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VOr allen Dingen / mein Simplicissime, nimm das Uhralte Sprichwort wohl in acht / welches beydes die betagte Matronen / und alte Cupplerinnen / (deren ohnzahlbare Mänge ohn zweiffel eine grössere Erfahrung hat / als tausend Simplicissimi, und alle seine Schwartz-Bärt / deren ich dannoch keinen eintzigen verachtet haben will) einhellig zu gebrauchen pflegen / so sich irgends ein junges einfältig übel überredtes Frawenzimmer entsetzt / sich einem Goldfarben Barth ehelich zu vertrauen / wann sie / nemlich die alte Mütterlein / zu jhnen sagen:
Die Rot-Bärt solt du nicht schelten. Die Schwartz-Bärt geraten selten. |
Die erste Zeil dieses Sprüchleins ist ein steiffes Gesetz der Alten / welches außtrücklich gebeut und haben will / daß man die so genannte Rot-Bärth (ohne zweiffel wegen jhrer grossen vortrefflichkeit /) kurtzumb nicht schelten soll; die ander Zeil aber ist eine getreue Warnung vor den Schwartzbärten / umb weilen sie langsam gerathen; id est, selten Gut thun. Mercks fein wol!
JN Betrachtung nun eines solchen / sonst werth gewesener Herr Simplex, muß ich mich verwundern / daß du wider deine gewöhnliche Bescheidenheit / und vermuthlich / weit bessers wissen / meinen Goldfarben Bart dieser Tagen beym schweren Trunck / als ich dir / wegen allzu viel eingenommenen Reben-Saffts / nicht hinwiderumb rechtschaffen Apophlegmatisch begegnen konnte / beschimpfen / und jhn Rot nennen dörffen / Jch hab dir allbereit gestanden / daß damals meine Zunge / gleichsamb als wann sie geradebrecht gewest were / das jhrige zu thun nicht vermochte; Wann ich aber der Sach recht nachsinne / so muß ich bekennen / daß ich dem jenigen Beyfall geben wolte / der sagen würde / deine Augen weren gebrechlicher / als damals meine Zung gewesen. Wie? Herr Simplex? Hastu in deiner Jugend auch gesehen / und von den Farben geurtheilt wie jezunder / so muß ich glauben / die Augen seyen dir / wie man zu sagen pflegt / mit Speck eingesetzt worden; Betrübet dir aber solche vielleichten dein herannahendes Alter? lieber so setze doch einen gerechten Brill auff deine Habichs-Nase / damit du ins künfftig / wann dich abermal eine Lust ankommen möchte / deine hohe Wissenschafft in Beurtheilung der Farben sehen zu lassen / nicht vor einen der seines Gesichts; oder vielleicht gar vor einen Stockfisch der seines Kopffs mangelt / gehalten werdest. Würde man nicht den allerkunstreichsten Mahler vor einen General-Phantasten / oder uffs wenigst vor einen schlechten / blinden Gecken halten / wenn er in Verfertigung eines gelbhärigen Conterfaits zu den Lippen / Oger / Auripigmentum; Bleyschütt- und Rauschgelb: zu dem Bart aber Zinnober brauchte? Warum solte mans dann einem solchen blinden Tropffen besser kochen / der die eine von diesen beyden Farben mit den andern Namen nennet / andere Leut mit sehenden Augen blind machen: und gleichsam schwartz vor weiß dar geben will?
Du möchtest mir zwar hier einrucken / die Goldfarben Bärt weren allbereit vor 500. Jahren zu Käysers Friderici deß Ersten Zeiten rot genant worden / dannenhero were solche von unsern Vor-Eltern uff uns ererbte Benennungs-Recht gered / und wol gegeben; massen noch alle so gefärbte Bärt / von jedermänniglichen Rot-Bärt genannt würden. Aber höre / mein Simplicissimè, was der ehrliche Weißbart dein alter Knan darzu sagt? nemlich 1 000. Jahr unrecht / sey nie kein einig Stund recht gewesen; Wilstu aber je unter einen blinden Hauffen / der lange Ohren / und Schellen dran trägt / einen Ordens-Bruder mit abgeben / so magst du meinethalben immerhin fahren.
Ohn ists nicht / das höchstermeldter lobwürdigste Teutsche Käyser von den Italis, umb weilen er sie gewaltig zu Chor getriben / jhne damit zu beschimpfen / weil der Verräther Christi auch einen solchen Bart gehabt haben soll / Barbarossa genannt worden; Solte aber eben darumb ein solches denjenigen zum Spott gereichen / welche die Natur mit solcher Edlen Freudbedeutenten Farb umb jhren Mund bezieret / und jhnen hingegen die Schwartzbärt vorgezogen werden / das were weit gefehlet; sintemal auch ein jeder Bäyrischer Baur wol weiß / umb wieviel ein Ducat besser ist / als ein schwartz-Pfenning?
Den obgedachten Verräther Judam hast du mir vorgeworffen und gesagt / daß er einen roten Bart gehabt / gleich wie ich; Solches hab ich öffter gehöret / und es als ein alte Sag passiren lassen / mich auch niemahl darüber weder erzürnet / noch verwundert. Aber / Herr Simplicissime, verneme hingegen auch diese alte Sag / daß er gleichwol / so lang er die Zierde seines Goldfarben Barts getragen / ein Mitgesellschaffter unsers Heylands gewesen / deme vor allen andern Aposteln das eingenommene Geld / ohne einige Rechnung darüber zu thun / anvertrauet worden; So bald er sich aber gehenckt und sich sein Eingeweid außgeschüt / ist ein Bart daraus entstanden wie der Deinige. Dessen zu wahrem Uhrkund / wirst du in etlichen alten Gemählten jhn annoch mit einem schwartzen: die übrige H. Apostel aber mit einem Goldfarben Diadema bekrönet finden.
