Friedrich II. von Preußen
Über die deutsche Literatur ...
Friedrich II. von Preußen

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(1780)

Sie sind verwundert, sehr geehrter Herr, dass ich Ihnen nicht zustimme, wenn Sie den Fortschritten Beifall spenden, die nach Ihrer Meinung die deutsche Literatur täglich macht. Ich liebe unser gemeinsames Vaterland ebenso sehr wie Sie, und gerade deshalb hüte ich mich sehr, es zu loben, ehe es solche Lobreden verdient; das wäre so, wie wenn man einen Mann zum Sieger erklären wollte, der sich noch mitten in seinem Lauf befindet. Ich warte, bis er das Ziel erreicht hat, dann wird mein Beifall so aufrichtig wie wahr sein. Sie wissen, dass in der Gelehrtenrepublik die Meinungen frei sind. Sie beurteilen die Dinge von dem einen Standpunkt, ich von einem anderen; gestatten Sie also, dass ich meine Einstellung erkläre und Ihnen meine Art zu denken wie auch meine Meinung über die alte und die moderne Literatur in bezug auf die Sprachen ebenso wie auf die Kenntnisse und den Stil darlege.

Ich beginne mit Griechenland, das die Wiege der schönen Künste war. Dieses Volk sprach die klangvollste Sprache, die es je gegeben hat. Seine ersten Theologen, seine ersten Historiker waren Dichter; sie waren es, die ihrer Sprache glückliche Redewendungen vermachten, eine Fülle von bildhaften Ausdrücken schufen und ihre Nachfahren lehrten, wie man sich anmutig, höflich und schicklich ausdrückt.

Ich gehe von Athen über nach Rom; dort finde ich eine Republik vor, die lange Zeit gegen ihre Nachbarn kämpft und um Ruhm und Macht streitet. In der Führung galt nur Kraft und Stärke, und erst nachdem diese Republik den Sieg über ihre Rivalin Karthago davongetragen hatte, entwickelte sich ihr Sinn für die Wissenschaft. Der große Africanus, Freund des Lelius und des Polybios, war der erste Römer, der die Literatur förderte. Danach kamen die Grachen; nach ihnen Antonius und Crassus, zwei berühmte Redner ihrer Zeit. Die Sprache, der Stil und die römische Beredsamkeit gelangten aber erst zur Zeit des Cicero, des Hortensius und der Schöngeister, die das augusteische Zeitalter zieren, zur Vollendung.

Diese kurze Aufzählung veranschaulicht für mich den Lauf der Dinge. Es ist meine Überzeugung, dass ein Autor nicht gut schreiben kann, wenn die Sprache, die er spricht, noch nicht ausgeformt und geschliffen ist; und ich stelle fest, dass man in jedem Land mit dem Notwendigen beginnt und dann erst anfügt, was Vergnügen bereitet. Die römische Republik entwickelt sich; sie kämpft um Landerwerb; sie kultiviert das Land; und erst als sie nach den Punischen Kriegen Gemeint sind die drei Punischen Kriege zwischen Rom und Karthago und die Vorherrschaft im westlichen Mittelmeer von 264 bis 241 v. Chr., 218 bis 201 v. Chr. und 149 bis 146 v. Chr. feste Gestalt angenommen hat, kommt Sinn für die Künste auf, die Kunst der Rede und die lateinische Sprache erreichen Vollkommenheit. Dabei übersehe ich aber nicht, dass sich zwischen dem frühen Africanus und dem Konsulat Ciceros ein Zeitraum von einhundertsechzig Jahren liegt.

Ich schließe daraus, dass in allem die Fortschritte ihre Zeit brauchen und dass der Kern, den man in die Erde steckt, erst Wurzeln fassen muss, dann aufgeht, seine Zweige ausbreitet und kräftig wird, ehe er Blüten treibt und Früchte trägt. Nach diesem Ablauf mustere ich sodann Deutschland, um den Punkt, an dem wir angelangt sind, gerecht abzuschätzen; ich halte meinen Verstand frei von jedem Vorurteil; die Wahrheit allein soll mich erleuchten. Ich finde eine noch halb barbarische Sprache vor, die in ebenso viele Dialekte zerfällt, wie Deutschland Länder und Gegenden aufzuweisen hat. Jeder Bezirk meint, seine Mundart sei die beste. Es gibt noch keine Sammlung, die nationale Geltung besäße und in der man gewisse Wörter und Sätze fände, die ausmachten, was man Reinheit der Sprache nennen könnte. Was man auf schwäbisch schreibt, ist in Hamburg unverständlich, und die Schreibweise in Österreich erscheint in Sachsen verworren. Es ist also von dieser Tatsache her unmöglich, dass ein noch so genialer Autor auf wirklich vortreffliche Weise sich dieser ungehobelten Sprache bedienen könnte. Wenn man will, dass ein Phidias eine Venus von Knidos schafft, gebe man ihm einen makellosen Marmorblock, feine Meißel und gute Stichel; dann wird es ihm gelingen: kein Werkzeug, kein Künstler! Man wird mir vielleicht entgegenhalten, dass die griechischen Republiken früher Idiome besaßen, die ebenso unterschiedlich waren wie die unseren; man wird weiter sagen, in unserer Zeit kann man an der Schreibweise und Aussprache, die von Landstrich zu Landstrich verschieden sind, feststellen, aus welcher Gegend Italiens der jeweilige Italiener stammt. Ich ziehe diese Tatsachen nicht in Zweifel; das hindere uns aber nicht, die Weiterentwicklung der Dinge im alten Griechenland so wie im heutigen Italien zu verfolgen. Die berühmten Dichter, Redner und Historiker brachten ihre Sprache in ihren Werken zu Papier. Die Leute eigneten sich stillschweigend die Redewendungen, Sätze und bildlichen Ausdrücke an, die die großen Meister in ihren Werken verwendet hatten; die Ausdrucksform wurde Gemeingut, sie machte jene Sprachen anmutig, bereicherte und adelte sie.

Werfen wir nun einen Blick auf unser Vaterland. Ich vernehme ein Kauderwelsch, das aller Zierde entbehrt und das jeder nach Laune handhabt, wahllos gebrauchte Ausdrücke, die treffenden und ausdrucksvollsten Wörter bleiben ungenutzt, und der Sinn der Sache wird in einem Schwall von Nebensächlichem ertränkt. Ich suche und suche, um unseren Homer, Vergil, Anakreon, Horaz, Demosthenes, unseren Cicero, Thukydides und Titus-Livius ans Tageslicht zu fördern; ich finde keinen einzigen, meine Mühen sind umsonst. Seien wir ehrlich und bekennen wir redlich, dass bislang auf unserem Boden die schöne Literatur noch nicht gediehen ist. Deutschland hat Philosophen gehabt, die den Vergleich mit den Alten aushalten, die diese sogar auf mehr als einem Gebiet übertroffen haben; ich behalte mir vor, später welche zu benennen. Was die schöne Literatur angeht, wollen wir aber unsere völlige Armut eingestehen. Alles, was ich Ihnen einräumen kann, ohne mich zum üblen Schmeichler meiner Landsleute zu machen, ist, dass wir in der kleinen Gattung der Fabel einen Gellert gehabt haben, der es vermocht hat, sich neben Phädrus und Äsop einen Platz zu sichern; die Dichtungen von Canitz sind leidlich, nicht sosehr von seiten der Ausdrucksweise her, sondern weil er ein wenig Horaz nacheifert. Ich will die Idyllen von Geßner nicht übergehen, die einige Befürworter finden; erlauben Sie mir dennoch, den Werken Catulls, Tibulls und des Properz den Vorzug zu geben. Gehe ich zu den Historikern über, so stoße ich nur auf die Geschichte Deutschlands von Professor Mascou, die ich als die am wenigsten mangelhafte anführen könnte. Wollen Sie, dass ich Ihnen rückhaltlos von unseren Rednern spreche? Ich kann Ihnen den berühmten Quandt aus Königsberg bieten, der das seltene und einmalige Talent besaß, sich wohlklingend auszudrücken; und ich muss zu unserer Schande hinzufügen, dass sein Verdienst weder anerkannt noch hervorgehoben worden ist. Wie kann man verlangen, dass die Menschen sich anstrengen, um sich in ihrem Stil zu vervollkommnen, wenn sie zum Lohn dafür keine Anerkennung finden? Den Herren, die ich eben genannt habe, will ich noch einen Anonymus zugesellen, dessen ungereimte Verse ich zu Gesicht bekommen habe; Um welchen Dichter und welches Gedicht es sich handelt, ist nicht genau ermittelt. Friedrichs Anspielung kann sowohl auf die Elegie »Die Mädcheninsel« von Johann Nikolaus Götz als auch auf das Gedicht »Der Frühling« von Ewald Christian von Kleist bezogen werden. ihr Rhythmus und ihre Harmonie ergeben sich aus einer Mischung von Daktylen und Spondeen; sie waren sinnreich, und mein Ohr war aufs angenehmste von Wohlklängen berührt, deren ich unsere Sprache nicht für fähig gehalten hätte. Ich wage zu mutmaßen, dass diese Art von Reimkunst vielleicht für unsere Sprache die angemessenste ist; man würde vermutlich vorankommen, wenn man sich bemühte, sie zu vervollkommnen.

Vom deutschen Theater will ich zu Ihnen nicht sprechen. Melpomene ist der Hof nur von grobschlächtigen Liebhabern gemacht worden, von denen die einen stocksteif auf Stelzen einherkommen, die anderen sich im Schmutz wälzen, und die alle miteinander, ihren Gesetzen unzugänglich, weder zu fesseln noch zu rühren wissen und ihrer Altäre verwiesen sind. Die Liebhaber Thalias sind glücklicher daran gewesen; sie haben uns zumindest eine echte Komödie geliefert; ich spreche vom Postzug. Gemeint ist »Der Postzug oder die noble Passion« (1769) von Cornelius Hermann von Ayrenhoff. Was der Dichter auf der Bühne darstellt, sind unsere Sitten, ist das Lächerliche an uns; das Stück ist gut gemacht. Hätte Molière den gleichen Stoff behandelt, es wäre ihm nicht besser gelungen. Es tut mir leid, dass ich Ihnen von uns keine reichhaltigere Liste guter Leistungen bieten kann; ich klage deshalb nicht die Nation an: es fehlt ihr weder an Geist noch an Schöpferkraft; sie ist aber aus Gründen zurückgeblieben, die es nicht zuließen, dass sie gleichzeitig mit seinen Nachbarn deren Höhe erreichte. Lassen Sie uns bitte in der Literatur bis zur Renaissance zurückgehen und vergleichen wir die Situation, in der sich Italien, Frankreich und Deutschland während dieser im menschlichen Geist sich vollziehenden Umwälzung befanden.

