Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Nun müssen Märzwinde die Bäume reiten
Und Wünsche und Wolken am Himmel streiten;
Nun lassen die Mädchen die Träume liegen
Und wollen die Hüften im Tauwind wiegen;
Sie flögen wie Wolken gern aus dem Haus
Und schlügen gern wie die Bäume aus;
Und könnt ihnen einer ins Auge spähen,
Er würde den Mai schon im Märzen sehen.
Erwartung läßt jetzt keinen los,
Die Acker liegen erdig und bloß.
Wie Vorabend dunkelt es noch ums Haus,
Noch sprang kein Blumengesicht heraus.
Berg grüßt den Berg mit Erdgeruch,
Vergraben liegt noch das Liederbuch;
Aber manchmal wird schon die Amsel laut,
Wenn die Abendsonn' sich ein Luftschloß baut,
Manchmal sieht ein Aug' zu dem Schloß hinauf,
Und ein Herz geht wie unter Erde auf.
Heut habe ich über den Äckern gehört,
Wie brünstig die Amsel den Frühling beschwört.
Betört voll Behagen lag da jeder Stein,
Ließ Moose quellen gar zierlich und fein,
Die Moose bauten kraus Nest bei Nest,
Weil sich manch Pärchen bald niederläßt.
Die Amsel noch abends den Frühling beschwor,
Und er hielt Einzug zuerst in mein Ohr.
Wohl blieben die Äcker noch dunkel und leer,
Im Ohr aber ging mir ein Feuer umher,
Viel schöner noch als der lieb Amsel Gedicht
Sang's Liebchen in mir, das den Frühling verspricht.
Der Föhn den Berg angräbt
Und will den Berg umlegen,
Er hezt auf allen Wegen,
Die Wolke heult und lebt.
Aus vollen Lungen lachen
Die Echo mit Geschnauf,
Den Äckern all den brachen
Wachen die Furchen auf.
Und mitten in dem Fegen,
Wenn jeder Knochen bebt,
Da hebt die Amsel an,
Kann's Haus in Zauber legen.
Sie wünscht mit tollen Schlägen,
Daß dich der Föhn fortführt
Und dir die Tür aushebt
Der Liebe unterirdisch
Und unirdisch Getön.
Man sucht den Frühling mit den Beinen,
Die Blumen sind noch ungeboren;
Noch lebt die Sonne nur auf Steinen,
Und ihre Liebe scheint verloren.
Ich küsse gern im kahlen Garten,
Wenn alle Äste nackt noch warten;
Die Gartenerde ist noch nicht warm,
Schon blühen deine Brüste in meinem Arm.
Nun rennt der Fluß wie Feuer durchs Tal,
Vergessen ist Schnee und die enge Qual,
Herrin Sonne, sie tritt in den Saal.
Bin im Sonnenschein fast wie im Dunkel gesessen
Und suchte mein springend Herz zu vergessen,
Mein Herz, das mir wie ein Füllen entspringt;
Käme Eine doch, die es manchmal mir bringt.
Wie die Madonnen mit Scheinen und Kränzen
Sind jetzt die Frauen mit Lächeln behangen,
Und Herzen üben Schritte zu neuen Tänzen.
In den Bäumen, die leer noch und kühl,
Liegt ein Himmel auf Erden, warm wie ein Pfühl,
Will die Verliebten gern empfangen;
Doch schamrote Blumen sollen erst werben,
Die ihre Farben nehmen von Frauenwangen.
Auch Vöglein, die Getreuen, sie schweigen noch;
Dafür singen mit Scheuen
Hoch in den Bäumen die Wünsche,
Mit Gesichtern, die unirdisch sich freuen.
Es stehen am Himmel viel reiche Wolken,
Als schliefen darinnen viel weiche Mädchen;
Es sehen die Augen mir über die Erde,
Als wären sie Ritter auf prunkem Pferde.
Mir ist, als müßt' ich zum Kirchhof gehen
Und rufen dem Tod: laß die Toten aufstehen!
So breit wandern Männer heut durch die Stadt,
Als ob jeder ein Weib unterm Herzen hat.
Schwanger sind die Fenster an jedem Haus,
Neugeboren schauen die Mädchen heraus.