Gesetzt / aber gleichwol mit nichten gestanden (dann in und an dem Menschlichen Leibe befindet sich nichts das eigentlich rot zu nennen / als das Geblüt / die Lefftzen / bisweilen die Wangen / und etwan eine kupfferne Nase / du wollest dann auch das Gewand zum Leibe rechnen) die Goldfarben Bärt wären mit Recht und Billigkeit Rotbärt zu nennen: Was solts aber alßdann wol seyn? solts jhnen wol zur Vnehr und Verachtung gereichen? Nein! so wenig als dem allerköstlichsten Metall selbsten / wann mans / ob es gleich eine gelbe Farb hat / seiner Vortreffligkeit halber / damit es allen andern Metallen vorgehet / rotes Gold zu nennen pflegt; der Rubin und Carfunckel seynd allweg besser als schwartze Marmor und Agaten; unter den Pferden werden die Liechtbraune / deren Farb sich uff roth ziehet / neben den Kestenbraunen / allweg vor edler und einer besseren Temperatur gehalten / als die Rappen / als welche gemeiniglich boßhafftig und tückische Maußköpff zu seyn pflegen. Wenn die allerklügste und künstlichste Zeug-Mutter / die Natur durch den anmuthigen Frühling und Sommer den Erdboden mit allerhand lustigen Blumen zieret / so braucht sie mehrentheils rote und gelbe: wunderselten aber die schwartze Farb ausserhalb bey etlich wenig gewächsen / so mehr vor Mißgeburthen als raritäten zu halten; Massen bekannt / daß die Natur zu zeiten auch irret; die Lycii haben die unglückliche Tage mit deines Bartes Liberey: das ist / mit schwartzen Sternlein bezeichnet / hingegen hat Horatius oda 35. die herrscher Purpureos genennet. Wir haben noch heutiges Tages im Brauch / in den Calendern / die hohe Fest- und Feyer- wie auch die glückselige Täge / und andere merckwürdige Sachen mit rot: die gemeine / schlechte und unglückselige Täge aber nur mit schwartzer Farb zu zeichnen: Kan also den Goldfarben Bärten gar nicht zum Schimpff gereichen / wann man sie gleich rot nennet; oder / wann ein blinder Narr die Farb am Bart eines Menschen und eines Hahnen nicht recht zu nennen / vielweniger recht zu unterscheiden weiß. Ob nun gleichwol die Carmesinfarb an deß Hahnen Bart / weder den Hahnen selbst (denn sie ist eine Anzeigung der Oberherrschafft über die Menge seiner Weiber / dahingegen mancher Schwartz-Bart bey seiner einzigen Gnad-Frawen den Siemann gedulden muß) an seiner Ehr verkleinerlich / noch denen ohnrecht rot genannten Gold-Farben Bärten der Menschen / nachtheilig seyn kan / so werde ich mich doch nimmermehr überreden lassen / das gelbe rot / oder das rote gelb zu nennen / ich würde mich dann gleich dir Simplicissime unter die Blinde rechnen müssen / davor mich aber mein GOtt väterlich behüten wolle; sondern ich bleibe darauff / und ob zwar den bißhero ohnrecht rot genannten Bärten keine Schand / sondern vielmehr ein grosse Ehr sey / wann man sie rot nennet / daß sie dannoch von Leuten / die gesunde Augen und Vernunfft haben / die Farben kennen / und sie recht zu unterscheiden wissen / Gold-Farb genannt werden sollen / welche Farb ich alsdann so wol als die Rote deinem leidigen Schwartzen vorziehen / und erweisen will / daß sie mehr Liebens und Lobens wert sey / als deß Teuffels Leibfarb immer seyn mag / wann nemlich ich zuvor angezeigt haben werde / wann / von weme / und warumb die Goldfarben Bärt angefangen haben / beneydet / beschimpffet und verspottet zu werden; weßwegen darum die Schwartz-Bärte nit besser gemacht / noch jenen vorgezogen werden.
