Vom Schenken-Tor, im Zwielicht noch versenkt,
Rief's eines Tages: »Den Schritt zur mir gelenkt!
Kommt, junge Zecher! Narren, füllt den Becher,
Eh' voll den Becher euch das Schicksal schenkt!«
*
O, du im All, Idol du meiner Wahl,
Mir mehr als Seele und der Augen Strahl;
Das Köstlichste – so sagt man – sei das Leben! –
Du bist mir köstlicher als dies noch hundertmal.
*
Wer hat dich Trunknen denn durch diese Nacht,
Den Schleier lüftend, zu uns hergebracht?
Wer schließlich heißt dich eilig, gleich dem Winde,
Das Feuer schüren, längst vor dir entfacht?
*
Nichts gibt die Welt als Gram und Herzeleid;
Nur Kummer ist die kurze Spanne Zeit.
Der Schöpfung Dunkel ward uns nie erklärt,
Und kaum geahnt, heißt's: »Auf, mach dich bereit!«
*
Um Gottes Will'n! Am Trödel hängt ihr nur,
Im Unglückshause dieser Erdenflur!
Mich nennt ihr trunken! – Steigt zu meiner Höhe,
Und dann bekennt: »Von Schenke keine Spur!«
*
Hoch gilt der Koran, heilig weit und breit,
Doch liest man ihn nur bei Gelegenheit;
Indes' am Kelchrand lichtvoll steht ein Verschen,
Das liest man gern und oft, zu aller Zeit.
*
Schilt nicht die Trunknen, weil du trinkst nicht Wein!
Will dies dein Gott, dann ist er mir zu klein.
Und dann: Just dir, wie schlecht steht dir's zu prahlen,«
Der Dinge tut so tausendfach gemein!
*
Obwohl ich schön, vollendet von Gebärde,
Und der Zypresse oft verglichen werde,
Begreif ich nicht, wie ich dem »großen Maler«
Schien gut genug gelungen für die Erde.
*
Wein trinken will ich! Trinken, daß der Duft,
Wo ich begraben, füllet einst die Luft;
Daß all die Waller, trunken noch vom Abend,
Im Rausche sinken rings um meine Gruft.
*
»Dort« magst du Herzen über Herzen minnen!
»Hier« richt' auf eins dein Trachten und dein Sinnen.
Ein Herz wiegt hundert lehmgebackne Kaabas;
Gib alle hin, kannst du ein Herz gewinnen.
*
Die Hand am Glas, das Dunkel ich durchdringe,
Vom Wein durchglüht, ich tausend Schätze zwinge;
So licht und hell löst Rätsel sich auf Rätsel,
Und klar wird mir der Ursprung aller Dinge.
*
O eile! Trink! Denn nur ein Hauch ist dein!
Nie kehrst du wieder zu dem Erdensein.
Gleich dieser Welt, wo alles doch Verderben,
Sei Tag und Nacht verderbt vom süßen Wein!
*
Ganz opfr' ich mich dem göttlich heitren Mund;
Ganz ihm zu Willen und zu ew'gem Bund;
Erhabnes Schauspiel, wenn mit Kelch und Flasche
Der Schenke läd't zur reinsten Seele Grund!
*
Gurt, Kleid und Seele, alles was mir teuer,
Gab ich als Pfand dem Schenken-Ungeheuer.
Nun denn, so bin ich frei von Furcht und Hoffen,
Und los von Erde, Wasser, Luft und Feuer.
*
Vom Glauben zu dem Zweifel ist ein Hauch.
Vom Falschen zu dem Wahren ist ein Hauch.
Drum, froh genieße dieses Hauches Spanne,
Nichts ist das Leben als ein einz'ger Hauch.
*
Du Rad des Schicksals, das nie Liebe fühlte;
Das unerbittlich seinen Haß nie kühlte,
Und Erde du, – welch Schätze, ungeahnt,
Müßt finden der, der deinen Schoß durchwühlte!
*
Nah ist mein Ziel, nur flüchtig noch verborgen,
Ein Hauch nur noch; – und doch, wozu mich sorgen?
Zwei Tage sind's um die mir niemals bange;
Das tote Gestern – und das bleiche Morgen.
*
Besonderm Stein liegt der Rubin gepaart,
Besondrer Druck der Perle ist gewahrt.
Was immer sei dies Rätsel ew'ger Liebe –
Sie spricht zu jedem in besondrer Art.
*
So lang ich kann, trink ich den Saft der Reben.
Manch wicht'ge Lösung wüßt' er mir zu geben.
Fluch nicht dem Wein, wenn er dir herb erscheint,
Denn, wenn er herb, – ist er's, weil er mein Leben.
*
O armes Herz, vom Schicksal nur gesteinigt,
Gequält, gemartert, täglich neu gepeinigt;
O Seele sprich: Da doch nicht deines Bleibens,
Warum dem Körper du dich nur vereinigt?
*
Heut weißt du nicht, ob dir das Morgen lacht.
Der ist ein Narr, der drum sich Sorge macht.
Ein kluger Geist nützt kühn den Augenblick,
Für dessen Dauer Bürgschaft nie erbracht.
*
Nicht ohne Not an jede Türe klopfe!
Das Gut' und Böse faß beherzt am Schöpfe!
Du spielst die Zahl, vom Schicksal dir gewürfelt,
Auf dieses Brett aus Himmels kargem Topfe.
*
Wer weiß, – der Krug, – wie ich hat er gesungen;
Um eine Schöne stumm geseufzt, gerungen.
Und dieser Henkel – war vielleicht ein Arm,
Der sanft den Hals des Liebchens einst umschlungen.