Sie wissen, dass Italien für sie zur Wiege wurde, dass das Haus Este, dass die Medici und Papst Leo X. fördernd zu ihr beitrugen. Während Italien an Glanz gewann, zerfiel Deutschland, von Theologen in Aufruhr versetzt, in zwei Parteien, von denen jede sich durch ihren Hass auf die andere, ihren Überschwang und ihren Fanatismus auszeichnete. Zu derselben Zeit versuchte es Franz I. von Frankreich, sich mit Italien den Ruhm zu teilen, zur Erneuerung der Literatur beigetragen zu haben: er verzehrte sich in vergeblichen Mühen, sie in sein Land herüberzuholen; seine Anstrengungen blieben fruchtlos. Die Monarchie, durch das Lösegeld, das sie für ihren König an Spanien zahlte, mittellos geworden, befand sich in einer Art Siechtum. Die Kriege der Liga, Unter den Kriegen der Liga sind die Auseinandersetzungen um die Nachfolge Heinrichs von Navarra auf den französischen Thron gemeint. Dem 1576 vom Herzog von Guise geschaffenen Bündnis katholischer Adliger und dem wohlhabenden Bürgertum gelang es nicht, die Thronbesteigung Heinrichs IV. zu verhindern. die nach dem Tod Franz' I. ausbrachen, hinderten die Bürger, sich den schönen Künsten zu widmen. Erst gegen Ende der Regierung Ludwigs XIII., nachdem die Wunden der Bürgerkriege geheilt waren, nahm man unter der Amtsführung des Kardinals Richelieu in Zeiten, die für das Unternehmen günstiger waren, den Plan Franz' I. wieder auf. Der Hof förderte die Gelehrten und Schöngeister, jeder wollte mittun, und bald danach stand unter der Regierung Ludwigs XIV. Paris weder Florenz noch Rom nach. Was geschah indessen in Deutschland? Genau zu der Zeit, in der Richelieu sich den Ruhm erwarb, seiner Nation Glanz verliehen zu haben, wütete der Dreißigjährige Krieg. Deutschland wurde von zwanzig verschiedenen Heeren verwüstet und ausgeplündert, die, bald siegreich, bald geschlagen, Not und Elend im Gefolge hatten. Das flache Land lag verödet, die Felder blieben unbestellt, die Städte waren entvölkert. Nach dem Westfälischen Frieden hatte Deutschland kaum Zeit aufzuatmen: bald widersetzte es sich den Kriegsheeren des Türkischen Reiches, das zu jener Zeit allseitig gefürchtet wurde, bald leistete es den französischen Heeren Widerstand, die Germanien überschwemmten, um das Reich der Gallier zu erweitern. Glaubt man denn, in Wien oder in Mannheim konnten Sonette gedichtet, konnten Epigramme verfasst werden, während die Türken Wien belagerten, Im Jahre 1683. Mélac die Pfalz ausplünderte, Flammen Wohnungen, ja selbst ganze Städte verzehrten und selbst der Zufluchtsort des Todes von zügellos außer Rand und Band geratenen Soldaten geschändet wurde, die die Leichen der Kaiser aus ihrer Gruft herausholten, Während des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1688-1697) wurde 1689 die Stadt Speyer von den Franzosen geplündert. Dabei raubte man auch die Grüfte der deutschen Kaiser im dortigen Dom aus. um sich ihrer elenden Überbleibsel zu bemächtigen? Glaubt man wirklich, Dichten sei möglich gewesen in Zeiten, in denen Mütter sich sorgenvoll, ihre durch Unterernährung entkräfteten Kinder auf dem Arm, aus den Ruinen ihrer Heimat zu retten versuchten? Die Musen verlangen nach friedlichen Wohnstätten; sie fliehen Orte, an denen Unruhe herrscht und wo alles in Umsturz begriffen ist. So war es also erst nach dem Spanischen Erbfolgekrieg möglich, dass wir damit begannen, wieder wettzumachen, was wir durch so viele aufeinanderfolgende Drangsale verloren hatten. Dass wir so geringe Fortschritte gemacht haben, darf man also nicht auf den Geist und die Schöpferkraft der Nation zurückführen; der Grund dafür ist vielmehr in einer Reihe misslicher Umstände, einer langen Kette von Kriegen zu suchen, die uns zugrunde gerichtet und arm an Menschen und Geld gemacht haben.

Verlieren Sie nicht aus dem Auge, wie es dann weiterging; verfolgen Sie das Vorgehen unserer Väter, und Sie werden den Verstand loben, der ihr Verhalten bestimmt hat; sie haben haargenau so gehandelt, wie es die Situation verlangte, in der sie waren. Zunächst haben sie sich der Landwirtschaft zugewandt und haben die Fluren, die aus Mangel an Arbeitskräften unbestellt geblieben waren, wieder instand gesetzt; sie haben die zerstörten Häuser wieder aufgebaut; sie haben für Nachkommenschaft gesorgt. Überall ist man darangegangen, brachliegendes Land urbar zu machen; eine zahlreichere Bevölkerung erzeugte den Gewerbefleiß; sogar der Luxus, diese Geißel der kleinen Länder, der in den großen Staaten den Geldumlauf steigert, hat sich wieder eingestellt. Reisen Sie nun einmal durch Deutschland, durchqueren Sie es von einem Ende zum andern, und Sie werden überall an Ihrem Weg Marktflecken finden, die sich in blühende Städte verwandelt haben: da ist Münster, ein Stück weiter Kassel, hier Dresden und Gera. Es ist vielmehr an Leipzig zu denken. So steht es auch in der Übersetzung von 1780. Gehen Sie ins Frankenland, dort finden Sie Würzburg und Nürnberg. Nähern Sie sich dem Rhein, dann fahren Sie durch Fulda und Frankfurt am Main, kommen nach Mannheim und von da nach Mainz und Bonn. Jede dieser Städte stellt dem überraschten Reisenden Gebäude vor Augen, die er inmitten des Herzynischen Waldes Antiker Name für die bewaldeten Gebirge vom Rhein bis zu den Karpaten, der später nur auf den Thüringer Wald und das Erzgebirge bezogen wurde. nie zu finden wähnte. Das kraftvolle Wirken unserer Landsleute hat sich also nicht nur darauf beschränkt, die Verluste wettzumachen, die das Unheil in unserer Vergangenheit verursacht hat, es wollte höher hinaus, es hat vollendet, was unsere Vorfahren nur vorgedacht haben. Seit sich diese vorteilhaften Veränderungen vollzogen haben, erleben wir, wie sich der Wohlstand ausbreitet; der dritte Stand siecht nicht länger schmachvoll gedemütigt dahin; die Väter bringen die Kosten für die Ausbildung ihrer Kinder auf, ohne sich in Schulden zu stürzen. Damit sind die Voraussetzungen für die glückliche Wende geschaffen, die wir erwarten; die Fesseln, die die geistigen Anlagen unserer Väter nicht zur Entfaltung kommen ließen, sind gelöst und behoben; schon merkt man, dass edles Streben in den Köpfen aufkeimt. Wir schämen uns, dass wir uns in gewissen Bereichen nicht an die Seite unserer Nachbarn stellen können; wir trachten danach, in unermüdlicher Arbeit die Zeit aufzuholen, die uns durch unser Missgeschick verlorengegangen ist; und ganz allgemein ist der Kunstsinn im Volk dermaßen auf alles, was unserem Vaterland Ruhm verschaffen könnte, ausgerichtet, dass unter solchen Voraussetzungen die Musen auch uns so gut wie sicher in den Tempel des Ruhmes einführen werden. Überprüfen wir also, was uns noch zu tun bleibt, um aus unseren Gefilden all die Dornen der Barbarei auszurotten, die noch dort wachsen, und um so den ersehnten Fortschritt zu beschleunigen, nach dem unsere Landsleute streben.

Wie ich Ihnen schon gesagt habe, muss man damit beginnen, die Sprache zu vervollkommnen: sie muss gefeilt und glattgehobelt werden; sie bedarf der Bearbeitung durch geschickte Hände. Klarheit ist das erste, was sich diejenigen, die reden und schreiben, zum Ziel setzen sollten, denn es handelt sich ja darum, dass man mit Worten schildert, was man meint, oder ausdrückt, was man denkt. Was nützen die trefflichsten, wirkungsvollsten und glänzendsten Gedanken, wenn man sie nicht verständlich macht? Viele unserer Autoren gefallen sich in einem weitschweifigen und verschwommenen Stil; sie häufen Parenthese auf Parenthese, und oft findet man erst am Ende einer ganzen Seite das Verbum, von dem der Sinn des ganzen Satzes abhängt. Nichts macht die Satzkonstruktion undurchsichtiger als das. Diese Autoren sind weitschweifig statt gedankenreich, und man würde leichter das Geheimnis der Sphinx erahnen als das, was sie meinen. Eine andere Sache, die wie das, was ich an unserer Sprache und dem Stil unserer Schriftsteller bemängele, den Fortschritt in der Literatur beeinträchtigt, ist das Fehlen einer guten Schulbildung. Unserem Volk ist Pedanterie vorgeworfen worden, weil wir so viele wortklauberische und wichtigtuende Kommentatoren gehabt haben. Um sich dieses Vorwurfs zu erwehren, beginnt man, die gelehrten Sprachen zu vernachlässigen; und um nicht als pedantisch zu gelten, wird man oberflächlich. Nur wenige unserer Gelehrten können noch ohne Schwierigkeit die klassischen, griechischen sowie lateinischen Autoren lesen. Wenn man sein Ohr an der Harmonie der Verse Homers schulen will, muss man ihn ohne Zuhilfenahme eines Wörterbuchs fließend lesen können. Dasselbe sage ich in bezug auf Demosthenes, Aristoteles, Thukydides und Plato. Und will man Kenntnisse über die lateinischen Autoren erwerben, gilt das gleichermaßen. Heute beschäftigt sich die Jugend fast gar nicht mehr mit dem Griechischen, und wenige lernen hinlänglich Latein, um auch nur mittelmäßig die Werke der großen Männer übersetzen zu können, die die Zierde des Zeitalters des Augustus waren. Sie aber sind doch die reichhaltigen Quellen, aus denen die Italiener, Franzosen und Engländer, die uns nun um soviel voraus sind, ihr Wissen geschöpft haben; sie haben sich, sosehr sie nur konnten, nach diesen großen Autoren gebildet, sie haben sich ihre Art zu denken angeeignet; und bei aller Bewunderung der großen Schönheiten, an denen die Werke der Alten überreich sind, haben sie es auch nicht unterlassen, deren Mängel zu erfassen. Man muss bei aller Verehrung zu unterscheiden wissen und darf sich niemals blinder Lobhudelei ergeben. Jene glücklichen Zeiten, deren sich die Italiener, die Franzosen und die Engländer vor uns erfreut haben, beginnen jetzt fühlbar zu Ende zu gehen. Das Publikum ist der Meisterwerke, die erschienen sind, überdrüssig; das Wissen wird, da es jetzt verbreiteter ist, weniger geschätzt. Diese Völker meinen sich im Besitz des Ruhmes, den ihre Schriftsteller erworben haben, und ruhen sich auf ihren Lorbeeren aus. Aber ich habe gar nicht bemerkt, wie sehr mich diese Abschweifung von meinem Thema entfernt hat. Kehren wir in unsere Heimat zurück und setzen wir die Untersuchung dessen fort, was in Hinsicht auf unsere Schulbildung mangelhaft ist.