Sage demnach daß diese Verspottung der Goldfarben Bärt anfänglich jhren Vrsprung von den Physionomisten hergenommen / welche sich unterstanden / nicht nur aus der Gestalt deß Leibs / und seiner Gliedmassen: sondern auch so gar auß den Haaren / jhren Farben / jhrer Gestalt / wann sie nemlich dick oder dünn / krauß oder schlecht etc. gewesen / Prophetischer weise zu wahrsagen / und über das anzuzeigen / was einem oder dem andern Böses oder Gutes in seinem Leben widerfahren soll. Aber mein Simplicissime, diese Kunst / deren du / wie ich höre / auch nicht nur schlechthin beygethan: sondern gar ein Rabbi darauff seyn sollest / ist gar betrüglich. Sonderlich wann sie zu weit gehet / und die Terminos der Natur überschreiten will; die Affecten deß Gemüths / die disposition und Neigung deß Leibs / und die Zufäll eines Menschen lassen sich warhafftig nach solchen nichtigen Muthmassungen und geringen Vrsachen nicht richten / viel weniger ist etwas gewisses daraus zu schliessen / und wer sich dessen unterstehen will / dem mags leicht gehen wie dem Zopyro, der auß deß Socratis Bildnüs urtheilet / er seye ein leichtfertiger / lasterhafter und unkeuscher Mensch / hernach aber seinen groben Jrrthum bekannt / als jhme gesagt worden / was er vor ein Mann gewesen. Jst also diese Sach viel zu mißlich / und gehören viel concurrenzen zusammen / wann man etwas gewisses daraus schliessen wolte / geschweige jetzo / das wunderselten alle Signa erheischender Nothdurfft nach zusammen treffen / wie dorten bey dem Zoilo, von welchem Martialis (dessen Meynung allbereit bey der unverständigen Bursch / vornehmlich bey deines gleichen Schwartz-Bärten / umb die edle Goldfarbige desto mehr auffzuziehen und zu schertzen / zu einem gemeinen Sprichwort worden) geurtheilt und geschlossen
Crine ruber, niger ore, brepis pede, lumine læsus, Rem magnam præstas Zoile, si bonus es. |
Das ist:
Rothaar / Schwartzmaul / Stolfuß / Scheel-Aug / Gros wunder ists / wann solcher taug. |
Ohne ists nicht / daß wir aus der Erfahrung / welches die allergeschickste Meisterin ist / zu sprechen pflegen / ein schöne Seele / wolle auch ein schönen Leib haben / und Planudes schreibet in Vita Æsopi: Quale corpus talis anima; aber gleichwol findet sichs offt / daß auch ungestalte Leut einen hohen Verstand / und die ungeschaffneste Menschen schöne Seelen und Tugendvolle Gemüther haben: dahingegen und offt die schönste Knaben gehenckt; und gemeiniglich die hübschte Mägdger zu Huren werden; Jst derohalben hierin kein richtiger und gewisser Schluß zu machen / und wann solches gleich were / so wüste ich nicht wie die Goldfarbe Bärt darzu kämen / daß sie heßlicher / und also auch ärger seyn solten / als die Schwartz-Bärt / man müste mir den solches zuvor erweisen. Gesetzt / aber gleichwol auch nicht gestanden / die so genannte rote Haar bedeuteten grosse Boßheit? So müste / ò Simplicissimè, nothwendig folgen / daß uff solchen Fall die Goldfarbe Bärt vor den Schwartzen mit einer solchen edlen / redlichen und uffrichtigen Natur begabet seyen / welche nichts unreines leidet / sondern alle böse Tück mit Gewalt außtreibet und durch die Haar von sich jaget; dahingegen sonst mancher den nichtswürdigen Schelmen biß ins Grab bey sich behält.
Dieses nun sey genug gesagt von dem / wann die Goldfarbe Bärt angefangen / von dem Schwartzen verspottet und gefoppt zu werden; nehmlich damals / als die Physionomistæ jhre betrügliche Kunst erfunden: jetzt will ich auch erzehlen / von wem / und warumb?
Allen denen die nur ein wenig Vernunfft haben / ist mehr als gnugsam bekannt / daß die Wolfarth und das Glück etlicher Menschen bey anderen den Neyd gebieret / vornehmlich bey den Melancholischen Leuten / deß Saturni Unterthanen / die gemeiniglich bleich außsehen / mit schwartzen Bärten gezieret: mit allerhand tieffsinnigen Gedancken beladen / und darneben umb so viel unglücklicher zu seyn pflegen / umb wieviel mehr sie von dem leidigen Mißgunst geplaget werden; von diesen nun ist wegen jhrer stetigen Nachgrüblung glaublich / daß sie obengedachte nichtige und brotlose Physiognomiam samt der Chiromantiæ anfänglich erfunden: Allermassen jhnen noch biß uff den heutigen Tag die schwartzgelbe verächtliche Ziegeuner Rott in diesen zweyen Künsten / sonderlich der letztgenanten / getreulich nachfolgt. Als diese Neyd-Hämmel nun gesehen / und auß ihrer Kunst erlernet (dann sie ist nicht so gar allerdings eitel) sondern auch auß der Erfahrung versichert sich befunden / mit was vor einen grossen Vorzug die edle complexionen der Goldfarben vor der Schwartzfärbigen beseligt worden / haben sie sich dem Mißgunst und Neyd (worzu sie ohne das mehr als die so genante allerröteste Bärt geneigt) dermassen überwinden und einnemen lassen / daß sie angefangen das Goldfarbe Haar anzufeinden / und jhr Ansehen zu erhalten / oder die Gewißheit jhrer ungewissen Kunst zuerweisen / etliche ungerathene Rot-Bärt (wann anders dergleichen auff Erden wären) jhren Partheischen Schwartz-Bärten zum Exempel vorgestellet / wordurch sie dann leichtlich eine Fopperey zuwegen / gleichwol aber nimmermehr nichts rechtschaffenes wider die edle Goldfarbe Bärt auff die Bahn bringen können / als daß sie selbige rot nennen / und jhnen bißher nur den armen Judas vorgesungen.
Zwar muß ich bekennen / gestehe es auch mehr als gern / ungezwungen und ungetrungen / daß die Goldfarbe Haar nicht alle Engelrein seyen / wann sie gleich gewürdigt worden dieselbe hohe Englische Farb zu tragen / dann sie sind so wol als du Simplicissime, gebrechliche Menschen / die gleich dir und allen andern Schwartz-Bärten den sündlichen Neigungen unterworfen; daß aber das Gold so leichtlich als das Bley im Fewer schaden leyde / ist wider die tägliche Erfahrung. Du hieltest mir neulich neben andern vermeinten Beschimpffungen den altfränckischen ungereimten Pritschen-Meister Reimen vor / nemlichen:
Rote Bärt und Erlebogen / Geraten sie / so soll mans loben. |
und wolltest damit zu verstehen geben / jederman und sonderlich / der kunstreiche uralte Reimen-Schmid hielte davor / als ob die Goldfarbe Bärt selten gerieten; du mercktest aber nit / daß du damit mir und allen Goldfarben Haarträgern Vrsach gebest zu Glauben / der Autor dieser Sinnreichen Vers sey eben so unverständig zum Vrtheilen / als ungeschickt zum Reimen machen gewesen / so fern er anderst solche den Rot-Bärten zur Beschimpffung gemacht / wormit Herr Simplex zugleich / und zwar ohnwissend / wo nit seinen eignen Vnverstand: doch wenigst seinen mißgünstigen Neid / den er gegen den Goldfarben Bärten häget / offentlich an Tag legt.