*
Vor dir und mir ist mancher Tag vergangen;
Das lehrt das All dem Blick, der unbefangen;
Drum leise, leise tritt den Staub! ja leise!
Wer weiß, du trittst auf einstmals schöne Wangen.
*
Ob Kaaba, Tempel, Kirche, Domes Halle;
Ob frommer Ruf, ob Glockenton erschalle;
Ob Altar, Mehrab, Kreuz und Rosenkranz –
Im Lob des Höchsten Eins sind alle, alle!
*
Bestimmt ist alles seit der Schöpfung Tagen;
Nicht Gutes, Böses ist da nachzutragen.
Gott schrieb dein Schicksal, wie er's schreiben wollte,
All Mühn umsonst! Es muß doch fehl dir schlagen.
*
Ich kann Geweihten nicht, und nicht Profanen,
Auch kurz nur zeichnen meines Denkens Bahnen.
Ich seh' das Wo, und weiß es nicht zu deuten,
Und kann das Wie nur tief verschleiert ahnen.
*
Hier hat nicht Kurs das Geld, das falsch geprägt.
Von diesem Fleck der Besen bald uns fegt.
Trink, trinke, Freund! Millionen andre kommen,
Wenn man uns längst als Staub zu Staub gelegt.
*
Du kannst dem Schicksal nicht zuwiderlaufen.
Kannst nur die Welt mit Schein und Heucheln kaufen.
Mit aller List hab' Pläne ich geschmiedet; –
Das Schicksal warf mir alle übern Haufen!
*
Das Hier und Dort hab' ich mit Fleiß durchmessen.
Du bleibst das Höchste was mein Herz besessen.
Vor deinem Antlitz bleich ist selbst der Mond,
Vor deinem Wuchs sind plump selbst die Zypressen.
*
Moschee und Kirche lehren überein
Vom Paradies und von der Hölle Pein; –
Wie kann solch Same in dem Herzen keimen,
Das ganz durchdrungen von des Höchsten Sein!?
*
Die Welt durchliefst du. Was du sahst war Nichts.
Was du gesehn, gehört – ist alles Nichts.
Du schweifst zum All, kehrst zu der Zelle Winkel;
Und alles das ist Nichts, – doch Nichts, – doch Nichts.
*
Du schläfst, o Freund, indes die Zeit verstreicht! –
Des Glückes Rosen nie der Schlaf dir reicht.
Schlaf gleicht dem Tod! Weit besser Wein zu trinken.
Lang' schläfst du einst, – wer weiß, wie bald vielleicht.
*
Ja, wenn ergründet das Warum, Woher,
Wär' auch das Forschen ums Wohin nicht schwer!
So weißt du gar nichts? Heut, wo du noch du!
Wie denn nun morgen, wenn du du nicht mehr?
*
Komm, Herz, o komm! Vergiß bei mir das Mühn!
Eh' Leib und Seele voneinander ziehn,
Freu' dich am Grün, genieß die knappen Tage,
Eh' unserm Staub entsproßt ein andres Grün.
*
Der Wein, des' Wesen dieses All durchkreist,
Sich bald als Pflanze, bald als Tier erweist, –
O glaub nicht, daß je er sich verflüchtigt:
Die Form zerfällt – der Geist währt durch den Geist.
*
Wo ist der Rauch des Feuers meiner Sünden?
Wer kann mein Schicksal besser, fester gründen?
Ich greif hinauf; – faß eurer Kutte Saum, –
Ach, nirgends Trost, und keiner Hilfe Künden!
*
Und der, auf den wir zuversichtlich bauen,
Ist unser Feind, wenn wir ihn recht durchschauen.
Drum besser, sich auf Freunde nicht verlassen.
Und der Geschichte nur von ferne trauen.
*
Nichts bist du! – nichts der Neunzahl Himmelsbogen!
So tauch' denn unter in des Wirrsals Wogen.
Kost' alles aus, genieß den Augenblick;
Auch er ist nichts! Nichts, rasch im Nichts verflogen.
*
Was solln wir hier, wo doch das Ende Scheiden?
Wozu um Glück, nie zu erreichen, streiten?
Da »fort« es heißt, aus nie erforschtem Grunde, –
Warum sich nicht zu künft'ger Fahrt bereiten?
*
Fast ein Jahrhundert bald des Weins Verehrer,
Ein Schreck für alle, Fromme und Bekehrer! –
Sei glücklich du in deiner Weisheit Dünkel;
Noch nicht mein Schüler einer ist dein Lehrer.
*
Ein Koran-Schänder wär' ich, sagt man mir,
Verderbt, verrucht und sündig; gleich dem Tier!
Was tat ich denn, ihr frommen, keuschen Zetrer?
Ich trank, trieb Ehbruch, schlemmte; – na und ihr?
*
Stehst du im Banne nur der eignen Lust,
Einst, ganz gewiß, du fort als Bettler mußt.
Ergründe lieber: Wer, woher du bist,
Mach dir das Wie, Warum, Wohin bewußt!
*
Ein Haar nur ist dies All von unserm Sehnen;
Der Dscheikun ein Rinnsal unsrer Tränen;
Die Hölle nur ein Funken unsrer Qual;
Das Paradies genossnen Glückes Wähnen.
*
Dein Sklave bin ich, deine Kreatur!
Schwarz ist mein Herz – und keiner Leuchte Spur!
Du häufst auf mich der Sünde ganze Last. –
Wo bleibt da Liebe, wo Erbarmen nur?
*
Ob er im Himmel, in der Hölle heiß,
Der mich erschuf; hier hab' ich den Beweis!