Das Pflaster der Straße hat keinen Sinn,
Wie Wolken schwimmen die Menschen dahin,
Und trunken ein jeder wie in Dämmerung steht;
Es wird ein seliges Dunkel, wenn der Abend aufgeht.
Mädchen, ach, dein Hals ist fein
Und dein Haar ein Heil'genschein:
Nur dein Äuglein blinzelt sehr
Und gibt nichts vom Herzen her.
Ach, dein Leib ist wie ein Lied,
Das durch meine Adern zieht.
Solltest einmal dich nicht wehren,
Wollt' dir ein Geheimnis lehren:
Daß du erst geboren bist,
Wenn du alle Welt vergißt;
Daß die Welt erst wirklich wird,
Wenn dein Herz sich drin verirrt;
Daß die Nächte, jene wachen,
Aus den Tränen Sterne machen;
Und daß du noch nie gelacht,
Eh' ein Mann dich weinen macht.
Mädchen, horche auf dein Blut,
Dann erst wird dein Herz dir gut.
Wo mein Schatz vorüberging
An der braunen Buchenhecken,
Flog der erste Schmetterling,
Goldgelb wie ein Sonnenflecken.
Sicher hat er sich versehen,
Hielt für Blümlein ihre Wangen;
Und er mußte auferstehn,
Ist der Röte nachgegangen.
Heute abend stirbt er dran,
Denn kein Grashalm will noch sprießen;
Schatz, wer dich nicht küssen kann,
Blumenleer sind dem die Wiesen.
Zu Luft wird jede kommende Stund',
Sehnsucht liegt mir wie Salz im Mund,
Die Sehnsucht streicht gebückt einher,
Sie starrt mit den Steinen hinaus aufs Meer;
Die Sehnsucht horcht, die Sehnsucht späht,
Ob nicht ein Fuß auf den Wellen geht;
Jede Welle im Abend klingt wie ein Schritt,
Als brächte die nächste die Seligkeit mit.
Sie ist wie der Wind in den Bäumen,
Sie wendet die Blätter im Nu,
Die Sehnsucht läßt sich nicht zäumen,
Sie stiehlt von den Kissen die Ruh'.
Ich muß sie wie Zugluft spüren,
Sie zieht mich mit Unruh' am Schuh;
Sie stellt sich zwischen die Türen,
Meine Tür geht nicht mehr zu.
Meine Augen, ihr Narren im Träumen,
Ihr Tänzer im dunkeln Haus,
Sie ist wie der Wind in den Bäumen,
Die Sehnsucht, sie löscht euch aus.
Blütensträucher stehen verliebt beim Teich,
Jeder Tag macht jetzt dürre Hölzer reich.
Wohl halten die Mädchen die Hände im Schoß,
Doch ihre Herzen steigen lautlos
Und wie der Vollmond lockend und groß.
Ich habe die blühenden Sträucher beschaut,
Jede Blüte war eine herzliche Braut,
Und jede hat blind der Liebe vertraut.
Ich war im Maienabend am Bach,
Der lief der buhlenden Dämmerung nach;
Wohlgeruch tat auf den Grasspitzen stehn,
Es mußten Veilchen im Abend umgehn.
Gebückt ein Mädchen am Erdboden saß,
Sie legte die blaue Schürze ins Gras;
Sie griff ins Dunkel mit ihrer Hand,
Wollüstig der Abhang voll Veilchen stand.
Dunkler und dunkler ward es umher;
Nur ihr Atem verriet sie, der ging so schwer.
Ach, deine Augen, schönes Mädchen,
Du hast die Wimper nicht gerührt,
Und doch knüpftest du deine Fädchen,
Hast mir mein Herz lässig entführt.
Und schlägst du auch die Augen nieder,
Mein Herz ließ ich noch nie im Stich;
Zu meinem Herz wollen die Glieder, —
Noch heute nacht umarm' ich dich.
Junger Mond schleicht in den Bäumen,
Lautlos scheint ein Mensch zu wandern,
Kommt auf blankem schlanken Schuh,
Streicht von einem Baum zum andern.
Ist ein jung vernarrter Mensch,
Will das Herz der Liebsten holen;
Und sein Schuh, der fing schon Feuer,
Heißgelaufen sind die Sohlen.