Wir wollen aber per Spaß die Wort der obigen Reimen / jhre Bedeutung oder deren eigentlichen Verstand / und aus demselben die Beschaffenheit deß Dichters ein wenig durchgehen / umb zu sehen; ob wir nichts finden / daß den Goldfarben Bärten mehr in jhren Kram taugen / als sie zu verspotten würdig machen möchte. So muß dann nun der Autor entweder ein Schwartz-Bart oder selbst ein Rot-Bart: Ein grosser Herr oder gemeiner Tropff: Ein verständiger Kerl / oder ein Narr: Ein Freund oder ein Feind der rothen Bärt / wie man sie nennen will / gewesen seyn?
War er Schwartz-Bärtig / wie zu vermuthen / weil er die Goldfarbe Bärt nicht mit jhren gebührlichen Ehren Namen nennet / so hat er diesen Spruch gemacht / den Goldfarben Haaren offentlich zu bekennen / daß nicht alle Rot-Bärt / wie jetzt der unverständig Widerpart urtheilen will / boßhafftig oder zu verachten; sondern wann sie gerathen (vielleicht vor den Schwartz-Bärten) zu loben seyen. Hat er aber einen Goldfarben Bart gehabt / so ist nicht zu glauben / daß er jhme selbst / und seines Barts Verwandten etwas Widerwärtiges anfügen wollen; sondern er hat damit den Schwartz- oder Falb-Bärten offenhertzig anzeigen wollen / was ich oben gemeldet / nemlich daß die Goldfarbe Bärt zwar nicht alle Engel: hingegen aber die wolgerathene vor andern zu loben seyn / welches zwar die Schwartz- und andere Bärt auch mit gutem Gewissen von jhrer Art sagen können.
Jst der Autor aber ein grosser Herr und Regent gewesen / welches auß zweyerley Anzeigungen ohnschwer zu behaubten; Erstlich / weilen er die Goldfarben Bärt mit den Erlen Holtz vergleicht: und dann zweytens daß den Fürsten an jhren Bedienten und Unterthanen nichts besser gefällt oder wolgerathener vorkommt / als wann sie den schuldigen Gehorsamb mit unterthäniger Willfahrigkeit und gebührendem respect fein höfflich und demütig ablegen. So gereichet es den Goldfarben Bart-Trägern zu nicht geringer Ehr / wann grosse Herren darvor halten / sie seyen so edel und großmüthig gesinnet / daß sie / gleich dem Erlen Holtz / ehe zerbrechen / als sich unter eines andern gewaltsame Botmässigkeit biegen lassen. Gleich wie aber bemelte Erlen viel tauglicher seyen / als Cedern und Eben Holtz an den wässerigen und sumpffigen Oerthern / als ein zuverlässiges und sicheres Fundament die höchste Thürn unbeweglich zu tragen / ja sich endlich selbst in einen Stein verwandele; Also sey ein Rotbart zu loben / der gerathe / das ist / der sich einmal in eines Fürsten Dienst begebe: Als wolte er sagen; man könnte auff seine Träu und Vortreffligkeit wie uff das Erlen Holtz im Morast / kühnlich Schlösser bauen. Jst der Reimenmacher aber ein armer Teuffel gewesen / so hat er ohn zweiffel einen Eselfarben Bart / und nicht so viel gute Qualitäten der Goldfarbigen gehabt / daß er dadurch gleich jhnen zu Glück und Ehren steigen mögen / weswegen er dann seine treffliche Reimen / da seine Musen mit den Krebsen buhleten / auß Neyd und Mißgunst gegossen.
Daß der Autor aber ein verständiger / oder ein gelehrter Mann gewesen seyn solte / ist schwerlich zu glauben / dann er würde sonst mehrere Geschickligkeit / Verstand und Kunst im Reimen machen haben verspühren lassen; War er aber gleichwol verständig / ob er sich gleich nichts uff die Poeterey verstanden / so hat er ohne allen zweiffel ein solche Meynung von den edlen Goldfarben Bärten gehabt / wie oben gemeldet / was grosse Herren vor eine von jhnen haben möchten. War er aber ein Narr / so ist nicht viel an seiner Meynung gelegen / und wird beydes den Goldfarben und Kohlschwartzen Bärten gleich viel gelten / was er von jhnen in seiner Vernunfft daher gelallet. Jst er ein Freund der Goldfarben Bärt gewesen / so hat er entweder selbst auch einen Wolgerathenen getragen / oder der doch einen zu tragen gewünscht / oder viel Gutthaten von jhnen empfangen / und manchen Goldfarben Bärtling als einen frommen Biderman erkannt; und dannenhero hats mit jhm die Meynung wie oben gemeldet worden / wann der Reimen Meister selbst einen güldenen Bart gehabt hätte. solte der Inventor aber ein Feind der roten Bärt gewesen seyn / so hat er ausser allem zweiffel auch einen schwartzen Bart gehabt / und ist sich dessentwegen gar nicht zu verwundern / wann er (als er sich einer so edlen Mund-Zierdte / und damit zugleich der jenigen Tugenden und Gemüts-Gaben / so selbige signirt und bedeutet / beraubt gesehen) auß Vngedult / Mißgunst und Neyd im Sinn gehabt / mit dem Namen Rotbart und dem übrigen Jnnhalt seiner stattlichen Reimen die jenige zu tadeln / denen er gleich zu seyn von der gütigen Natur nicht würdig geacht worden: Wormit er gleichwol anbey / ohnangesehen seines verbitterten Gemüths / wider seinen Willen bekennen müssen / daß die Goldfarbe Bärt nicht alle mißrathen / noch verwerfflich: sondern die gerathene zu loben seyn.
