresstrups Gedichte, – wie bezeichnend ist nicht für ihn das kleine Ritornello:

»Es fiel mir niemals ein, in deinen Schmuck
Von Reizen diesen mitzuzählen:
Des seidnen Schnürleibs zarten Rosendruck.«

Es könnte niemals einem andern als ihm einfallen, einer solchen Beobachtung Versform zu geben und sie niederzuschreiben.

Habe »Kopenhagen bei Tag« im Vesterbro-Theater gesehen.

Merkwürdigerweise kam darin eine Äußerung vor, die, wenn sie auch verkehrt ist, doch Sinn hat: Es ist ein junger Mann vom Lande, der äußerst unzufrieden mit Kopenhagen ist und sich erst zurechtfinden kann, als er in die Regenz unter eine Schar Studenten gekommen ist. Im übrigen hat es unangenehm viel Ähnlichkeit mit »Östergade und Vestergade«.

Es ist eigentlich komisch: ich weiß nicht, wie meine Prosa aussieht. Es kommt mir so vor, als wenn sie etwas Unoriginelles an sich hat, – ich meine nicht unoriginell, aber ich erkenne mich selbst nicht darin.

17. Dezember 1867.

Der Dichter macht einen Spaziergang, die Natur ist so wunderschön, so groß, so lebend, seine Gefühle regen sich stark, seine Lippe summt: das ist der selige Augenblick der Empfängnis. Er geht nach Hause, nimmt Papier und Feder, schreibt und streicht aus, denkt und denkt es wieder um, formt und formt es wieder um: das sind die harten Stunden der Entbindung. Am Tage darauf schreibt er wieder, es geht leichter, aber es ist auch weniger wertvoll. Das ist die Nachgeburt. Daher so viel Schlechtes zwischen so viel Gutem in den Dichterwerken. Es ist roh, aber wahr ... Wenn man, indem ich nach einer Abwesenheit von einem Augenblick in einen Kreis eintrete, von etwas anderem spricht als von dem, was der Gegenstand der Unterhaltung war, ehe ich ging, und bald, nachdem ich gekommen bin, das Thema fallen läßt, so spielt man in neun von zehn Fällen Komödie. Man hat über mich gesprochen; indem ich eintrete, beginnt einer eifrig von irgend etwas zu reden; die andern nehmen lebhaft teil daran; wenn man dann die Gefahr überstanden glaubt, hält man inne und verschnauft sich ...

Weshalb schreibe ich Gedichte? Um einmal berühmt zu werden? Ich will es nicht hoffen. Weil es meine Natur ist, weil es mir notwendig ist? Es kostet mich Anstrengung, ein Gedicht zu schreiben. Weil ich meine, mit dem Pfund wuchern zu müssen, das ich vielleicht habe?

Ich bin kein Pflichtmensch. Um mich selbst und die Größe meiner Fähigkeiten kennen zu lernen? Sagen wir: vielleicht mag ich nicht mehr Fragen aufwerfen.

Es ist mir ganz unmöglich zu sagen, ob, was ich hier schreibe, wirklich meine Ansicht ist oder ob es nur Federgrillen sind (Federdiarrhoe).

Ob ich hinterlistiger Mensch nicht im innersten Innern, im Allerinnersten in mir, einen Gedanken behause: einstmals im Laufe der Zeit wirst du ein großer Dichter, und wenn du dann tot bist, wird man dies saubere Kollegienheft finden und sich über deine treffenden (?) Bemerkungen freuen und viele Winke zur Beurteilung deiner Persönlichkeit und deiner Werke finden und es dann als Autorbiographie herausgeben! (Wäre ich zu der Zeit Kritiker, würde ich sagen, daß es verdammt verwirrtes Zeug ist.) Gott, wie dies jemand, der mich studierte, hinters Licht führen könnte! Aus dem ganzen Ton zum Beispiel von Obigem könnte er zu der Schlußfolgerung gelangen: wie aufrichtig! und dabei ist dies alles vielleicht gerade das direkte Gegenteil von meiner Ansicht. Ja, geehrter künftiger Besprecher, ich komme mit keiner Behauptung, in diesem Kapitel weiß ich nicht mehr als du und wahrscheinlich weniger, – du weißt wenigstens, wie das ganze Buch aussieht, ich kenne nur die ersten Seiten.

18. Dezember 1867.

Ein Dichter braucht wohl niemals bange zu sein, daß seine Gedanken so genial oder seine Gefühle so individuell sein sollten, daß seine Zeitgenossen sie nicht zu fassen vermögen.