Feuer fangen auch die Bäume,
Denn bald brennt der ganze Mann;
Brennend sucht er nach der Einen,
Die den Schuh ihm löschen kann.
Hab' meinen Schatz geküßt,
Daß auf seiner Wang'
Eine rote Nelk' entsprang.
Ei, mein Schatz macht heiß,
Daß ich Feuer fang'
Und ihn gut zu küssen weiß.
Lebt ihr, weil man muß,
Ich leb', weil man liebt,
Weil vom Schatz ein Kuß
Lust zum Leben und zum Sterben gibt.
Du tust, wie frischer Morgen,
Den heißen Gliedern wohl;
Ich seh', voll Tau ohn' Sorgen,
Den Tag, der werden soll.
Frühlicht auf zarten Füßen
Kommt durch die Nebel zum Bach;
Wie jung Licht tust du grüßen,
Denk' ich über dich nach.
Hebst Lerchen über Auen,
Daß sie zum Himmel bringen;
Mein Herz wird ein Pünktlein im Blauen
Und will sein Leben versingen.
In den laubigen Buchenhecken
Spielten wir wie zwei Blätter Verstecken;
Haben geküßt und wenig gedacht,
Wären gestorben und hätten gelacht.
Lagen unter der Mondscheindecke,
Nachtigall kam in die blaue Hecke;
Nachtigall ist in den Mond verliebt,
Weil er den Lippen die Herzen gibt.
Nachtigall lockt die lautlosen Stunden,
Bis zwei Lippen ein Herz gefunden.
Es hingen, wie duftende Hände von Frauen,
Blaß die Akazienblüten im Blauen;
Sie streuten uns süße Betäubung aus,
Die Füße fanden nicht mehr nach Haus.
Wir suchten im Gras nach tiefgrünen Ecken,
Wollten berauscht das Auge verstecken;
Kein Versteck war uns dunkel genug,
Weil's Auge Feuer ins Dunkel trug.
Es hingen an Gittern die Rosen wie Tropfen,
Wie Herzen, die schmachtend an Gitter klopfen;
Vor Rosen fanden wir kaum das Haus,
Rosen brannten das Auge aus.
Und war' ich erblindet, war' dies geschehen,
Ich müßte immer und ewig dich sehen,
Denn keine Blindheit macht dunkel genug,
Weil ich im Auge wie Feuer dich trug.
Luftige Blumen im grünen Grund,
Seid Hochzeitsbetten, an Seligkeit bunt.
Solang' die Blume voll Honig lacht,
Währt in den Betten die Hochzeitsnacht;
Gehe ich an den Blumen vorbei,
Wünsch' ich mir meine Liebste herbei.
Seit Sommerglut in den weißen Gassen,
Haben die Steine, die heißen, Blut.
Mir scheint, als wär' von den Steinen allen
Jeder einem Mädchen vom Herzen gefallen;
Mit leichterem Schritt tanzt jedes kleine
Herzklopfende Mädchen über die Steine.
Sie tragen in den Adern Rosen statt Blut
Und möchten's klagen, daß nichts mehr wehe tut.
Jetzt wachsen Rosen Pfund bei Pfund,
Man pflegt sie am Busen
Und trägt sie im Mund,
Dem Dichter sind sie wie Musen.
Sie reden voll Inbrunst süß und geheim,
Es duftet ihr Atem, sie reden im Reim,
Beschwören uralte Schwüre herauf;
Die Mädchen schauen errötend auf,
Die Rose tut jede gut kleiden,
So daß Rosen die Mädchen beneiden.
An allen wilden Hecken
Sind jetzt die Rosen los,
Tun Büsche mit Küssen bedecken
Und flattern dir leicht in den Schoß.
Die Mädchen bleiben gern stehen,
Bei Rosen hat jede gute Zeit;
Muß man durch Dornen auch gehen,
Für Küsse zerreißt man sein Kleid.
Seligkeiten, die umgehen,
Sind die Rosen; und im Garten,
Wo sie über Nacht entstehen,
Glaubt dein Aug' ein Herz zu sehen,
Tut dein Blut ein Glück erwarten.
Rosen sind warm ausgedacht
Wie entschleierter Frauen Pracht,
Leben, sterben vom Gefallen;
Allen Wangen, die jung blühen,
Will die Luft voll Rosen hangen,
Will der Rose Seele glühen.