Wie aber Herr Bruder Simplex? was bedunckt dich / und was würdest du wol sagen? wann vielleicht ein lustiger und sinnreicher Kopff / er mag nun gleich ein Rot- Gelb- Schwartz- Weiß- Falb- Grau- oder Blaw-Bart / oder gar Hans ohne Bart der Milchschauer gewesen seyn / diesen Reimen den Schwartzbärten zum Spott auff die Bahn gebracht hätte. Aber sey getrost Herr Simplex, er hat dich gleichwol nicht gemeinet / dann dein Pechschwartzer (wer Pech angreift besudelt sich damit / etc. aber das Gold färbet nicht einmal die Finger / wenn man gleich 1 000. Portugaleser zu zehlen hätte) und allbereit mit silbernen Fäden (der Güldenen wirstu nicht theilhafftig) durchspickter Bart ist so wol gerathen / daß bey nahe ein gantzes Regiment Pigmei den Kranichen unter seinem Schatten eine Schlacht lieffern könten / ja er ist so breit und lang außgefladert / daß es immer schad ist / daß du nicht ein Schiff worden bist / sintemal alsdann der Schifherr weder Segel noch Flaggen bedörfft / den hindern Wind drinn uffzufangen; sondern er hat die ungerathene Bärt schertzen wollen / die so dünn stehen wie armer Leut Weitzen.
Dieweil man dann nun selten einen Rot-Kopff sihet / der nicht auch redlich seinen nothtürfftigen Theil solcher Farb Haar umbs Maul habe / dann sonst wurde man sie ja nit Rotbärt / sondern nur schlecht weg Rotköpff nennen? Sihe / so hat er nothwendig uff die schwartze gestochen / als worunter es bey den meisten umb den Schnabel herumb / so kahl bestellet zu seyn pflegt / daß man offt von 100. ja 1 000. nicht so viel Bart-Haar sammlen konnte / die genugsam weren / nur einem alten Weib daß Naßloch damit zu verstopfen.
Zwar würdestu mir das vor eine Uffschnitt halten / wann ich nicht wüste daß du das grosse Reich der Chineser, der Japaner (allwo die ankommende Christen wider jhr Gewissen den Glauben verläugnen / damit sie nur keine Martyrer werden / und dardurch in Himmel kommen müssen) der Malabren / der Jndianer und Aphricaner durchstrichen / und mit deinen eignen Augen gesehen hättest / wie die ein und andere schwartze Nation / und der mehrertheil jhrer benachbarten Jnsulaner / so schlecht mit Bärten staffirt / und wie übel solche bey jhnen geraten seyn / unter welchen zwar die Chineser jhre 17. schwartze Haar die jhnen die vorsichtige Natur umbs Maul herumber auffs gesparsamst mitgetheilet / höher als Gold und Edelgestein / (was würden sie erst thun / wann sie Goldfarb weren) schätzen: und ehender Hab und Gut / ja lieber Leib und Leben / als dieselbe paar wilde Sawbürsten verliehren: Die übrige benachbarte Ost Jndianische Schwartzköpff aber / sammt denen Mohristen / Africanern / und Americanern / jhre von jhnen so hochgeachte Maul-Zierd dermassen hassen / selbige verfolgen / und sich jhrer schämen / daß sie solche von Grund heraus außreuten / ohnzweiffel darumb / dieweil sie wissen / daß weder an Butzen noch Stihl / an Wurtzel und Stammen nichts Guts ist.
Daß aber diese hässige Art der Schwartzbärt / die fromme ehrliche auffrichtige Goldfarbe Bärt / auß lauter Neyd und Mißgunst gantz unschuldiger weise anfeinden / und umb jhrer Tugend willen verfolgen / ist ohnschwer auß dem Exempel allerhöchstgedachten lobwürdigsten Kaysers Friderici abzunehmen / welchen die schwartzbärtige Jtaliäner keiner andern Ursach halber Barbarossam gescholten / als dieweil er ein rechtschaffener tapferer Fürst: ja ein fürtrefflich Muster und vollkommener Spiegel aller andern Fürsten seiner Zeit gewesen / an welchem man auch das geringste nicht tadeln können: Er war glücklich in seiner Regierung / welche 37. Jahr 8. Monat gewehret; er hat Dennemarck am ersten zu einem Königreich / und Heinricum den Marggrafen von Oesterreich zu einem Hertzogen gemacht. Er befridet das unruhige Franckreich / und hat den Frieden so hoch geliebet und sich selbigen zu erhalten beflissen / daß er anfänglich ein Vater deß Vaterlands genannt wurde / darumb es dann damals auch so wolfeil in Teutschland / und deß Weins so viel gewesen / daß man Kalck oder Mörtel damit angerühret. Was er in Italia vor tapffere Thaten gethan / ist allen belesenen bekant / wessentwegen jhme dann die Jtalianer nicht allein auß Haß so nachbenamet / sondern auch wie Carius schreibet / jhm nach Leib und Leben gestellet / wie sie ihm dann ein Wässerlein in Armenia; darinn der Kayser gebadet / vergifften lassen / worvon er gestorben / und in Tyro begraben worden / dessen Grabschrifft also lautet:
Si probitas, sensus, numismaque copia census, Nobilitas orti, possent obsistere morti, Non erat extinctus Fridericus, qui jacet intus. |
Laut kürtzlich uff teutsch also:
Wann Frommkeit / auch Vernunfft und Sinn / Ja Adel / Rent / und Gült darzu Deß Tods Gewalt von uns nehm hin / So hät Friedrich nicht hier sein Ruh. |
Es hat aber nicht allein dieser alleredelste Goldfarbe Bart seiner Zeit der Schwartzbärte Boßheit erfahren / und durch jhre Maußköpffische Anstalt sterben müssen / sondern sie können auch die so gefärbte Bärt der armen Bauren nicht ohn schabernackt lassen. Woraus klar erhellet / daß die Jtalianische Schwartzbärt den frommen Kayser nicht umb dessentwegen auß Rach / daß jhnen sein starcker Arm so scharff gezwaget / hingerichtet; sondern daß sie der Neid und leidig Mißgunst treibe / die Rotbärt / wie der Teufel die Menschen / zuplagen / zu verfolgen / zu schänden / zu beschimpffen / und zu stigelfritzen / also daß es scheinet / als were zwischen den Rot- und Schwartzbärten ein sonderbahre antipathia; wie zwischen Mäusen und Katzen / Katzen und Kürschnern / nein: Hunden und Katzen wolt ich sagen. Mein Simplex, höre diese kurtzweilige Histori / da ich selbst mit und bey gewesen / und sey alsdann so Keck / solche der Schwartzbärt Mißgunst und Neid zu leugnen!