Als ich den Knaben aus dem Ärmel geschüttelt hatte und anfing, mich geistig zu entwickeln, das heißt: anfing, mich selbst zu studieren, war ich sehr erstaunt und dachte: so wie du bist, gibt es keine andern auf der Welt. Jetzt weiß ich auf dem Wege der Erfahrung, daß es viele gibt. Ich hätte wohl Lust, meinem Ich hier eine spezielle Untersuchung zu widmen.

Ich

Ich bin ein Mensch, der Lust zu gar zu viel Dingen hat. Ich hatte wohl Lust, Botanik, Ästhetik, Kunstgeschichte, Mythologie und sicher noch viel mehr zu studieren.

Mein Wille ist vielleicht stark in großen Dingen, schwach in Kleinigkeiten, vielleicht umgekehrt, vielleicht im Augenblick von Gefühl und Gedanken erstickt.

Mein Gefühl ist stark, macht aber keinen Lärm. (Wie denkt Herr Ich über Gedichte? Das ist doch eine Art von Lärm.) Wenn ich begeistert werde, fährt es mir kalt den Rücken hinab. Ich kann leicht ins Weinen kommen. Gehe im allgemeinen in Gefühlssachen leicht zu Äußerlichkeiten.

Mein Gedankengang ist einigermaßen schnell, aber doch zu langsam; vielleicht klar, vielleicht nicht.

Ich flöße jungen Mädchen im allgemeinen Vertrauen ein.

Ich habe wohl viel Takt und Feingefühl. Erröte im allgemeinen ohne Grund.

Sehr eingebildet. Habe wohl viel Selbstkritik und bin wohl überhaupt ein guter, scharfer Kritiker. Sehr ehrgeizig.

Das Obige ist höchstmöglicherweise ganz gründlich verkehrt.

Habe eine sehr starke Neigung, alles, was mir in den Weg kommt, in Poesie umzusetzen. Bin eitel im Sommer, nicht im Winter. Arbeite hauptsächlich bei Licht. Gehe am liebsten in der Dämmerung spazieren. Träume lieber, als daß ich denke. Bin empfänglich für Schmeichelei, wenn sie fein ist. Sehr reizba ... Alles möglicherweise Lüge.

2. Januar 1868.

Wie träge ich bin! Ich lese in dieser Zeit Körners Biographie. Einundzwanzig Jahre und berühmter Dichter und Held. Ich muß freilich mit Don Carlos sagen: »Zwanzig Jahre und noch nichts für die Unsterblichkeit getan.« Doch das wird schon kommen. (Will nicht vergessen, Siegesgesang, das heißt: Sieg in der Liebe, zu schreiben.)

Anfang einer Novelle aus dem Jahre 1997:

Es war in einer dunklen Januarnacht des Jahres 1868, als der junge, noch nicht bekannte Dichter Jens Peter Jacobsen mit heftigen Schritten auf den glatten Fliesen in der Krystalgade (in jener grauen Urzeit Dreckstraße, jetzt Diamantenmarkt) dahineilte, eingehüllt in einen schlechten Überzieher, an die genialen Bemerkungen denkend, die er im Studentenverein (damals auf Gammelholm, jetzt in der Kaiserstraße) gemacht hatte, als ein Feuer aus knitterndem Koks, das mitten auf der Straße flammte und den Häusern zu beiden Seiten einen magisch roten Schimmer verlieh, ihn veranlaßte, stehenzubleiben und da hinaufzusehen; es waren Gaswerkarbeiter, die die Erde auftauten, um die Röhren instand setzen zu können. (Zu jenen Zeiten bediente man sich dieses kümmerlichen Beleuchtungsmittels.) Darauf eilte er nach Hause und ... (Ende) ... schrieb dies stehenden Fußes.

6. März 1868.

Sagte ich es nicht gleich! Es wurde nichts aus der Tagebücherei.

8. März 1868.

Man kann, wenn man die Algen studiert, fast zu dem Glauben gelangen, daß es einen persönlichen Gott gibt, der, damals, als er die Welt erschuf und die Dinge darin, mit einem großen Stück Zeichenpapier vor sich und einem Bleistift in der Hand dasaß und erst einfache Zirkel und Dreiecke hinkratzte und sie dann mit Punkten und Strichen ( Diatomophyceen) verzierte, danach allerhand drollige Figuren, wie es ihm nun gerade einfiel ( Phycochronmophyceen , dann Parallele zog und Converven schuf, – sie waren so leicht zu zeichnen, darum zeichnete er so viele.