Rosenblätter wollen kühlen;
In Herznot und Liebesbangen
Können Rosen mit dir fühlen.
Rosen sind erfüllt Verlangen,
Augenblicke ohne Zeit,
Die zwei Glückliche genossen;
Wo in Büschen Rosen sprossen,
Atmest du noch Seligkeit.
Gern höre ich Vögel mit runden Kehlen
Von jeder Mauer den Winden sagen:
Ihr dürft nicht das Lachen nach seiner Dauer
Und Liebe nicht nach der Ewigkeit fragen.
Und Rosen, versunken in ihren Büschen,
Höre ich trunken und lautlos sagen:
Liebe ist eine zerbrechliche Krone,
Du mußt sie vorsichtig auf Händen tragen.
Verwundert seh' ich die zagenden Menschen
Noch Fragezeichen zum Nachthimmel tragen;
Ich leg' meinen Kopf in den Schoß der Geliebten,
Und gelöst sind für Himmel und Erde die Fragen.
Es liegt ein Garten gleich über der Straßen,
Dort stehen die Blumen in bunten Gassen;
Dort ist ein Brunnen mit bangem Schacht,
Im Brunnen unten da wohnt die Nacht.
Die Blumen starren am Tag gradaus;
Doch steigt die Nacht aus dem Brunnenhaus,
Tuen die Blätter die Seele verkaufen
Und hängen lautlos in toten Haufen;
Im Garten jeder Weg sich verschiebt,
Weil die Nacht tödliche Sehnsucht gibt.
Dann starre ich über die Straße hin,
Der Garten drüben verwirrt meinen Sinn;
Gerüche gehn wie Gesichter hervor,
Wie Brüste heben sich Blumen empor;
Und manche schaun wie Pupillen hinaus
Und weinen sich auf den Blättern aus.
Mit Mädchenhänden gehts Mondlicht durchs Laub,
Und Schatten fallen wie Masken zum Staub.
Der Garten scheint mir mit Menschen voll,
Die alle die Nacht reich machen soll.
Nun ist es Sommer den ganzen Tag,
Den ganzen Tag man nur küssen mag,
Und alle die Rosen, die müssen
Satt duften zu unseren Füßen.
Nun bleibt es Sommer den ganzen Tag,
Den ganzen Tag ich im Himmel lag,
Dort tat man sich paarweise küssen
Und satt lag die Erde zu Füßen.
Nun ist es Sommer Nacht und Tag,
Und Nacht und Tag man nur küssen mag;
Von allen heißen Genüssen
Ist Anfang und Ende das Küssen.
Die Ziegeldächer erhitzten sich rot,
Die Felder rochen warm nach Brot;
Die Schnitter fuhren ins heiße Feld,
Senkrecht stand die Sonne aufgestellt.
Die Hitze zeigte mir jedes Ding,
Wie's an der guten Sonne hing.
Da nahm die Liebste meinen Arm,
Und ihre Brust war anders warm,
Sie war nicht von der Sonne entfacht;
Sprach: "Liebster, ach wäre es wieder Nacht!'
Als ich im Abend dich traf,
Ging dein Schuh mondbeschienen
Unter Sternen, die waren wie Bienen.
Sterne wurden groß,
Ließen den Himmel los,
Fielen ins Feld wie Staub.
Wahrsagend mit wallendem Laub
Schauten die Bäume hinauf;
Ein Baum am Weg voll Schlaf
Fing fallende Sterne auf.
Als ich im Abend dich traf,
War's Korn warm wie mein Blut;
Gut wurde mir's ums Herz,
Sah vom Weg nicht mehr auf,
Ging mit den mondenen Stunden,
Und Garben lagen gebunden.
Als läge das Glück zu Hauf.
Waldbäume singen gern einen Sang,
Nie werden dem Wald die Tage lang.
Die Bäume halten die Blätter hin,
Lassen kein Lied vorüberziehn.
Es singt des Baumes kühle Gestalt
Von Liebe, die wie die Erdboden alt,
Und kommt ein Mensch ganz lebensmatt
Zum Wald, wird seine Zung' ein Blatt;
Will mit den Bäumen die Seele tauschen,
Sein Atem will alle Wipfel berauschen;
Sein Blut will in den Stämmen summen,
Denn singend macht der Wald die Stummen.