Der jetzt verblichene Churfürst zu Cöln / Ferdinand Hertzog in Bayrn / etc. hochlöblichster Gedächtnüs / hatte einen Cammerdiener und einen Narren / Veitel genant / die beyde so kohlschwartz bebartet waren / als ein Ertz-Spannier immer seyn mag / jener war deß Narren Hoffmeister. Als sie nun einsmals im Vorzimmer am Fenster lagen / und einen Bauren mit einem langen Goldfarben Bart / welcher Hauern nach Hoff gelieffert / unter dem Portal stehen sahen / allwo er uff den Urkund der beschehenen Liefferung warten muste / sagte der Cammerdiener zum Narren / schau um Gottes willen mein Veitel / wie hat jener Baur doch so einen schönen Goldgelben Bart! Je / es ist ja immer schad / daß jhn der grobe Knoff sol tragen. Veitel fragte darauf / ob er dann schöner als der seinige wer? freylich antwortet der Cammerdiener / er ist schöner als der mein und deinig. 100. Ducaten wolte ich uns heissen drum geben / daß wir so schöne Bärt hätten. Solches verdroß alsobalden den guten Veitel / sagte derowegen / wart ich wil den rotbärtigen Schelmen bald gelernet haben / so einen schönen Bart zu tragen / liesse sich auch gleich durch die Regung deß angebornen mißgunsts der schwartzbärt / gleichsam wie ein Schiff ohne Ruder vom Wind / hinunter zum Bauren treiben / um welchen er so lang heimtückischer weise / wie ein Marder umb eine unschuldige Taube / her gieng / biß er jhm den Bart ertappte / und in einem Augenblick wol halber herauß risse / gleich einen Knoff darauß machte / damit in seinen Hosenschlitz durch die Kerbe fuhr / und nach verrichten Arbeit dem Bauren wider mit diesen Worten vor die Füß warff: sehe hin du Schelm / soltest du einen schönern Bart haben als ich? he! gelt ich hab ein Braunen Arschwisch darauß gemacht. Der Churfürst selbst sahe so wol als der Cammerdiener disem Schimpf zu; doch jeder in seinem besondern Zimmer / und weil der Churfürst besorgte / der Narr möchte den armen Bauren weiters beleidigen / als befahl er dem Cammerdiener jhn alsobalden von jhm herauff zu holen / das thät er / und betrohete unter Wegs den Narren zu schweigen / daß er etwas mit jhme von deß Bauren Bart geredet hätte. Hieraus sihet man nun / wie neidig / mißgünstig und grämisch die Swartzbärt gegen den so genanten Rotbärten gesinnet seyn. Ob nun gleich das End dieser Histori zu meinem Vorhaben nichts taug / so ist es doch lustig zu hören / wils derowegen auch erzehlen. Der Churfürst liesse darauff den Narren durch seinen Zwergen mit Ruthen streichen / zu bekennen / wer jhn zu dieser That angereitzt / oder jhme gesagt hätte / daß deß Bauren Bart schöner gewesen sey als der seinige. Aber Veitel wolte nit allein nichts bekennen / sondern nach dem er etlich betrohentliche Minen gegen den Zwergen gemacht / rennete er unversehens mit dem blossen Hindern zuruck / und damit dem lieben Zwerglein ins Gesicht / daß er hinter jhm übern Hauffen burzelte. Derowegen liesse jhm der Churfürst durch einen starcken Kerl also zusprechen / biß er endlich heraus beichtet. Darauff kriegte der M. Cammerdiener einen fürstlichen Filtz / der Baur aber eine Verehrung vor seinen halben Bart.
Gemeiniglich aber wann die Herren Schwartzbärt die Goldfarb zu grob schertzen wollen / so wird jhnen wider viel hamliger eingeschenckt. Jch lag einsmals im Winter-Quartier am Fenster / und mein Cammerrath gegen mir über / that mit seinem schwartzen Bart dergleichen. Als nun ein Rotbart zwischen uns die Gasse hin passirte, schriehe mir jener zu / lieber schaue! dieser hat auch unserm Herrn Gott den Essig helffen außsauffen; Jener schrieh wider hinauff: weil dir solcher Trunck nicht geschmeckt / oder du sonst nicht zukommen mögen / so hastu gewißlich deß Teuffels Mutter auß der Seigkachel gesoffen / und ein schwartzen Bart davon bekommen.