4. April 1868.

Wenn es einen persönlichen Gott gäbe und ich an ihn glaubte, würde ich beten, so daß ihm das Haar auf dem Kopfe zu Berge stünde und er selbst aus Angst und Entsetzen einen Todesengel zu mir sendete und mich im Paradies mit Langerweile zähmte, damit nicht die Hölle mit mir an der Spitze über den Himmel siegen sollte. Aber nun glaube ich nicht – bete also nicht – sondern wünsche, – bekomme nicht – sondern träume.

II

Seltsame und sonderbare Träume

Anno 1868

Erster Traum

Ich sollte mein Philosophikum machen. Es war in den Examentagen, und ich hatte der Examination mehrmals beigewohnt. R. Nielsen erzählte mir, es gefalle ihm sehr, daß ich Botanik studiere Jemand hatte mir erzählt, daß R. N. eine besondere Vorliebe für junge Fachmänner habe. Dann fragte er mich, worin ich examiniert werden wolle. Ich antwortete: in »Substantialität«, Hatte am Abend von Substanz gelesen. aber er mußte mich mißverstanden haben und verhörte mich dann in Subjektivität. Vielleicht war es auch umgekehrt. Ich konnte nichts. Nielsen half mir gewiß; denn ich saß die ganze Zeit wie auf Nadeln, daß er sich durch unerlaubte Hilfe prostituieren könne. Man sagte, ich habe einige positive Nummern erhalten. Ich bezweifelte es und erlaubte mir, Einsicht in das Protokoll zu nehmen, das merkwürdigerweise ein Haufe Papier war, worin Fragmente des Musikalischen Albums. Ich glaube, daß ich mich darüber wunderte und bei mir selber dachte: daß, da Nielsen ja ein allseitiger Mensch sei, der sich mit Musik und Malerei abgab, es wohl auf diese Weise dahineingeraten wäre. Merkwürdigerweise waren die Kandidaten nach Zünften geordnet, und merkwürdigerweise mußte ich mich selbst in den Reihen der Schornsteinfegerzunft suchen; da stand dann das Zeugnis: »vorbei«. Ich fragte Nielsen, ob ich durchgefallen sei, und er bejahte es. So ging ich denn händeringend im Zimmer auf und nieder und befand mich oben bei Rudolph Schmidt, meinem Repetitor. Nun kam allerlei Unsinn mit einem Michael Gjörup und einem Frederik G. Da war eine Katze im Zimmer, was ich nicht mochte, und ich sagte, ich fürchte nur zweierlei, nämlich Langeweile und Katzen. Dies hatte ich am selben Tage oder ein paar Tage vorher ein paar Menschen erklärt. R. Schmidt drohte mir damit, daß er die kleine Katze einer Frau X. jedesmal, wenn er mich unterrichte, heraufholen wolle.

Zweiter Traum

Ich kam von draußen, von Vesterbro her. Ging dann in einen Krämerladen, um Salep Ich hatte am Tage diese Absicht gehabt. zu kaufen. Dann allerlei Hinundherreden über den Preis. Ich legte zwei Speziestaler Hatte am selben Abend zwei Speziestaler geliehen und gesessen und damit gespielt. auf den Ladentisch, die plötzlich verschwanden. Ich klagte, aber es half nichts. Da suchte ich überall. Plötzlich fand ich eine alte römische Silbermünze, ein wenig größer als ein Speziestaler – ich glaube, sie fiel von einem Baum herab, der vor dem Laden wuchs. Aber der Krämer nahm sie mir weg und sagte: »Das würde Ihnen wohl passen, die fettesten zu bekommen.« Da suchte ich in den Schubfächern seiner Frau, ich glaube in einem Nähtisch. Der Krämer sagte: »Sie können es ja bei der Polizei anmelden«, aber ich fürchtete, daß ich das Geld doch nicht wiederbekommen würde. Der Gehilfe sagte zum Prinzipal: »Seien Sie gehörig zerstreut, Hatte am selben Abend etwas von Sören Kirkegaard gehört, wo dies Wort auf eine sonderbare Weise angewendet war. Herr Binding!« Hatte im Vorübergehen ein Bild von Musiker Binding in Store Köbmagergade gesehen. Ich fuhr fort zu suchen. Aber nun hielten der Prinzipal und der Gehilfe meine Arme fest. Ich kämpfte dagegen an und erwachte.