Der Wald ist uralt ein Liederhaus,
Geh hin und singe dein Herz bei ihm aus.
Ich wiege mein Herz in der Eiche
Und liege am Fensterbrett wach;
Es lauscht meine Eiche am Dach
Als Göttin, die mich umrauscht.
Sie tut den Leib nie neigen,
Fühlt mit den Blättern ins Haus;
In ihren kühlenden Zweigen
Geigen Gedanken sich aus,
Sie windet Efeuranken,
Die graben nach alten Buchstaben
In ihren Falten und Rinden;
Bei Wolkenschauern und Winden
Erfindet sie ihre Geschichten,
Die Menschen überdauern.
Sie konnte mir reimend berichten:
Drängend ist die Lippe, die liebt,
Versengend ist ihr Verlangen;
's gibt Wunden voll greller Röten,
Dann sprangen Herzen noch schneller.
Keiner konnte Liebe je töten,
Liebe stören kein Todesstoß;
Die Liebe lebt groß vom Betören.
Ich wiege mein Herz in der Eiche
Und liege am Fensterbrett wach.
Die horchende Seele wird heller;
Was die Eiche am Dach nicht konnt' hören,
Das wissen die Wurzeln im Keller,
Die Eiche kann's Leben beschwören.
Wo brennende Blicke an Mauern hinfuhren,
Sah ich im Mondlicht noch phosphorne Spuren;
Sah an der kalkigen Gartenwand,
Wie eine weiße Frau dort entstand.
Sie trug ihrer Hoffnungen leuchtendes Buch
Unter dem glitzernden Busentuch;
Wie eine Kerze neben ihr
Flackte ein Stern auf der Gartentür,
Die Frau, sie las beim dünnen Licht,
Gespannt wie Seide war ihr Gesicht;
Die großen Birnen an dem Spalier
Hingen wie dicke Locken an ihr.
Oft schüttelte sie mit zartester Geste
Auf ihrer Stirn der Gedanken Geäste;
Las zitternd weiter, bekam nie genug,
Bis ihr der Morgen das Buch zuschlug.
Wir gingen an dem flinken Bach
Und hielten mit ihm gleichen Schritt;
Die wiegende Weide sah uns nach,
Und blaue Glocken wollten mit.
Doch viel zu heiß war deine Brust,
Für blaue Blumen viel zu heiß;
Es hat sich keine aufgemacht,
Sie blieben mit kühlen Augen stehn
Und haben über dich nachgedacht.
Die Nacht saß auf den Tannen
Und baute Nest bei Nest;
Der Mond kam schmuck vom Berge,
Als ging's zu einem Fest.
Es hatte ihn lachend geladen
Dein warmgeküßter Mund,
Der Mond ward Laternenträger
Bei unserer kostbaren Stund.
Bald stand er auf der Tanne,
Dann lag er dicht im Gras,
Leuchtend köstlichen Minuten,
Auf daß uns keine vergaß.
Die Grillen beherzen die Sommernacht,
Grillen haben mit irrem Laut
Wirre Zauberformeln erdacht.
Sie sägen die Wurzeln der Dinge an,
Kein Wunsch, kein Gedanke still stehen kann.
Geigen die Grillen auf deinem Dach,
Halten sie geigend die Sehnsucht wach.
Wo Sehnsucht hinfällt, kein Schwur mehr hält,
Zum unendlichen Irrgarten wird dir die Welt.
Die Luft war stumm, die Vögel schliefen,
Nur die Wünsche, die tiefen, gingen noch um.
Wir sind zum Abendhimmel auf den Berg gegangen,
Deine Wangen waren in Scham getaucht und mit Feuer behangen.
Viel Blumen saßen um uns dicht beisammen,
Wie junge Schwüre, die mit uns zum Himmel kamen.
Du hast mir deine Lippen wie Blut gegeben, —
O, zu kurz ist der Küsse seliges Leben!
Hinfällig, wie die Erinnerungen,
Stehen Herbstzeitlosen im nassen Gras
Und sprechen von Lieb' mit zerbrechlichen Zungen.