Der Wein, ein Lieb, am Feldrain die Kithara,
Hier sind sie mein! – Im Paradies? – Wer weiß!
*
Des Glaubens Feind wär' Wein, – der Fromme glaubt.
Von links und rechts dem Wein man Rache schnaubt.
So trink' ich denn den Wein in Gottes Namen,
Denn: »Feindes Blut zu trinken ist erlaubt.«
*
Der Mond durchschnitt das dunkle Kleid der Nacht!
O sei doch froh, des Augenblicks hab' acht!
Derselbe Mond macht oft noch seine Reise;
Umsonst für uns, er bald zur Erde lacht.
*
Du mußt nicht alles auf den Himmel schieben,
Was doch das Schicksal starr dir vorgeschrieben;
Dem Himmel, Freund, geht's tausendmal noch schlechter:
Er wird, wie du, geschoben und getrieben.
*
Kein einz'ger Schild schützt vor des Schicksals Pfeil;
Ob Pracht und Glanz und Reichtum unser Teil,
Nichts andres gilt, – je mehr ich mich vertiefe,
Seh' ich es klar, – »Im Guten nur liegt's Heil!«
*
Mach' stark dein Herz, daß gänzlich es entsage,
Sonst bleibt's ein Raub stets neuer Reu' und Klage.
Sich selbst genug, wird's Herz erst sorgenfrei.
Was außer uns, wird nur zur Last und Plage.
*
Wer in sein Herz das Glück zu sä'n verstand,
Hat keinen Tag vergeblich angewandt!
Ob er gesucht bei Gott nun sein Vergnügen,
Ob er beim Glas der Seele Ruhe fand.
*
Da Er gemacht mich aus dem Erdenkloß,
Da wußt Er längst schon meines Schicksals Los,
Er wußte längst schon alle meine Sünden, –
Warum dann brennen in der Hölle Schoß?
*
Trankst regelrecht du Tag für Tag, dann frage
Nicht freitags ängstlich: »ob ich's heute wage?«
Ob Freitag, Sonntag, – ihm sind alle gleich!
Bet' an die Allmacht, bet' nicht an die Tage.
*
Barmherzig Er? Der aus dem Paradies
Uns trieb um Schuld, die Er begehn doch hieß!?
Barmherzig wär' es, wenn Er jedem Sünder,
Wie schwer er fehlte, Gnade doch erwies.
*
Nimm's Glas zur Hand und laß dein Grübeln nur
Um Höll' und Himmel, such' des Chautsars Spur.
Den seidnen Turban tausch' getrost für Wein,
Denn für den Kopf tut's auch die wollne Schnur.
*
Was bin ich, Freund? Was läßt mir Zeit und Welt?
Als Freuden-Leuchte bin ich hingestellt!
Einmal erloschen – nichts bleibt von der Leuchte,
Nichts, wie vom Becher Dschems, da er zerschellt.
*
Was Tanz und Huris! – Gourd die Losung sei!
Der Morgenwein macht erst das Herze frei.
Drei Dinge sind mir teuer hier auf Erden:
Ein Lieb, ein Rausch, und dann der Hahnenschrei.
*
Das sind die Esel, die den Teppich breiten,
Und, urteilslos, zu Heuchlern sich bereiten.
Doch Schurken sind die, die den Islam künden,
Und unterm Mantel schlimmer sind als Heiden.
*
Mein Lebensbaum fällt einst entwurzelt nieder.
Umhergeworfen sind des Leibes Glieder.
Doch Krüge macht man neu daraus zum Weine;
So kommt mein Staub zu neuem Leben wieder.
*
O du, bei dem nicht Logik und nicht Gründe,
Vernunftbegabtem sag's, daß er verkünde:
Wie dumm vom Standpunkt eines Philosophen.
Die Gottheit zu verquicken mit der Sünde!
*
Erst ungefragt schenkt Er mir dieses Sein,
Begreife nie »Warum« und »Wie« es mein;
Dann ungefragt heißt's »fort!« trotz aller Fragen:
Woher, Warum, Wohin, Wo aus, Wo ein?
*
Wenn meine Sünde mir im Herzen schreit,
Schwitz' ich fast Blut vor Büß' und Traurigkeit.
Doch pah! was tut's! Dem reuemüt'gen Sklaven
Ein guter Herr in Großmut schon verzeiht.
*
Du Töpfer, der den Ton mit rauhen Streichen
So schlägt und tritt und quält zum Steinerweichen,
Wann läßt du ab? Denkst du denn gar nicht dran,
Daß eigentlich der Ton doch deinesgleichen?
*
Die hellsten Leuchten von den klügsten Köpfen,
Die von den Sternen selbst die Weisheit schöpfen,
Da liegen sie, nach all dem sauern Forschen,
Dem Himmel gleich, mit umgestülpten Schöpfen.
*
Wenn Gott uns Wein im Paradies verspricht,
Warum auf Erden denn ihn trinken nicht?
Um dies Kamel des Hamzah, dem die Knie
Dereinst durchhauen ein betrunkner Wicht!?
*
Da von den Freuden nur Erinnrung dein,
Kein Freund erprobter auf der Welt als Wein,
Sorg', daß der Becher nie der Hand entwischt,
Erfreu' dich dran, da sonst ja doch nichts dein!
*
O, lange noch die Welt nach uns besteht,
Wenn unsre Spur schon längst im Nichts verweht!
Längst war sie fertig, ehe wir gewesen,
Und ohne uns sie achtlos weitergeht.