Neben sonst viel unzahlbaren Sprichwörtern ist diß der so genanten Rotbärt allergemeinestes / das sie gegen jhre Widersacher die Schwartzbärt zugebrauchen pflegen / sie hetten / nemlich / nie keine Füchse / Eichhörnle oder Wisel / aber wol viel Raben auff dem Galgen gesehen. Die Erfahrung gebe es / daß man lose Kunden neben andern Unnamen auch Vögel zu nennen pflege / es gebe aber vielmehr schwartz / als Rot-Geflügel / die einen schandlichen Namen und Nachklang wegen jhrer bösen Art hätten.
Man weiß daß unter allen unseren Europæischen vierfüssigen Thieren keine Art besser bebartet ist / als die geile Böck / unter 1000. Boxbärten aber wird kaum einer gefunden werden / der sich einem Menschen (Rotbart / wolt ich sagen) vergleicht / aber gar nahe alle / oder doch die mehste den Schwartzbärten / woraus unzählich viel abzunemen und zu sehen were / wann man sich nur damit bemühen wolte. Dann gleich wie der Mensch das alleredelste Geschöpff auf Erden: und eine einzige vollkommene Menschliche Seel besser ist / als alle andere Animalia uff Erden: Also gebürt dem Menschen auch billich die eigne Farb deß allerköstlichsten Metalls / wem aber die jenige Farb an seinem Bart zu haben / besser gefallt / welche die Natur den Roß und Maulthier Schwäntzen zugeeignet / dem will ichs nicht verwehren / dann einem jeden gefält seyn Kolben. Aber / wo komm ich hin? zu weit halt auß dem Glaiß; Jch wolte zuvor ehe ich von den Farben redete auch diese Histori erzehlen / die sich erst neulich zugetragen. Es kamen zween gute Freunde / davon der eine einen Goldfarben der ander aber einen schwartzen Bart hatte / in einer Fürstlichen Hoffhaltung zusammen; weil nun der Schwartzbart ehender verreisen als der ander / der uff seiner Heimreiß bey deß Schwartzbarts Wohnung vorüber passiren muste / als bat er denselbigen / er solte im vorbeyfahren bey jhm einkehren / oder zusprechen / und mit dem / was Kuch und Keller vermochte / vorlieb nehmen; der Rotbart versprachs: gieng aber gleichwol unangemeldet vorbey / weil es Zeit und Gelegenheit nicht anders zugab; das verdroß den Schwartzbart / oder er nam sich doch wenigst eines verdrusses an / schribe derowegen seinen Goldfarbbartigen oder guldenen Freund dieses Briefflein zu.
Hochgeehrter Herr / etc.
Jch hab in Erwartung dessen Ankunft und Einkehrung / mein Mastvieh geschlachtet / in Hoffnung die Ehr zu haben / daß derselbe in seiner Heimkehrung solches geniessen werde helffen; so aber nit geschehen; Gleichwol habe ich eine Kutsche mit 2. Rappen bespannet / vorbey sehen gehen / deren ich entgegen gehen wolte / weil ich sie dem Gespänn und der Liberey nach / vor dessen gehalten / umb jhne einzuholen / sahe aber von weiten / daß ein Kerl darinn sasse / den ich vor nichts anders als einen feurigen Mann halten konte; kehrte derowegen umb / voller Schrecken weil nicht rathsam ist / mit Gespenstern sich einzulassen und verzweiffelte an meines hochgeehrten Herrn Ankunfft; von neuen weiß ich / etc.
Widerantwort.
Hochgeehrter Herr / etc.
Dessen Schreiben vom 19. hujus ist mir wol eingehändigt worden / ohnverhalte darauff / daß die jenige Gutsche so er gesehen / eigentlich die Meinige gewesen. Jst aber nichts Neues / daß forchtsame Leut erschrecken / wann sie kein gut Gewissen haben; daß aber derselbe nicht wol gesehen / kan oder darff ich nicht anden / dann mir ein gleicher Poß widerfahren / in dem ich auß deß Herrn Haus keines Rauchs wahrnemen können / und über solches den Caminfeger am Fenster sehen liegen / also daß ich besorgt mit meiner Einkehrung beydes mir und jhm ohngelegenheit zu machen; dann biß man das Feur schürt / zusetzt / und gekocht / geschweige gessen hat / gehet so viel Zeit hin / in denen ich meinen Weg vollbringen mögen / hiemit Gott befohlen.
Diß wolte ich noch sagen / damit die Herren Schwartzbärt gleichwol eingedenck seyn / daß sie den Goldfarben Bärten mit jhren spitzigen Waffen oder Stichel-Reden nichts abzugewinnen pflegen / als welche vermittelst gesunder MenschlicherVernunfft jederzeit den Köcher voller Pfeil zur Gegenwehr in Bereitschafft haben.