Noch ein Schmetterling über die Schulter mir flog,
War ein Gedanke, der bei dir Honig sog.
Den Bäumen fallen die Blätter aus,
Und wimmernde Stimmen wollen ins Haus,
Wo herbstlos dein Herz in Liebe thront,
Wie des Hauses Herd von Flammen bewohnt.
Jed' Blatt schaut noch zum Himmel hinauf,
Jedes Blatt fing heute den Himmel auf.
Während der Regen im Blattwerk wühlte,
Lag ich im Himmel, der selig kühlte,
Hielt in der Hand einer Wolke Brüste,
Die meine Blätter inbrünstig küßte.
Die Blumen im Rasen, die letzten süßen,
Sind blühende Spuren von glücklichen Füßen;
Es tanzen dort Mädchen verliebt und nackt
Mit ihren flackernden Herzen im Takt.
Die Blumen im Rasen, die letzten süßen,
Sind blühende Spuren von glücklichen Füßen.
Wo eine mit tausend Sorgen saß,
Da wimmelt ein Ameisenhaufen im Gras.
Wissen die Amseln von Sehnsucht etwas?
Eine Amsel sitzt bei mir Liedersinnend im Gras.
Eilfertig rauscht mir zur Seite der Bach, —
Auch das Wasser geht seinem Herzen nach.
Müd liegen Blätter wie Hände im Schoß;
Lassen Hände jemals die Sehnsucht los?
Du hast gelacht wie ein Glockenspiel,
Bis der Abend dich grüßte, der bleiche Narr,
Und dir verzückt zu Füßen fiel.
Die Nacht flocht ihr Haar,
Und die Dinge verschwanden;
Wunderbar entstanden Schatten im Haus,
Bis deine Hände vom Tag nichts mehr fanden.
Die Fenster taten ins Dunkel deuten,
Und Stille kam in den Winkeln zu hocken;
Nur Abendläuten sang sich herein.
Als würden ferne Menschen zu Glocken.
Und Sehnsucht sang dir vor deinen Ohren
Auf Wegen, die sich im Finstern verloren.
Zaudernde Nebel gehen ums Haus,
Der Herbsttag kleidet die Bäume aus.
Werde nicht bang, Geliebte mein,
Die Liebe schläft nicht mit den Bäumen ein.
Verlöschen im Garten die Blumen wie Funken,
Sind die Gärten wie Spuk versunken,
Werden die Tage dunkel und scheuer,
Dir wächst in meiner Kammer unersättliches Feuer.
In langen Nächten küßt es sich gut,
Verliebte haben den Sommer im Blut.
Trug manch Lied auf meiner Zung',
Hob den Kopf mit Flügelschwung;
Grünverliebt war rings der Wald
Und mein Herz nur Tage alt.
Konnt' die Wurzeln nicht begreifen,
Die nur schwer vom Flecke gehn,
Und die Bäume all die steifen,
Die schon, hundert Jahr dastehn.
Blumen machten mich erstaunen
Wuchsen auf wie bunte Launen;
Lachten ein paar Wochen hin
Und verrieten nie den Sinn.
Nahm manch Mädchen in den Arm,
Mädchen sind so bang und warm;
Habe ich auch reich geküßt,
Wußt' doch nie, was Liebe ist.
Liebe ist der eine Kuß,
Dran dein Herze seufzen muß;
Stiller wird dein Atem gehn,
Ist dir dieser Kuß geschehn.
Abends tut's in den Gassen spuken,
Weingeruch kommt aus den Kellerluken.
Der kluge Wein der alles weiß,
Er macht die kalten Keller heiß,
Er lehrt den Leuten sein bestes Lachen;
Mich kann er nicht mehr heißer machen,
Ich kehrte bei der Liebe ein,
Ihr Keller liegt unterm Herzgrundstein.
Dort sitzt mein Schatz mit jungem Mund/
Die Lippe ist des Herzens Spund;
Augen, durchsichtig wie die Weinbeeren,
Machen mich toller wie Rebensaftgären.
Jeder Bluttropfen will seinen Rausch,
Daß ich leicht Leben und Tod vertausch.
Bin heut im erstarrten Garten gewesen,
Wo ich in deinem Auge einst Lieder gelesen;
Wo die Biene den Tropfen Seligkeit sog
Und wie ein Stückchen Himmel der Schmetterling flog.