*
Die, deren Fuß die Welten wollte zwingen,
Um weit und breit sich Reichtum zu erringen; –
Ich wüßte nicht, daß je sie sich erklärt
Das wahre Wesen von den ird'schen Dingen.
*
Der Schatz entschlüpft! Weh' mir, ich fühl's mit Bangen
So manches Herze hat der Tod umfangen;
Und keiner kehrt, vom Weg uns zu berichten,
Den Millionen vor uns schon gegangen.
*
Die großen Herrn, wie haben sie's doch schlecht!
Bald ist ihr Amt und bald die Welt nicht recht;
Und gar die Menschen! Nicht des Namens wert, –
Die doch nicht halb wie sie der Lüste Knecht.
*
O, dieses Rad, gewaltig in der Runde,
Löst keinen Knoten, bringt uns keine Kunde;
Sein ganzes Handwerk ist nur Tyrannei,
Und wunden Herzen schlagen Wund' um Wunde.
*
Daß um den Lenz wir, ach, so bald betrogen;
Der Jugend Buch schon, ach, so schnell durchflogen!
Das Vöglein Freude, das so lustig sang –
Weiß nicht, wann's kam, weiß nicht, wann's fortgezogen.
*
Schnell pflück' die Frucht im Strudel dieser Welt,
Am Thron der Lust, das Glas der Hand gesellt.
Gott kümmert nichts, nicht Demut und nicht Sünde!
Genieße drum, und tu', was dir gefällt.
*
Siehst du die zwei, drei superklugen Toren? –
Die Welt zu halten, fühln sie sich erkoren;
In ihrem Dünkel heißt gleich alles Ketzer,
Was Esel nicht, wie sie, mit langen Ohren.
*
O, daß die Schenke ewig flott doch ginge,
Der Frommen Schleppe elend Feuer finge;
Ihr blaues Kleid der Zecher Füße stampfte,
Und ihre Kutte doch in Fetzen hinge!
*
Wie lange noch wird Färb' und Duft dich necken,
Von gut und schlecht das Wahre zu entdecken?!
Wärst du der Quell Zemzem, das Lebenswasser –
Einst wirst du doch tief in der Erde stecken.
*
Als noch Kastein und Beten zu mir paßten,
Hofft' ich zum Ziele mich noch durchzutasten;
Ein Wind zerstörte mir der Waschung Kraft,
Ein Schlückchen Wein warf um mein ganzes Fasten.
*
Wirr ist mein Sinn von Schöner Rosenwangen,
Und nach dem Becher spür' ich stets Verlangen.
»O, Glieder, kostet jedes euern Teil,
Eh' zu dem All ihr wieder eingegangen!«
*
Aus eitler Liebe bricht hervor kein Strahl;
Sie ist ein Feuer, glutenlos und fahl.
Die wahre Liebe kennt nicht Jahr und Tag,
Nicht Macht, nicht Ruhe, Schlummer nicht und Mahl.
*
Wie lange noch bleibst du im Ich versunken,
Das Nichts erspürend und des Lebens Funken?
Trink Wein! Ein Leben, das, gefolgt vom Tod,
Lebst du am besten schlafend oder trunken.
*
Schon morgen, kann ich überm Berge sein!
Unsäglich glücklich greif ich drum zum Wein.
Die Zeit ist günstig; günstig mir der Buhle; –
Wann wird solch Augenblick je wieder mein?
*
Der macht mit Stolz und Dünkel hier sich breit;
Der sucht den Himmel mit Beharrlichkeit, –
Der Vorhang hebt sich und sie sehen alle,
Wie alle, ach! von dir so weit, – weit, – weit!
*
Man schwört uns zu, einst gäb's ein Paradies,
Wo Huris drin und Wein und Honig süß.
So darf ich denn schon Wein und Weib hier lieben,
Wenn alles doch hinausläuft einst auf dies!?
*
Ein Paradies, sagt man, es geben müsse,
Wo Chautsar rinnt und süßen Weines Flüsse! –
Rasch füllt den Krug! Der Gegenwart Genuß
Wiegt mehr als tausend künftige Genüsse.
*
Vom Wein getränkt, tanzt selbst ein Berg vor Freude;
Nur ein Verrückter vor dem Becher scheute. –
Du wagst zu weigern mir den Saft? – O wisse:
Gleich edler Seele, adelt er die Leute.
*
Gern schlüg' ich oft den engen Käfig ein,
Aus Lehm und Wasser, – jämmerlich' Gebein!
Mein Fuß jedoch, im Bügel des Korans,
Würd' sicherlich begegnen einem Stein.
*
Umsonst zum Vorhang es schon manchen trieb,
Daß er erkenne, was das Schicksal schrieb. –
Nun zweiundsiebzig Jahre, Tag und Nacht,
Hab' ich geforscht – das Rätsel – Rätsel blieb.
*
Am Jüngsten Tag wär' Heulen nur und Schrein,
Der gute Freund, der schlüg' dann wütend drein! –
Ah pah! Nur Gutes kann doch Güte zeugen;
Er wird schon freundlich und voll Milde sein.
*
O trinke Wein, die Sorgen dir zu brechen,
Die zweiundsiebzig Sekten durchzurechen! –
Nie trenne dich von dieser Alchimie,
Ein Men davon heilt Tausend von Gebrechen!
*
Wein ist verboten! Gut! Doch kommt's drauf an:
Wer, und mit wem, wieviel man trinkt, und wann! –
Wenn so viel Punkte dabei zu beachten,
Wer tränk' dann Wein? Doch nur ein kluger Mann!