Ich muss, glaube ich, vermerken, dass die kleine Zahl der vorhandenen guten und geschickten Lehrer den Bedarf der Schulen nicht deckt; wir haben viele, und alle wollen versorgt sein. Wenn die Lehrer pedantisch sind, kommen sie in ihrer Spitzfindigkeit nicht von Kleinigkeiten los, und sie vernachlässigen das Hauptsächliche. Umständlich, weitschweifig, langweilig und öde in ihrem Unterricht, ermüden sie ihre Schüler und flößen ihnen Ekel vor der Schule ein. Gewisse Schulleiter verwalten ihr Amt um des Geldes willen: ob ihre Schüler einen Nutzen davontragen oder ob sie nichts lernen, ist ihnen gleichgültig, die Hauptsache ist, dass ihnen ihre Entlohnung pünktlich ausgezahlt wird. Und noch schlimmer ist das, wenn diese Lehrer selber nicht einmal Kenntnisse besitzen. Was wollen sie anderen beibringen, wenn sie selbst nichts wissen? Gott verhüte, dass es nicht auch Ausnahmen von dieser Regel gebe und man in Deutschland nicht auch einmal ein paar fähige Schulvorsteher finde. Dem widerspreche ich in keiner Weise, beschränke mich aber darauf, sehnlichst zu wünschen, dass ihre Zahl beträchtlicher sei. Was hätte ich nicht alles über die fehlerhafte Methode vorzubringen, nach der die Lehrer ihren Schülern die Grammatik, Dialektik, Rhetorik und andere Wissensgebiete vermitteln! Wie können sie den Geschmack ihrer Schüler entwickeln, wenn sie selber das Gute vom Mittelmäßigen und das Mittelmäßige vom Schlechten nicht zu unterscheiden wissen, den schwülstigen Stil mit dem gedankenreichen, das Triviale, Niedrige mit dem Natürlichen, die nachlässige und fehlerhafte Prosa mit dem einfachen Stil, das Kauderwelsch mit dem Erhabenen verwechseln, nicht mit Exaktheit die Übersetzungen ihrer Schüler korrigieren, nicht auf ihre Fehler eingehen, ohne ihnen den Mut zu nehmen, und ihnen nicht sorgfältig die Regeln einschärfen, die sie immer vor Augen haben müssen, wenn sie etwas abfassen? Gleichviel habe ich hinsichtlich der Genauigkeit der Metaphern zu sagen; denn ich erinnere mich, in meiner Jugend in einer an eine Königin gerichteten Zueignung eines Professors Heineccius gelesen zu haben: »Ihro Majestät glänzen wie ein Karfunkel am Finger der jetzigen Zeit.« Irrtum Friedrichs II. Die Wendung stammt aus der 1723 erschienenen Reisebeschreibung durch Deutschland von Prof. Adam Ebert aus Frankfurt (Oder), die dieser unter dem Namen Auius Apronius herausgab. Die 2. Auflage von 1724 enthielt eine Widmung an das preußische Herrscherpaar. Ebert bezeichnete Königin Sophie Dorothea darin als »Höchststrahlender Karfunkel an der Stirne der Tugendkönigin von Europa« und König Friedrich Wilhelm I. als »den großen Diamanten an dem Finger der itzigen Zeit«. Etwas Schlimmeres ist nicht möglich! Warum ein Karfunkel? Hat die Zeit einen Finger? Wenn man sie darstellt, schildert man sie mit Flügeln, da sie ja unaufhaltsam davonfliegt, mit einer Wasseruhr, weil die Horen die Zeit zerlegen, und man bewehrt ihren Arm mit einer Hippe, um anzudeuten, dass sie alles, was besteht, hinmäht und austilgt. Wenn Professoren sich auf eine ebenso niedere wie lächerliche Weise ausdrücken, was kann man dann von ihren Schülern erwarten?

Kommen wir nun von den Schulen zu den Universitäten! Überprüfen wir auch diese unvoreingenommen! Der Übelstand, der mir am stärksten ins Auge fällt, ist die Tatsache, dass es keine allgemeine Methode für den wissenschaftlichen Unterricht gibt; jeder Professor schafft sich seine eigene. Ich bin der Meinung, dass es nur eine gute Methode gibt und dass man sich an diese halten muss. Aber wie wird heutzutage verfahren? Ein Professor der Rechtswissenschaft zum Beispiel hat ein paar bevorzugte Rechtsgelehrte, deren Auffassungen er erläutert; er hält sich an ihre Schriften, ohne Erwähnung von dem zu tun, was andere Autoren über das Recht geschrieben haben; er pocht auf die Würde seiner Kunst, um sein Wissen ins rechte Licht zu rücken; er meint, als Orakel zu gelten, wenn er in seinen Vorlesungen unklar bleibt; er spricht über die Gesetze in Memphis, wenn es sich um Vorgänge in Osnabrück handelt, oder er trichtert einem Bakkalaureus aus Sankt Gallen die Gesetze des Minos ein. Der Philosoph hat seine Lieblingslehre, an die er sich ungefähr auf gleiche Weise hält. Seine Schüler verlassen sein Kolleg, den Kopf voller Vorurteile; sie haben nur einen kleinen Teil menschlichen Urteilens erfahren; sie kennen nicht alle Irrtümer, alle Ungereimtheiten, die dabei vorkommen. In bezug auf die Medizin bin ich mir noch nicht schlüssig, ob sie eine Kunst oder keine Kunst ist; auf jeden Fall aber weiß ich, dass kein Mensch einen neuen Magen, neue Lungen oder neue Nieren zu schaffen in der Lage ist, wenn diese für das Leben eines Menschen wichtigen Teile nicht mehr arbeiten, und ich rate meinen Freunden, wenn sie krank sind, nachdrücklich, lieber einen Arzt zu Hilfe zu rufen, der mehr als einen Friedhof beliefert hat, als einen jungen Schüler von Hoffmann oder Boerhaave, der noch niemanden zu Tode kurierte. An denen, die Mathematik lehren, habe ich nichts auszusetzen. Diese Wissenschaft ist die einzige, die nicht zu Eigenbrötelei geführt hat. Sie ist auf Analyse, Synthese und aufs Rechnen gegründet; sie befasst sich nur mit offenkundigen Wahrheiten; daher vertritt sie in jedem Land die gleiche Methode. Auch hinsichtlich der Theologie hülle ich mich in respektvolles Schweigen. Man sagt, sie sei eine göttliche Wissenschaft, und den Laien sei es nicht erlaubt, den Weihwasserkessel zu berühren. Es wird mir aber, so glaube ich, gestattet sein, weniger behutsam mit den Professoren der Geschichte umzugehen und ihrer Forschung mit ein wenig Zweifel zu begegnen. Ich wage anzufragen, ob die Bemühung um die Chronologie in der Geschichte wirklich das Zweckdienlichste ist, ob es ein nicht wiedergutzumachendes Vergehen ist, wenn man sich bezüglich des Todesjahres von Belus, des Tages, an dem das Pferd des Darius zu wiehern begann und seinen Herrn auf den persischen Thron erhob, und der Stunde, zu der die Goldene Bulle erlassen wurde, ob um sechs Uhr morgens oder um vier Uhr nachmittags, verrechnet hat. Was mich betrifft, so genügt es mir, den Inhalt der Goldenen Bulle zu kennen und dass sie im Jahre 1356 bekanntgemacht wurde. Das heißt nicht, dass ich diejenigen Historiker entschuldigen will, die Fehler in der Zeitrechnung begehen; ich würde aber eher Nachsicht bei kleinen Versehen dieser Art üben als bei den schweren Fehlern, die darin bestehen, dass Tatsachen ungenau wiedergegeben und Ereignisse und ihre Ursachen nicht klar dargestellt werden, dass es an jeglicher Methode fehlt, man sich läng und breit bei Kleinigkeiten aufhält und leicht über die Dinge hinweggeht, die am wesentlichsten sind. Ähnlich urteile ich über die Genealogie und meine, man darf einen Schriftsteller nicht steinigen, weil er die Stammgeschichte der heiligen Helene, der Mutter Kaiser Konstantins, oder Hildegards, der Frau oder Mätresse Karls des Großen, nicht aufzuhellen weiß. Man soll nur das lehren, was zu wissen notwendig ist; das übrige soll man beiseite lassen.

Vielleicht werden Sie meine Einschätzung zu streng finden. Da hier auf Erden nichts vollkommen ist, schlussfolgern Sie vielleicht, dass unsere Sprache, unsere Schulen und unsere Universitäten es eben auch nicht sind. Sie werden hinzufügen, dass Kritik leicht, die Kunst aber schwer ist, dass es also nötig ist, weiterhin zu sagen, welches denn, will man es besser machen, die Leitsätze sind, die man dabei befolgen muss. Ich bin, mein Herr, durchaus bereit, Ihnen Genüge zu tun. Ich glaube, wenn andere Völker sich haben vervollkommnen können, so haben wir die gleichen Mittel wie sie, und es handelt sich nur darum, sie anzuwenden. Lange Zeit schon habe ich in meinen Mußestunden über das alles nachgedacht, so dass ich es gegenwärtig habe, um es zu Papier zu bringen und Ihrem Urteil zu unterbreiten, und das um so eher, als ich keinerlei Anspruch auf Unfehlbarkeit erhebe.

Beginnen wir mit der deutschen Sprache, der ich vorwerfe, sie sei weitschweifig und verschwommen, schwer zu handhaben, wenig klangvoll und ihr fehle zudem jene Fülle an Metaphern, die nötig sind, wenn es zu neuen Redewendungen kommen und verfeinerten Sprachen Anmut verliehen werden soll. Um die Richtung festzulegen, die wir einschlagen müssen, wenn es gilt, dieses Ziel zu erreichen, wollen wir den Weg betrachten, den unsere Nachbarn gegangen sind, ehe sie zu dem ihren gelangten.

In Italien sprach man zur Zeit Karls des Großen noch einen barbarischen Jargon; dieser war ein Gemisch von Wörtern, die den Hunnen und den Lombarden entliehen waren, und ihm waren lateinische Ausdrücke beigegeben, die den Ohren eines Cicero oder Vergil unverständlich gewesen wären. Diese Mundart blieb während der folgenden Jahrhunderte der Barbarei unverändert. Lange danach erst erschien Dante; seine Verse begeisterten seine Leser, und die Italiener verfielen dem Glauben, ihre Sprache könne die Nachfolge der Sprache der Eroberer des Weltalls antreten. Kurz vor und während der literarischen Renaissance entfalteten sich sodann Petrarca, Ariost, Sannazzaro und Kardinal Bembo. Der Schöpfergeist vor allem dieser Männer hat die italienische Sprache geprägt. Zur selben Zeit kam es dann auch zur Gründung der Accademia della Crusca, Name der 1582 in Florenz gegründeten Akademie, die sich die Aufgabe stellte, die italienische Sprache zu reinigen. Die Akademie bearbeitete das italienische Wörterbuch. die über Redeweise und Reinheit des Stils wacht.

Nun komme ich zu Frankreich. Ich stelle fest, dass man am Hofe Franz' I. einen Jargon sprach, der an Missklang unserem heutigen Deutsch nicht nachstand; und, die Bewunderer Marots, Rabelais' und Montaignes mögen es mir nicht übelnehmen, ihre grobschlächtigen und aller Anmut entbehrenden Werke haben in mir nur Langeweile und Ab scheu erregt. Nach ihnen, gegen Ende der Regierungszeit Heinrichs IV., erschien dann Malherbe. Er ist der erste Dichter, den Frankreich gehabt hat, oder besser gesagt, als Versemacher weist er weniger Fehler auf als seine Vorgänger. Um zu belegen, dass er seine Kunst noch nicht auf die volle Höhe geführt hat, brauche ich Sie nur an jene Verse zu erinnern, die Sie aus einer seiner Oden kennen:

Prends ta foudre, Louis, et va comme un lion,

Donner le dernier coup à la dernière tête

De la rébellion.

Nimm deinen Blitz, Ludwig, und führe wie ein Löwe den letzten Schlag auf das letzte Haupt der Rebellion. Die Ode bezieht sich auf Ludwig XIII. und seine Kämpfe mit dem Hochadel um die Macht zu Beginn seiner Regierung.

Hat man jemals einen mit einem Blitz bewaffneten Löwen erlebt? Die Sage gibt dem Göttervater den Blitz in die Hand oder bewaffnet den ihn begleitenden Adler damit; nie aber hat ein Löwe dieses Attribut besessen. Verlassen wir aber Malherbe und seine unpassenden Metaphern und kommen wir zu Corneille, Racine, Despréaux, Bossuet, Flechier, Pascal, Fénelon, Boursault und Vaugelas, den eigentlichen Vätern der französischen Sprache. Sie allein haben den Stil geformt, den Wortgebrauch festgelegt, die Sätze zum Klingen gebracht und dem alten barbarischen und misstönenden Kauderwelsch ihrer Ahnen Kraft und Stärke verliehen. Die Werke dieser Schöngeister sind geradezu verschlungen worden. Was gefällt, wird auch behalten. Wer Talent zur Literatur besaß, nahm sie sich zum Vorbild. Stil und Kunstsinn dieser großen Männer teilten sich sodann der ganzen Nation mit. Gestatten Sie mir aber, dass ich Sie für einen Augenblick festhalte und Ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache hinlenke, dass in Griechenland und Italien wie nun auch in Frankreich die Versdichter, indem sie ihre Sprache biegsam und harmonisch machten, sie auch als erste so bearbeitet haben, dass sie dann unter der Feder der Autoren, die nach ihnen in Prosa schrieben, geschmeidiger und wendiger wurde.