Wo der Mond aufstieg wie der Liebe Lob,
Wie ein Herz, das sich von der Erde hob,
Und wo jetzt die Wurzeln der Blumen verwesen,
Hab' ich in toten Blättern noch Lieder gelesen.
Du nahst wie ein Nebel, du armes Kind,
Weil deine Kammern dir bodenlos sind.
Auf deinen Dielen sind blutende Flecken,
Dein Rock und Schuh kann nicht alle verstecken.
Du und dein Herz, ihr habt vereint
Blut in den dunkeln Kammern geweint.
Wie ein Nebel irrt dein Leib ohne Laut,
Dein Fuß nicht aufzutreten sich traut;
Denn tödliche Träume, sie wurden wahr,
Wie ausgebrannt ergraut dir dein Haar.
Froh lebten dir deine Hände vom Geben,
Sie starben, du mußtest die Hand überleiten.
Deine Augen wurden zwei dunkle Gedanken,
Zwei Nächte, die durch die Kammern wanken;
Du lehnst auf den Schwellen, nicht drinnen, nicht draußen,
Weil dich die blutenden Dielen grausen.
Die Raben stehlen die Monde
Der Nacht von ihrer Wand,
Und haben sie alle begraben
Draußen im Ackerland.
Alles, was glänzt, das graben
Sie ein in Erd' und Sand;
Es stahlen mir diebische Raben
Das Herz vom Schatz aus der Hand.
Muß jetzt im Dunkel sitzen
Und kenn' mich nicht mehr aus;
Wenn die Augen der Katze blitzen,
Glaub' ich sein Herz kommt nach Haus.
Wie in dem Keller der Schimmel,
Wachsen Wolken über die Stadt;
Das Fenster ist blind wie der Himmel,
Und die Dinge leben nur matt.
Ich habe nicht viel zu sagen,
Die Taschen sind alle leer;
Ich lasse den Hunger nagen,
Und nichts verwundert mich mehr.
Da sind' ich im toten Zimmer
Von der Liebsten ein glitzerndes Haar;
Mein Herz glänzt bei seinem Schimmer
Und vergißt, daß es hungrig war.
Die Mutter der Liebe ist blind die Nacht,
Sie die Lippen und Hände sehend macht.
Die Nacht läßt Getrennte durch Mauern gehn
Und läßt die Verweinten sich wiedersehn.
Geliebter der Nacht ist der schmelzende Mond,
Der bald schmachtend vergeht, bald in Seligkeit thront.
Die Nacht macht, daß alle die Frauen blühn,
Sie läßt die Schleier am Leib verglühn.
Sie schweigt die Nacht, daß sie süß betört,
Und singt, wenn dich die Geliebte erhört.
Im Zimmer steht mir ein Bett mit Stolz,
Ein seltenes Bett aus lebendem Holz;
Dem Bett geht nie der Frühling aus,
Es blüht mein Bett, und es lacht mein Haus.
Schon ist das Holz vor Jahren gesägt,
Doch fühle ich nachts, daß ein Herz drinnen schlägt;
Und Bienen hör' ich in jedem Traum,
Sie bringen Honig zum Bett,
Wie einst in den Baum.
Rauchig ist mein trübes Herz
Wie die nebelige Nacht,
Leid hat sich ein wüstes Bett
Breit in meiner Brust gemacht.
Straßen münden in die Leere,
Straßen, drinnen Nebel weinen;
Selbst mein Schatten hat jetzt Schwere,
Zieht mich zu den Pflastersteinen.
In der Luft hängt als Grimasse
Mein Gesicht steif und verquält,
Wie durch blinde Nebelgasse
Formlos die Laterne schwält.
Leid schiebt Schritt um Schritt den Schuh,
Und die Straße nimmt kein Ende.
Wenn ich auch den Schlaf mir fände,
Leid macht nicht sein Auge zu.
Jetzt muß sich im Himmel die Schneemühle drehn,
Muß Eis und Gedanken zur Erde wehn;
Jetzt müssen sich Erde, Luft, Wasser vermummen,
Nur das Feuer allein wird niemals verstummen,
Das Feuer, das Tage und Nächte durch schwält
Und mit glühender Geste von der Liebe erzählt.