*
Ein Becher Wein wiegt hundert fromme Herzen,
Um einen Schluck könnt' ich ein Reich verscherzen!
Was gibt's, in Wahrheit, köstlicher als Wein? –
Das ist ein Stoff! Stillt Hunderte von Schmerzen.
*
Dies Himmelsrad weiß nichts als dumpfes Brüten;
Was es erschuf, zerstört's in wildem Wüten.
O, ahnten wir das Weh, das unsrer wartet,
Wir würden uns hierher zu kommen hüten.
*
Trink', trink' den Wein, er gibt das ew'ge Leben,
Er ist der Quell, uns Jugendlust zu geben;
Er brennt wie Feuer, doch wie Lebenswasser
Löscht er den Schmerz. – Drum trink' den Saft der Reben.
*
Dem müß'gen Grübeln um das Sein entsagt;
Genießt das Leben, wie es euch behagt.
Denn, schließlich, ist bei allem, was gemacht,
Um seine Meinung keiner doch gefragt.
*
In Staub zerfällt, was in den Gräbern lag;
Gelöst, zerstreut wird alles nach und nach.
Weh! welch ein Trank hält dies Geschlecht im Taumel,
Daß dumm es bleibt, bis an den Jüngsten Tag?
*
Halt' ganz die Welt für dich allein erdacht:
Ein Haus, gepflegt, geputzt mit Tand und Pracht.
Genieß' das Ding, doch denk': Nach zwei, drei Tagen
Hast du dich auf und schon davon gemacht.
*
Das sei dein Dogma: »Gott die Ehr' allein!«
»Der Bissen Brot dem Nächsten, wie er mein!«
»Nicht lästern! Niemand wehe tun!« – Alsdann
Versprech' ich dir die Ewigkeit! – Bring' Wein!
*
Die flücht'ge Zeit, die Unverdienst nur schätzt,
Hat mich zum Abgrund tiefen Leids versetzt.
Eng fühlt sich's Herz, der Knospe gleich im Garten,
Der Tulpe gleich, ist's reich von Blut genetzt.
*
Die Jugend ist's, der Dirn und Wein gehört.
Und da das Wasser einst die Welt zerstört,
Geziemt es uns, mit Wein uns zu zerstören,
Daß ew'ger Rausch die Sinne uns betört.
*
Auf! den Rubin im schlichten Glas zur Hand, –
Des braven Mannes liebster Gegenstand!
Du weißt: nur Staub sind alle diese Wesen,
Der von zwei Tagen Wind im Nichts verschwand.
*
O du, nach dem voll Sehnsucht alle sind;
Den zu erforschen, hoch und niedrig sinnt,
Ein jeder nennt dich, doch sind alle taub,
Ein jeder sieht dich, doch sind alle blind.
*
Ein Gläschen Wein mit Freunden im Verein!
Das Aug' voll Tränen, wenn ich trüb', allein.
O, niedre Welt, wo nichts Bestand und Dauer!
Das Beste noch ist – immer trunken sein.
*
Mit einem Lümmel trink' um keinen Preis,
Der nichts von Geist und nichts von Anstand weiß;
Nachts brüllt er trunken, und am andern Tage,
Mit Reu' und Buß' macht er den Kopf dir heiß.
*
Da doch nichts dein, kein Deut mehr und kein Stüber,
Als Er bestimmt, – was härmst du dich darüber?
O, hüt dich wohl, dein Herz zu überbürden;
Des Schauspiels Schluß heißt: »Lassen und hinüber!«
*
Den Nektar trink', o Herz, den ewig gleichen,
Den vielen Schönen als Erinnrungszeichen!
Blut ist der Wein, o, Freund, und Rebe spricht:
»Trink', trink' mein Blut! Euch sei es ganz zu eigen!«
*
Sie sind dahin! Und keiner bringt Bescheid,
Was hinterm Vorhang einst für uns bereit. –
Erhörung schafft, o Frommer, deiner Seele,
Nicht leeres Plappern, nur Ergebenheit.
*
Geh' geh'! Wirf Staub auf diesen Himmelsbogen!
Such' Wein und Weib, eh' du darum betrogen.
Gebet! – Vergebung! Ja, wozu? – noch keiner
Kam je zurück, wenn er davongezogen.
*
Zu blindem Glauben war ich nie geboren,
Ich hab' die Demut nimmer mir erkoren;
Doch hoff ich Gnade einst vor deinem Throne!
Lag ja mit Winseln nie dir in den Ohren!
*
Zu Lust und Freude folgen wir dem Drang,
Gebet und Ruf nimmt den gewohnten Gang,
Und, wo ein Fläschchen, machen wir zum Becher,
So, wie das Fläschchen selbst, die Hälse lang.
*
Nur Puppen sind wir auf dem Schachbrett Welt,
Ein Spielzeug nur, geschoben und gestellt;
Ein Zeitvertreib! – Und hat's das Schicksal satt,
Zum Kasten wandert, Stück zu Stück gesellt.
*
Was dieses Schattenspiel denn ringsum wär'? –
Die Wahrheit, Freund, ist wohl zu lang und schwer.
Ein Trugbild ist's, dem weiten Meer entstiegen,
Und wieder tauchend zu demselben Meer.
*
Heut, wo das Herz voll Liebestrunkenheit,
Im Freuden-Tempel ganz dem Wein geweiht;
Ja, heute, ganz vom eignen Ich gelöst,
Fühl' ich mich schon am Thron der Ewigkeit.
*
Mein Schatz in Liebe wieder mein gedenkt.