Wende ich mich nun England zu, so eröffnet sich mir dort ein Bild, das dem ähnelt, das ich Ihnen von Italien und Frankreich entworfen habe. England war von den Römern, den Sachsen und Dänen und schließlich von dem Normannenherzog Wilhelm dem Eroberer unterjocht worden. Aus der Wirrnis der Sprachen ihrer Besieger bildete sich unter Einbeziehung des Dialekts, der noch heute im Fürstentum Wales gesprochen wird, das Englische. Ich brauche Ihnen nicht mehr zu sagen, dass in den Zeiten der Barbarei diese Sprache zumindest ebenso ungeschliffen war wie diejenigen, von denen ich Ihnen eben gesprochen habe. Die literarische Renaissance bewirkt bei allen Nationen das gleiche: Europa war der krassen Unwissenheit müde, in der es so viele Jahrhunderte lang dahingelebt hatte; es wollte aus ihr herauskommen. Stets eifersüchtig auf Frankreich, strebte England danach, sich eigene Autoren heranzubilden; und da man, um zu schreiben, einer Sprache bedarf, begann es die seine zu vervollkommnen. Um schneller zum Ziel zu gelangen, übernahm es aus dem Lateinischen, dem Französischen und Italienischen alle die Ausdrücke, die es für sich als nötig erachtete. Es erwuchsen ihm berühmte Schriftsteller; diese aber vermochten die schrillen Töne in ihrer Sprache, die fremde Ohren beleidigen, nicht zu mildern. Die anderen Idiome verlieren beim Übersetzen; das Englische allein gewinnt dabei. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang, dass ich einmal mit Schriftstellern zusammen war; einer unter ihnen fragte, welcher Sprache sich die Schlange bedient habe, die unsere Urmutter verführte. »Des Englischen«, antwortete ein Gelehrter, »denn die Schlange zischt.« Nehmen Sie diesen schlechten Witz für das, was er wert ist.

Nachdem ich Ihnen dargelegt habe, wie bei andern Völkern die Sprachen entwickelt und veredelt worden sind, werden Sie zweifellos auch der Meinung sein, dass uns das ebenso wie ihnen gelingen könnte, wenn wir die gleichen Wege beschreiten. Wir brauchen also große Dichter und Redner, die uns entsprechend helfen, und dürfen das nicht von den Philosophen erwarten: deren Anteil ist, Irrtümer auszurotten und neue Wahrheiten zu entdecken. Die Dichter und die Redner müssen uns mit ihren Wortklängen berauschen, sie müssen uns rühren und beeindrucken; da aber Genies nicht auf Wunsch geboren werden, wollen wir zusehen, ob wir nicht auch Fortschritte machen können, wenn wir uns inzwischen nach Hilfe umsehen. Um unseren Stil zu straffen, sollten wir jede unnütze Zwischenbemerkung vermeiden, und um Kraft zu gewinnen, die alten Autoren übersetzen, die vollste Kraft des Ausdrucks und äußerste Anmut besaßen. Nehmen wir die Griechen Thukydides und Xenophon, vergessen wir nicht die Poetik des Aristoteles, und vor allem befleißige man sich der Wiedergabe der Wortgewalt eines Demosthenes. Von den Lateinern sollten wir auf das Lehrbuch Epiktets, die Gedanken des Kaisers Marc Aurel, die Kommentare Cäsars, auf Sallust, Tacitus und die Dichtkunst des Horaz zurückgreifen. Die Franzosen könnten uns die Gedanken La Rochefoucaulds, die Persischen Briefe Verfaßt von Charles-Louis de Sécondat, Baron de la Brède et de Montesquieu. Sie erschienen 1721 zuerst in Amsterdam und Paris. und den Geist der Gesetze Gleichfalls von Montesquieu, 1748 in Genf erschienen. Von diesem Hauptwerk M.s kam 1753 die erste deutsche Übersetzung in Frankfurt (Main) und Leipzig heraus. beisteuern. Alle diese hier vorgeschlagenen Bücher, von denen die meisten im Stil von Sentenzen abgefasst sind, zwingen die Übersetzer, leere Worte und unnützes Gerede zu meiden. Unsere Schriftsteller werden allen ihren Scharfsinn aufbringen müssen, ihre Gedanken knapp zu fassen, damit ihre Übersetzung die Ausdruckskraft aufweist, die man in ihren Vorlagen bewundert. Auf jeden Fall werden sie, indem sie einen kraftvolleren Stil anstreben, immer mehr darauf bedacht sein, nicht in Unklarheiten zu verfallen; und um diese Klarheit zu bewahren, die die erste Pflicht jedes Schriftstellers ist, dürfen sie nie von den Regeln der Grammatik abweichen, und die Verben, die das Rückgrat der Sätze sind, müssen so platziert werden, dass es zu keinerlei Doppelsinn kommt. Übersetzungen, die auf diese Weise angefertigt worden sind, werden als Muster dienen, nach denen unsere Schriftsteller sich bilden können. Alsdann können wir uns rühmen, die Regel befolgt zu haben, die Horaz den Autoren in seiner Poetik vorschreibt: Tot verba, tot pondera. »Soviel Worte, soviel Gewichte.« Dieses Zitat ist weder bei Horaz noch bei einem anderen römischen Schriftsteller zu finden.

Schwieriger wird es sein, die harten Laute, von denen es in den meisten Wörtern unserer Sprache wimmelt, zu mildern. Die Vokale sind den Ohren angenehm; zu viele beieinanderstehende Konsonanten beleidigen sie, sie sind schwer auszusprechen und sind nicht klangvoll. Dazu haben wir eine Menge Hilfs- und Hauptverben, deren Endsilben tonlos und unangenehm sind, wie sagen, geben, nehmen; man setze ein a an den Schluss dieser Endungen, mache daraus sagena, gebena, nehmena, und schon schmeicheln diese Laute den Ohren. Aber ich weiß auch: gäbe selbst der Kaiser mit seinen acht Kurfürsten in einer feierlichen Reichstagssitzung ein Gesetz heraus, das vorschreibt, man solle so sprechen, dann würden eifrige Verfechter des Teutonischen über sie spotten und in bestem Latein schreien: Caesar non est super grammaticos; »Der Kaiser steht nicht über den Grammatikern.« und das Volk, das in jedem Land über die Sprachen entscheidet, würde weiterhin wie gewohnt sagen und geben sprechen. Die Franzosen haben in der Aussprache sehr viele Wörter, die den Ohren weh tun und die Kaiser Julian sagen ließen, die Gallier krächzten wie die Krähen, klanglich gemildert. Solche Wörter sind der damaligen Aussprache cro-jo-gent, vo-vai-gent. Heute spricht man sie croyent, voyent aus; schmeicheln sie auch jetzt noch nicht, sind sie doch weniger unangenehm. Ich glaube, dass wir bezüglich gewisser Wörter entsprechend verfahren könnten.

Es gibt noch einen Mangel, den ich nicht übergehen darf, den der platten und trivialen Vergleiche, die dem Jargon des Volkes entnommen sind. Hier als Beispiel, wie sich ein Dichter ausgedrückt hat, als er seine Werke irgendeinem Schirmherrn widmete: »Schieß, großer Gönner, schieß deine Strahlen armdick auf deinen Knecht hernieder.« Was sagen Sie zu diesen Strahlen, dick wie ein Arm? Hätte man diesem Dichter nicht sagen sollen: Lieber Freund, lerne zu denken, ehe du dich mit dem Schreiben befasst? Machen wir es also nicht wie jene Armen, die für reich gelten möchten; gestehen wir ehrlich unsere Armut ein; das möge uns dann um so mehr dazu anspornen, dass wir durch Mühen zu jenen Schätzen der Literatur gelangen, deren Besitz den Ruhm der Nation aufs höchste steigert.

Nachdem ich Ihnen dargelegt habe, auf welche Weise man unsere Sprache weiterentwickeln könnte, bitte ich Sie, mir die gleiche Aufmerksamkeit hinsichtlich der Maßnahmen zu schenken, die sich ergreifen ließen, um den Bereich unseres Wissens zu erweitern, das Studium leichter und nutzbringender zu machen und gleichzeitig den Kunstsinn der Jugend zu fördern. Als erstes schlage ich vor, dass eine überlegtere Auswahl der Schullehrer getroffen wird, die den Unterricht leiten, und dass man ihnen eine vernünftigere und sinnvollere Methode vorschreibt, der sie im Unterricht zu folgen haben, und zwar ebenso für die Grammatik wie für die Logik und Rhetorik; ferner, dass man den Kindern, die fleißig sind, kleine Auszeichnungen zukommen lässt, und denjenigen, die nachlässig werden, einen leichten Tadel erteilt. Ich glaube, das beste Lehrbuch der Logik Gemeint ist Christian Wolffs 1712 erschienenes Werk »Vernünftige Gedanken von den Kräften des menschlichen Verstandes«; und zugleich das klarste ist das von Wolff. Man sollte also alle Schulvorsteher verpflichten, nach ihm zu lehren, um so mehr, als das von Batteux nicht übersetzt Ein Handbuch der Logik von dem französischen Ästhetiker Charles Batteux gibt es nicht. Friedrich II. meint möglicher weise das von Bayle, welches er 1785 unter dem Titel »Systeme de philosophie, contenant la logique es la métaphysique« drucken ließ. und auch nicht besser als das andere ist. In der Rhetorik halte man sich an Quinrilian. Wer, wenn er ihn studiert, keine Beredsamkeit erlangt, erlangt sie nie. Der Stil dieser Schrift ist klar, sie enthält alle Vorschriften und Regeln für diese Kunst; in Zusammenhang damit müssen aber die Lehrer die Aufgaben ihrer Schüler sorgfältig durchsehen, ihnen die Gründe nennen, warum ihre Fehler angestrichen wurden, und die Stellen lobend hervorheben, die ihnen gut gelungen sind.

Wenn die Lehrer die von mir vorgeschlagene Methode befolgen, werden sie die im Keim vorhandenen Talente dort zur Entfaltung bringen, wo die Natur sie angelegt hat. Sie werden das Urteilsvermögen ihrer Schüler weiterentwickeln, indem, sie sie daran gewöhnen, nicht ohne Kenntnis der Ursache eine Entscheidung zu fällen wie auch richtige Folgerungen aus ihren Grundsätzen abzuleiten. Die Rhetorik wird ihren Geist an strenges Planen gewöhnen; sie werden die Kunst erlernen, ihre Gedanken zu ordnen, zu verbinden und mittels natürlicher, unmerklicher und glücklicher Übergänge miteinander zu verknüpfen; sie werden begreifen, wie man Stil und Thema zueinander ins Verhältnis setzt und Redefiguren passend anwendet, sowohl um die Monotonie des Stils zu beheben wie auch um an geeigneten Stellen mit blumigen Ausdrücken aufzuwarten, und werden nicht zwei Metaphern in eine zusammenziehen, was für den Leser nur Doppeldeutigkeit ergibt. Die Rhetorik lehrt sie dann auch noch, eine Wahl zwischen den Argumenten zu treffen, die sie verwenden wollen, und zwar je nach Art der Zuhörerschaft, an die sie sich zu wenden haben; sie werden lernen, wie man sich bei jemandem einschmeichelt, wie man gefällt, jemanden erregt, Unwillen oder Mitleid hervorruft, überredet und überall Zustimmung erzielt. Welch göttliche Kunst ist das doch, wenn man allein durch Rede, ohne Kraft und Gewalt, dahin kommt, sich die Geister zu unterwerfen, über Herzen zu gebieten und zu wissen, wie man in einer vielköpfigen Versammlung diejenigen Leidenschaften erregt, für die man sie gewinnen will! Wären die guten Schriftsteller in unsere Sprache übersetzt, würde ich deren Lektüre wie die von etwas Wichtigem und Nützlichem empfehlen. Was zum Beispiel die Logiker anbelangt, so würde nichts sie besser bilden als der Kommentar von Bayle über die Kometen und über das »Zwinge sie einzutreten« Der vollständige Titel der Schrift von Bayle lautet: »Commentaire philosophique sur ces paroles de Jésus-Christ: Contrainsles d'entrer ou traité de la tolérance universelle« Er nimmt Bezug auf das Lukas-Evangelium, Kap. 14, Vers 23, der lautet: »Und der Herr sprach zu den Knechten: >Gehe aus auf die Landstraße und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, auf dass mein Haus voll werde.<« Bayle verfasste die Schrift anlässlich der Aufhebung des Edikts von Nantes 1685. Bayle ist nach meiner schwachen Einsicht der erste unter den Logikern in Europa; er durchdenkt ein Problem nicht nur nachdrücklich und exakt, sondern zeichnet sich dadurch aus, dass er mit einem Blick alles erfasst, was bei einem Vorschlag herauskommen kann, was seine starke, was seine schwache Seite ist, wie man vorgehen muss, um ihn zu unterstützen, und wie man diejenigen widerlegt, die ihn angreifen werden. In seinem großen Wörterbuch ficht er Ovid bezüglich der Entstehung der Welt aus dem Chaos an; es gibt darin ausgezeichnete Artikel über die Manichäer, über Epikur, Zoroaster usw. Alle verdienen gelesen und studiert zu werden, und es wird ein unschätzbarer Gewinn für die Jugend sein, wenn sie sich dabei die Urteilskraft und den Scharfblick dieses großen Mannes zu eigen machen kann.