Alte Sterne leuchten voraus,
Führen hin zu der Liebsten Haus;
Hinter geisterhaften Gardinen
Glänzt mir ihr Herz als Lämplein beim Minnen.
Heftig steigt mein Seufzen empor,
Hält sie die Hand vor das Lämplein davor;
Brennend in ihren Adern drinnen
Seh' ich rot die Minne rinnen.
Ich kann mit zwei Fingern
Ihre Hüften zerdrücken,
Doch vor ihren Augen
Da muß ich mich bücken.
Meine letzte der Stunden
Ist in ihren Blicken,
Sie sind wie ein Fallbeil,
Wenn sie plötzlich mir nicken.
Jede Lüge wird süß,
Jede Lüge wird wahr,
Öffnet sie tändelnd
Ihr launisches Haar.
Ihr Haar ist so finster,
Es mordet das Licht,
Es brennt wie die Hand,
Die die Schwüre zerbricht.
Noch ein Kind ist dies Weib,
Das den Mord bei sich trägt,
Vor der mein Blut stockt,
Wenn die Wimper sich regt.
Die Schneeflocken werden
Auf ihrem Mund rot,
Mein Mund, der erblaßt, —
Sie ist lächelnd mein Tod.
Das Eis wächst und die Wolke drückt,
Wie Wurzelwerk stehn Bäume gebückt.
Zerdrückt fällt Schnee schief ins Geäst,
Als fiel vom Himmel des Lebens Rest.
Und hat der Schnee alles eingesteckt,
Zwei Lippen hat er nicht zugedeckt,
Und zweie, die sich küssend trafen,
Tun über Nacht den Frost abschaffen.
Die Erd' hat noch keine Blume erdacht,
Der Himmel trägt noch Wolkentracht;
Der Frostwind fegt noch jeden Weg
Und sägt mit Geklapper am Schlehgeheg.
Vor meinen Scheiben, wie Schattenzeichen,
Seh' ich die Vöglein lieblos streichen;
Wenn bald im Garten die Blättlein fächeln,
Wenn bald in den Türen die Mädchen lächeln,
Wenn Burschen mit den Augen stehlen,
Dann ihre Noten die Vöglein wählen;
Jeder rote Kopf, der verliebt drein sieht,
Wird eine Note zum Liebeslied.
Liebste, sieh, an allen Scheiben
Muß die Welt jetzt draußen bleiben,
Eis tut um uns Hecken treiben.
Hinterm Stachelzaun aus Eis
Bleiben wir uns hitzig heiß;
Kühlen nicht um einen Grad,
Weil man's Herz voll Kohlen hat.
Fällt auch der Schnee tot ins Geäst,
Der Schnee macht hell das Winterfest.
Nur Menschen, die sich nie gefunden,
Für diese sind die Todesstunden;
Unsterblich macht der Liebe Kuß,
Daß selbst der Tod dran enden muß.
Mein Schatz, der wollte tanzen,
Band sich die Schleppe hinauf;
Fand nicht die richtigen Schritte
Und knüpfte den Gürtel noch auf.
Da hüpfte sein Herz aus dem Busen
Und tanzte als Flamme mit ihr;
Sie wiegte die Hüfte im Feuer,
Und die Welt verbrannte vor mir.
Es fliegt dir dein Blut in die Wangen,
Wie ein scharlachen Tuch aufgehangen.
Unterm Tuch hältst du jemand gefangen.
Lieb' kam wie der Wind angefahren,
Hängt dir wie ein Kranz in den Haaren,
Deine Locken, sie drängen zum Tanz.
Die Lieb' will im Tanz mit dir fliegen,
Du läßt die Welt stehen und liegen,
Um dich auf zwei Wimpern zu wiegen.
Keine Wolke stille hält,
Wolken fliehn wie weiße Reiher;
Keinen Weg kennt ihre Welt,
Und der Wind, der ist ihr Freier.
Wind, der singt von fernen Meilen,
Springt und kann die Lust nicht lassen,
Einer Landstraß' nachzueilen,
Menschen um den Hals zu fassen.
Und das Herz singt auf zum Reigen,
Schweigen kann nicht mehr die Brust;
Menschen werden wie die Geigen,
Geigen singen unbewußt.