Jetzt wollen wir erst zum Beschluß auch ein wenig etwas von beyderley Farben und jhren Eigenschafften reden. So können wir dann erstlich nichts finden daß Gott etwas erschaffen / deme er die schwartze Farb zum eigenthumb geben oder zugeeignet / es were dann etwan die eine oder andere unvernünfftige Bestia; der verworffene Esau trug gewißlich nit das Colchisch Gulden WiderFell / sonst wer Jsaac mit Bocks Felle / schwerlich betrogen worden / dann jene sind gar krauß weder diese. Dem Mose wurde gebotten beydes zu der Bunds-Hütte / dem Heiligthum und den Priesterlichen Kleidungen gelbe / Scharlach- und Rosinrote Farb / welche sich alle zu den so genanten roten Bärten gleichen / neben der Weissen zu nemen / allwo die schwartze gantz ausgeschlossen worden. Sonderlich aber ists notabl, daß die weisse Farb jenen dreyen nachgesetzt ohnzweiffel darumb / daß die Schwartz-Bärt nicht verzweiffeln: sondern sich trösten sollen / daß sie im Alter / wann sie jhre vogtbare Jahr überschritten / und die Gnad haben weis zu werden / auch jhnen zugefügt werden könten; Was bedarffs aber viler weitläuffigen Nachsinnung und Beweißthümer? Wann ein Mahler mir den Himmel / dessen Oeffnung / und die ewige Freud abbilden will / so braucht er obige Farben; und zu der Höllen nichts mehrere als das leidige Schwartz! den lieben Engeln mahlet er so genante rote Haar / die Teuffel aber überall gantz schwartz / und es scheinet / als wann die Mohren und jhre Nachbarn mit der Teuffels Leibfarb insonderheit belegt worden (der Abissiner Reich außgenommen) daß sie vor andern Menschen zum allerletzsten zur wahren Erkäntnus Gottes gelangen würden; Aber genug / dann hier ist nur ein Bart-Streit / Nein: nicht ein Bart-Streit: sondern wann mans beym Liecht besiht / ein Streit umb die Farben / (darauß doch offt ein Faust-Gemäng wird) vorhanden / die ein Blinder weder sehen noch beurtheilen kan / ob er gleich auch ein Mensch ist; vielleicht scharffsinniger als ich und du.
Aber mein Simplicissime, lasse mir meinen Goldfarben Bart ungeschoren / so will ich die Schwartzbärt auch hängen lassen; die Goldfarb wird vor die Edelste gehalten / wegen jhrer Bedeutung / nemlich / deß Liechts der hellen Sonnen / deren sich alle Creaturen erfreuen / biß uff die Eulen Wölff / Vespertilios, und was sonst uff nichts Guts außgehet / wie die Dieb / Mörder und jhres gleichen zu thun pflegen. Und ob man gleich im alten Testament das schwartze Heben und Sethen Holtz zu der Bunds-Lade und im Tempel gebraucht / so hat es doch alles verguldet werden müssen / damit man ja die schwartze Farb nit sehe. So wird auch der Kirchen Zierde / als eine Königin in H. Schrift also beschrieben: astitit Regina à dextris tuis in vestitu deaurato, circundata varietate. So werden jhr auch anderswo güldene Borten angelegt / Omnis gloria ejus ab intus in fimbrias aureis circum amicta. Sie bedeutet auch Glauben und Herrschafft / massen David in seinem Psalmen den Glauben dem Gold vergleicht / das 7. mal im Feur geläutert und probirt worden; Lucanus aber sagt daß das Gold über alles herrsche.
– – ferrum mortemque timere Auri nescit amor. |
Die schwartze Farb hergegen bedeutet nicht allein nur Leyd und Traurigkeit / Vnglück / und Trübsal / wie man dann nach Virgilii Zeugnus lib. 3. Æn. dem Vngewitter als einem bösen und schädlichen Ding / schwartze Thierer zu opffern gepflegt / (die Asche von der roten Kuh in Numero cap. 19 war anderer Kräfften bey dem außerwehlten Volck) sondern sie wird gar vor deß Teufels eigene Lieberey und Leib-Farb gehalten.
Derowegen / H. Simplex, sage ich noch ein mal / lasse mit künfftig meinen Goldfarben Bart mit frieden / oder komstu mir widerum so wil ich dir den deinigen dermassen kämmen / zausen und lausen / daß du sollest wünschen du hättest still geschwigen. Gleich wie du aber zu deiner Entschuldigung vorwenden und sagen wirst / du hättest nur geschertzet / also wirst du auch vor dißmal diese meine Widerrede nur vor Schertz uffnemen / komm aber nit wider / ich komm sonst auch.
Jndessen aber jhr Herren Neutrale Bärt / die jhr weder rot noch schwartz / weder Hund noch Haas seyn wollet / lachet euch nicht kranck wann jhr der Rot- und Schwartzbärt Gefecht sehet / der Tantz möcht euch sonst geräuen; Dann entweder müst jhr gestehen / daß jhr uff die eine oder ander Art zücket / oder gewärtig seyn / daß die Rot- oder schwartz-Bärt / oder beyde Theil zugleich / gesamter Hand zusammen stehen / und euch weisen / was von den Neutralisten zu halten / von welchen Gott selbsten spricht: weil du lau bist / und weder kalt noch warm / werde ich anfahen dich außzuwerffen / etc. Zwar würden euch die Rotbärt allein mans gnug seyn / als von denen gesagt wird / es entsetze sich ein grosser Monarch vor jhnen.
Beschluß.
Vnd hiemit will ich beschlossen / und uffs allerfreundlichste jedermann (die Weiber bedürffens nicht) gebeten haben / mir zu gut zu halten / daß ich meinem Hertzen gegen dem Satyrischen Simplicissimo ein wenig geraumet: Mit Versicherung / daß ich damit niemand zu verspotten / noch zu verschimpffen gemeinet / oder zu verachten / vielweniger zu verkleinern begehrt: solte sich aber irgends ein Cholericus finden / der gleichwol gern zürnen wolte / der lasse seinen Grimm an einer harten Nuß auß / und beisse sie mit der Nasen auff / er wird Arbeit satt kriegen.
Datum Rodeck in Edom den 1. J an. 1673.
Vale!