Sie werden von vornherein die Autoren erraten, die ich denen empfehlen will, die die Beredsamkeit studieren. Damit sie lernen, den Grazien zu huldigen, möchte ich, dass sie die großen Dichter: Homer, Vergil, einige ausgewählte Oden von Horaz, ein paar Verse von Anakreon lesen. Damit sie sich für die Beredsamkeit erwärmen, würde ich ihnen Demosthenes und Cicero in die Hände geben; man sollte ihnen deutlich machen, worin sich das Verdienst dieser beiden großen Redner unterscheidet. Bei dem ersten wüsste man nichts hinzuzutun, beim zweiten gibt es nichts wegzulassen. Auf diese Lesestoffe könnten die schönen Leichenreden Bossuets und Fléchiers, des französischen Demosthenes und des französischen Cicero, und die an Wendungen der erhabenen Redekunst reiche Kleine Fastenpredigt von Masillon folgen. Damit sie lernen, in welchem Sinn man Geschichte schreiben soll, möchte ich, dass sie Titus-Livius, Sallust und Tacitus lesen; man müsste sie dabei auf das Edle im Stil und die Schönheit ihrer Erzählweise hinlenken und zugleich die Leichtgläubigkeit tadeln, mit der am Ende jedes Jahres Titus-Livius ein Verzeichnis von Wundern aufstellt, von denen die einen lächerlicher als die anderen sind. Dann könnten diese jungen Leute einmal die Weltgeschichte von Bossuet und die Römischen Staatsumwälzungen des Abbé de Vertot durchlesen; und anschließen ließe sich die Geschichte Karls V. von Robertson. Das wären Mittel und Wege, ihren Geschmack zu schulen und sie zu lehren, wie man schreiben soll. Wenn aber der Lehrer selber diese Kenntnisse nicht besitzt, möge er sich damit begnügen zu sagen: Hier verwendet Demosthenes das große oratorische Argument; dort und im größten Teil der Rede bedient er sich des Enthymems; Griech. »Gedanke«, eine verkürzte Art der logischen Schlussbildung. da liegt eine Apostrophe Eine an abwesende Personen, personifizierte Dinge oder Abstraktionen gerichtete Anrede, auch Selbstanrede der Dichter. vor, hier eine Prosopopöe; In der Rhetorik die erdichtete Rede einer abwesenden Person oder einer als redend eingeführten Sache. Personifikation, Vermenschlichung bzw. Darstellung des Leblosen als Person. an dieser Stelle eine Metapher, an jener eine Hyperbel. Soweit gut; wenn der Lehrer aber die Schönheiten bei einem Autor nicht besser hervorhebt und nicht auf die Mängel aufmerksam macht (denn selbst den größten Rednern unterlaufen welche), hat er seine Aufgabe nicht völlig erfüllt. Ich lege den Nachdruck auf alle diese Dinge, weil ich möchte, dass die jagend die Schule mit klaren Begriffen verlässt und man sich nicht damit zufriedengibt, ihr Gedächtnis vollzustopfen, sondern sich vor allem bemüht, ihr Urteilsvermögen auszubilden, so dass sie das Gute vom Schlechten unterscheiden kann, sich nicht darauf beschränkt, »das gefällt mir« zu sagen, und künftig triftige Gründe dafür anführt, wenn sie etwas gutheißt oder ablehnt.

Um sich von dem geringen Geschmack, der heute in Deutschland herrscht, zu überzeugen, brauchen Sie nur die öffentlichen Theatervorstellungen zu besuchen. Dort werden Sie erleben, wie man die in unsere Sprache übersetzten, abscheulichen Stücke von Shakespeare aufführt und wie alle Zuhörer sich vor Behagen austoben, wenn sie diese lächerlichen und den Wilden von Kanada angemessenen Possen hören. Ich nenne sie so, weil sie gegen sämtliche Regeln der Dramatik verstoßen. Diese Regeln sind nicht willkürlich; Sie finden sie in der Poetik des Aristoteles, wo die Einheit des Ortes, die Einheit der Zeit und die Einheit der Handlung als die einzigen Mittel und Wege vorgeschrieben werden, Tragödien interessant zu machen. In diesen englischen Stücken umfasst das, was gespielt wird, den Zeitraum mehrerer Jahre. Wo ist da die Wahrscheinlichkeit? Auch erscheinen da Lastträger und Totengräber und führen ihnen angemessene Reden; dann erst kommen Fürsten und Königinnen. Wie kann ein solch ungereimter Mischmasch aus Gemeinem und Erhabenem, aus Possenreißerei und Tragischem rühren und gefallen? Man kann Shakespeare diese absonderlichen Verirrungen nachsehen; denn die Geburtsstunde der Künste ist nie zugleich der Zeitpunkt ihrer Reife. Aber da erscheint nun ein Götz von Berlichingen auf der Bühne, eine abscheuliche Nachahmung dieser schlechten englischen Stücke, und die Zuschauer im Parterre klatschen Beifall und verlangen begeistert die Wiederholung dieser widerlichen Plattheiten. Ich weiß, über den Geschmack streitet man nicht; erlauben Sie mir jedoch, Ihnen zu sagen, dass diejenigen, die an Seiltänzern und Marionetten gleich viel Vergnügen finden wie an den Tragödien von Racine, ja nur die Zeit totschlagen wollen; sie geben dem, was die Augen anspricht und nur bloße Schaustellung ist, den Vorzug vor dem, was den Geist anregt und zu Herzen geht. Aber kommen wir zum Thema zurück.

Nachdem ich Ihnen von den unteren Schulen gesprochen habe, muss ich mit derselben Freimütigkeit die Universitäten abhandeln und Verbesserungen vorschlagen, die denen als die vorteilhaftesten und nutzbringendsten erscheinen mögen, die ihrerseits bemüht sind, darüber nachzudenken. Man darf nicht annehmen, dass die Methode, die die Professoren anwenden, wenn sie die Wissenschaften vermitteln, gleichgültig sei: fehlt es ihnen dabei an Klarheit und Bestimmtheit, sind ihre Mühen umsonst. Sie haben ihre Vorträge schon im voraus fertig und halten sich daran; ob dieses Kolleg gut oder schlecht ist, stört niemanden. Deshalb der geringe Nutzen, der aus einem solchen Studium gezogen wird: nur wenige Lernende beenden es mit den Kenntnissen, die sie eigentlich davontragen sollten. Mein Gedanke wäre demzufolge, jedem Professor die Regel vorzuschreiben, die er beim Unterricht in seinen Kollegs zu befolgen hat. Hierzu der Entwurf:

Lassen wir den Mathematiker und den Theologen beiseite, weil der Klarheit und Anschaulichkeit des ersteren nichts hinzuzufügen ist und man an der Volksmeinung, die der letztere vertritt, keinen Anstoß nehmen soll. Da wäre zuerst der Philosoph. Ich würde fordern, dass er seine Vorlesung mit einer exakten Definition der Philosophie beginnt, dass er sodann bis in die fernsten Zeiten zurückgeht und dabei sämtliche philosophische Systeme, die die Menschen gehabt haben, in der Reihenfolge der Glanzzeit ihrer Verfechter abhandelt. Es würde zum Beispiel nicht genügen, den Studenten zu sagen, die Stoiker hätten in ihrer Lehre eingeräumt, dass die Seelen der Menschen Teilchen der Gottheit seien. Wie schön und erhaben diese Vorstellung auch sein mag, der Professor muss darauf aufmerksam machen, dass sie einen Widerspruch in sich birgt, weil der Mensch, wäre er ein Teilchen der Gottheit, über unendliches Wissen verfügen würde, was er doch nicht hat, weil es, befände sich Gott in den Menschen, zur Zeit so wäre, dass der englische Gott gegen den französischen und spanischen Gott zu Felde zöge, und weil diese verschiedenen Teile Gottes sich gegenseitig zu vernichten trachteten und alle Ruchlosigkeiten, alle von den Menschen begangenen Verbrechen Werke Gottes wären. Wie absurd, derartige Abscheulichkeiten anzunehmen! Also ist das alles nicht wahr. Geht der Professor zu Epikur über, wird er vor allem auf die Gleichgültigkeit verweisen, die dieser Philosoph seinen Göttern beimisst; was dem Wesen eines Gottes widerstreitet. Er wird nicht versäumen, nachdrücklich auf die Ungereimtheit der Lehre von der Abweichung der Atome und auf alles, was der Genauigkeit und Folgerichtigkeit des logischen Denkens zuwiderläuft, hinzuweisen. Er wird zweifellos der Sekte der Skeptiker Erwägung tun wie auch der von dem Menschen oft empfundenen Notwendigkeit, mit ihrem Urteil bei soundso vielen metaphysischen Problemen zurückzuhalten, bei denen weder Analogie noch Erfahrung uns einen Faden finden lassen, der uns durch dieses Labyrinth führt. Dann wird er auf Galilei zu sprechen kommen: sein Lehrgebäude muss er sauber darlegen; er darf nicht versäumen, das absurde Verhalten des römischen Klerus hervorzuheben, der nicht zulassen wollte, dass sich die Erde dreht, die sich gegen die Antipoden auflehnte und, so unfehlbar, wie er zu sein glaubte, dieses Mal wenigstens seinen Prozess vor dem Tribunal der Vernunft verlor. Ferner kommen Kopernikus, Tycho Brahe und die Lehre von den Wirbeln Gemeint ist Epikurs Lehre von der Abweichung der Atome von der senkrechten Falllinie. an die Reihe. Der Professor muss seinen Zuhörern die Unmöglichkeit des vollen Raumes beweisen, der keinerlei Bewegung zuließe; Descartes zum Trotz wird er vor aller Augen nachweisen, dass die Tiere keine Menschen sind. Darauf soll dann ein Abriss der Lehre Newtons vom leeren Raum folgen, der man beipflichten muss, ohne dass man sagen könnte, ob das Negation des Daseins heißt oder ob diese Leere etwas ist, mit deren Wesen wir keinen genauen Begriff verbinden können. Das wird den Professor nicht daran hindern, dass er seine Zuhörerschaft über die von Newton vorausbedachte völlige Übereinstimmung dieser Lehre mit den Naturerscheinungen belehrt; das ist ja gerade, was die neueren Denker gezwungen hat, Schwergewicht, Gravitation, Zentripetalkraft und Zentrifugalkraft, verborgene, bis auf unsere Tage unbekannte Eigenschaften der Natur, zu bejahen. Nun sollten Leibniz, die Lehre von den Monaden und von der prästabilierten Harmonie Die vorherbestimmte Einheit, ein Grundbegriff der Leibnizschen Philosophie. Sie ist allgemeiner Ausdruck für die allen Dingen innewohnende Ordnung (soweit nicht das Kausalverhältnis auf sie zutrifft), die Gott so eingerichtet hat, dass ein harmonisches, nämlich paralleles Geschehen abläuft. an der Reihe sein. Der Professor wird ohne Zweifel deutlich machen müssen, dass es ohne Einheit keine Zahl gibt. Also müssen unteilbare Köper angenommen werden, aus denen die Materie besteht. Außerdem sollte er seinen Zuhörern verdeutlichen, dass rein theoretisch die Materie unendlich teilbar ist, dass aber in der Wirklichkeit die Urkörper sich, weil sie zu winzig sind, unserer Wahrnehmung entziehen und es notwendigerweise erste unzerstörbare Atome geben muss, die Grundlage der Elemente sind; denn nichts entsteht aus nichts, und nichts geht zugrunde. Besagter Professor sollte die Lehre von der prästabilierten Harmonie als den Roman eines sehr genialen Menschen darstellen und sollte auf jeden Fall hinzufügen, dass die Natur den kürzesten Weg einschlägt, um ihre Zwecke zu erreichen. Er sollte zudem bemerken, dass man die Dinge nicht ohne Not vermehren darf. Als nächster erscheint Spinoza, den der Professor mühelos widerlegen kann, wenn er sich der Argumente bedient, die er gegen die Stoiker angeführt hat; und wenn er diese Lehre da angreift, wo sie die Existenz des höchsten Wesens zu leugnen scheint, wird nichts ihm leichter fallen, als sie zu Staub zu zerreiben, und das vor allem, wenn er die Bestimmung einer jeden Sache, den Zweck, für den sie gemacht ist, vor Augen führt. Alles, bis hin zum Wachstum eines Grashalmes, beweist Gott; und wenn der Mensch sich eines gewissen Grades an Intelligenz erfreut, den er sich nicht selbst verliehen hat, muss doch um so mehr das Wesen, dem er alles verdankt, einen um ein Unendliches tieferen und umfassenderen Geist besitzen. Unser Professor wird Malebranche nicht völlig beiseite lassen. Wenn er die Prinzipien dieses Paters aus dem Orden des Oratoriums entwickelt, sollte er zugleich darauf hinweisen, dass die Folgen, die sich natürlich daraus ergeben, auf die Doktrin der Stoiker und auf die Weltseele zurückgehen, von der alle belebten Wesen ein Teil sind. Wenn wir in Gott alles sehen, wenn unsere Empfindungen und Gedanken, unsere Wünsche und unser Wollen sich unmittelbar aus seiner geistigen Einwirkung auf unsere Organe ergeben, sind wir nur Maschinen, die von göttlichen Händen bewegt werden. Gott allein bleibt, und der Mensch vergeht. Ich hoffe stark, dass der Herr Professor, sofern er Sinn und Verstand hat, den weisen Locke nicht auslassen wird, den einzigen unter den Metaphysikern, der die Phantasie dem gesunden Menschenverstand zum Opfer gebracht hat, der der Erfahrung, soweit sie ihn leiten kann, folgt und mit Bedacht haltmacht, wenn dieser Führer ihm nicht mehr zur Seite steht. Geht es um die Sittenlehre, sollte der Herr Professor ein paar Worte über Sokrates sagen; er sollte Marc Aurel gerecht werden und sich schließlich ausführlicher über Ciceros Über die Pflichten, das beste Werk zur Morallehre unter denen, die je geschrieben wurden und noch geschrieben werden, verbreiten. Den Medizinern will ich nur zwei Worte sagen. Sie müssen ihre Schüler vor allem daran gewöhnen, genau die Anzeichen der Krankheiten zu beobachten, um rasch deren Art zu erkennen. Diese Anzeichen sind: ein schneller und schwacher Puls, ein starker und heftiger Puls, ein Puls, der aussetzt, Trockenheit der Zunge, die Augen, die Art des Schwitzens und die Ausscheidungen, der Urin sowie die Exkremente, woraus sie dann Schlüsse ziehen und die Art der Schwäche, die zu der Erkrankung geführt hat, genauer einschätzen können; und auf solches Erkennen hin müssen sie die geeigneten Arzneien auswählen. Ferner muss der Professor seine Schüler die Fülle der unterschiedlichen Veranlagungen sorgfältig beobachten lassen und sie lehren, wie man ihnen die erforderliche Aufmerksamkeit schenkt. Er wird also die gleiche Krankheit bei jeder Art von Temperament durchnehmen müssen; hauptsächlich aber muss er nachdrücklich darauf hinweisen, wie notwendig es ist, bei ein und derselben Krankheit zu bedenken, wieviel an Arznei je nach Befinden des Patienten verordnet werden muss. Ich bin aber nicht so kühn, zu glauben, dass auf Grund aller dieser Belehrungen die jungen Äskulaps Wunder vollbringen werden. Der Gewinn, den die Allgemeinheit dabei haben wird, liegt darin, dass weniger Bürger durch Unwissen oder Laschheit der Ärzte zu Tode kommen.

Um abzukürzen, übergehe ich die Botanik, die Chemie und die physikalischen Experimente und will mir den Herrn Professor der Rechte vornehmen, der mir ein recht sauertöpfisches Gesicht zeigt. Ihm werde ich sagen: Mein Herr, wir leben nicht mehr in einer Welt der Worte, sondern in einer Welt der Tatsachen. Verzeihen Sie bitte und geruhen Sie zum Nutzen der Allgemeinheit in den tiefgründigen Vorlesungen, die Sie zu halten meinen, etwas weniger Schulmeisterei und etwas mehr gesunden Verstand unterzubringen. Sie verlieren, mein Herr, Ihre Zeit damit, ein Völkerrecht zu lehren, das noch nicht einmal Privatpersonen, geschweige denn die Mächtigen achten und von dem die Schwachen keinerlei Hilfe erwarten können. Sie belehren Ihre Schüler über die Gesetze des Minos, Solons und Lykurgs, über die Zwölf Tafeln Roms, über den Kodex Justinianus und sagen nicht ein Wort oder nur ganz wenig über die Grundsätze und Gewohnheiten, die hierzulande Anerkennung finden. Um Sie zu beruhigen, wir glauben Ihnen gern, dass Ihr Hirn geschult ist an der Quintessenz der in eins verschmolzenen Lehren von Cujacius und Bartolus; aber bedenken Sie doch bitte, dass nichts kostbarer ist als die Zeit und dass jeder, der sie mit unnützem Gerede verliert, ein Verschwender ist, gegen den Sie auf Verwahrung erkennen würden, sollte er vor Gericht stehen. Gestatten Sie also, mein Herr, so gelehrt Sie auch sind, dass ein Ungebildeter meines Schlages ohne Scheu Ihnen ein Rechtskolleg vorschlägt, das Sie halten könnten. Sie beginnen also mit der Notwendigkeit der Gesetze, denn keine Gesellschaft kann ohne sie auskommen. Sie zeigen dann, dass es darunter zivilrechtliche, strafrechtliche oder solche gibt, die auf Übereinkunft beruhen Gemeint sind Staatsverträge. Die ersteren dienen der Sicherung von Eigentum, Erbschaften, Mitgiften, Pflichtteilen, Verkaufs- und Kaufverträgen; sie legen die Grundsätze fest und dienen als Regel bei Grenzziehungen sowie zur Klärung von strittigen Rechtsansprüchen. Die Strafgesetze dienen mehr dazu, das Verbrechen auszuschalten, als es zu bestrafen; die Strafen müssen den Delikten angemessen sein, und jederzeit müssen die milderen Strafmaßnahmen Vorzug vor den strengeren haben. Die bei Verträgen geltenden Gesetze gehören zu denen, die die Regierungen erlassen, um den Handel oder den Gewerbefleiß zu fördern. Die beiden ersten Gesetzesarten sind von festem Bestand, die letzteren sind Wandlungen unterworfen, und zwar entweder aus inneren Gründen oder aus äußeren, die es nötig machen können, einige außer Kraft zu setzen und neue dafür zu schaffen. Nachdem der Herr Professor diese Einleitung mit der nötigen Klarheit vorgetragen hat, wird er, ohne noch Grotius und Pufendorf zu Rate zu ziehen, die Güte haben, die Gesetze des Landes zu behandeln, in dem er lebt; dabei muss er sich allem voran davor hüten, in seinen Schülern den Hang zur Streitsucht zu fördern; statt Verwirrer aus ihnen zu machen, muss er Entwirrer heranbilden; und er muss alles daransetzen, dass Gerechtigkeit aus seinen Vorlesungen spricht und sie sich durch Klarheit und Genauigkeit auszeichnen. Um seine Schüler von Jugend auf nach dieser Methode zu erziehen, darf er vor allem nicht versäumen, sie den Streitgeist verachten zu lehren, der alles verdreht und eine unerschöpfliche Fülle von Spitzfindigkeiten und Händeln heraufbeschwört.

Ich wende mich nun an den Herrn Geschichtsprofessor. Als Vorbild empfehle ich ihm den gelehrten und berühmten Thomasius. Unser Professor wird einen guten Ruf ernten, wenn er sich diesem großen Mann annähert, und Ruhm, wenn er ihm gleichkommt. Seine Vorlesung wird er der Zeitfolge nach mit der alten Geschichte beginnen; und abschließen wird er mit der Moderne. Im Fortgang der Jahrhunderte darf er kein Volk auslassen: er darf weder die Chinesen noch die Russen, weder Polen noch den Norden außer acht lassen, wie es Herrn Bossuet in seinem ansonsten sehr schätzenswerten Buch passiert ist. Vor allem muss sich unser Professor mit der Geschichte Deutschlands als der für die Deutschen interessantesten befassen; hüten muss er sich indessen davor, allzuweit ins Dunkel der Ursprünge vorzudringen, über die uns die Belege fehlen und deren Kenntnis im übrigen auch ohne Nutzen ist. Er wird, ohne zu lange zu verweilen, das neunte, zehnte, elfte und zwölfte Jahrhundert abhandeln; über das dreizehnte Jahrhundert, in dem die Geschichte interessant zu werden beginnt, wird er sich etwas mehr verbreiten. In dem Maße, wie er fortschreitet, geht er dann immer mehr ins einzelne, denn die Fakten sind dann immer stärker mit der Geschichte unserer Tage verknüpft. Eindringlicher als bei den Ereignissen, die, wenn ich mich so ausdrücken darf, tot sind und keine Nachkommenschaft haben, muss er dann bei denen verweilen, die Folgen nach sich gezogen haben. Der Professor wird auch über den Ursprung der Rechtsordnungen, der Sitten und der Gesetze sprechen; er wird kundtun, bei welchen Gelegenheiten sie im Reich um sich gegriffen haben. Auch muss er die Zeit schildern, in der die Reichsstädte frei wurden, und welches ihre Privilegien waren; er muss erläutern, wie die Hanse oder auch der Bund der Hansestädte zustande kam, wie die Bischöfe und Äbte souverän wurden, und muss nach Kräften klarmachen, wie die Kurfürsten zu dem Recht kamen, die Kaiser zu wählen. Die verschiedenen Formen, nach denen im Laufe der Jahrhunderte die Justiz verwaltet worden ist, dürfen nicht ohne Erwähnung bleiben. Vor allem aber von Karl V. an muss der Herr Professor seine Urteilskraft und sein Geschick bekunden: von dieser Zeit an wird alles interessant und denkwürdig. Nun muss er sich befleißigen, so gut er, kann, die Gründe für die großen Ereignisse aufzuhellen: ohne Ansehen der Personen muss er die Großtaten derer würdigen, die sich durch sie einen Namen gemacht haben, und die Fehler derer ankreiden, die solche begangen haben.