Dritter Traum

Etwas mit zwei tiefen Gräben draußen bei Slukefter, Hatte am selben Abend eine Pantomime im Tivoli gesehen, die zum Teil in Slukester spielte. wohinein ich einige Gegenstände verlor. Es wurde gesucht und etwas anderes gefunden. Endlich fanden einige Mädchen es. Sie wollten Finderlohn haben. Einer von den Gegenständen war ein Stock, Hatte in diesen Tagen einen Stock bekommen und gedacht, nun kann V.(mein Bruder) in den Sommerferien seinen Stock ungestört behalten. den ich einmal meinem Bruder geschenkt hatte, ein mit Knoten besetztes Rohr nämlich. In dem Graben, in dem kein Wasser war, wuchsen einige ungeheure Pflanzen, die ich für gelbe Wasserrosen hielt.

III

Briefe und Streugedanken

Lieber Erik!

August 1868.

Ich lese in dieser Zeit: Tausendundeine Nacht, Schleiden, Grundzüge der Botanik, Uhlands Gedichte, Paul Müllers Aphorismen und Geschichte der Philosophie, Heines Briefe, Olaf des Heiligen Sage, Immermanns Münchhausen, Didrik von Berns Sage, Julie und Romeo, Heibergs Kritiken, schreibe an Hervert Sperring und einem Feuilleton »aus Bornholm«. – !!!!!! !!!

Zuweilen ist mir zumute, als läge ich in einem Sarge und gäbe den Alten recht in bezug auf Ymers Schädel. Wir sind tot, wir haben gelebt und sind begraben und warten auf die Auferstehung. In Regen und Wind

dein J. P. J. ...

Kein gebildeter Mensch aus unserer Zeit kann das Wort »rührend« aussprechen, ohne daß ein Körnchen Ironie in der Stimme zittert.


Wie unheimlich muß nicht ein Mimosenwald in stillem Wind sein, wenn die Bäume sich bewegen, als seien sie lebendig.


Thorvaldsen sagte: »Es geht zurück, ich finde meine Arbeiten förmlich gut.«


Er hatte recht, es war ein Zeichen, daß das Ideal nicht so kräftig in ihm wohnte, nicht seine frühere Schönheit mehr hatte, da er finden konnte, daß es in seinen Arbeiten so gut zum Ausdruck gelangte.


Schade, daß J. L. Heiberg »Hervert Sperring« nicht gekannt hat, welch glänzendes Beispiel für das Dramatische im Lyrischen!


Durch welche Ideenverbindungen erweckt eine Frau im Alter von dreißig Jahren Frühlingserinnerungen?


Seine Worte summten wie Schmeißfliegen um seine toten Gedanken.


Jens sah, daß er mit halbgeschlossenen Augen eine schwedische Melodie vor sich hinsummte, nicht um zu singen, sondern um eine Situation wieder wachzurufen, und erzählte ihm darauf, daß seine (nicht Jensens) Braut schön singe, namentlich Schwedisch.


Die dreie waren in dem Zustand von Trunkenheit, wo die Selbstkritik noch nicht ganz erstickt ist. Der Affektierte fing an zu singen: »Laßt uns singen und fröhlich tanzen herum.« »Nein, das ist langweilig«, brüllte S... Dann singen wir ein anderes: »Laßt uns singen und fröhlich tanzen usw.«


Eine nordische Dichtung soll einem Hünengrab gleichen, aber das mißlingt den Dichtern gar oft, und statt des Hünengrabes bekommen wir ein Kinderpopöchen mit Grün garniert.


Bei mir erwecken gekochte Krabben auf einem Teller immer Erinnerungen an den Kindermord in Bethlehem.


Zuweilen hab ich ein Gefühl, daß ich auf dem Grunde des Meeres gehe und alle die dummen Dorsche und Austern dasitzen und gehen und mich anglotzen und das Maul aufsperren, ohne begreifen zu können, welcher Fisch ich: der Mensch, bin.


Wenn man eine Dame in Herrenkleidern sieht, kann man verstehen, was eine Dame einem Herrn gegenüber empfindet.


Armer Bursche! er war durchgegangen und von der Frauenkirche bis ganz nach der Studiesträde hinabgelaufen, als der Kutscher ihn einholte und wütend die Peitsche in den Schmutz warf und sagte: »Bist du verrückt, glaubst du, daß ich so hinter dir drein rennen mag?!« ... Armer Achtjähriger! solange in der Illusion als Pferd zu leben und dann daraus herausgerissen zu werden. Armer Bursche! demütig und betrübt nahm er die Peitsche aus dem Schmutz auf.


Worin der Schönheit Leben weht,
Beruf ich mit der Form: besteht!