Ein flücht'ger Blick ward mir von ihm geschenkt;
Und dann entschwunden! Ja, er hat gedacht;
»Wohltun, und dann ins Wasser schnell versenkt!«
*
Der Morgen graut! Auf, süße Kosequelle!
Nipp' von dem Wein, greif in die Saiten schnelle!
Kurz ist das Leben derer, die's verschlafen;
Und keiner kommt zurück zu dieser Stelle.
*
O du, der hört das tiefgeheimste Lallen,
Des Hand erhebt die alle, die gefallen,
Verzeih'! Verzeih'! Gib Kraft mir zu entsagen!
Du, der verzeiht, und diese Kraft gibt allen.
*
Im Glas der Wein ist Geist, verflüssigt, flüchtig!
Der Flasche Seele ist er, wahr und richtig.
Ich hasse Festes, und mir zum Gefährten,
Wählt' ich den Kelch, der fest und doch durchsichtig.
*
O Himmelsrad, dein Geiz ist beispiellos!
Den Fischen gleich, läßt du uns nackt und bloß.
Das Rad des Webers wirkt der Menschheit Kleider,
Hat mehr Erbarmen, als du, – Rad, so groß.
*
Schäm' dich der Zeit, die dir der Gram vergällt,
Da du beklagst den Unbestand der Welt.
Bei Harfenklang trink' Wein aus dem Kristall,
Bevor am Steine der Kristall zerschellt.
*
Gibt's Rosen nicht, ist nicht der Dorn auch gut?
Wird uns nicht Licht, bleibt nicht der Hölle Glut?
Und, haben wir nicht Mantel, Scheich und Tempel,
Ob's Glocke, Gurt und Kirche nicht auch tut?
*
Nun denn, zum Kampf, wenn nicht der Frieden mein,
Für schlechten Ruf laßt mir die Scham allein;
Ein voller Krug! Und ich sollt' da nicht trinken?!
Wo wär' mein Kopf, und wo doch gleich ein Stein?!
*
Der Klügste ist, der froh beim Glas betrachtet;
Nichts das Vergangne, nichts das Künft'ge achtet.
Ein Weilchen nur, – dann ist die Seele frei,
Die, uns geborgt, in ihrem Kerker schmachtet.
*
O, welche Lust, bevor, dem Tod zum Raub,
Die Glieder sinken hin wie welkes Laub, –
Die ganze Welt noch durch ein Sieb zu werfen,
Eh' noch der Maurer durchsiebt meinen Staub.
*
Dies Himmelszelt, das schnöd' uns trügt so gerne,
Vergleichbar scheint mir's immer der Laterne:
Die Welt die Hülle, Mittelpunkt die Sonne;
Drauf wir, die Bilder, stehn verdutzt von ferne.
*
Aus Lehm du machst mich, – was ist da zu machen?
Webst Woll', wie Seide, – was ist da zu machen?
Das Gut' und Böse, was ich auch begehe,
Bestimmst du mir; sag' – was ist da zu machen?
*
Den Augenblick laßt uns als Beute wahren! –
Wenn morgen wir von dieser Wohnstatt fahren,
Sind Zeitgenossen wir von all den vielen,
Die fort von hier, seit siebentausend Jahren.
*
Wie viel' auf Erden hier am Schlummer hangen!
Im Erdenschoß – wie viel' vom Tod umfangen!
Und schau zur Wüste ich des Nichts, – wie viele,
Die noch nicht da, – wie viel', die schon gegangen.
*
Da gnädig du, hat unsre Angst denn Zweck?
Bei deinem Vorrat, braucht's da mein Gepäck?
Ich hab' nicht Furcht vor deinem schwarzen Buche,
Du wäschst mich rein von jeder Sünde Fleck.
*
Ei, glaubt doch nicht, daß ich in Angst geschwebt
Um diese Welt; daß ich vorm Tod gebebt.
Der Tod ist Wahrheit; nichts ist da zu fürchten!
Eins fürcht' ich nur: daß ich zu schlecht gelebt!
*
Wie lange noch sind Sklaven wir der Frage:
Ob hundert Jahr wir bleiben, ob zwei Tage;
Was macht's! Bring' Wein, eh' in des Töpfers Werkstatt,
Man Krüge macht aus uns, mit rohem Schlage.
*
Schweig, frommer Esel! Sag' dir's unumwunden:
Wir, immer trunken, sind der Schenke Kunden!
Dir Schein und Rosenkranz und Teufels Ränke!
Uns Wein und Weib; auf ewig uns verbunden.
*
Da doch vergänglich dieses Erdensein,
Üb' ich nun List, und leb' der Lust, dem Wein!
»Daß Gott mit helfe,« – spricht man, – »zu entsagen;« – Im
Gegenteil: tät er's, ich sagte: »Nein!«
*
Wenn, umgestülpt, ich sink' vorm Tod einst nieder,
Wenn mir gerupft der Würger das Gefieder, –
Ein Fläschchen macht aus meinem Staub, – nichts andres!
Vielleicht belebt der Duft des Weins mich wieder.
*
Genau besehn, mir deutlich sich's erklärt:
Die Welt das Gute unverdient gewährt.
Ich, großer Gott, find alle meine Wünsche, –
Wohin ich schau, vereitelt und durchquert.
*
Ich bin! Ich bin das Haupt der Schenken-Kunden.
Ich bin! Ich bin dem Aufruhr ganz verbunden!
Ich schrei', voll Wein, zu Gott die langen Nächte
Die Qual des Herzens, krank von tausend Wunden.
*
Wieviel der Nächte, daß wir keine Ruh;
Daß Trennungsschmerz erst schließt die Augen zu. –
Das Weilchen atme, eh' der Frühwind atmet;
Er atmet noch, wenn stumm längst ich und du.