Und nun beginnen die religiösen Wirren; diesen Teil wird der Professor als Philosoph behandeln. Es folgen die Kriege, zu denen diese Unruhen Anlass gaben; die großen im Streit liegenden Parteien sind mit entsprechender Würde zu behandeln. Da ist Schweden, das Partei gegen den Kaiser ergreift: der Professor wird aussprechen, was Gustav Adolf bewogen hat, nach Deutschland hereinzukommen, und welche Gründe Frankreich gehabt hat, sich für Schweden und die protestantische Sache zu erklären; doch darf der Professor nicht die alten Lügen wiederholen, die allzu leichtgläubige Historiker verbreitet haben. Er darf auf keinen Fall behaupten, Gustav Adolf sei von einem in seiner Armee dienenden deutschen Fürsten getötet worden, In seinen »Commentarien zur schwedischen Geschichte« bezichtigt Freiherr Samuel von Pufendorf den Herzog Franz Albrecht von Lauenburg des Mordes an Gustav Adolf von Schweden, was nie bewiesen wurde und nicht den Tatsachen entspricht. weil das weder wahr noch bewiesen und auch nicht wahrscheinlich ist. Der Westfälische Frieden erfordert sodann einen eingehenderen Abschnitt, da er die Grundlage der Deutschen Freiheit bildet, das Grundgesetz, das den kaiserlichen Ehrgeiz in seine gerechten Schranken verweist und auf das unsere gegenwärtige Verfassung gegründet ist. Der Professor wird sodann von dem berichten, was sich unter der Herrschaft der Kaiser Leopold. Josef und Karl VI. zugetragen hat. Dieses weite Gebiet liefert ihm Stoff, an dem er seine Gelehrsamkeit und sein Schöpfertum beweisen kann, vor allem wenn er auch nichts Wesentliches übersieht. Nachdem er sämtliche denkwürdige Ereignisse jedes Jahrhunderts behandelt hat, darf er nicht versäumen, über die jeweils aufgekommenen Gedanken wie auch über die Männer zu berichten, die sich mit ihrem Können, ihren Entdeckungen und ihren Schriften hervorgetan haben. Dabei muss er darauf achten, dass er die Ausländer nicht verschweigt, die Zeitgenossen der von ihm genannten Deutschen waren.

Ich glaube, man würde, nachdem man so, Volk auf Volk bedenkend, die Geschichte abgehandelt hat, den Studenten einen Dienst erweisen, wenn man den gesamten Stoff noch einmal zusammenfasste und ihn ihnen in einer Gesamtübersicht böte. In einem solchen Werk wäre vor allem eine chronologische Anordnung vonnöten, damit die Zeiten nicht durcheinandergebracht werden und damit man lernt, jedes wichtige Vorkommnis entsprechend der Stelle, an die es gehört, einzuordnen, Zeitgenossen neben Zeitgenossen, und damit das Gedächtnis weniger mit Daten belastet wird, wäre es angebracht, die Epochen, in denen die wichtigsten Veränderungen stattgefunden haben, abzugrenzen. Das ergibt dann eine Anzahl Anhaltspunkte für das Gedächtnis, die man leicht behält und die verhindern, dass die riesige Fülle historischer Fakten im Kopf der jungen Leute nicht durcheinandergerät.

Ein Kolleg in Geschichte, wie ich es vorschlage, muss gut verdaut, tief durchdacht und bar aller Kleinigkeitskrämerei sein. Der Professor sollte weder das Theatrum europaeum noch die Deutsche Geschichte des Herrn von Bünau zu Rate ziehen; ich möchte ihn lieber auf die Hefte von Thomasius verweisen, falls sie noch zu finden sind. Welches Schauspiel könnte für einen jungen Mann, wenn er in die Gesellschaft eintreten will, interessanter, lehrreicher und nützlicher sein, als sich diese lange Reihe von Wechselfällen vor Augen zu führen, die das Gesicht der Welt so oft verwandelt haben! Wo könnte er die Nichtigkeit der von Menschen geschaffenen Dinge besser erfahren, als wenn er auf den Trümmern der Königreiche und der gewaltigsten Imperien wandelt? Welche Freude muss es ihm aber auch bereiten, wenn er in dieser Flut von Verbrechen, die ihm vorgeführt wird, hin und wieder tugendhaften und göttergleichen Seelen begegnet, die gleichsam für die Verderbtheit der Gattung Mensch um Gnade flehen! Das sind die Vorbilder, denen er folgen muss. Er hat inmitten heuchlerischer Schmeichler und Kriecher eine Menge glücklicher Menschen erlebt: der Tod stürzt den Abgott, die Schmeichler ergreifen die Flucht, die Wahrheit tritt ans Licht, und der Widerwille des Volkes wird laut und erstickt die Stimme der Lobhudler. Ich wiege mich in der Hoffnung, dass der Professor Sinn genug dafür aufbringen wird, seinen Schülern die Grenzen aufzuzeigen, die zwischen edlem Wetteifer und maßlosem Ehrgeiz bestehen, und dass er sie zum Nachdenken über all die unseligen Leidenschaften anregt, die den Untergang der mächtigsten Reiche herbeigeführt haben; an Hunderten von Beispielen soll er ihnen verdeutlichen, dass die guten Sitten stets die wahren Hüterinnen der Reiche gewesen sind, wie andererseits in ihnen Sittenverderbnis, aufkommende Verschwendungssucht und maßloser Hang zum Reichtum zu allen Zeiten zu ihrem Sturz geführt haben. Wenn der Herr Professor dem Plan folgt, den ich ihm vorschlage, darf er sich natürlich nicht darauf beschränken, im Gedächtnis seiner Schüler bloße Fakten anzuhäufen; vielmehr muss er ihr Urteil schulen, muss ihr Denken in richtige Bahnen lenken und muss ihnen vor allem Liebe zur Tugend einflößen, was nach meiner Meinung allem unverdaulichen Wissenskram vorzuziehen ist, mit dem die Köpfe der jungen Leute vollgestopft werden.

Ganz allgemein ergibt sich aus allem, was ich hier ausgeführt habe, dass man sich mit Eifer und beflissen daransetzen sollte, alle klassischen Autoren aus alten und modernen Sprachen in unsere Sprache zu übertragen, was uns den doppelten Vorteil einbrächte, unser Idiom heranzubilden und das Wissen umfassender zu machen. Wenn so alle guten Autoren eingebürgert werden, würden sie uns zugleich auf neue Gedanken bringen und uns um ihre Ausdrucksweise, ihre Anmut und all ihre sonstigen Vorzüge reicher machen. Und wie viele Kenntnisse würde die Allgemeinheit dabei erwerben! Von den sechsundzwanzig Millionen Einwohnern, die man Deutschland zurechnet, beherrschen, so glaube ich, keine hunderttausend richtig das Latein, jener Schwarm an Priestern und Mönchen gar nicht mit in Anschlag gebracht, die kaum so viel Latein können, als nötig ist, um recht und schlecht die Syntax zu verstehen. Das also heißt, dass fünfundzwanzig Millionen neunhunderttausend Seelen von allem Wissen ausgeschlossen sind, denn in der Volkssprache können sie es ja nicht erwerben. Könnte es also für uns etwas Vorteilhafteres geben, als dass die Bildung mehr zum Allgemeinbesitz gemacht wird, indem man sie überall hinträgt? Der Edelmann, der sein Leben auf dem flachen Land verbringt, würde für seine Lektüre eine Auswahl treffen, die ihm angemessen wäre; sich zerstreuen hieße für ihn zugleich sich fortbilden. Der Großbürger würde dadurch weniger bäurisch bleiben. Die Müßiggänger fänden so ein Mittel gegen die Langeweile. Der Sinn für die schöne Literatur wüchse ganz allgemein und würde der Gesellschaft zu feinerem Benehmen, zu Sanftmut und Anmut und unerschöpflichem Stoff für die Unterhaltung verhelfen. Aus dieser Erregung der Geister ergäbe sich jener Spürsinn, jener gute Geschmack, der mit treffsicherer Unterscheidung das Schöne erfasst, das Mittelmäßige verwirft und das Schlechte verabscheut. Das Publikum, so zu einem aufgeklärten Richter geworden, wird dann die kommenden Autoren dahin bringen, ihre Werke mit mehr Fleiß und Sorgfalt zu erarbeiten und sie erst dann ans Licht zu bringen, nachdem sie sie bestens ausgefeilt und geglättet haben.

Der Entwicklungsgang, den ich hier andeute, ist durchaus nicht meiner Phantasie entsprungen; ihn haben alle zivilisierten Völker durchlaufen, einen anderen gibt es nicht. Je mehr der Sinn für Literatur zunimmt, je mehr Geltung und Ansehen derer wächst, die sie vortrefflich pflegen, desto mehr wird deren Beispiel andere beflügeln. Deutschland bringt fleißige Forscher, Philosophen, Genies und alles, was man nur wünschen kann, hervor; es bedarf nur eines Prometheus, der das himmlische Feuer raubt, um sie anzuregen.

Der Boden, der den berühmten Des Vignes, den Kanzler des unglücklichen Kaisers Friedrich II., hervorgebracht hat, auf dem diejenigen geboren wurden, die die Dunkelmännerbriefe geschrieben haben, die ihrem Jahrhundert weit voraus waren und Rabelais als Muster dienten, der Boden, der den berühmten Erasmus zeugte, dessen Lob der Narrheit von Geist nur so sprüht und noch gewichtiger wäre, wenn man darin ein paar mönchische Plattheiten wegließe, die an den schlechten Zeitgeschmack erinnern, das Land, das einen ebenso weisen wie gelehrten Melanchthon erlebt hat, dieses Land, sage ich, das diese großen Männer hervorbrachte, ist noch nicht erschöpft und wird noch viele heraufkommen sehen. Wie viele große Männer könnte ich nicht noch außer den genannten aufzählen! Ich bin dreist genug, zu den unseren Kopernikus zu zählen, der durch seine Berechnungen das Planetensystem berichtigte und bewiesen hat, was Ptolemäus einige tausend Jahre vor ihm zu behaupten wagte, Irrtum Friedrichs II. Ptolemäus vertrat das geozentrische Weltbild, das den Vorstellungen der christlichen Lehre entsprach. Gemeint ist vielmehr Aristarch von Samos, der schon im 3. Jahrhundert v. Chr. den Stillstand der Sonne und die Bewegung der Erde um die Sonne lehrte. während ein Mönch an anderer Stelle in Deutschland durch seine chemischen Versuche die erstaunlichen Wirkungen bei der Explosion des Pulvers entdeckte und ein anderer den Buchdruck erfand, die segensreiche Kunst, die den Fortbestand der guten Bücher sichert und die Allgemeinheit in den Stand versetzt, mit geringen Kosten Wissen zu erwerben; auch einen Otto Guericke zähle ich hinzu, einen Mann mit Erfindergeist, dem wir die Pressluftpumpe verdanken. Ich will auf keinen Fall den berühmten Leibniz unerwähnt lassen, der seinen Namen weithin in Europa bekanntgemacht hat; wenn er sich durch seine Phantasie auch zu einigen doktrinären Hirngespinsten hat hinreißen lassen, so muss man doch einräumen, dass seine abwegigen Gedanken solche eines gewaltigen Genius sind. Ich könnte diese Liste um Namen wie Thomasius, Bilfinger, Haller und um viele andere erweitern; aber die Gegenwart gebietet mir Schweigen: das Lob der einen würde das Selbstgefühl der anderen verletzen.

Ich ahne schon, dass man mir vielleicht entgegenhalten wird, während der Kriege in Italien habe man doch erlebt, wie Pico della Mirandola sich entfaltete; aber er war doch nur ein Gelehrter. Man wird weiterhin sagen, während Cromwell sein Vaterland in Unruhe stürzte und seinen König auf seinem Schafott enthaupten ließ, habe doch Toland seinen Leviatban herausgebracht Nicht Toland ist der Autor des »Leviathan«, sondern der Philosoph Thomas Hobbes. Das Werk erschien zwei Jahre nach der Hinrichtung Karls I. und kurze Zeit nach ihm Milton sein Verlorenes Paradies veröffentlicht; selbst zur Zeit der Königin Elisabeth habe der Kanzler Bacon bereits Europa aufgeklärt und sich zum Orakel der Philosophie gemacht, indem er darauf hinwies, welche Entdeckungen zu machen seien, und den Weg zeigte, der zu ihrer Vollbringung zu beschreiten sei; und während der Kriege Ludwigs XIV. hätten die hervorragenden Autoren in allen Gattungen der Literatur Frankreichs Ruhm begründet. Warum also, wird man sagen, sollten unsere Kriege in Deutschland verhängnisvoller gewesen sein als die unserer Nachbarn? Es wird mir ein leichtes sein zu antworten. In Italien ist die Literatur erst wahrhaft unter der Schirmherrschaft von Lorenzo de Medici, des Papstes Leo X. und des Hauses Este zur Blüte gelangt. Zu jener Zeit gab es nur einige kurzfristige, aber keineswegs vernichtende Kriege; und Italien, das großen Wert auf den Ruhm legte, den ihm die Renaissance der schönen Künste einbringen sollte, förderte sie, sosehr seine Kräfte es ihm erlaubten. In England zielte die vom Fanatismus eines Cromwell getragene Politik nur auf den Thron ab: bei aller Grausamkeit gegenüber dem König regierte er sein Volk doch klug und weise; daher war auch der Handel dieser Insel nie blühender als unter seinem Protektorat. So kann auch der Leviathan nicht anders als eine Parteischrift betrachtet werden. Das Verlorene Paradies von Milton ist zweifellos von größerem Wert: dieser Dichter war ein Mann von starker Einbildungskraft, der das Thema seiner Dichtung aus einer der religiösen Possen schöpfte, die zu seiner Zeit noch in Italien gespielt wurden; und vor allem muss hervorgehoben werden, dass England damals in Frieden und Wohlstand lebte. Der Kanzler Bacon, der sich unter Königin Elisabeth einen Namen machte, lebte an einem Hof mit feinen Sitten; er besaß den scharfen Blick von Jupiters Adler, wenn es galt, die Wissenschaften zu überprüfen, und die Weisheit Minervas, wenn es hieß, sie zu nutzen. Das Genie eines Bacon ist eines jener seltenen Phänomene, die ab und zu einmal erscheinen und ihrem Jahrhundert ebenso wie dem menschlichen Geist zur Ehre gereichen. In Frankreich hatte Kardinal de Richelieus Amtszeit das glanzvolle Jahrhundert Ludwigs XIV. vorbereitet. Die Bildung begann sich auszubreiten; der Krieg der Fronde war nicht mehr als ein Kinderspiel. Ludwig, in jeder Hinsicht auf Ruhm versessen, wollte, dass seine Nation, was Literatur und Geschmack, Macht, Eroberungen, Politik und Handel betraf, die erste sein sollte. Seine Waffen waren in allen feindlichen Ländern siegreich. Frankreich rühmte sich der Erfolge seines Monarchen und litt kaum unter den Spuren des Krieges. So war es ganz natürlich, dass die Musen, deren Element Ruhe und Wohlstand ist, in seinem Königreich Einzug hielten. Was Sie, mein Herr, aber vor allem bedenken müssen, ist, dass in Italien, England und Frankreich die ersten Schriftsteller und alle, die ihnen nachfolgten, in ihrer eigenen Sprache schrieben. Das Publikum verschlang diese Werke, und das Wissen breitete sich durchgängig im ganzen Volk aus. Bei uns verlief das ganz anders. Aus unseren Religionsstreitigkeiten gingen ein paar zänkische Rechthaber hervor, die in wirrem Streit über unverständliches Zeug ein und dieselben Argumente verteidigten und bekämpften und auch noch Schmähreden unter ihre Spitzfindigkeiten mischten. Unsere ersten Gelehrten waren wie überall Männer, die in ihrem Gedächtnis Fakten auf Fakten häuften, Pedanten ohne eigenes Urteil wie Lipsius, Freinshemius, Gronovius und Graevius, plumpe Wiederkäuer von ein paar dunklen Phrasen, die sich in den alten Manuskripten fanden. Das konnte bis zu einem gewissen Punkt von Nutzen sein, aber sie hätten doch nicht all ihren Fleiß an nichtigen, folglich wenig wichtigen Kleinkram wenden sollen. Das betrüblichste dabei war, dass die Herren in ihrer eitlen Pedanterie den Beifall ganz Europas zu gewinnen trachteten: teils um von den Pedanten im Ausland bewundert zu werden, schrieben sie ausschließlich lateinisch, und die Folge war, dass ihre Schriften für fast ganz Deutschland verloren waren. Es ergaben sich daraus zwei Nachteile: der eine war, dass die deutsche Sprache, eben weil sie nicht gepflegt wurde, ihren alten Rost behielt; der andere, dass der Großteil des Volkes, der das Latein nicht beherrschte und sich nicht fortbilden konnte, weil er eben eine tote Sprache hörte, in krassester Unwissenheit verharrte. Das sind Wahrheiten, die niemand widerlegen kann. Die Herren Gelehrten mögen einmal daran denken, dass die Wissenschaften die Nahrung der Seele sind: das Gedächtnis nimmt sie auf wie ein Magen; sie verursachen aber Störungen, wenn der Verstand sie nicht verdaut. Wenn unsere Kenntnisse gleichsam einen Schatz darstellen, darf man sie nicht vergraben, sondern muss sie anderen zugute kommen lassen, indem man sie weithin in einer von allen unseren Mitbürgern verstandenen Sprache verbreitet.Es ist noch nicht lange her, dass die Schriftsteller Mut gefasst haben, in ihrer Muttersprache zu schreiben, und sich nicht mehr schämen, Deutsche zu sein. Sie wissen, dass erst vor kurzem das erste bekannte Wörterbuch der deutschen Sprache erschienen ist; Gemeint ist wahrscheinlich Adelungs »Versuch eines vollständigen grammatischen Wörterbuchs der hochdeutschen Mundart«, das von 1774 bis 1786 in Leipzig erschien. Adelungs Werk ist aber nicht das erste dieser Art. Schon 1741 kam in Berlin das »Teutsch-Lateinische Wörterbuch« von Johann Leonhard Frisch heraus. es treibt mir die Schamröte ins Gesicht, dass ein so nützliches Werk nicht schon ein Jahrhundert vor mir verfasst wurde. Inzwischen aber ist zu bemerken, dass sich ein Umschwung in den Geistern vollzieht: Nationalstolz rührt sich, man ist bestrebt, sich auf die Höhe seiner Nachbarn zu erheben, und will sich Wege zum Parnass Der Parnass ist ein Kalksteingebirgsstock in Mittelgriechenland, an dessen Abhang sich das alte Delphi, der Sitz des Orakels des Apollo, befand. Auf Grund dessen ist der Parnass auch der Musenberg und ein Symbol für die Dichtkunst. und zum Tempel der Mnemosyne Griech. »Die Erinnerung«, ist in der griechischen Mythologie eine Titanin, die dem Zeus die neun Musen gebar. bahnen; jeder, der Spürsinn dafür hat, merkt das schon. Man übersetze also die klassischen Werke der Alten und der Modernen in unsere Sprache! Wenn wir wollen, dass das Geld bei uns rollt, setzen wir es also im Volk in Umlauf und machen wir die Wissenschaften, die ehedem so spärlich waren, zum Allgemeinbesitz.

Um nichts von all dem auszulassen, was bei uns den Fortschritt gehemmt hat, will ich schließlich noch auf den geringen Gebrauch der deutschen Sprache an den meisten Höfen in Deutschland hinweisen. Unter der Regierung Kaiser Josefs sprach man in Wien nur Italienisch; Spanisch überwog unter Karl VI.; und während der Herrschaft Franz' I., der ein geborener Lothringer war, war man an seinem Hof mit dem Französischen vertrauter als mit dem Deutschen; dasselbe war der Fall an den kurfürstlichen Höfen. Was konnte der Grund dafür sein? Ich sage Ihnen noch einmal, mein Herr, Spanisch, Italienisch und Französisch waren eben ausgeprägte Sprachen, die unsere war das nicht. Aber trösten wir uns: in Frankreich hat sich dasselbe vollzogen. Unter Franz I., Karl IX. und Heinrich III. sprach man in der guten Gesellschaft mehr Spanisch und Italienisch als Französisch; und die Nationalsprache kam erst zu Ansehen, als sie verfeinert, klar und anmutig wurde und ungezählte klassische Bücher sie durch ihre Wortmalerei verschönert, in ihrem grammatischen Aufbau zugleich fester gefügt hatten. Unter der Regierung Ludwigs XIV. verbreitete sich das Französische über ganz Europa, und das zum Teil auf Grund der Vorliebe für die guten Autoren, die sich damals entfalteten, wie auch auf Grund der guten Übersetzungen der Alten, die es dort gab. Und jetzt ist diese Sprache zu einer Art Freipass geworden, der ihnen zu allen Häusern und allen Städten Zugang verschafft. Reisen Sie von Lissabon nach Petersburg, von Stockholm nach Neapel, wenn Sie Französisch sprechen, versteht man Sie überall. Mit diesem einen Idiom ersparen Sie sich eine Menge Sprachen, die Sie beherrschen müssten und die Ihr Gedächtnis mit Wörtern belasten würden, an deren Stelle Sie es mit anderen Dingen ausfüllen können, was gewiss besser ist.

Das also, mein Herr, sind die verschiedenen Hemmnisse, die uns hindern, so schnell wie unsere Nachbarn voranzukommen. Gleichwohl überholen aber diejenigen, die als letzte kommen, manchmal ihre Vorgänger; das kann uns schneller passieren, als man glaubt, falls die Landesfürsten Geschmack an der Literatur gewinnen und diejenigen fördern, die sich in ihr befleißigen, indem sie die Erfolgreichsten belobigen und belohnen: haben wir erst Mediceer, werden wir auch erleben, dass sich Genies entfalten. Ein Augustus wird einen Vergil hervorbringen. Wir werden eigene Klassiker haben; jeder wird sie, um Gewinn aus ihnen zu schöpfen, lesen wollen; unsere Nachbarn werden Deutsch lernen; an den Höfen wird man es mit Wonne sprechen; und es kann dazu kommen, dass unsere Sprache, wenn sie erst verfeinert und vervollkommnet ist, sich dank unserer Schriftsteller von einem Ende Europas zum anderen ausbreitet. Diese Blütezeit unserer Literatur ist noch nicht angebrochen; aber sie nähert sich. Ich künde sie Ihnen an, sie wird erscheinen; ich werde sie nicht mehr erleben, mein Alter nimmt mir die Hoffnung. Mir geht es wie Moses: ich sehe von fern das Gelobte Land, aber ich werde es nicht mehr betreten. Verzeihen Sie mir diesen Vergleich. Ich lasse Moses sein, was er ist, und will mich keinesfalls zu ihm in Parallele setzen; und was die Glanzzeiten der Literatur angeht, die wir erwarten, so sind sie gewiss etwas Besseres als die kahlen und ausgedörrten Felsen im unfruchtbaren Idumäa. Idumäa ist die hellenistische Bezeichnung für das Land der Edomiter, den aramäischen Bewohnern des Hochlandes zwischen dem Südende des Toten Meeres und dem Golf von Akaba. Das Land gehörte zum jüdischen Staat.