*
Du, der nach Schätzen lüstern Tag und Nacht,
Hast du des Tags der Schrecknis nie gedacht?
Bedenk' das Ende, komm' zu dir, und sieh'
Sieh', was die Zeit aus deinesgleichen macht!
*
Der du der Auszug aller Schöpfung bist,
Gewinn – Verlust, laß für die kurze Frist!
Nimm hin den Kelch, gereicht vom ew'gen Schenken,
Und sorg' dich nicht, was hier und droben ist.
*
Kennst gründlich du die Welt, die endlos krumme,
Dann kennst du auch der Menschheit ganze Summe.
Zwei Arten gibt's: Die eine schlecht und recht,
Und dann die andre, die beschränkte, dumme.
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Mach' leicht die Last, damit mein Herz beladen!
Verbirg den Menschen meine Missetaten.
Heut mach' mich glücklich! Morgen mach' mit mir,
Was gut dir dünkt, und würdig deiner Gnaden.
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Dem, der bedenkt, wie kurz die Erdenzeit,
Scheint einerlei Schmerz, Freude, Lust und Leid.
Einst endet alles, gut und schlecht; was macht's,
Ob alles Trübnis, alles Fröhlichkeit.
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Jetzt, da erklingt der Nachtigallen Schlagen,
Denk' nur an Wein bei frohen Zechgelagen.
Noch lacht die Rose! Komm! o nützt die Zeit!
Auf räche, räche, was du hast ertragen.
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Sieh' diesen Kelch, mit einer Seele trächtig,
Ein Jasmin scheint's, mit Judasblumen prächtig.
Was sag' ich doch! Mich narrt des Weins Gefunkel!
Ein Wasser ist's, in dem das Feuer mächtig.
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Auf! lustig sei! Was soll das Grübeln frommen!
Frisch, froh und frei den Augenblick genommen!
Denn wenn die Gunst des Himmels ewig währte,
Wär' doch die Reihe nie an dich gekommen!
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Du, dem der Alten Ratschlag noch nicht kund:
Laß das Gewölb', das Decke nicht, noch Grund!
Schau' friedlich zu, – mit deinem Los zufrieden, –
Dem Spiel des Schicksals auf dem Erdenrund!
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Biet' alles auf, den Zechern zu gefallen!
Laß Chajjams Rat nicht ungehört verhallen:
Stoß um Gebet und Fasten, trinke Wein,
Stiehl, wenn du willst, doch tue Gutes allen;
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Dies ist die Seele von dem ganzen Sein!
Ein Leib das All, dem Sinn die Engel leihn,
Geschöpfe, Erde, Himmel sind nur Glieder,
Von ewg'er Einheit – sonst ist alles Schein.
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Er selbst kam gestern, mir den Kelch zu füllen,
Zum Schenkenhaus; Er, aller Sehnsucht Stillen.
Verlockend sprach Er: »Trink!« Ich sagte: »Nein.«
»Trink,« lächelt' Er, »um meiner Liebe willen!«
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Soll dir die Welt sich beugen überwunden,
Sorg', daß die Seele fest dereinst befunden.
Komm, halt' zu mir, teil' meine Ansicht! Trinke,
Und sorg' dich nicht, um dieses Zeug hier unten!
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Durchforscht ihr Weisen ruhig die Gestirne!
Um Hier und Dort zerbrecht euch die Gehirne!
Ihr könnt doch Beßres nimmer je entdecken,
Als Purpurwein und eine dralle Dirne.
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Glashimmel du! des Tücke nimmer ruht,
Der, launenhaft, dem Schlechtsten Gutes tut,
Machst tränenvoll die Wangen, hohl wie Gläser;
Voll, gleich der Flasche, mir das Herz von Blut.
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Mit Liebchen saß am Bach ich gestern nacht.
Im Kelch die Perle strahlte solche Pracht,
Daß aus dem Schlaf der Sonnenherold fuhr,
Und rief: »Auf, auf! das Morgenrot erwacht!«
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Nicht um Vergangnes erst noch lange klage,
Nicht um das Heute, nicht um morgen frage!
Ob Sein, ob Nichtsein, – leb' dem Augenblicke,
Nicht in den Wind das bißchen Leben schlage!
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Schämst du dich nicht? So wegzuwerfen sich!
Gebot und Satzung läßt du frech im Stich?
Gesetzt, dein war' der Erde ganze Habe,
Was wird daraus, kommt einst die Reih' an dich?
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Ein Mann zog aus, zur Dürre heißer Glut,
Nicht Ketzer, Moslim, ohne Hab' und Gut,
Ohn' Gott, ohn' Wahrheit, Sicherheit, Gebot; –
Wer, hier und dort, besäße solchen Mut!?
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Der sucht nach Licht, der ist dem Zweifel nah';
Der grübelt, forscht, was war, was nicht geschah.
Da plötzlich ruft der auf der Warte: »Narren!
O wißt, der Weg ist weder da, noch da!«
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O Gott, nimm von mir diese Grübelei!
Zieh' mich zu dir; mach' von dem Ich mich frei.
Nur nüchtern wird bewußt mir gut und schlecht;
O mach' mich trunken, daß mir's einerlei.
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Fort kreist dies Rad, wenn tot schon beide wir;
Geschworner Feind den Menschen, dir und mir.
Komm, streck' dich her zu mir, ins Grün! Gar bald
Keimt neues Grün, aus uns, – aus mir und dir.
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Und wenn dahin die Seelen, mein' und deine,
Auf unser Grab setzt man zwei Ziegelsteine. –
Zu Ziegeln dann, für andre, einst zur Mühle,
Kommt unser Staub, – der deine und der meine.
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Dies stolze Schloß! Einst stieg's den Himmeln zu.
Fürst kam auf Fürst, wenn einer kaum zur Ruh'.
In seinen Trümmern sitzt die Turteltaube,
Und von der Zinne ruft's: Ku-ku Ku-ku!
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Was hat die Welt von unserm Gehn und Kommen?
Was bleibt vom Ruhm der Weisen all und Frommen?
Was von den Bergen all des stolzen Hoffens?
Staub, Staub, nur Staub, – Staub, was von Staub genommen!
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Du, dessen Mund das Lebenswasser ist,
Erlaube nicht, daß Kruges Mund dich küßt.
Wär's sonst nicht recht, im Flaschenblut zu baden?
Wer ist der Krug, der sich so frech vermißt.
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Ich bin nur so, wie du mich selbst gefügt,
Schon hundert Jahr von deiner Huld gewiegt. –
Noch hundert möcht' ich sünd'gen nun, und sehen,
Ob meine Schuld, ob deine Gnade siegt.
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Nimm, Herzensschatz, den Kelch und Krug zur Hand,
Durchsuch' die Wiesen und des Baches Rand.
Manch süßer Mund sich hundertmal als Kelch,
Und hundertmal als Flasche wiederfand.
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Ich halt auf Wein, mag alt, mag jung er sein.
Ein Gerstenkorn gilt mir dies ganze Sein.
Weißt du denn einst Wohin, Wo aus, Wo ein? –
Wohin's auch sei – gleichviel! Geh, hole Wein!
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Wo ist ein Mensch, der schuldlos, sage mir!
Wie könnt' er leben ohne Sünde hier? –
Wenn du mit Bösem mich für Böses strafst,
Sag', welcher Unterschied ist zwischen mir und dir?
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Du, der nie Gutes, immer tat das Schlechte,
Sich hinter Gott zu stecken noch erfrechte,
Nicht allzufest fuß' einst auf der Vergebung:
Nie werden gleich sein Sünder und Gerechte.
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Jenseits der Sechzig miß mit anderm Maß,
Setz' nüchtern nie den Fuß auf Stein und Gras.
So lang' dein Schädel noch nicht Krug, o sorge,
Daß stets zur Hand die Flasche und das Glas.
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Mir hat der Himmel oft ein Napf geschienen,
Dem wir in Demut und in Ohnmacht dienen.
Da sieh, die Freundschaft zwischen Krug und Becher:
Mund liegt an Mund und Blut fließt zwischen ihnen.
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Die beiden Welten hab' ich stürmen wollen!
Jetzt gilt mein Eifer nur dem Krug, dem vollen.
Nur manchmal noch, im Rausch, seh' ich zwei Kugeln –
Zwei Gerstenkörner – die zum Graben rollen.
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Weil fern dem Meer, der Wassertropfen weint.
Das Meer, das lacht: »Ei, sieh doch, wie's gemeint:
Wir sind das All, kein andrer Gott ist sonst;
Ein simpler Punkt, und gleich sind wir vereint.«
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Erst läßt du uns zweihundert Fallen stellen,
Dann drohst du uns mit Tod und Qual der Höllen.
Du legst uns Schlingen, fluchst dann dem, der fällt,
Du bringst ihn um, und nennst ihn noch Rebellen.
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O du, des' Wesen nie erforscht, erraten,
Dem alles gleich, ob Wohl – ob Missetaten; –
Obschon voll Sünde, sagt mir die Vernunft:
Du wirst verzeihn auch mir, in Huld und Gnaden.
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Wenn nach wir äfften, blindlings, ohne Frage,
O, dann war' Festtag jeder unserer Tage.
Und war' nicht stets dies leere Drohn und Zetern,
Zum Ziel käm jeder, ohne Angst und Plage.
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O Himmelsrad, das Schlag auf Schlag versetzt,
Der Freude Hemd hast du an mir zerfetzt!
Du machst zu Wasser mir die frische Luft,
Zu Staub das Wasser, das die Zunge letzt.
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Frei von des Stoffs Gebresten und Gebärden,
Wirst einst du Geist in ganzer Reine werden.
Zum Himmel steigst du, wohnst am Firmament –
O, Schande dann, daß du gelebt auf Erden!
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Zwei Dinge sind's, die aller Weisheit Grund,
Gleichwertig denen, die dereinst erst kund:
»Iß nicht von allem, was man essen kann!«
»Bleib' hübsch für dich auf diesem Erdenrund!«
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Wie kann der Wein im Lenz sich sauer zeigen,
Im Sommer süß, und schwer bei Herbstes Neigen?
Was wundert's dich? Schnitzt nicht das gleiche Messer
Aus gleichem Holz bald Flöten und bald Geigen?
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Warum der Hahn früh schreit? Weißt du warum?
Am Spiegel Zeit mahnt er, daß wiederum
Nun eine Nacht von deinem Dasein schwand,
Und du noch immer, wie vorher, so dumm!
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Füll' den Rubin mit tulpenfarbnem Wein,
Dem Flaschenschlund entström' das Blut! Schenk ein!
Denn nirgends wüßt' ich einen Freund bis heute,
Des Innres wäre wie der Kelch so rein.
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Schenk' ein den Nektar, der so hold beglückt;
Das Weh' die Seele noch zur Lippe drückt.
Vielleicht, daß ich, dem eignen Ich entfremdet,
Auf kurze Zeit der schlimmen Welt entrückt!